Seitdem ich die Lehre der Kirche
der manichäischen vorzog, sah ich, daß in der Kirche sehr bescheiden und ohne allen
Hinterhalt befohlen werde zu glauben, was nicht bewiesen wurde, entweder in dem
Falle, daß es wirklich wäre, aber für jemand keine Wirklichkeit hätte, oder in
dem Falle, daß etwas nicht als wirklich und wahr gelten solle, während dort
(bei den Manichäern) solch ein Glaube in den vermessenen Verheißungen des
Wissens verlacht ward und danach doch der blinde Glaube an so viel Fabelhaftes
und Abgeschmacktes, was sich nicht beweisen ließ, befohlen wurde. Dennoch aber
hast du, o Herr, mit der erbarmenden Milde deiner Hand mein Herz berührt und
geheilt und hast mich erwägen lassen, wie unzählig vieles ich glaubte, ohne daß
ich es sah, ohne daß ich bei seinem Verlaufe gegenwärtig war, wie so vieles in
der Geschichte der Völker, so vieles von Orten und Städten, die ich nicht sah,
so vieles von Freunden, von Ärzten, von diesen und jenen Menschen, ohne dessen
glaubhafte Annahme wir in diesem Leben nichts ausrichteten, endlich wie
unerschütterlich fest der Glaube in mir wurzele, von welchen Eltern ich geboren
sei, was ich nicht wissen könnte, wenn ich es nicht von anderen gehört hätte.
Du überzeugtest mich, daß nicht die anzuklagen seien, welche deiner Schrift
Glauben schenkten, deren Ansehen du so mächtig unter fast allen Völkern
begründetest, sondern diejenigen, die nicht glaubten, und daß ich denen kein
Gehör leihen dürfe, die zu mir sagten: "Woher weißt du denn, daß diese
Bücher durch den Geist des einen, wahrhaftigen Gottes dem Menschengeschlecht
mitgeteilt wurden?" Und das mußte ich gerade deshalb glauben, weil keine
Angriffe durch böswillige Zweifel, die ich in so vielen Büchern sich
untereinander bekämpfender Philosophen gelesen hatte, mir das Geständnis
abnötigen konnten, daß ich auch nur einmal nicht geglaubt hätte, daß du seiest,
welcher Art auch dein Wesen sein mochte, das mir immerhin unbekannt sein
konnte, oder daß ich daran gezweifelt hatte, daß die Lenkung der menschlichen
Dinge dir zugehöre. Wohl war dieser mein Glaube bald mächtiger, bald schwächer;
stets jedoch glaubte ich, daß du seiest und uns leitetest, wenn ich auch nicht
wußte, wie ich mir dein Wesen zu denken habe oder welcher Weg zu dir führte
oder den, der sich von dir verirrt hat, zurückführte zu dir. Weil wir nun
deshalb zu schwach waren, um die Wahrheit mit voller Gewißheit zu finden, und deshalb
das Ansehen der heiligen Schrift bedurften, so hättest du, das war meine
Ansicht, dies hohe Ansehen der heiligen Schrift nicht über alle Länder der Erde
verbreitet, wenn du nicht gewollt hättest, man solle durch sie an dich glauben
und solle dich suchen durch sie. Was mir früher als abgeschmackt erschienen
war, bezog ich nun, nachdem ich vieles von ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit
hatte erklären hören, auf die Tiefe der heiligen Geheimnisse, und um so
ehrwürdiger und des heiligen Glaubens werter schien mir dieses Ansehen, je
zugänglicher sie, allen zum Lesen war, und wenn sie auch der Würde ihrer
Geheimnisse tieferes Verständnis bewahrte, doch in allen verständlicher Sprache
und den schlichtesten Worten allen sich darbot und das angestrengte Forschen
ernster Männer in Anspruch nahm, auf daß sie alle aufnähme in ihren leutseligen
Schoß und durch die enge Pforte nur wenige zu dir hinüberführte und doch weit
mehrere, als wenn sie nicht mit solch erhabenem Ansehen hervorleuchtete und die
Scharen nicht an sich zöge in den Schoß ihrer heiligen Niedrigkeit. Das
bedachte ich und du standest mir bei, ich seufzte und du vernahmst mich, ich
stürmte umher und du lenktest mich, ich ging die breiten Pfade dieser Welt und
du verließest mich nicht.
|