Schon hatte ich auch die
trügerischen Prophezeiungen der Sterndeuter und ihre gottlosen Albernheiten
verworfen. Auch das, mein Gott, dankt mein innerstes Herz nur deinen
Erbarmungen. Denn du, nur du, wer anders ruft uns hinweg von allem tödlichen
Irrtum als das Leben, das nicht zu sterben weiß, und die Weisheit, die den
Geist in seiner Bedürftigkeit erleuchtet, sie, die keines Lichtes bedarf, die
ihre Welt erhält bis zu der Bäume flatternden Blättern. Du lenktest meine
Hartnäckigkeit, mit der ich dem scharfsinnigen Greise Vindicianus und dem
Nebridius mit jener wunderbaren Jünglingsseele widerstand. Von diesen
behauptete der eine mit eifriger Festigkeit, der andere zwar noch mit etwas
Zweifel, aber desto öfter, es gäbe keine Kunst, die Zukunft vorauszusehen, die
Berechnungen der Menschen hätten oft die Macht des Zufalls für sich, und wenn
man so viel spreche, so werde zufällig auch manches gesagt, das in Erfüllung
gehe, ohne Wissen derjenigen, die es sagten, nur durch vieles Reden träfen sie
es zufällig. Du sorgtest mir für einen Freund, der kein lässiger Frager der
Sterndeuter war, doch ihre Schriften nicht gründlich verstand, sie nur aus
Neugierde befragte und einiges, was er wußte, von seinem Vater gehört haben
wollte. Er ahnte nicht, wie viel das dazu beitrug, bei mir das Vertrauen zu
jener Kunst zu entkräften. Dieser Mann, mit Namen Firminus, in der Beredsamkeit
wohlunterrichtet und wohlbewandert, fragte mich als seinen vertrauten Freund
über einige Dinge, auf die er seine zeitliche Hoffnung aufbaute, unter anderen
auch, was ich von der Konstellation halte, unter der ich geboren sei, und ich,
der ich mich schon in dieser Hinsicht der Ansicht des Nebridius zuneigte,
versagte ihm zwar nicht, auf sein Verlangen einzugehen und ihm meine Deutung zu
sagen, wendete ihm aber doch dabei ein, daß ich von der Lächerlichkeit und
Nichtigkeit jener überzeugt sei. Darauf erzählte er mir, daß sein Vater auf
derlei Bücher außerordentlich erpicht gewesen sei und einen Freund von gleicher
Neigung besessen habe. Beide hätten sich mit einem wahren Feuereifer auf diese
Possen geworfen, so daß sie selbst die Geburtsstunde ihrer Haustiere
beobachteten und die dabei in Frage kommenden Stellungen der Gestirne sich
aufmerkten, um Versuche für ihre Kunst zu sammeln. Im weiteren Gespräch sagte
er mir dann, sein Vater habe ihm mitgeteilt, daß, als seine Mutter mit ihm
schwanger gewesen, auch eine Sklavin des väterlichen Freundes in gleicher Lage
gewesen sei, was ihrem Herrn nicht verborgen bleiben konnte, der ja auch die
Geburten seiner Hunde mit größter Sorgfalt und Genauigkeit zu erfahren Sorge
trug; und so geschah es, daß mein Vater für die Gattin, dieser für die Sklavin
Tage, Stunden und Minuten ganz genau zählte. Beide wurden zu gleicher Zeit
entbunden, so daß die Konstellationen bei beiden Geburten sowohl für den Sohn
als für den kleinen Sklaven bis auf die Minute übereinstimmten. Als die
Geburten bei beiden Weibern begannen, gaben sich beide durch bereitgehaltene
Boten, die sie sich wechselseitig einander zuschicken wollten, Nachricht über
das, was zu Hause vorging, sobald die Geburt des Kindes angekündigt wurde, was
sie als Herren in ihrem Reiche leicht bewerkstelligen konnten. So begegneten
sich die beiden Boten unterwegs zwischen den beiden Häusern und die
Konstellationen der beiden zeigten auch nicht den geringsten Unterschied, und doch
eröffnete sich dem Firminus eine glänzende Karriere, er kam zu Reichtum und
gelangte zu Ehrenämtern; jenem Sklaven aber ward nie sein Joch erleichtert, und
er diente seinem Herrn fort, wie Firminus der ihn kannte, bezeugte.
Als ich das hörte und glaubte,
denn er war vollkommen glaubwürdig, sank aller Widerstand, und ich suchte nun
sogleich den Firminus von jenem Aberglauben zu heilen, indem ich ihm sagte,
wenn ich nach der Einsicht in seine Konstellationen die Wahrheit hätte
verkünden sollen, hätte ich in derselben Konstellation gesehen haben müssen,
daß seine Eltern vornehmen Standes, daß seine Familie angesehen in der Stadt
sei, daß sie frei geboren seien, daß seine Erziehung eine freie, daß der
Unterricht, den er genossen, ein wissenschaftlicher gewesen sei. Und wenn mich
nun der Sklave über seine Konstellation gefragt hätte, die ja bei ihm ganz
dieselbe sei, so hätte ich in ihr der Wahrheit gemäß wiederum seine geringe
Familie, seinen Sklavenstand und alles andere von dem vorigen doch so ganz und
gar verschieden sehen müssen. Woher sollte es geschehen, daß ich, um das
Richtige auszusprechen, dieselben Konstellationen entgegengesetzt deuten
sollte, daß ich dagegen falsch es spräche, wenn ich dasselbe sagte: Daraus ging
für mich mit Bestimmtheit hervor, daß die richtigen Antworten auf
Konstellationen nicht aus zuverlässiger Kunst, sondern aus Zufall sich ergaben,
daß dagegen die falschen Antworten nicht aus Unkenntnis der Kunst hervorgingen,
sondern durch Trug des Zufalls.
So war der Zugang eröffnet und ich
dachte mir die Sache noch weiter aus, damit mir nicht einer von den Betrügern,
welche ein Gewerbe damit trieben und die ich nun immer mehr und mehr zu
widerlegen und zu verspotten suchte, den Vorwurf machte, als hätte Firminus mir
oder sein Vater ihm Falsches berichtet, und wandte meine Aufmerksamkeit auf die
Zwillingsgeburten, von denen die meisten einander so schnell folgen, daß der
kleine Zeitunterschied, welchen Einfluß sie ihm auch auf die Natur beilegen,
doch durch die menschliche Beobachtung nicht aufgefaßt und aufgezeichnet werden
kann in Zeichen, in welche der Sterndeuter dann Einsicht nehmen muß, um Wahres
zu prophezeien. Doch es wird nie wahr sein, da derjenige, der auf dieselben
Aufzeichnungen sähe, von Esau und Jakob auch ein und dasselbe hätte aussagen
müssen, und beide hatten doch verschiedene Schicksale. Er würde demnach
Falsches sagen, oder wenn er Wahres aussagte, würde er aus denselben Zeichen
nicht dasselbe sagen. Nicht also durch die Kunst, sondern einzig und allein
durch den Zufall würde er Wahres sagen. Du aber, o Herr, gerechter Lenker des
Weltalls, wirkst in den Fragenden und Befragten, ohne daß sie es wissen, durch
deinen verborgenen Antrieb, so daß jeder, wenn er dich fragt, das hört, was er
aus der Tiefe deines göttlichen Gerichts hören muß, nach dem, was menschlichen
Augen verborgen, die Seelen verdient, welchem der Mensch nicht entgegnen darf:
Was ist das, warum das? Er soll es nicht sprechen, denn er ist Mensch.
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