Ich wunderte mich, daß ich dich
schon liebte und nicht ein bloßes Trugbild statt deiner. Doch beeiferte ich
mich nicht, zum Genuß meines Gottes zu gelangen, sondern bald ward ich
hingerissen zu dir durch deine Schöne, bald hinweg von dir durch meine Last und
sank mit Seufzen zurück, und diese Last, es war meine Gewohnheit des Fleisches.
Doch noch dachte ich deiner, nicht mehr zweifelte ich, daß der in Wahrheit sei,
dem ich anhangen sollte, daß ich aber noch nicht so weit gefördert sei, um Gott
anhangen zu können. Denn der sterbliche Leib beschwert die Seele, und unsere
irdische Behausung beschwert den zerstreuten Sinn. Ich war gewiß, daß dein
unsichtbares Wesen, deine Kraft und Gottheit wird ersehen, so man des wahrnimmt
an den werken, nämlich an der Schöpfung der Welt. Denn als ich danach forschte,
woher ich ein Urteil über die Schönheit der Körper entnähme, sowohl derer, die
am Himmel, als auch derer, die auf Erden sind, und was ich mir vergegenwärtige,
wenn ich unbedenklich über das Wandelbare ein Urteil fällte und sprach: Dies
muß so sein, jenes nicht so, als ich forschte, woher ich so urteilte, fand ich
eine unwandelbare und wahre Ewigkeit der Wahrheit über meinem wandelbaren Geiste.
Und so stieg ich stufenweise auf von den Körpern zu der Seele, die mittels des
Körpers empfindet, von dieser zu ihrer inneren Kraft, welcher die Sinne des
Körpers von einer Außenwelt Kunde bringen, soweit reicht auch das Vermögen der
Tiere, von dort wiederum zu der beurteilenden Kraft, welche die Sinneseindrücke
zur Prüfung empfängt. Diese aber erkannte sich in mir selbst als veränderlich
und erhob sich zur Erkenntnis seiner selbst, entzog sich der bisher gewohnten
Denk-weise und machte sich frei von dem verworrenen, ihr widersprechenden
Schwarm von Trugbildern, um das Licht zu finden, von dem sie erleuchtet würde,
da sie ohne allen Zweifel behauptete, daß der Unwandelbare dem Wandelbaren
vorzuziehen sei, und um zu erforschen, woher sie der Unwandelbare kenne,
welches sie, ohne es irgendwie zu kennen, nimmermehr so sicher dem Wandelbaren
vorziehen würde. Und sie gelangte zu dem wesentlichen Sein im Moment eines
zagenden Aufblicks. Damals erkannte ich dein unsichtbares Wesen, das in deiner
Schöpfung im Geiste wahrgenommen wird; aber ich vermochte nicht das Geistesauge
darauf zu heften, und in meine Schwachheit zurückgeworfen und dem Gewohnten
preisgegeben, behielt ich nichts mehr in mir als die liebende Erinnerung, die
gleichsam nach dem Dufte der Speise verlangte, die zu genießen ich noch nicht
befähigt war.
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