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Papstlicher Rat fur die Sozialen Kommunikationsmittel Ethik in der sozialen kommunikation IntraText CT - Text |
1. Die Art und Weise, wie die Menschen mit den sozialen Kommunikationsmitteln umgehen, kann positive und negative Auswirkungen nach sich ziehen. Auch wenn es immer wieder heißt — wir werden das hier oft wiederholen —, daß "die Medien" dies oder jenes tun, handelt es sich bei ihnen doch nicht um blinde Naturkräfte außerhalb jeder menschlichen Kontrolle. Denn selbst wenn das Kommunikationsgeschehen oft unbeabsichtigte Folgen hat, hängt es dennoch von der Entscheidung der Menschen ab, ob sie die Medien für gute oder schlechte Zwecke, auf gute oder schlechte Weise benutzen.
Diese Entscheidungen, die für die ethische Frage von zentraler Bedeutung sind, werden nicht nur von den Kommunikationsempfängern — Zuschauern, Hörern, Lesern — getroffen, sondern insbesondere von denjenigen, die die sozialen Kommunikationsmedien kontrollieren und über ihre Strukturen, ihre Politik und ihren Inhalt entscheiden. Zu ihnen gehören Inhaber öffentlicher Ämter und Vorstände, Geschäftsführer, Mitglieder von Regierungsorganen, die Eigentümer von Medienunternehmen, Herausgeber, Verleger, Intendanten und Direktoren von Rundfunk- und Fernsehsendern, Redakteure und Chefredakteure von Zeitungen, Produzenten, Autoren, Korrespondenten und andere. Für sie stellt sich die ethische Frage besonders dringlich: Werden die Massenmedien für gute oder für schlechte Zwecke benutzt?
2. Der Einfluß der Medien ist übermächtig. Hier kommen Menschen mit anderen Menschen und mit Ereignissen in Kontakt und bilden sich ihre Meinungen und Wertvorstellungen. Durch diese Medien übermitteln und empfangen sie nicht nur Informationen und Ideen, sondern oft erfahren sie das Leben selbst als eine durch die Medien vermittelte Erfahrung (vgl. Päpstlicher Rat für die Sozialen Kommunikationsmittel, Aetatis novae, 2).
Der technologische Wandel macht die Kommunikationsmitttel sehr rasch noch beherrschender und mächtiger. "Das Aufkommen der Informationsgesellschaft ist tatsächlich eine Kulturrevolution" (Päpstlicher Rat für die Kultur, Für eine Pastoral der Kultur, 9); die eindrucksvollen Neuerungen des zwanzigsten Jahrhunderts dürften wohl nur ein Prolog zu dem gewesen sein, was uns das neue Jahrhundert bringen wird.
Die Verbreitung und Vielfalt der Medien, die den Menschen der wohlhabenden Länder zugänglich sind, ist erstaunlich: Bücher und Zeitschriften, Fernsehen und Radio, Filme und Videos, Tonaufzeichnungen, über Funk, Kabel, Satelliten oder Internet übermittelte elektronische Kommunikation. Die Inhalte dieses ungeheuren Stromes an Kommunikation reichen von blossen Nachrichten bis zu reiner Unterhaltung, vom Gebet bis zur Pornographie, von der Kontemplation bis zur Gewalt. Je nachdem, wie sie die Medien nutzen, können Menschen entweder in der Fähigkeit zu Mitleid und Mitgefühl wachsen oder aber in einer narzißhaften, um sich selbst kreisenden Welt von fast betäubend wirkenden Reizen isoliert werden. Nicht einmal Menschen, die den Medien ausweichen, können Kontakte mit anderen Menschen, die sich tief von den Medien beeinflussen lassen, vermeiden.
3. Außer diesen Motiven hat die Kirche noch ihre eigenen Gründe dafür, sich für die sozialen Kommunikationsmittel zu interessieren. Im Licht des Glaubens betrachtet, kann man die Geschichte der menschlichen Kommunikation als eine lange Reise sehen, die von Babel, Schauplatz und Sinnbild des Zusammenbruchs der Kommunikation (vgl. Gen 11,4-8), bis Pfingsten und zur Gabe des Zungenredens (vgl. Apg 2,5-11), also der Wiederherstellung der Kommunikation durch die Kraft des vom Sohn gesandten Geistes, führt. Die Kirche, die in die Welt hinausgesandt wurde, die Frohe Botschaft zu verkünden (vgl. Mt 28,19-20; Mk 16,15), hat den Auftrag zur Verkündigung des Evangeliums bis ans Ende der Zeiten. Und die Kirche weiß, daß heute für die Glaubensverkündigung der Einsatz der Massenmedien unentbehrlich geworden ist (vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dekret Inter mirifica, 3; Paul VI., Apostol. Schreiben Evangelii nuntiandi, 45; Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 37; Päpstlicher Rat für die Sozialen Kommunikationsmittel, Communio et progressio, 126-134; Aetatis novae, 11).
Die Kirche weiß auch, daß sie communio ist, das heißt eine Gemeinschaft aus Personen und eucharistischen Gemeinschaften, die "in der innigen Gemeinschaft der Dreifaltigkeit ihren Ursprung hat und diese widerspiegelt" (Aetatis novae, 10; vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Einige Aspekte der Kirche als Communio). In der Tat gründet sich alle menschliche Kommunikation auf die Kommunikation zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist. Aber mehr noch: die trinitarische Gemeinschaft erreicht die Menschheit: Der Sohn ist das vom Vater ewig "gesprochene" Wort; und in und durch Jesus Christus, Sohn und fleischgewordenes Wort, teilt Gott Frauen und Männern sich selbst und sein Heil mit. "Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben des Alls eingesetzt und durch den er auch die Welt erschaffen hat" (Hebr 1,1-2). Ausgangspunkt der Kommunikation in der Kirche und durch die Kirche ist die Gemeinschaft der Liebe zwischen den göttlichen Personen und ihre Kommunikation mit uns.
4. Die Kirche begegnet den Mitteln der gesellschaftlichen Kommunikation grundsätzlich positiv und ermutigend. Sie bleibt nicht einfach bei Vorurteil und Verurteilung stehen; vielmehr sieht sie diese Mittel nicht nur als Produkte des menschlichen Erfindungsgeistes, sondern auch als großartige Gaben Gottes und echte Zeichen der Zeit (vgl. Inter mirifica, 1; Evangelii nuntiandi, 45; Redemptoris missio, 37). Sie möchte diejenigen, die beruflich im Medienbereich tätig sind, durch die Festlegung positiver Prinzipien, die ihnen bei ihrer Arbeit helfen sollen, unterstützen, während sie gleichzeitig einen Dialog fördert, an dem alle interessierten Seiten — das bedeutet heutzutage praktisch jedermann — teilnehmen können. Diese Zielsetzungen liegen dem vorliegenden Dokument zugrunde.
Wir wiederholen: Die Medien tun nichts von selbst; sie sind Instrumente, Werkzeuge, die so benutzt werden, wie die Menschen sie benutzen wollen. Wenn wir über die Mittel der sozialen Kommunikation nachdenken, müssen wir uns ehrlich der "wesentlichsten" Frage stellen, die der technische Fortschritt aufwirft: "Wird der Mensch als Mensch im Zusammenhang mit diesem Fortschritt wirklich besser, das heißt geistig reifer, bewußter in seiner Menschenwürde, verantwortungsvoller, offener für den Mitmenschen, vor allem für die Hilfsbedürftigen und Schwachen, und hilfsbereiter zu allen?" (Johannes Paul II., Enzyklika Redemptor hominis, 15).
Wir nehmen als selbstverständlich an, daß die große Mehrheit derer, die in irgendeiner Form im Medienbereich tätig sind, gewissenhafte Menschen sind, die das Richtige tun wollen. Inhaber öffentlicher Ämter, Entscheidungsträger, Intendanten und Direktoren möchten das öffentliche Interesse, so wie sie es verstehen, respektieren und fördern. Leser, Hörer und Zuschauer wollen ihre Zeit gut nutzen für ihre persönliche Entwicklung, damit sie ein glücklicheres, erfüllteres Leben führen können. Eltern sind darauf bedacht, daß das, was durch die Medien in ihre Wohnungen Eingang findet, ihren Kindern zum Nutzen gereicht. Die meisten Medienschaffenden wollen ihre Talente einsetzen, um der Menschheitsfamilie zu dienen, und sind beunruhigt über den in vielen Medienbereichen zunehmenden wirtschaftlichen und ideologischen Druck, die geltenden ethischen Standards zu senken.
Die Inhalte der zahllosen Entscheidungen, die von all diesen Personen im Zusammenhang mit den Massenmedien getroffen werden, unterscheiden sich zwar von Gruppe zu Gruppe und von Mensch zu Mensch, aber alle Entscheidungen haben ethisches Gewicht und sind einer sittlichen Bewertung unterworfen. Voraussetzung für eine richtig getroffene Wahl bzw. Entscheidung ist "die Kenntnis der Grundsätze sittlicher Wertordnung und die Bereitschaft, sie auch wirklich anzuwenden" (Inter mirifica, 4).
5. Die Kirche bringt mehrere Elemente in dieses Gespräch ein.
Sie bringt eine lange Tradition moralischer Weisheit mit, die ihren Ursprung in der göttlichen Offenbarung und im menschlichen Denken hat (vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Fides et ratio, 36-48). Dazu gehört ein gehaltvoller und weiter wachsender Bestand an Soziallehre, deren theologischer Horizont ein wichtiges Korrektiv zu der "‘atheistischen' Lösung" darstellt, "die den Menschen eines seiner fundamentalen Bausteine, nämlich des geistlichen, beraubt, als auch zu den permissiven und konsumistischen Lösungen, die es unter verschiedenen Vorwänden darauf abgesehen haben, ihn von seiner Unabhängigkeit von jedem Gesetz und von Gott zu überzeugen" (Johannes Paul II., Enzyklika Centesimus annus, 55). Das ist mehr als ein einfaches Urteil; diese Tradition bietet sich selbst zum Dienst an den Medien an. Zum Beispiel kann "die kirchliche Kultur der Weisheit die Informationskultur der Medien davor bewahren, zu einer sinnlosen Anhäufung von Fakten zu werden" (Johannes Paul II., Botschaft zum 33. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel, 1999).
Die Kirche bringt auch noch etwas anderes in das Gespräch ein. Ihr besonderer Beitrag zur menschlichen Ordnung, einschließlich der Welt der sozialen Kommunikation, "ist ihre Sicht von der Würde der Person, die sich im Geheimnis des menschgewordenen Wortes in ihrer ganzen Fülle offenbart" (Centesimus annus, 47). In der Formulierung des Zweiten Vatikanischen Konzils "macht Christus, der Herr, Christus, der neue Adam, in der Offenbarung des Geheimnisses des Vaters und seiner Liebe dem Menschen den Menschen selbst voll kund und erschließt ihm seine höchste Berufung" (Gaudium et spes, 22).