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Chamisso, Adelbert von
Peter Schlemihls wundersame Geschichte
IntraText CT - Text
III.
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III
.
Was
hülfen
Flügel
dem in
eisernen
Ketten
fest
Angeschmiedeten
? Er
müßte
dennoch
, und
schrecklicher
,
verzweifeln
. Ich
lag
, wie
Faffner
bei seinem
Hort
,
fern
von jedem
menschlichen
Zuspruch
, bei
meinem
Golde
darbend
, aber ich hatte nicht das
Herz
nach
ihm
,
sondern
ich
fluchte
ihm
, um
dessentwillen
ich mich von allem
Leben
abgeschnitten
sah
. Bei mir allein mein
düstres
Geheimnis
hegend
,
fürchtete
ich mich
vor
dem
letzten
meiner
Knechte
, den ich
zugleich
beneiden
mußte
;
denn
er hatte einen
Schatten
, er
durfte
sich
sehen
lassen
in der
Sonne
. Ich
vertrauerte
einsam
in meinen
Zimmern
die
Tag
' und
Nächte
, und
Gram
zehrte
an
meinem
Herzen
.
Noch einer
härmte
sich unter meinen
Augen
ab, mein
treuer
Bendel
hörte
nicht auf, sich mit
stillen
Vorwürfen
zu
martern
, daß er das
Zutrauen
seines
gütigen
Herrn
betrogen
, und
jenen
nicht
erkannt
, nach dem er
ausgeschickt
war, und mit dem er mein
trauriges
Schicksal
in
enger
Verflechtung
denken
mußte
. Ich aber konnte
ihm
keine
Schuld
geben
, ich
erkannte
in dem
Ereignis
die
fabelhafte
Natur
des
Unbekannten
.
Nichts
unversucht
zu
lassen
,
schickt
ich einst
Bendel
mit einem
kostbaren
brillantenen
Ring
zu dem
berühmtesten
Maler
der
Stadt
, den ich, mich zu
besuchen
,
einladen
ließ
. Er
kam
, ich
entfernte
meine
Leute
,
verschloß
die
Tür
,
setzte
mich zu dem Mann, und, nachdem ich seine
Kunst
gepriesen
,
kam
ich mit
schwerem
Herzen
zur
Sache
, ich
ließ
ihn
zuvor das
strengste
Geheimnis
geloben
.
"
Herr
Professor
",
fuhr
ich
fort
, "
könnten
Sie
wohl
einem
Menschen
, der auf die
unglücklichste
Weise
von der
Welt
um seinen
Schatten
gekommen
ist, einen
falschen
Schatten
malen
?" -- "Sie meinen einen
Schlagschatten
?" - "Den mein ich
allerdings
." - "Aber",
frug
er mich weiter, "durch
welche
Ungeschicklichkeit
, durch
welche
Nachlässigkeit
konnte er
denn
seinen
Schlagschatten
verlieren
?" - "Wie es
kam
",
erwiderte
ich, "
mag
nun sehr
gleichgültig
sein
, doch so viel",
log
ich
ihm
unverschämt
vor
: "In
Rußland
, wo er im
vorigen
Winter
eine
Reise
tat
,
fror
ihm
einmal
, bei einer
außerordentlichen
Kälte
,
sein
Schatten
dergestalt
am
Boden
fest
, daß er
ihn
nicht wieder
los
bekommen
konnte."
"Der
falsche
Schlagschatten
, den ich
ihm
malen
könnte
",
erwiderte
der
Professor
, "
würde
doch nur ein
solcher
sein
, den er bei der
leisesten
Bewegung
wieder
verlieren
müßte
, -
zumal
wer an dem
eignen
angebornen
Schatten
so wenig
fest
hing
, als aus Ihrer
Erzählung
selbst sich
abnehmen
läßt
; wer
keinen
Schatten
hat,
gehe
nicht in die
Sonne
, das ist das
Vernünftigste
und
Sicherste
." Er
stand
auf und
entfernte
sich,
indem
er auf mich einen
durchbohrenden
Blick
warf
, den der meine nicht
ertragen
konnte. Ich
sank
in meinen
Sessel
zurück
, und
verhüllte
mein
Gesicht
in meine
Hände
.
So
fand
mich noch
Bendel
, als er
herein
trat
. Er
sah
den
Schmerz
seines
Herrn
, und
wollte
sich
still
,
ehrerbietig
zurückziehen
. - Ich
blickte
auf - ich
erlag
unter der
Last
meines
Kummers
, ich
mußte
ihn
mitteilen
. "
Bendel
",
rief
ich
ihm
zu, "
Bendel
! Du
Einziger
, der du meine
Leiden
siehst
und
ehrst
, sie nicht
erforschen
zu
wollen
,
sondern
still
und
fromm
mitzufühlen
scheinst
,
komm
zu mir,
Bendel
, und
sei
der
Nächste
meinem
Herzen
. Die
Schätze
meines
Goldes
hab ich
vor
dir nicht
verschlossen
, nicht
verschließen
will ich
vor
dir die
Schätze
meines
Grames
. -
Bendel
,
verlasse
mich nicht.
Bendel
, du
siehst
mich
reich
,
freigebig
,
gütig
, du
wähnst
, es
sollte
die
Welt
mich
verherrlichen
, und du
siehst
mich die
Welt
fliehn
und mich
vor
ihr
verschließen
.
Bendel
, sie hat
gerichtet
, die
Welt
, und mich
verstoßen
, und auch du vielleicht
wirst
dich von mir
wenden
, wenn du mein
schreckliches
Geheimnis
erfährst
:
Bendel
, ich bin
reich
,
freigebig
,
gütig
, aber -
oGott
! - ich habe
keinen
Schatten
!"
"
Keinen
Schatten
?"
rief
der
gute
Junge
erschreckt
aus, und die
hellen
Tränen
stürzten
ihm
aus den
Augen
. - "
Weh
mir, daß ich
geboren
ward
, einem
schattenlosen
Herrn
zu
dienen
!" Er
schwieg
, und ich
hielt
mein
Gesicht
in meinen
Händen
.
"
Bendel
",
setzt
ich
spät
und
zitternd
hinzu, "nun hast du mein
Vertrauen
, nun
kannst
du es
verraten
. Geh hin und
zeuge
wider mich." - Er
schien
in
schwerem
Kampfe
mit sich
selber
,
endlich
stürzte
er
vor
mir nieder und
ergriff
meine
Hand
, die er mit seinen
Tränen
benetzte
. "Nein",
rief
er aus, "was die
Welt
auch meine, ich kann und
werde
um
Schattens
willen
meinen
gütigen
Herrn
nicht
verlassen
, ich
werde
recht
, und nicht
klug
handeln
, ich
werde
bei Ihnen
bleiben
, Ihnen meinen
Schatten
borgen
, Ihnen
helfen
, wo ich kann, und wo ich nicht kann, mit Ihnen
weinen
." Ich
fiel
ihm
um den
Hals
, ob
solcher
ungewohnten
Gesinnung
staunend
;
denn
ich war von
ihm
überzeugt
, daß er es nicht um
Gold
tat
.
Seitdem
änderten
sich in etwas mein
Schicksal
und meine
Lebensweise
. Es ist
unbeschreiblich
, wie
vorsorglich
Bendel
mein
Gebrechen
zu
verhehlen
wußte
.
Überall
war er
vor
mir und mit mir, alles
vorhersehend
,
Anstalten
treffend
, und wo
Gefahr
unversehens
drohte
, mich
schnell
mit seinem
Schatten
überdeckend
,
denn
er war
größer
und
stärker
als ich. So
wagt
ich mich wieder unter die
Menschen
, und
begann
eine
Rolle
in der
Welt
zu
spielen
. Ich
mußte
freilich
viele
Eigenheiten
und
Launen
scheinbar
annehmen
. Solche
stehen
aber dem
Reichen
gut
, und so
lange
die
Wahrheit
nur
verborgen
blieb
,
genoß
ich aller der
Ehre
und
Achtung
, die
meinem
Golde
zukam
. Ich
sah
ruhiger
dem über
Jahr
und
Tag
verheißenen
Besuch
des
rätselhaften
Unbekannten
entgegen
.
Ich
fühlte
sehr
wohl
, daß ich mich nicht
lange
an einem
Ort
aufhalten
durfte
, wo man mich schon ohne
Schatten
gesehen
, und wo ich
leicht
verraten
werden konnte; auch
dacht
ich vielleicht nur allein noch daran, wie ich mich bei
Herrn
John
gezeigt
, und es war mir eine
drückende
Erinnerung
,
demnach
wollt
ich hier
bloß
Probe
halten
, um
anderswo
leichter
und
zuversichtlicher
auftreten
zu
können
- doch
fand
sich, was mich eine
Zeitlang
an meiner
Eitelkeit
festhielt
: das ist im
Menschen
, wo der
Anker
am
zuverlässigsten
Grund
faßt
.
Eben
die
schöne
Fanny
, der ich am
dritten
Ort
wieder
begegnete
,
schenkte
mir, ohne sich zu
erinnern
, mich
jemals
gesehen
zu haben, einige
Aufmerksamkeit
,
denn
jetzt
hatt
ich
Witz
und
Verstand
. - Wenn ich
redete
,
hörte
man zu, und ich
wußte
selber
nicht, wie ich zu der
Kunst
gekommen
war, das
Gespräch
so
leicht
zu
führen
und zu
beherrschen
. Der
Eindruck
, den ich auf die
Schöne
gemacht
zu haben
einsah
,
machte
aus mir, was sie
eben
begehrte
, einen
Narren
, und ich
folgte
ihr
seither
mit
tausend
Mühen
durch
Schatten
und
Dämmerung
, wo ich nur konnte. Ich war nur
eitel
darauf, sie über mich
eitel
zu
machen
, und konnte mir, selbst mit dem
besten
Willen
, nicht den
Rausch
aus dem
Kopf
ins
Herz
zwingen
.
Aber wozu die
ganz
gemeine
Geschichte
Dir
lang
und
breit
wiederholen
? - Du
selber
hast sie mir
oft
genug von
andern
Ehrenleuten
erzählt
. - Zu dem
alten
,
wohlbekannten
Spiele
,
worin
ich
gutmütig
eine
abgedroschene
Rolle
übernommen
,
kam
freilich
eine
ganz
eigens
gedichtete
Katastrophe
hinzu, mir und ihr und
allen
unerwartet
.
Da
ich an einem
schönen
Abend
nach meiner
Gewohnheit
eine
Gesellschaft
in einem
Garten
versammelt
hatte,
wandelte
ich mit der
Herrin
Arm
in
Arm
, in
einiger
Entfernung
von den
übrigen
Gästen
, und
bemühte
mich, ihr
Redensarten
vorzudrechseln
. Sie
sah
sittig
vor
sich nieder und
erwiderte
leise
den
Druck
meiner
Hand
;
da
trat
unversehens
hinter uns der
Mond
aus den
Wolken
hervor
und sie
sah
nur ihren
Schatten
vor
sich
hinfallen
. Sie
fuhr
zusammen
und
blickte
bestürzt
mich an, dann wieder auf die
Erde
, mit dem
Auge
meinen
Schatten
begehrend
; und was in ihr
vorging
,
malte
sich so
sonderbar
in ihren
Mienen
, daß ich in ein
lautes
Gelächter
hätte
ausbrechen
mögen
, wenn es mir nicht
selber
eiskalt
über den
Rücken
gelaufen
wäre
.
Ich
ließ
sie aus
meinem
Arm
in eine
Ohnmacht
sinken
,
schoß
wie ein
Pfeil
durch die
entsetzten
Gäste
,
erreichte
die
Tür
,
warf
mich in den
ersten
Wagen
, den ich
da
haltend
fand
, und
fuhr
nach der
Stadt
zurück
, wo ich
diesmal
zu
meinem
Unheil
den
vorsichtigen
Bendel
gelassen
hatte. Er
erschrak
, als er mich
sah
, ein
Wort
entdeckte
ihm
alles. Es
wurden
auf der
Stelle
Postpferde
geholt
. Ich
nahm
nur einen meiner
Leute
mit mir, einen
abgefeimten
Spitzbuben
,
namens
Rascal
, der sich mir durch seine
Gewandtheit
notwendig
zu
machen
gewußt
, und der nichts vom
heutigen
Vorfall
ahnen
konnte. Ich
legte
in
derselben
Nacht
noch
dreißig
Meilen
zurück
.
Bendel
blieb
hinter mir, mein
Haus
aufzulösen
,
Gold
zu
spenden
und mir das
Nötigste
nachzubringen
. Als er mich am
andern
Tage
einholte
,
warf
ich mich in seine
Arme
, und
schwur
ihm
, nicht etwa keine
Torheit
mehr zu
begehen
,
sondern
nur
künftig
vorsichtiger
zu
sein
. Wir
setzten
unsre
Reise
ununterbrochen
fort
, über die
Grenze
und das
Gebirg
, und
erst
am
andern
Abhang
, durch das
hohe
Bollwerk
von jenem
Unglücksboden
getrennt
,
ließ
ich mich
bewegen
, in einem
nah
gelegenen
und wenig
besuchten
Badeort
von den
überstandenen
Mühseligkeiten
auszurasten
.
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