1
Bei der Einsetzung des Abtes soll man stets so verfahren: Es werde der
bestellt, den die ganze Gemeinschaft einmütig in Gottesfurcht gewählt hat
oder ein noch so kleiner Teil in besserer Einsicht.
2
Entscheidend für die Wahl und Einsetzung seien Bewährung im Leben und
Weisheit in der Lehre, mag einer in der Rangordnung der Gemeinschaft auch
der Letzte sein.
3
Es kann sogar vorkommen, was ferne sei, dass die Gemeinschaft einmütig
jemand wählt, der mit ihrem sündhaften Leben einverstanden ist.
4
Kommen etwa solche Missstände dem Bischof der betreffenden Diözese zur
Kenntnis oder erfahren die böte oder Christen der Nachbarschaft davon,
5
so sollen sie verhindern, dass sich die Absprache der verkommenen Mönche
durchsetzt; vielmehr sollen sie für das Haus Gottes einen würdigen
Verwalter bestellen.
6
Sie dürfen wissen: Wenn sie sich von reiner Absicht und vom Eifer für Gott
leiten lassen, werden sie dafür reichlich belohnt, andererseits machen sie
sich schuldig, wenn sie es versäumen.
7
Der eingesetzte Abt bedenke aber stets, welche Bürde er auf sich genommen
hat und wem er Rechenschaft über seine Verwaltung ablegen muss.
8
Er wisse, dass er mehr helfen als herrschen soll.
9
Er muss daher das göttliche Gesetz genau kennen, damit er Bescheid weiß
und einen Schatz hat, aus dem er Neues und Altes hervorholen kann. Er sei
selbstlos, nüchtern und barmherzig. (Mt 13,52; 1Tim 3,2) 10 Immer
gehe ihm Barmherzigkeit über strenges Gericht, damit er selbst gleiches
erfahre. (Jak 2,13)
10
Er hasse die Fehler, er liebe die Brüder.
11
Muss er aber zurechtweisen, handle er klug und gehe nicht zu weit; sonst
könnte das Gefäß zerbrechen, wenn er den Rost allzu kräftig auskratzen
will.
12
Stets rechne er mit seiner eigenen Gebrechlichkeit. Er denke daran, dass
man das geknickte Rohr nicht zerbrechen darf. (Jes 42,3)
13
Damit wollen wir nicht sagen, er dürfe Fehler wuchern lassen, vielmehr
schneide er sie klug und liebevoll weg, wie es seiner Ansicht nach jedem
weiterhilft; wir sprachen schon davon.
14
Er suche mehr geliebt als gefürchtet zu werden.
15
Er sei nicht stürmisch und nicht ängstlich, nicht maßlos und nicht
engstirnig, nicht eifersüchtig und allzu argwöhnisch, sonst kommt er nie
zur Ruhe.
16
In seinen Befehlen sei er vorausschauend und besonnen. Bei geistlichen wie
bei weltlichen Aufträgen unterscheide er genau und halte Maß.
17
Er denke an die maßvolle Unterscheidung des heiligen Jakob, der sprach:
"Wenn ich meine Herden unterwegs überanstrenge, werden alle an einem
Tage zugrunde gehen." (Gen 33,13)
18
Diese und andere Zeugnisse maßvoller Unterscheidung, der Mutter aller
Tugenden, beherzige er. So halte er in allem Maß, damit die Starken
finden, wonach sie verlangen, und die Schwachen nicht davonlaufen.
19
Besonders wahre er in allem die vorliegende Regel.
20
Hat er seinen Dienst gut verrichtet, dann darf er vom Herrn hören, was für
den guten Knecht gilt, der seinen Mitknechten den Weizen zu rechten Zeit
gegeben hat:
21
"Amen, ich sage euch, er wird ihn zum Verwalter seines ganzen
Vermögens bestellen." (Mt 24,47)
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