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Friedrich Wilhelm Nietzsche
Die Geburt der Tragödie
IntraText CT - Text
Vorwort an Richard Wagner.
25.
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25.
Musik
und
tragischer
Mythus
sind in
gleicher
Weise
Ausdruck
der
dionysischen
Befähigung
eines
Volkes
und von
einander
untrennbar
.
Beide
entstammen
einem
Kunstbereiche
, das
jenseits
des
Apollinischen
liegt
;
beide
verklären
eine
Region
, in deren
Lustaccorden
die
Dissonanz
eben
so wie das
schreckliche
Weltbild
reizvoll
verklingt
;
beide
spielen
mit dem
Stachel
der
Unlust
, ihren
überaus
mächtigen
Zauberkünsten
vertrauend
;
beide
rechtfertigen
durch dieses
Spiel
die
Existenz
selbst der "
schlechtesten
Welt
." Hier
zeigt
sich das
Dionysische
, an dem
Apollinischen
gemessen
, als die
ewige
und
ursprüngliche
Kunstgewalt
, die
überhaupt
die
ganze
Welt
der
Erscheinung
in'
s
Dasein
ruft
: in deren
Mitte
ein
neuer
Verklärungsschein
nöthig
wird, um die
belebte
Welt
der
Individuation
im
Leben
festzuhalten
.
Könnten
wir uns eine
Menschwerdung
der
Dissonanz
denken
- und was ist sonst der
Mensch
? - so
würde
diese
Dissonanz
, um
leben
zu
können
, eine
herrliche
Illusion
brauchen
, die ihr einen
Schönheitsschleier
über ihr
eignes
Wesen
decke
. Dies ist die
wahre
Kunstabsicht
des
Apollo
: in dessen
Namen
wir alle
jene
zahllosen
Illusionen
des
schönen
Scheins
zusammenfassen
, die in jedem
Augenblick
das
Dasein
überhaupt
lebenswerth
machen
und zum
Erleben
des
nächsten
Augenblicks
drängen
.
Dabei
darf
von jenem
Fundamente
aller
Existenz
, von dem
dionysischen
Untergrunde
der
Welt
,
genau
nur soviel dem
menschlichen
Individuum
in'
s
Bewusstsein
treten
, als von
jener
apollinischen
Verklärungskraft
wieder
überwunden
werden kann, so
dass
diese
beiden
Kunsttriebe
ihre
Kräfte
in
strenger
wechselseitiger
Proportion
, nach dem
Gesetze
ewiger
Gerechtigkeit
, zu
entfalten
genöthigt
sind. Wo sich die
dionysischen
Mächte
so
ungestüm
erheben
, wie wir dies
erleben
,
da
muss
auch
bereits
Apollo
, in eine
Wolke
gehüllt
, zu uns
herniedergestiegen
sein
; dessen
üppigste
Schönheitswirkungen
wohl
eine
nächste
Generation
schauen
wird.
Dass
diese
Wirkung
aber
nöthig
sei
, dies
würde
Jeder am
sichersten
, durch
Intuition
,
nachempfinden
, wenn er
einmal
,
sei
es auch im
Traume
, in eine
althellenische
Existenz
sich
zurückversetzt
fühlte
: im
Wandeln
unter
hohen
ionischen
Säulengängen
,
aufwärtsblickend
zu einem
Horizont
, der durch
reine
und
edle
Linien
abgeschnitten
ist, neben sich
Wiederspiegelungen
seiner
verklärten
Gestalt
in
leuchtendem
Marmor
,
rings
um sich
feierlich
schreitende
oder
zart
bewegte
Menschen
, mit
harmonisch
tönenden
Lauten
und
rhythmischer
Gebärdensprache
-
würde
er nicht, bei diesem
fortwährenden
Einströmen
der
Schönheit
, zu
Apollo
die
Hand
erhebend
ausrufen
müssen
: "
Seliges
Volk
der
Hellenen
! Wie
gross
muss
unter
euch
Dionysus
sein
, wenn der
delische
Gott
solche
Zauber
für
nöthig
hält
, um euren
dithyrambischen
Wahnsinn
zu
heilen
!" - Einem so
Gestimmten
dürfte
aber ein
greiser
Athener
, mit dem
erhabenen
Auge
des
Aeschylus
zu
ihm
aufblickend
,
entgegnen
: "
Sage
aber auch dies, du
wunderlicher
Fremdling
: wie viel
musste
dies
Volk
leiden
, um so
schön
werden zu
können
! Jetzt aber
folge
mir zur
Tragödie
und
opfere
mit mir im
Tempel
beider
Gottheiten
!"
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