Index
|
Wörter
:
alphabetisch
-
Frequenz
-
rückläufig
-
Länge
-
Statistik
|
Hilfe
|
IntraText-Bibliothek
Immanuel Kant
Kritik der reinen Vernunft
IntraText CT - Text
I. Transzendentale Elementarlehre
Zweiter Teil Die transzendentale Logik
Zweite Abteilung Die transzendentale Dialektik
Erstes Buch Von den Begriffen der reinen Vernunft
Erster Abschnitt Von den Ideen überhaupt
zurück
-
vor
Hier klicken um die Links zu den Konkordanzen auszublenden
Erster
Abschnitt
Von den
Ideen
überhaupt
Bei dem
großen
Reichtum
unserer
Sprachen
findet
sich doch
oft
der
denkende
Kopf
wegen des
Ausdrucks
verlegen
, der seinem
Begriffe
genau
anpaßt
, und in dessen
Ermanglung
er weder
anderen
, noch sogar sich selbst
recht
verständlich
werden kann.
Neue
Wörter
zu
schmieden
, ist eine
Anmaßung
zum
Gesetzgeben
in
Sprachen
, die
selten
gelingt
, und
ehe
man zu diesem
verzweifelten
Mittel
schreitet
, ist es
ratsam
, sich in einer
toten
und
gelehrten
Sprache
umzusehen
, ob sich daselbst nicht dieser
Begriff
samt
seinem
angemessenen
Ausdrucke
vorfinde
, und wenn der
alte
Gebrauch
desselben
durch
Unbehutsamkeit
ihrer
Urheber
auch etwas
schwankend
geworden
wäre
, so ist es doch
besser
, die
Bedeutung
, die
ihm
vorzüglich
eigen war, zu
befestigen
, (
sollte
es auch
zweifelhaft
bleiben
, ob man damals
genau
ebendieselbe
im
Sinne
gehabt
habe,) als
sein
Geschäft
nur
dadurch
zu
verderben
, daß man sich
unverständlich
machte
.
Um
deswillen
, wenn sich etwa zu einem
gewissen
Begriffe
nur ein
einziges
Wort
vorfände
, das in schon
eingeführter
Bedeutung
diesem
Begriffe
genau
anpaßt
, dessen
Unterscheidung
von
anderen
verwandten
Begriffen
von
großer
Wichtigkeit
ist, so ist es
ratsam
, damit nicht
verschwenderisch
umzugehen
, oder es
bloß
zur
Abwechslung
,
synonymisch
, statt anderer zu
gebrauchen
,
sondern
ihm
seine
eigentümliche
Bedeutung
sorgfältig
aufzubehalten
; weil es sonst
leichtlich
geschieht
, daß, nachdem der
Ausdruck
die
Aufmerksamkeit
nicht
besonders
beschäftigt
,
sondern
sich unter dem
Haufen
anderer von sehr
abweichender
Bedeutung
verliert
, auch der
Gedanke
verloren
gehe
, den er allein hätte
aufbehalten
können
.
Plato
bediente
sich des
Ausdrucks
Idee
so, daß man
wohl
sieht
, er habe darunter etwas
verstanden
, was nicht allein
niemals
von den
Sinnen
entlehnt
wird,
sondern
welches
sogar die
Begriffe
des
Verstandes
, mit denen sich
Aristoteles
beschäftigte
,
weit
übersteigt
,
indem
in der
Erfahrung
niemals
etwas damit
Kongruierendes
angetroffen
wird. Die
Ideen
sind bei
ihm
Urbilder
der
Dinge
selbst, und nicht
bloß
Schlüssel
zu
möglichen
Erfahrungen
, wie die
Kategorien
. Nach seiner
Meinung
flossen
sie aus der
höchsten
Vernunft
aus, von
da
sie der
menschlichen
zuteil
geworden
, die sich aber jetzt nicht mehr in ihrem
ursprünglichen
Zustande
befindet
,
sondern
mit
Mühe
die
alten
, jetzt sehr
verdunkelten
,
Ideen
durch
Erinnerung
(die
Philosophie
heißt
)
zurückrufen
muß
. Ich will mich hier in keine
literarische
Untersuchung
einlassen
, um den
Sinn
auszumachen
, den der
erhabene
Philosoph
mit seinem
Ausdrucke
verband
. Ich
merke
nur an, daß es
gar
nichts
Ungewöhnliches
sei
, sowohl im
gemeinen
Gespräche
, als in
Schriften
, durch die
Vergleichung
der
Gedanken
,
welche
ein
Verfasser
über seinen
Gegenstand
äußert
,
ihn
sogar
besser
zu
verstehen
, als er sich selbst
verstand
,
indem
er seinen
Begriff
nicht
genugsam
bestimmte
, und
dadurch
bisweilen
seiner
eigenen
Absicht
entgegen
redete
, oder auch
dachte
.
Plato
bemerkte
sehr
wohl
, daß
unsere
Erkenntniskraft
ein
weit
höheres
Bedürfnis
fühle
, als
bloß
Erscheinungen
nach
synthetischer
Einheit
buchstabieren
, um sie als
Erfahrung
lesen
zu
können
, und daß
unsere
Vernunft
natürlicherweise
sich zu
Erkenntnissen
aufschwinge
, die viel weiter
gehen
, als daß irgendein
Gegenstand
, den
Erfahrung
geben
kann,
jemals
mit ihnen
kongruieren
könne
, die aber
nichtsdestoweniger
ihre
Realität
haben und
keineswegs
bloße
Hirngespinste
sind.
Plato
fand
seine
Ideen
vorzüglich
in allem was
praktisch
ist
35
,
d.i.
auf
Freiheit
beruht
,
welche
ihrerseits
unter
Erkenntnissen
steht
, die ein
eigentümliches
Produkt
der
Vernunft
sind. Wer die
Begriffe
der
Tugend
aus
Erfahrung
schöpfen
wollte
, wer das, was nur
allenfalls
als
Beispiel
zur
unvollkommenen
Erläuterung
dienen
kann, als
Muster
zum
Erkenntnisquell
machen
wollte
(wie
wirklich
viele
getan
haben), der
würde
aus der
Tugend
ein nach
Zeit
und
Umständen
wandelbares
, zu keiner
Regel
brauchbares
zweideutiges
Unding
machen
.
Dagegen
wird ein jeder
inne
, daß, wenn
ihm
jemand
als
Muster
der
Tugend
vorgestellt
wird, er doch immer das
wahre
Original
bloß
in seinem
eigenen
Kopfe
habe, womit er dieses
angebliche
Muster
vergleicht
, und es
bloß
darnach
schätzt
. Dieses ist aber die
Idee
der
Tugend
, in
Ansehung
deren alle
möglichen
Gegenstände
der
Erfahrung
zwar als
Beispiele
, (
Beweise
der
Tunlichkeit
desjenigen
im
gewissen
Grade
, was der
Begriff
der
Vernunft
heischt
,) aber nicht als
Urbilder
Dienste
tun. Daß
niemals
ein
Mensch
demjenigen
adäquat
handeln
werde
, was die
reine
Idee
der
Tugend
enthält
,
beweist
gar
nicht etwas
Chimärisches
in diesem
Gedanken
.
Denn
es ist
gleichwohl
alles
Urteil
, über den
moralischen
Wert
oder
Unwert
, nur
vermittelst
dieser
Idee
möglich
;
mithin
liegt
sie jeder
Annäherung
zur
moralischen
Vollkommenheit
notwendig
zum
Grunde
,
soweit
auch die ihrem
Grade
nach nicht zu
bestimmenden
Hindernisse
in der
menschlichen
Natur
uns davon
entfernt
halten
mögen
.
Die
platonische
Republik
ist, als ein
vermeintlich
auffallendes
Beispiel
von
erträumter
Vollkommenheit
, die nur im
Gehirn
des
müßigen
Denkers
ihren
Sitz
haben kann, zum
Sprichwort
geworden
, und
Brucker
findet
es
lächerlich
, daß der
Philosoph
behauptete
,
niemals
würde
ein
Fürst
wohl
regieren
, wenn er nicht der
Ideen
teilhaftig
wäre
. Allein man
würde
besser
tun, diesem
Gedanken
mehr
nachzugehen
, und
ihn
(wo der
vortreffliche
Mann uns ohne
Hilfe
läßt
) durch
neue
Bemühung
in
Licht
zu
stellen
, als
ihn
, unter dem sehr
elenden
und
schädlichen
Vorwande
der
Untunlichkeit
, als
unnütz
beiseite
zu
setzen
. Eine
Verfassung
von der
größten
menschlichen
Freiheit
nach
Gesetzen
,
welche
machen
, daß jedes
Freiheit
mit der
anderen
ihrer
zusammen
bestehen
kann, (nicht von der
größten
Glückseligkeit
,
denn
diese wird schon von selbst
folgen
;) ist doch
wenigstens
eine
notwendige
Idee
, die man nicht
bloß
im
ersten
Entwurfe
einer
Staatsverfassung
,
sondern
auch bei
allen
Gesetzen
zum
Grunde
legen
muß
, und
wobei
man
anfänglich
von den
gegenwärtigen
Hindernissen
abstrahieren
muß
, die vielleicht nicht sowohl aus der
menschlichen
Natur
unvermeidlich
entspringen
mögen
, als
vielmehr
aus der
Vernachlässigung
der
echten
Ideen
bei der
Gesetzgebung
.
Denn
nichts kann
Schädlicheres
und eines
Philosophen
Unwürdigeres
gefunden
werden, als die
pöbelhafte
Berufung
auf
vergeblich
widerstreitende
Erfahrung
, die doch
gar
nicht
existieren
würde
, wenn
jene
Anstalten
zu
rechter
Zeit
nach den
Ideen
getroffen
würden
, und an deren Statt nicht
rohe
Begriffe
,
eben
darum, weil sie aus
Erfahrung
geschöpft
worden
, alle
gute
Absicht
vereitelt
hätten
.
Je
übereinstimmender
die
Gesetzgebung
und
Regierung
mit dieser
Idee
eingerichtet
wären
,
desto
seltener
würden
allerdings
die
Strafen
werden, und
da
ist es
denn
ganz
vernünftig
, (wie
Plato
behauptet
), daß bei einer
vollkommenen
Anordnung
derselben
gar
keine
dergleichen
nötig
sein
würden
. Ob nun
gleich
das
letztere
niemals
zustande
kommen
mag
, so ist die
Idee
doch
ganz
richtig,
welche
dieses
Maximum
zum
Urbilde
aufstellt
, um nach demselben die
gesetzliche
Verfassung
der
Menschen
der
möglich
größten
Vollkommenheit
immer
näher
zu
bringen
.
Denn
welches
der
höchste
Grad
sein
mag
, bei
welchem
die
Menschheit
stehenbleiben
müsse
, und wie
groß
also die
Kluft
, die zwischen der
Idee
und ihrer
Ausführung
notwendig
übrigbleibt
,
sein
möge
, das kann und
soll
niemand
bestimmen
,
eben
darum, weil es
Freiheit
ist,
welche
jede
angegebene
Grenze
übersteigen
kann.
Aber nicht
bloß
in
demjenigen
,
wobei
die
menschliche
Vernunft
wahrhafte
Kausalität
zeigt
, und wo
Ideen
wirkende
Ursachen
(der
Handlungen
und ihrer
Gegenstände
) werden,
nämlich
im
Sittlichen
,
sondern
auch in
Ansehung
der
Natur
selbst,
sieht
Plato
mit
Recht
deutliche
Beweise
ihres
Ursprungs
aus
Ideen
. Ein
Gewächs
, ein
Tier
, die
regelmäßige
Anordnung
des
Weltbaues
(
vermutlich
also auch die
ganze
Naturordnung
)
zeigen
deutlich
, daß sie nur nach
Ideen
möglich
sind; daß zwar kein
einzelnes
Geschöpf
, unter den
einzelnen
Bedingungen
seines
Daseins
, mit der
Idee
des
Vollkommensten
seiner
Art
kongruiere
(so wenig wie der
Mensch
mit der
Idee
der
Menschheit
, die er sogar selbst als das
Urbild
seiner
Handlungen
in seiner
Seele
trägt
,) daß
gleichwohl
jene
Ideen
im
höchsten
Verstande
einzeln
,
unveränderlich
,
durchgängig
bestimmt
, und die
ursprünglichen
Ursachen
der
Dinge
sind, und nur das
Ganze
ihrer
Verbindung
im
Weltall
einzig
und allein
jener
Idee
völlig
adäquat
sei
. Wenn man das
Übertriebene
des
Ausdrucks
absondert
, so ist der
Geistesschwung
des
Philosophen
, von der
copeilichen
Betrachtung
des
Physischen
der
Weltordnung
zu der
architektonischen
Verknüpfung
derselben
nach
Zwecken
,
d.i.
nach
Ideen
,
hinaufzusteigen
, eine
Bemühung
, die
Achtung
und
Nachfolge
verdient
, in
Ansehung
desjenigen
aber, was die
Prinzipien
der
Sittlichkeit
, der
Gesetzgebung
und der
Religion
betrifft
, wo die
Ideen
die
Erfahrung
selbst (des
Guten
)
allererst
möglich
machen
,
obzwar
niemals
darin
völlig
ausgedrückt
werden
können
, ein
ganz
eigentümliches
Verdienst
,
welches
man nur darum nicht
erkennt
, weil man es durch
eben
die
empirischen
Regeln
beurteilt
, deren
Gültigkeit
, als
Prinzipien
,
eben
durch sie hat
aufgehoben
werden
sollen
.
Denn
in
Betracht
der
Natur
gibt
uns
Erfahrung
die
Regel
an die
Hand
und ist der
Quell
der
Wahrheit
; in
Ansehung
der
sittlichen
Gesetze
aber ist
Erfahrung
(
leider
!) die
Mutter
des
Scheins
, und es ist
höchst
verwerflich
, die
Gesetze
über das, was ich tun
soll
, von
demjenigen
herzunehmen
, oder
dadurch
einschränken
zu
wollen
, was
getan
wird.
Statt aller dieser
Betrachtungen
, deren
gehörige
Ausführung
in der
Tat
die
eigentümliche
Würde
der
Philosophie
ausmacht
,
beschäftigen
wir uns jetzt mit einer nicht so
glänzenden
, aber doch auch nicht
verdienstlosen
Arbeit
,
nämlich
: den
Boden
zu
jenen
majestätischen
sittlichen
Gebäuden
eben
und
baufest
zu
machen
, in
welchem
sich
allerlei
Maulwurfsgänge
einer
vergeblich
, aber mit
guter
Zuversicht
, auf
Schätze
grabenden
Vernunft
vorfinden
, und die
jenes
Bauwerk
unsicher
machen
. Der
transzendentale
Gebrauch
der
reinen
Vernunft
, ihre
Prinzipien
und
Ideen
, sind es also,
welche
genau
zu
kennen
uns jetzt
obliegt
, um den
Einfluß
der
reinen
Vernunft
und den
Wert
derselben
gehörig
bestimmen
und
schätzen
zu
können
. Doch,
ehe
ich diese
vorläufige
Einleitung
beiseite
lege
,
ersuche
ich
diejenige
, denen
Philosophie
am
Herzen
liegt
, (
welches
mehr
gesagt
ist, als man
gemeiniglich
antrifft
,) wenn sie sich durch dieses und das
Nachfolgende
überzeugt
finden
sollten
, den
Ausdruck
Idee
seiner
ursprünglichen
Bedeutung
nach in
Schutz
zu
nehmen
, damit er nicht
fernerhin
unter die
übrigen
Ausdrücke
, womit
gewöhnlich
allerlei
Vorstellungsarten
in
sorgloser
Unordnung
bezeichnet
werden,
gerate
, und die
Wissenschaft
dabei
einbüße
.
Fehlt
es uns doch nicht an
Benennungen
, die jeder
Vorstellungsart
gehörig
angemessen
sind, ohne daß wir
nötig
haben, in das
Eigentum
einer
anderen
einzugreifen
. Hier ist eine
Stufenleiter
derselben
. Die
Gattung
ist
Vorstellung
überhaupt
(
repraesentatio
). Unter ihr
steht
die
Vorstellung
mit
Bewußtsein
(
perceptio
). Eine
Perception
, die sich
lediglich
auf das
Subjekt
, als die
Modifikation
seines
Zustandes
bezieht
, ist
Empfindung
(
sensatio
), eine
objektive
Perzeption
ist
Erkenntnis
(
cognitio
). Diese ist entweder
Anschauung
oder
Begriff
(
intuitus
vel
conceptus
).
Jene
bezieht
sich
unmittelbar
auf den
Gegenstand
und ist
einzeln
; dieser
mittelbar
,
vermittelst
eines
Merkmals
, was
mehreren
Dingen
gemein
sein
kann. Der
Begriff
ist entweder ein
empirischer
oder
reiner
Begriff
, und der
reine
Begriff
,
sofern
er
lediglich
im
Verstande
seinen
Ursprung
hat (nicht im
reinen
Bilde
der
Sinnlichkeit
)
heißt
Notio
. Ein
Begriff
aus
Notionen
, der die
Möglichkeit
der
Erfahrung
übersteigt
, ist die
Idee
, oder der
Vernunftbegriff
. Dem, der sich
einmal
an diese
Unterscheidung
gewöhnt
hat,
muß
es
unerträglich
fallen
, die
Vorstellung
der
roten
Farbe
Idee
nennen
zu
hören
. Sie ist nicht
einmal
Notion
(
Verstandesbegriff
) zu
nennen
.
35
Er
dehnte
seinen
Begriff
freilich
auch auf
spekulative
Erkenntnisse
aus, wenn sie nur
rein
und
völlig
a
priori
gegeben
waren
, sogar über die
Mathematik
, ob diese
gleich
ihren
Gegenstand
nirgend
anders, als in der
möglichen
Erfahrung
hat. Hierin kann ich
ihm
nun nicht
folgen
, so wenig als in der
mystischen
Deduktion
dieser
Ideen
, oder den
Übertreibungen
,
dadurch
er sie
gleichsam
hypostasierte
;
wiewohl
die
hohe
Sprache
, deren er sich in diesem
Felde
bediente
, einer
milderen
und der
Natur
der
Dinge
angemessenen
Auslegung
ganz
wohl
fähig
ist.
zurück
-
vor
Index
|
Wörter
:
alphabetisch
-
Frequenz
-
rückläufig
-
Länge
-
Statistik
|
Hilfe
|
IntraText-Bibliothek
Best viewed with any browser at 800x600 or 768x1024 on Tablet PC
IntraText®
(V89) - Some rights reserved by
EuloTech SRL
- 1996-2007. Content in this page is licensed under a
Creative Commons License