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Immanuel Kant
Kritik der reinen Vernunft
IntraText CT - Text
I. Transzendentale Elementarlehre
Zweiter Teil Die transzendentale Logik
Zweite Abteilung Die transzendentale Dialektik
Zweites Buch Von den dialektischen Schlüssen der reinen Vernunft
Zweites Hauptstück Die Antinomie der reinen Vernunft
Dritter Abschnitt Von dem Interesse der Vernunft bei diesem ihrem Widerstreite
zurück
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Dritter
Abschnitt
Von dem
Interesse
der
Vernunft
bei diesem ihrem
Widerstreite
Da
haben wir nun das
ganze
dialektische
Spiel
der
kosmologischen
Ideen
, die es
gar
nicht
verstatten
, daß ihnen ein
kongruierender
Gegenstand
in irgendeiner
möglichen
Erfahrung
gegeben
werde
, ja nicht
einmal
, daß die
Vernunft
sie
einstimmig
mit
allgemeinen
Erfahrungsgesetzen
denke
, die
gleichwohl
doch nicht
willkürlich
erdacht
sind,
sondern
auf
welche
die
Vernunft
im
kontinuierlichen
Fortgange
der
empirischen
Synthesis
notwendig
geführt
wird, wenn sie das, was nach
Regeln
der
Erfahrung
jederzeit
nur
bedingt
bestimmt
werden kann, von aller
Bedingung
befreien
und in seiner
unbedingten
Totalität
fassen
will. Diese
vernünftelnden
Behauptungen
sind so viele
Versuche
, vier
natürliche
und
unvermeidliche
Probleme
der
Vernunft
aufzulösen
, deren es also nur
gerade
so viel, nicht mehr, auch nicht
weniger
,
geben
kann, weil es nicht mehr
Reihen
synthetischer
Voraussetzungen
gibt
,
welche
die
empirische
Synthesis
a
priori
begrenzen
.
Wir haben die
glänzenden
Anmaßungen
der ihr
Gebiet
über alle
Grenzen
der
Erfahrung
erweiternden
Vernunft
nur in
trockenen
Formeln
,
welche
bloß
den
Grund
ihrer
rechtlichen
Ansprüche
enthalten
,
vorgestellt
, und, wie es einer
Transzendentalphilosophie
geziemt
, diese von allem
Empirischen
entkleidet
, obgleich die
ganze
Pracht
der
Vernunftbehauptungen
nur in
Verbindung
mit demselben
hervorleuchten
kann. In dieser
Anwendung
aber, und der
fortschreitenden
Erweiterung
des
Vernunftgebrauchs
,
indem
sie von dem
Felde
der
Erfahrungen
anhebt
, und sich bis zu diesen
erhabenen
Ideen
allmählich
hinaufschwingt
,
zeigt
die
Philosophie
eine
Würde
,
welche
, wenn sie ihre
Anmaßungen
nur
behaupten
könnte
, den
Wert
aller
anderen
menschlichen
Wissenschaft
weit
unter sich
lassen
würde
,
indem
sie die
Grundlage
zu
unseren
größesten
Erwartungen
und
Aussichten
auf die
letzten
Zwecke
, in
welchen
alle
Vernunftbemühungen
sich
endlich
vereinigen
müssen
,
verheißt
. Die
Fragen
: ob die
Welt
einen
Anfang
und irgendeine
Grenze
ihrer
Ausdehnung
im
Raume
habe, ob es irgendwo und vielleicht in
meinem
denkenden
Selbst eine
unteilbare
und
unzerstörliche
Einheit
, oder nichts als das
Teilbare
und
Vergängliche
gebe
, ob ich in meinen
Handlungen
frei
, oder, wie
andere
Wesen
, an dem
Faden
der
Natur
und des
Schicksals
geleitet
sei
, ob es
endlich
eine
oberste
Weltursache
gebe
, oder die
Naturdinge
und deren
Ordnung
den
letzten
Gegenstand
ausmachen
, bei dem wir in
allen
unseren
Betrachtungen
stehenbleiben
müssen
: das sind
Fragen
, um deren
Auflösung
der
Mathematiker
gerne
seine
ganze
Wissenschaft
dahingäbe
;
denn
diese kann
ihm
doch in
Ansehung
der
höchsten
und
angelegentsten
Zwecke
der
Menschheit
keine
Befriedigung
verschaffen
. Selbst die
eigentliche
Würde
der
Mathematik
(dieses
Stolzes
der
menschlichen
Vernunft
)
beruht
darauf, daß,
da
sie der
Vernunft
die
Leitung
gibt
, die
Natur
im
Großen
sowohl als im
Kleinen
in ihrer
Ordnung
und
Regelmäßigkeit
,
imgleichen
in der
bewunderungswürdigen
Einheit
der sie
bewegenden
Kräfte
,
weit
über alle
Erwartung
der auf
gemeine
Erfahrung
bauenden
Philosophie
einzusehen
, sie
dadurch
selbst zu dem über alle
Erfahrung
erweiterten
Gebrauch
der
Vernunft
,
Anlaß
und
Aufmunterung
gibt
,
imgleichen
die damit
beschäftigte
Weltweisheit
mit den
vortrefflichsten
Materialien
versorgt
, ihre
Nachforschung
, so viel deren
Beschaffenheit
es
erlaubt
, durch
angemessene
Anschauungen
zu
unterstützen
.
Unglücklicherweise
für
die
Spekulation
(vielleicht aber zum
Glück
für
die
praktische
Bestimmung
des
Menschen
)
sieht
sich die
Vernunft
,
mitten
unter ihren
größesten
Erwartungen
, in einem
Gedränge
von
Gründen
und
Gegengründen
so
befangen
, daß,
da
es sowohl ihrer
Ehre
, als auch sogar ihrer
Sicherheit
wegen nicht
tunlich
ist, sich
zurückzuziehen
, und diesem
Zwist
als einem
bloßen
Spielgefechte
gleichgültig
zuzusehen
, noch
weniger
schlechthin
Friede
zu
gebieten
, weil der
Gegenstand
des
Streits
sehr
interessiert
, ihr nichts weiter
übrigbleibt
, als über den
Ursprung
dieser
Veruneinigung
der
Vernunft
mit sich selbst
nachzusinnen
, ob nicht etwa ein
bloßer
Mißverstand
daran
schuld
sei
, nach dessen
Erörterung
zwar
beiderseits
stolze
Ansprüche
vielleicht
wegfallen
, aber dafür ein
dauerhaft
ruhiges
Regiment
der
Vernunft
über
Verstand
und
Sinne
seinen
Anfang
nehmen
würde
.
Wir
wollen
vorjetzt
diese
gründliche
Erörterung
noch etwas
aussetzen
, und zuvor in
Erwägung
ziehen
: auf
welche
Seite
wir uns
wohl
am
liebsten
schlagen
möchten
, wenn wir etwa
genötigt
würden
,
Partei
zu
nehmen
.
Da
wir in diesem
Falle
, nicht den
logischen
Probierstein
der
Wahrheit
,
sondern
bloß
unser
Interesse
befragen
, so wird eine solche
Untersuchung
, ob sie
gleich
in
Ansehung
des
streitigen
Rechts
beider
Teile
nichts
ausmacht
,
dennoch
den
Nutzen
haben, es
begreiflich
zu
machen
, warum die
Teilnehmer
an diesem
Streite
sich
lieber
auf die eine
Seite
, als auf die
andere
geschlagen
haben, ohne daß
eben
eine
vorzügliche
Einsicht
des
Gegenstandes
daran
Ursache
gewesen
,
angleichen
noch
andere
Nebendinge
zu
erklären
,
z
.
B
. die
zelotische
Hitze
des einen und die
kalte
Behauptung
des
anderen
Teils
, warum sie
gerne
der einen
Partei
freudigen
Beifall
zujauchzen
, und wider die
andere
zum
voraus
,
unversöhnlich
eingenommen
sind.
Es ist aber etwas, das bei dieser
vorläufigen
Beurteilung
den
Gesichtspunkt
bestimmt
, aus dem sie allein mit
gehöriger
Gründlichkeit
angestellt
werden kann, und dieses ist die
Vergleichung
der
Prinzipien
, von denen
beide
Teile
ausgehen
. Man
bemerkt
unter den
Behauptungen
der
Antithesis
, eine
vollkommene
Gleichförmigkeit
der
Denkungsart
und
völlige
Einheit
der
Maxime
,
nämlich
ein
Prinzipium
des
reinen
Empirismus
, nicht allein in
Erklärung
der
Erscheinungen
in der
Welt
,
sondern
auch in
Auflösung
der
transzendentalen
Ideen
, vom
Weltall
selbst.
Dagegen
legen
die
Behauptungen
der
Thesis
,
außer
der
empirischen
Erklärungsart
innerhalb
der
Reihe
der
Erscheinungen
, noch
intellektuelle
Anfänge
zum
Grunde
, und die
Maxime
ist
sofern
nicht
einfach
. Ich will sie aber, von ihrem
wesentlichen
Unterscheidungsmerkmal
, den
Dogmatism
der
reinen
Vernunft
nennen
.
Auf der
Seite
also des
Dogmatismus
, in
Bestimmung
der
kosmologischen
Vernunftideen
, oder der
Thesis
,
zeigt
sich
Zuerst
ein
gewisses
praktisches
Interesse
,
woran
jeder
Wohlgesinnter
, wenn er sich auf seinen
wahren
Vorteil
versteht
,
herzlich
teilnimmt
. Daß die
Welt
einen
Anfang
habe, daß mein
denkendes
Selbst
einfacher
und daher
unverweslicher
Natur
, daß dieses
zugleich
in seinen
willkürlichen
Handlungen
frei
und über den
Naturzwang
erhoben
sei
, und daß
endlich
die
ganze
Ordnung
der
Dinge
,
welche
die
Welt
ausmachen
, von einem
Urwesen
abstamme
, von
welchem
alles seine
Einheit
und
zweckmäßige
Verknüpfung
entlehnt
, das sind so viel
Grundsteine
der
Moral
und
Religion
. Die
Antithesis
raubt
uns alle diese
Stützen
, oder
scheint
wenigstens
sie uns zu
rauben
.
Zweitens
äußert
sich auch ein
spekulatives
Interesse
der
Vernunft
auf dieser
Seite
.
Denn
, wenn man die
transzendentalen
Ideen
auf solche
Art
annimmt
und
gebraucht
, so kann man
völlig
a
priori
die
ganze
Kette
der
Bedingungen
fassen
, und die
Ableitung
des
Bedingten
begreifen
,
indem
man vom
Unbedingten
anfängt
,
welches
die
Antithesis
nicht
leistet
, die
dadurch
sich sehr
übel
empfiehlt
, daß sie auf die
Frage
, wegen der
Bedingungen
ihrer
Synthesis
, keine
Antwort
geben
kann, die nicht ohne
Ende
immer weiter zu
fragen
übrig
ließe
. Nach ihr
muß
man von einem
gegebenen
Anfange
zu einem noch
höheren
aufsteigen
, jeder
Teil
führt
auf einen noch
kleineren
Teil
, jede
Begebenheit
hat immer noch eine
andere
Begebenheit
als
Ursache
über sich, und die
Bedingungen
des
Daseins
überhaupt
stützen
sich immer
wiederum
auf
andere
, ohne
jemals
in einem
selbständigen
Dinge
als
Urwesen
unbedingte
Haltung
und
Stütze
zu
bekommen
.
Drittens
hat diese
Seite
auch den
Vorzug
der
Popularität
, der
gewiß
nicht den
kleinsten
Teil
seiner
Empfehlung
ausmacht
. Der
gemeine
Verstand
findet
in den
Ideen
des
unbedingten
Anfangs
aller
Synthesis
nicht die
mindeste
Schwierigkeit
,
da
er
ohnedem
mehr
gewohnt
ist, zu den
Folgen
abwärts
zu
gehen
, als zu den
Gründen
hinaufzusteigen
, und hat in den
Begriffen
des
absolut
Ersten
(über dessen
Möglichkeit
er nicht
grübelt
) eine
Gemächlichkeit
und
zugleich
einen
festen
Punkt
, um die
Leitschnur
seiner
Schritte
daran zu
knüpfen
,
da
er
hingegen
an dem
rastlosen
Aufsteigen
vom
Bedingten
zur
Bedingung
,
jederzeit
mit einem
Fuße
in der
Luft
,
gar
keinen
Wohlgefallen
finden
kann.
Auf der
Seite
des
Empirismus
in
Bestimmung
der
kosmologischen
Ideen
, oder der
Antithesis
,
findet
sich
erstlich
kein
solches
praktisches
Interesse
aus
reinen
Prinzipien
der
Vernunft
, als
Moral
und
Religion
bei sich
führen
.
Vielmehr
scheint
der
bloße
Empirism
beiden
alle
Kraft
und
Einfluß
zu
benehmen
. Wenn es kein von der
Welt
unterschiedenes
Urwesen
gibt
, wenn die
Welt
ohne
Anfang
und also auch ohne
Urheber
, unser
Wille
nicht
frei
und die
Seele
von
gleicher
Teilbarkeit
und
Verweslichkeit
mit der
Materie
ist, so
verlieren
auch die
moralischen
Ideen
und
Grundsätze
alle
Gültigkeit
, und
fallen
mit den
transzendentalen
Ideen
,
welche
ihre
theoretische
Stütze
ausmachten
.
Dagegen
bietet
aber der
Empirism
dem
spekulativen
Interesse
der
Vernunft
Vorteile
an, die sehr
anlockend
sind und
diejenigen
weit
übertreffen
, die der
dogmatische
Lehrer
der
Vernunftideen
versprechen
mag
. Nach jenem ist der
Verstand
jederzeit
auf seinem
eigentümlichen
Boden
,
nämlich
dem
Felde
von
lauter
möglichen
Erfahrungen
, deren
Gesetzen
er
nachspüren
, und
vermittelst
derselben
er seine
sichere
und
faßliche
Erkenntnis
ohne
Ende
erweitern
kann. Hier kann und
soll
er den
Gegenstand
, sowohl an sich selbst, als in seinen
Verhältnissen
, der
Anschauung
darstellen
, oder doch in
Begriffen
, deren
Bild
in
gegebenen
ähnlichen
Anschauungen
klar
und
deutlich
vorgelegt
werden kann. Nicht allein, daß er nicht
nötig
hat, diese
Kette
der
Naturordnung
zu
verlassen
, um sich an
Ideen
zu
hängen
, deren
Gegenstände
er nicht
kennt
, weil sie als
Gedankendinge
niemals
gegeben
werden
können
;
sondern
es ist
ihm
nicht
einmal
erlaubt
,
sein
Geschäft
zu
verlassen
, und unter dem
Vorwande
, es
sei
nunmehr
zu
Ende
gebracht
, in das
Gebiet
der
idealisierenden
Vernunft
und zu
transzendenten
Begriffe
überzugehen
, wo er nicht weiter
nötig
hat zu
beobachten
und den
Naturgesetzen
gemäß
zu
forschen
,
sondern
nur zu
denken
und zu
dichten
,
sicher
, daß er nicht durch
Tatsachen
der
Natur
widerlegt
werden
könne
, weil er an ihr
Zeugnis
eben
nicht
gebunden
ist,
sondern
sie
vorbeigehen
, oder sie sogar selbst einem
höheren
Ansehen
,
nämlich
dem der
reinen
Vernunft
,
unterordnen
darf
.
Der
Empirist
wird es daher
niemals
erlauben
, irgendeine
Epoche
der
Natur
für
die
schlechthin
erste
anzunehmen
, oder irgendeine
Grenze
seiner
Aussicht
in den
Umfang
derselben
als die
äußerste
anzusehen
, oder von den
Gegenständen
der
Natur
, die er durch
Beobachtung
und
Mathematik
auflösen
und in der
Anschauung
synthetisch
bestimmen
kann, (dem
Ausgedehnten
,) zu denen
überzugehen
, die weder
Sinn
, noch
Einbildungskraft
jemals
in
concreto
darstellen
kann (dem
Einfachen
); noch
einräumen
, daß man selbst in der
Natur
ein
Vermögen
,
unabhängig
von
Gesetzen
der
Natur
zu
wirken
, (
Freiheit
,) zum
Grunde
lege
, und
dadurch
dem
Verstande
sein
Geschäft
schmälere
, an dem
Leitfaden
notwendiger
Regeln
dem
Entstehen
der
Erscheinungen
nachzuspüren
; noch
endlich
zugeben
, daß man
irgend
wozu die
Ursache
außerhalb
der
Natur
suche
, (
Urwesen
,) weil wir nichts weiter, als diese
kennen
,
indem
sie es allein ist,
welche
uns
Gegenstände
darbietet
, und von ihren
Gesetzen
unterrichten
kann.
Zwar, wenn der
empirische
Philosoph
mit seiner
Antithese
keine
andere
Absicht
hat, als, den
Vorwitz
und die
Vermessenheit
der ihre
wahre
Bestimmung
verkennenden
Vernunft
niederzuschlagen
,
welche
mit
Einsicht
und
Wissen
groß
tut,
da
wo
eigentlich
Einsicht
und
Wissen
aufhören
, und das, was man in
Ansehung
des
praktischen
Interesse
gelten
läßt
,
für
eine
Beförderung
des
spekulativen
Interesse
ausgeben
will, um, wo es ihrer
Gemächlichkeit
zuträglich
ist, den
Faden
physischer
Untersuchungen
abzureißen
, und mit einem
Vorgeben
von
Erweiterung
der
Erkenntnis
,
ihn
an
transzendentale
Ideen
zu
knüpfen
, durch die man
eigentlich
nur
erkennt
, daß man nichts
wisse
; wenn,
sage
ich, der
Empirist
sich hiermit
begnügte
, so
würde
sein
Grundsatz
eine
Maxime
der
Mäßigung
in
Ansprüchen
, der
Bescheidenheit
in
Behauptungen
und
zugleich
der
größest
möglichen
Erweiterung
unseres
Verstandes
, durch den
eigentlich
uns
vorgesetzten
Lehrer
,
nämlich
die
Erfahrung
,
sein
.
Denn
, in
solchem
Falle
,
würden
uns
intellektuelle
Voraussetzungen
und
Glaube
, zum
Behuf
unserer
praktischen
Angelegenheit
, nicht
genommen
werden; nur
könnte
man sie nicht unter dem
Titel
und dem
Pompe
von
Wissenschaft
und
Vernunfteinsicht
auftreten
lassen
, weil das
eigentliche
spekulative
Wissen
überall
keinen
anderen
Gegenstand
, als den der
Erfahrung
treffen
kann, und, wenn man ihre
Grenze
überschreitet
, die
Synthesis
,
welche
neue
und von
jener
unabhängige
Erkenntnisse
versucht
, kein
Substratum
der
Anschauung
hat, an
welchem
sie
ausgeübt
werden
könnte
.
So aber, wenn der
Empirismus
in
Ansehung
der
Ideen
(wie es
mehrenteils
geschieht
) selbst
dogmatisch
wird und
dasjenige
dreist
verneint
, was über der
Sphäre
seiner
anschauenden
Erkenntnisse
ist, so
fällt
er selbst in den
Fehler
der
Unbescheidenheit
, der hier um
desto
tadelbarer
ist, weil
dadurch
dem
praktischen
Interesse
der
Vernunft
ein
unersetzlicher
Nachteil
verursacht
wird.
Dies ist der
Gegensatz
des
Epikureisms
52
gegen den
Platonisms
.
Ein jeder von
beiden
sagt
mehr, als er
weiß
, doch so, daß der
erstere
das
Wissen
,
obzwar
zum
Nachteile
des
Praktischen
,
aufmuntert
und
befördert
, der
zweite
zwar zum
Praktischen
vortreffliche
Prinzipien
an die
Hand
gibt
, aber
eben
dadurch
in
Ansehung
alles dessen,
worin
uns allein ein
spekulatives
Wissen
vergönnt
ist, der
Vernunft
erlaubt
,
idealischen
Erklärungen
der
Naturerscheinungen
nachzuhängen
und
darüber
die
physische
Nachforschung
zu
verabsäumen
.
Was
endlich
das
dritte
Moment
,
worauf
bei der
vorläufigen
Wahl
zwischen
beiden
strittigen
Teilen
gesehen
werden kann,
anlangt
: so ist es
überaus
befremdlich
, daß der
Empirismus
aller
Popularität
gänzlich
zuwider
ist, ob man
gleich
glauben
sollte
, der
gemeine
Verstand
werde
einen
Entwurf
begierig
aufnehmen
, der
ihn
durch nichts als
Erfahrungserkenntnisse
und deren
vernunftmäßigen
Zusammenhang
zu
befriedigen
verspricht
,
anstatt
daß die
transzendentale
Dogmatik
ihn
nötigt
, zu
Begriffen
hinaufzusteigen
,
welche
die
Einsicht
und das
Vernunftvermögen
der im
Denken
geübtesten
Köpfe
weit
übersteigen
. Aber
eben
dieses ist
sein
Bewegungsgrund
.
Denn
er
befindet
sich
alsdann
in einem
Zustande
, in
welchem
sich auch der
Gelehrteste
über
ihn
nichts
herausnehmen
kann. Wenn er wenig oder nichts davon
versteht
, so kann sich doch auch niemand
rühmen
, viel mehr davon zu
verstehen
, und, ob er
gleich
hierüber
nicht so
schulgerecht
als
andere
sprechen
kann, so kann er doch
darüber
unendlich
mehr
vernünfteln
, weil er unter
lauter
Ideen
herumwandelt
, über die man
eben
darum am
beredtsten
ist, weil man davon nichts
weiß
;
anstatt
, daß er über der
Nachforschung
der
Natur
ganz
verstummen
und seine
Unwissenheit
gestehen
müßte
.
Gemächlichkeit
und
Eitelkeit
also sind schon eine
starke
Empfehlung
dieser
Grundsätze
.
Überdem
, ob es
gleich
einem
Philosophen
sehr
schwer
wird, etwas als
Grundsatz
anzunehmen
, ohne deshalb sich selbst
Rechenschaft
geben
zu
können
, oder
gar
Begriffe
, deren
objektive
Realität
nicht
eingesehen
werden kann,
einzuführen
: so ist doch dem
gemeinen
Verstande
nichts
gewöhnlicher
. Er will etwas haben, womit er
zuversichtlich
anfangen
könne
. Die
Schwierigkeit
, eine solche
Voraussetzung
selbst zu
begreifen
,
beunruhigt
ihn
nicht, weil sie
ihm
, (der nicht
weiß
, was
Begreifen
heißt
,)
niemals
in den
Sinn
kommt
, und er
hält
das
für
bekannt
, was
ihm
durch
öfteren
Gebrauch
geläufig
ist.
Zuletzt
aber
verschwindet
alles
spekulative
Interesse
bei
ihm
vor
dem
Praktischen
, und er
bildet
sich ein, das
einzusehen
und zu
wissen
, was
anzunehmen
, oder zu
glauben
,
ihn
seine
Besorgnisse
oder
Hoffnungen
antreiben
. So ist der
Empirismus
der
transzendental-idealisierenden
Vernunft
aller
Popularität
gänzlich
beraubt
, und, so viel
Nachteiliges
wider die
obersten
praktischen
Grundsätze
sie auch
enthalten
mag
, so ist doch
gar
nicht zu
besorgen
, daß sie die
Grenzen
der
Schule
jemals
überschreiten
und im
gemeinen
Wesen
ein nur
einigermaßen
beträchtliches
Ansehen
und einige
Gunst
bei der
großen
Menge
erwerben
werde
.
Die
menschliche
Vernunft
ist ihrer
Natur
nach
architektonisch
,
d.i.
sie
betrachtet
alle
Erkenntnisse
als
gehörig
zu einem
möglichen
System
, und
verstattet
daher auch nur solche
Prinzipien
, die eine
vorhabende
Erkenntnis
wenigstens
nicht
unfähig
machen
, in
irgendeinem
System
mit
anderen
zusammen
zu
stehen
. Die
Sätze
der
Antithesis
sind aber von der
Art
, daß sie die
Vollendung
eines
Gebäudes
von
Erkenntnissen
gänzlich
unmöglich
machen
. Nach ihnen
gibt
es über einen
Zustand
der
Welt
immer einen noch
älteren
, in jedem
Teile
immer noch
andere
,
wiederum
teilbare
,
vor
jeder
Begebenheit
eine
andere
, die
wiederum
ebensowohl
anderweitig
erzeugt
war, und im
Dasein
überhaupt
alles immer nur
bedingt
, ohne irgendein
unbedingtes
und
erstes
Dasein
anzuerkennen
.
Da
also die
Antithesis
nirgend
ein
Erstes
einräumt
, und
keinen
Anfang
, der
schlechthin
zum
Grunde
des
Baues
dienen
könnte
, so ist ein
vollständiges
Gebäude
der
Erkenntnis
, bei
dergleichen
Voraussetzungen
,
gänzlich
unmöglich
. Daher
führt
das
architektonische
Interesse
der
Vernunft
(
welches
nicht
empirische
,
sondern
reine
Vernunfteinheit
a
priori
fordert
,) eine
natürliche
Empfehlung
für
die
Behauptungen
der
Thesis
bei sich.
Könnte
sich aber ein
Mensch
von allem
Interesse
lossagen
, und die
Behauptungen
der
Vernunft
,
gleichgültig
gegen alle
Folgen
,
bloß
nach dem
Gehalte
ihrer
Gründe
in
Betrachtung
ziehen
: so
würde
ein
solcher
,
gesetzt
, daß er
keinen
Ausweg
wüßte
, anders aus dem
Gedränge
zu
kommen
, als daß er sich zu einer oder
anderen
der
strittigen
Lehren
bekennte
, in einem
unaufhörlich
schwankenden
Zustande
sein
.
Heute
würde
es
ihm
überzeugend
vorkommen
, der
menschliche
Wille
sei
frei
;
morgen
, wenn er die
unauflösliche
Naturkette
in
Betrachtung
zöge
,
würde
er dafür
halten
, die
Freiheit
sei
nichts als
Selbsttäuschung
, und alles
sei
bloß
Natur
. Wenn es nun aber zum Tun und
Handeln
käme
, so
würde
dieses
Spiel
der
bloß
spekulativen
Vernunft
, wie
Schattenbilder
eines
Traums
,
verschwinden
, und er
würde
seine
Prinzipien
bloß
nach dem
praktischen
Interesse
wählen
. Weil es aber doch einem
nachdenkenden
und
forschenden
Wesen
anständig
ist,
gewisse
Zeiten
lediglich
der
Prüfung
seiner
eigenen
Vernunft
zu
widmen
,
hierbei
aber alle
Parteilichkeit
gänzlich
auszuziehen
, und so seine
Bemerkungen
anderen
zur
Beurteilung
öffentlich
mitzuteilen
; so kann es
niemanden
verargt
, noch
weniger
verwehrt
werden, die
Sätze
und
Gegensätze
, so wie sie sich, durch keine
Drohung
geschreckt
,
vor
Geschworenen
von seinem
eigenen
Stande
(
nämlich
dem
Stande
schwacher
Menschen
)
verteidigen
können
,
auftreten
zu
lassen
.
52
Es ist
indessen
noch die
Frage
, ob
Epikur
diese
Grundsätze
als
objektive
Behauptungen
jemals
vorgetragen
habe. Wenn sie etwa weiter nichts als
Maximen
des
spekulativen
Gebrauchs
der
Vernunft
waren
, so
zeigte
er daran einen
echteren
philosophischen
Geist
, als irgendeiner der
Weltweisen
des
Altertums
. Daß man in
Erklärung
der
Erscheinungen
so zu
Werke
gehen
müsse
, als ob das
Feld
der
Untersuchung
durch keine
Grenze
oder
Anfang
der
Welt
abgeschnitten
sei
; den
Stoff
der
Welt
so
annehmen
, wie er
sein
muß
, wenn wir von
ihm
durch
Erfahrung
belehrt
werden
wollen
; daß keine
andere
Erzeugung
der
Begebenheiten
, als wie sie durch
unveränderliche
Naturgesetze
bestimmt
werden, und
endlich
keine von der
Welt
unterschiedene
Ursache
müsse
gebraucht
werden; sind noch jetzt sehr
richtige
, aber wenig
beobachtete
Grundsätze
, die
spekulative
Philosophie
zu
erweitern
, so wie auch die
Prinzipien
der
Moral
,
unabhängig
von
fremden
Hilfsquellen
auszufinden
, ohne daß darum
derjenige
,
welcher
verlangt
,
jene
dogmatischen
Sätze
, so
lange
als wir mit der
bloßen
Spekulation
beschäftigt
sind, zu
ignorieren
, darum
beschuldigt
werden
darf
, er
wolle
sie
leugnen
.
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