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Immanuel Kant
Kritik der reinen Vernunft
IntraText CT - Text
I. Transzendentale Elementarlehre
Zweiter Teil Die transzendentale Logik
Zweite Abteilung Die transzendentale Dialektik
Zweites Buch Von den dialektischen Schlüssen der reinen Vernunft
Zweites Hauptstück Die Antinomie der reinen Vernunft
Vierter Abschnitt Von den Transzendentalen Aufgaben der reinen Vernunft, insofern sie schlechterdings müssen aufgelöst werden können
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Vierter
Abschnitt
Von den
Transzendentalen
Aufgaben
der
reinen
Vernunft
,
insofern
sie
schlechterdings
müssen
aufgelöst
werden
können
Alle
Aufgaben
auflösen
und alle
Fragen
beantworten
zu
wollen
,
würde
eine
unverschämte
Großsprecherei
und ein so
ausschweifender
Eigendünkel
sein
, daß man
dadurch
sich
sofort
um alles
Zutrauen
bringen
müßte
.
Gleichwohl
gibt
es
Wissenschaften
, deren
Natur
es so mit sich
bringt
, daß eine jede darin
vorkommende
Frage
, aus dem, was man
weiß
,
schlechthin
beantwortlich
sein
muß
, weil die
Antwort
aus
denselben
Quellen
entspringen
muß
, daraus die
Frage
entspringt
, und wo es
keineswegs
erlaubt
ist,
unvermeidliche
Unwissenheit
vorzuschützen
,
sondern
die
Auflösung
gefordert
werden kann. Was in
allen
möglichen
Fällen
Recht
oder
Unrecht
sei
,
muß
man der
Regel
nach
wissen
können
, weil es
unsere
Verbindlichkeit
betrifft
, und wir zu dem, was wir nicht
wissen
können
, auch keine
Verbindlichkeit
haben. In der
Erklärung
der
Erscheinungen
der
Natur
muß
uns
indessen
vieles
ungewiß
und
manche
Frage
unauflöslich
bleiben
, weil das, was wir von der
Natur
wissen
, zu dem, was wir
erklären
sollen
, bei
weitem
nicht in
allen
Fällen
zureichend
ist. Es
fragt
sich nun: ob in der
Transzendentalphilosophie
irgendeine
Frage
, die ein der
Vernunft
vorgelegtes
Objekt
betrifft
, durch
eben
diese
reine
Vernunft
unbeantwortlich
sei
, und ob man sich ihrer
entscheidenden
Beantwortung
dadurch
mit
Recht
entziehen
könne
, daß man es als
schlechthin
ungewiß
(aus allem dem, was wir
erkennen
können
)
demjenigen
beizählt
,
wovon
wir zwar so viel
Begriff
haben, um eine
Frage
aufzuwerfen
, es uns aber
gänzlich
an
Mitteln
oder am
Vermögen
fehlt
, sie
jemals
zu
beantworten
.
Ich
behaupte
nun, daß die
Transzendentalphilosophie
unter allem
spekulativen
Erkenntnis
dieses
Eigentümliche
habe: daß
gar
keine
Frage
,
welche
einen der
reinen
Vernunft
gegebenen
Gegenstand
betrifft
,
für
eben
dieselbe
menschliche
Vernunft
unauflöslich
sei
, und daß kein
Vorschützen
einer
unvermeidlichen
Unwissenheit
und
unergründlichen
Tiefe
der
Aufgabe
von der
Verbindlichkeit
frei
sprechen
könne
, sie
gründlich
und
vollständig
zu
beantworten
; weil
eben
derselbe
Begriff
, der uns in den
Stand
setzt
zu
fragen
,
durchaus
uns auch
tüchtig
machen
muß
, auf diese
Frage
zu
antworten
,
indem
der
Gegenstand
außer
dem
Begriffe
gar
nicht
angetroffen
wird (wie bei
Recht
und
Unrecht
).
Es sind aber in der
Transzendentalphilosophie
keine
anderen
, als nur die
kosmologischen
Fragen
, in
Ansehung
deren man mit
Recht
eine
genugtuende
Antwort
, die die
Beschaffenheit
des
Gegenstandes
betrifft
,
fordern
kann, ohne daß dem
Philosophen
erlaubt
ist, sich
derselben
dadurch
zu
entziehen
, daß er
undurchdringliche
Dunkelheit
vorschützt
, und diese
Fragen
können
nur
kosmologische
Ideen
betreffen
.
Denn
der
Gegenstand
muß
empirisch
gegeben
sein
, und die
Frage
geht
nur auf die
Angemessenheit
desselben
mit einer
Idee
. Ist der
Gegenstand
transzendental
und also selbst
unbekannt
,
z
.
B
. ob das Etwas, dessen
Erscheinung
(in uns selbst) das
Denken
ist, (
Seele
,) ein an sich
einfaches
Wesen
sei
, ob es eine
Ursache
aller
Dinge
insgesamt
gebe
, die
schlechthin
notwendig
ist,
usw
., so
sollen
wir zu unserer
Idee
einen
Gegenstand
suchen
, von
welchem
wir
gestehen
können
, daß er uns
unbekannt
, aber deswegen doch nicht
unmöglich
sei
.
53
Die
kosmologischen
Ideen
haben allein das
Eigentümliche
an sich, daß sie ihren
Gegenstand
und die zu dessen
Begriff
erforderliche
empirische
Synthesis
als
gegeben
voraussetzen
können
, und die
Frage
, die aus ihnen
entspringt
,
betrifft
nur den
Fortgang
dieser
Synthesis
,
sofern
er
absolute
Totalität
enthalten
soll
,
welche
letztere
nichts
Empirisches
mehr ist,
indem
sie in keiner
Erfahrung
gegeben
werden kann.
Da
nun hier
lediglich
von einem
Dinge
als
Gegenstande
einer
möglichen
Erfahrung
und nicht als einer
Sache
an sich selbst die
Rede
ist, so kann die
Beantwortung
der
transzendenten
kosmologischen
Frage
,
außer
der
Idee
sonst
nirgend
liegen
,
denn
sie
betrifft
keinen
Gegenstand
an sich selbst; und in
Ansehung
der
möglichen
Erfahrung
wird nicht nach
demjenigen
gefragt
, was in
concreto
in irgendeiner
Erfahrung
gegeben
werden kann,
sondern
was in der
Idee
liegt
, der sich die
empirische
Synthesis
bloß
nähern
soll
: also
muß
sie aus der
Idee
allein
aufgelöst
werden
können
;
denn
diese ist ein
bloßes
Geschöpf
der
Vernunft
,
welche
also die
Verantwortung
nicht von sich
abweisen
und auf den
unbekannten
Gegenstand
schieben
kann.
Es ist nicht so
außerordentlich
, als es
anfangs
scheint
: daß eine
Wissenschaft
in
Ansehung
aller in ihren
Inbegriff
gehörigen
Fragen
(
quaestiones
domesticae
)
lauter
gewisse
Auflösungen
fordern
und
erwarten
könne
, ob sie
gleich
zur
Zeit
noch vielleicht nicht
gefunden
sind.
Außer
der
Transzendentalphilosophie
gibt
es noch zwei
reine
Vernunftwissenschaften
, eine
bloß
spekulativen
, die
andere
praktischen
Inhalts
:
reine
Mathematik
, und
reine
Moral
. Hat man
wohl
jemals
gehört
: daß,
gleichsam
wegen einer
notwendigen
Unwissenheit
der
Bedingungen
, es
für
ungewiß
sei
ausgegeben
worden
,
welches
Verhältnis
der
Durchmesser
zum
Kreise
ganz
genau
in
Rational-
oder
Irrationalzahlen
habe?
Da
es durch
erstere
gar
nicht
kongruent
gegeben
werden kann, durch die
zweite
aber noch nicht
gefunden
ist, so
urteilte
man, daß
wenigstens
die
Unmöglichkeit
solcher
Auflösung
mit
Gewißheit
erkannt
werden
könne
, und
Lambert
gab
einen
Beweis
davon. In den
allgemeinen
Prinzipien
der
Sitten
kann nichts
Ungewisses
sein
, weil die
Sätze
entweder
ganz
und
gar
nichtig
und
sinnleer
sind, oder
bloß
aus
unseren
Vernunftbegriffen
fließen
müssen
.
Dagegen
gibt
es in der
Naturkunde
eine
Unendlichkeit
von
Vermutungen
, in
Ansehung
deren
niemals
Gewißheit
erwartet
werden kann, weil die
Naturerscheinungen
Gegenstände
sind, die uns
unabhängig
von
unseren
Begriffen
gegeben
werden, zu denen also der
Schlüssel
nicht in uns und unserem
reinen
Denken
,
sondern
außer
uns
liegt
, und
eben
darum in
vielen
Fällen
nicht
aufgefunden
,
mithin
kein
sicherer
Aufschluß
erwartet
werden kann. Ich
rechne
die
Fragen
der
transzendentalen
Analytik
,
welche
die
Deduktion
unserer
reinen
Erkenntnis
betreffen
, nicht
hierher
, weil wir jetzt nur von der
Gewißheit
der
Urteile
in
Ansehung
der
Gegenstände
und nicht in
Ansehung
des
Ursprungs
unserer
Begriffe
selbst
handeln
.
Wir werden also der
Verbindlichkeit
einer
wenigstens
kritischen
Auflösung
der
vorgelegten
Vernunftfragen
dadurch
nicht
ausweichen
können
, daß wir über die
engen
Schranken
unserer
Vernunft
Klagen
erheben
, und mit dem
Scheine
einer
demutsvollen
Selbsterkenntnis
bekennen
, es
sei
über
unsere
Vernunft
,
auszumachen
, ob die
Welt
von
Ewigkeit
her
sei
, oder einen
Anfang
habe; ob der
Weltraum
ins
Unendliche
mit
Wesen
erfüllt
, oder
innerhalb
gewisser
Grenzen
eingeschlossen
sei
; ob
irgend
in der
Welt
etwas
einfach
sei
, oder ob alles
ins
Unendliche
geteilt
werden
müsse
; ob es eine
Erzeugung
und
Hervorbringung
aus
Freiheit
gebe
, oder ob alles an der
Kette
der
Naturordnung
hänge
;
endlich
ob es irgendein
gänzlich
unbedingt
und an sich
notwendiges
Wesen
gebe
, oder ob alles seinem
Dasein
nach
bedingt
und
mithin
äußerlich
abhängend
und an sich
zufällig
sei
.
Denn
alle diese
Fragen
betreffen
einen
Gegenstand
, der
nirgend
anders als in
unseren
Gedanken
gegeben
werden kann,
nämlich
die
schlechthin
unbedingte
Totalität
der
Synthesis
der
Erscheinungen
. Wenn wir
darüber
aus
unseren
eigenen
Begriffen
nichts
Gewisses
sagen
und
ausmachen
können
, so
dürfen
wir nicht die
Schuld
auf die
Sache
schieben
, die sich uns
verbirgt
;
denn
es kann uns
dergleichen
Sache
(weil sie
außer
unserer
Idee
nirgends
angetroffen
wird)
gar
nicht
gegeben
werden,
sondern
wir
müssen
die
Ursache
in unserer
Idee
selbst
suchen
,
welche
ein
Problem
ist, das keine
Auflösung
verstattet
, und
wovon
wir doch
hartnäckig
annehmen
, als
entspreche
ihr ein
wirklicher
Gegenstand
. Eine
deutliche
Darlegung
der
Dialektik
, die in unserem
Begriffe
selbst
liegt
,
würde
uns
bald
zur
völligen
Gewißheit
bringen
, von dem, was wir in
Ansehung
einer
solchen
Frage
zu
urteilen
haben.
Man kann
euerem
Vorwande
der
Ungewißheit
in
Ansehung
dieser
Probleme
zuerst
diese
Frage
entgegensetzen
, die ihr
wenigstens
deutlich
beantworten
müßt
: Woher
kommen
euch
die
Ideen
, deren
Auflösung
euch
hier in solche
Schwierigkeit
verwickelt
? Sind es etwa
Erscheinungen
, deren
Erklärung
ihr
bedürft
, und
wovon
ihr,
zufolge
dieser
Ideen
, nur die
Prinzipien
, oder die
Regel
ihrer
Exposition
zu
suchen
habt?
Nehmet
an, die
Natur
sei
ganz
vor
euch
aufgedeckt
; euren
Sinnen
, und dem
Bewußtsein
alles dessen, was eurer
Anschauung
vorgelegt
ist,
sei
nichts
verborgen
: so
werdet
ihr doch durch keine
einzige
Erfahrung
den
Gegenstand
eurer
Ideen
in
concreto
erkennen
können
, (
denn
es wird,
außer
dieser
vollständigen
Anschauung
, noch eine
vollendete
Synthesis
und das
Bewußtsein
ihrer
absoluten
Totalität
erfordert
,
welches
durch
gar
kein
empirisches
Erkenntnis
möglich
ist,)
mithin
kann eure
Frage
keineswegs
zur
Erklärung
von irgendeiner
vorkommenden
Erscheinung
notwendig
und also
gleichsam
durch den
Gegenstand
selbst
aufgegeben
sein
.
Denn
der
Gegenstand
kann
euch
niemals
vorkommen
, weil er durch keine
mögliche
Erfahrung
gegeben
werden kann. Ihr
bleibt
mit
allen
möglichen
Wahrnehmungen
immer unter
Bedingungen
, es
sei
im
Raume
, oder in der
Zeit
,
befangen
, und
kommt
an nichts
Unbedingtes
, um
auszumachen
, ob dieses
Unbedingte
in einem
absoluten
Anfange
der
Synthesis
, oder einer
absoluten
Totalität
der
Reihe
, ohne
allen
Anfang
, zu
setzen
sei
. Das All aber in
empirischer
Bedeutung
ist
jederzeit
nur
komparativ
. Das
absolute
All der
Größe
(das
Weltall
), der
Teilung
, der
Abstammung
, der
Bedingung
des
Daseins
überhaupt
, mit
allen
Fragen
, ob es durch
endliche
, oder
ins
Unendliche
fortzusetzende
Synthesis
zustande
zu
bringen
sei
,
geht
keine
mögliche
Erfahrung
etwas an. Ihr
würdet
z
.
B
. die
Erscheinungen
eines
Körpers
nicht im
mindesten
besser
, oder auch nur anders
erklären
können
, ob ihr
annehmet
, er
bestehe
aus
einfachen
, oder
durchgehends
immer aus
zusammengesetzten
Teilen
;
denn
es kann
euch
keine
einfache
Erscheinung
und
ebensowenig
auch eine
unendliche
Zusammensetzung
jemals
vorkommen
. Die
Erscheinungen
verlangen
nur
erklärt
zu werden, so
weit
ihre
Erklärungsbedingungen
in der
Wahrnehmung
gegeben
sind, alles aber, was
jemals
an ihnen
gegeben
werden
mag
, in einem
absoluten
Ganzen
zusammengenommen
, ist selbst eine
Wahrnehmung
. Dieses All aber ist es
eigentlich
, dessen
Erklärung
in den
transzendentalen
Vernunftaufgaben
gefordert
wird.
Da
also selbst die
Auflösung
dieser
Aufgaben
niemals
in der
Erfahrung
vorkommen
kann, so
könnt
ihr nicht
sagen
, daß es
ungewiß
sei
, was
hierüber
dem
Gegenstande
beizulegen
sei
.
Denn
euer
Gegenstand
ist
bloß
in eurem
Gehirne
, und kann
außer
demselben
gar
nicht
gegeben
werden; daher ihr nur dafür zu
sorgen
habt, mit
euch
selbst
einig
zu werden, und die
Amphibolie
zu
verhüten
, die eure
Idee
zu einer
vermeintlichen
Vorstellung
eines
empirisch
Gegebenen
, und also auch nach
Erfahrungsgesetzen
zu
erkennenden
Objekts
macht
. Die
dogmatische
Auflösung
ist also nicht etwa
ungewiß
,
sondern
unmöglich
. Die
kritische
aber,
welche
völlig
gewiß
sein
kann,
betrachtet
die
Frage
gar
nicht
objektiv
,
sondern
nach dem
Fundamente
der
Erkenntnis
,
worauf
sie
gegründet
ist.
53
Man kann zwar auf die
Frage
, was ein
transzendentaler
Gegenstand
für
eine
Beschaffenheit
habe, keine
Antwort
geben
,
nämlich
was er
sei
, aber
wohl
, daß die
Frage
selbst nichts
sei
, darum, weil kein
Gegenstand
derselben
gegeben
worden
. Daher sind alle
Fragen
der
transzendentalen
Seelenlehre
auch
beantwortlich
und
wirklich
beantwortet
;
denn
sie
betreffen
das
transz
.
Subjekt
aller
inneren
Erscheinungen
,
welches
selbst nicht
Erscheinung
ist und also nicht als
Gegenstand
gegeben
ist, und
worauf
keine der
Kategorien
(auf
welche
doch
eigentlich
die
Frage
gestellt
ist)
Bedingungen
ihrer
Anwendung
antreffen
. Also ist hier der
Fall
,
da
der
gemeine
Ausdruck
gilt
, daß keine
Antwort
auch eine
Antwort
sei
,
nämlich
daß eine
Frage
nach der
Beschaffenheit
desjenigen
Etwas, was durch kein
bestimmtes
Prädikat
gedacht
werden kann, weil es
gänzlich
außer
der
Sphäre
der
Gegenstände
gesetzt
wird, die uns
gegeben
werden
können
,
gänzlich
nichtig
und
leer
sei
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