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Immanuel Kant
Kritik der reinen Vernunft
IntraText CT - Text
I. Transzendentale Elementarlehre
Zweiter Teil Die transzendentale Logik
Zweite Abteilung Die transzendentale Dialektik
Zweites Buch Von den dialektischen Schlüssen der reinen Vernunft
Zweites Hauptstück Die Antinomie der reinen Vernunft
Fünfter Abschnitt Skeptische Vorstellung der kosmologischen Fragen durch alle vier transzendentalen Ideen
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Fünfter
Abschnitt
Skeptische
Vorstellung
der
kosmologischen
Fragen
durch alle vier
transzendentalen
Ideen
Wir
würden
von der
Forderung
gern
abstehen
,
unsere
Fragen
dogmatisch
beantwortet
zu
sehen
, wenn wir schon zum
voraus
begriffen
: die
Antwort
möchte
ausfallen
, wie sie
wollte
, so
würde
sie
unsere
Unwissenheit
nur noch
vermehren
, und uns aus einer
Unbegreiflichkeit
in eine
andere
, aus einer
Dunkelheit
in eine noch
größere
und vielleicht
gar
in
Widersprüche
stürzen
. Wenn
unsere
Frage
bloß
auf
Bejahung
oder
Verneinung
gestellt
ist, so ist es
klüglich
gehandelt
, die
vermutlichen
Gründe
der
Beantwortung
vorderhand
dahingestellt
sein
zu
lassen
, und
zuvörderst
in
Erwägung
zu
ziehen
, was man
denn
gewinnen
würde
, wenn die
Antwort
auf die eine, und was, wenn sie auf die
Gegenseite
ausfiele
.
Trifft
es sich nun, daß in
beiden
Fällen
lauter
Sinnleeres
(
Nonsens
)
herauskommt
, so haben wir eine
gegründete
Aufforderung
,
unsere
Frage
selbst
kritisch
zu
untersuchen
, und zu
sehen
: ob sie nicht selbst auf einer
grundlosen
Voraussetzung
beruhe
, und mit einer
Idee
spiele
, die ihre
Falschheit
besser
in der
Anwendung
und durch ihre
Folgen
, als in der
abgesonderten
Vorstellung
verrät
. Das ist der
große
Nutzen
, den die
skeptische
Art
hat, die
Fragen
zu
behandeln
,
welche
reine
Vernunft
an
reine
Vernunft
tut, und
wodurch
man eines
großen
dogmatischen
Wustes
mit wenig
Aufwand
überhoben
sein
kann, um an dessen Statt eine
nüchterne
Kritik
zu
setzen
, die, als ein
wahres
Katarktikon
den
Wahn
,
zusamt
seinem
Gefolge
, der
Vielwisserei
,
glücklich
abführen
wird.
Wenn ich
demnach
von einer
kosmologischen
Idee
zum
voraus
einsehen
könnte
, daß, auf
welche
Seite
des
Unbedingten
der
regressiven
Synthesis
der
Erscheinungen
sie sich auch
schlüge
, so
würde
sie doch
für
einen
jeden
Verstandesbegriff
entweder zu
groß
oder zu
klein
sein
; so
würde
ich
begreifen
, daß,
da
jene
doch es nur mit einem
Gegenstande
der
Erfahrung
zu tun hat,
welche
einem
möglichen
Verstandesbegriffe
angemessen
sein
soll
, sie
ganz
leer
und ohne
Bedeutung
sein
müsse
, weil ihr der
Gegenstand
nicht
anpaßt
, ich
mag
ihn
derselben
bequemen
, wie ich will. Und dieses ist
wirklich
der
Fall
mit
allen
Weltbegriffen
,
welche
auch
eben
um
deswillen
, die
Vernunft
, so
lange
sie ihnen
anhängt
, in eine
unvermeidliche
Antinomie
verwickeln
.
Denn
nehmt
Erstlich
an: die
Welt
habe
keinen
Anfang
, so ist sie
für
euren
Begriff
zu
groß
;
denn
dieser,
welcher
in einem
sukzessiven
Regressus
besteht
, kann die
ganze
verflossene
Ewigkeit
niemals
erreichen
.
Setzet
: sie habe einen
Anfang
, so ist sie
wiederum
für
euren
Verstandesbegriff
in dem
notwendigen
empirischen
Regressus
zu
klein
.
Denn
, weil der
Anfang
noch immer eine
Zeit
, die
vorhergeht
,
voraussetzt
, so ist er noch nicht
unbedingt
, und das
Gesetz
des
empirischen
Gebrauchs
des
Verstandes
legt
es
euch
auf, noch nach einer
höheren
Zeitbedingung
zu
fragen
, und die
Welt
ist also
offenbar
für
dieses
Gesetz
zu
klein
.
Ebenso
ist es mit der
doppelten
Beantwortung
der
Frage
, wegen der
Weltgröße
, dem
Raum
nach,
bewandt
.
Denn
, ist sie
unendlich
und
unbegrenzt
, so ist sie
für
allen
möglichen
empirischen
Begriff
zu
groß
. Ist sie
endlich
und
begrenzt
, so
fragt
ihr mit
Recht
noch: was
bestimmt
diese
Grenze
? Der
leere
Raum
ist nicht ein
für
sich
bestehendes
Korrelatum
der
Dinge
, und kann keine
Bedingung
sein
, bei der ihr
stehenbleiben
könnt
, noch viel
weniger
eine
empirische
Bedingung
, die einen
Teil
einer
möglichen
Erfahrung
ausmachte
. (
Denn
wer kann eine
Erfahrung
vom
Schlechthinleeren
haben?) Zur
absoluten
Totalität
aber der
empirischen
Synthesis
wird
jederzeit
erfordert
, daß das
Unbedingte
ein
Erfahrungsbegriff
sei
. Also ist eine
begrenzte
Welt
für
euren
Begriff
zu
klein
.
Zweitens
,
besteht
jede
Erscheinung
im
Raume
(
Materie
) aus
unendlich
viel
Teilen
, so ist der
Regressus
der
Teilung
für
euren
Begriff
jederzeit
zu
groß
; und
soll
die
Teilung
des
Raumes
irgend
bei einem
Gliede
derselben
(dem
Einfachen
)
aufhören
, so ist er
für
die
Idee
des
Unbedingten
zu
klein
.
Denn
dieses
Glied
läßt
noch immer einen
Regressus
zu
mehreren
in
ihm
enthaltenen
Teilen
übrig
.
Drittens
,
nehmt
ihr an: in allem, was in der
Welt
geschieht
,
sei
nichts, als
Erfolg
nach
Gesetzen
der
Natur
, so ist die
Kausalität
der
Ursache
immer
wiederum
etwas, das
geschieht
, und euren
Regressus
zu noch
höherer
Ursache
,
mithin
die
Verlängerung
der
Reihe
von
Bedingungen
a
parte
priori
ohne
Aufhören
notwendig
macht
. Die
bloße
wirkende
Natur
ist also
für
allen
euren
Begriff
, in der
Synthesis
der
Weltbegebenheiten
, zu
groß
.
Wählt
ihr, hin und wieder, von selbst
gewirkte
Begebenheiten
,
mithin
Erzeugung
aus
Freiheit
: so
verfolgt
euch
das Warum nach einem
unvermeidlichen
Naturgesetze
, und
nötigt
euch
, über diesen
Punkt
nach dem
Kausalgesetze
der
Erfahrung
hinauszugehen
, und ihr
findet
, daß
dergleichen
Totalität
der
Verknüpfung
für
euren
notwendigen
empirischen
Begriff
zu
klein
ist.
Viertens
. Wenn ihr ein
schlechthin
notwendiges
Wesen
(es
sei
die
Welt
selbst, oder etwas in der
Welt
, oder die
Weltursache
)
annehmt
; so
setzt
ihr es in eine, von dem
gegebenen
Zeitpunkt
unendlich
entfernte
Zeit
; weil es sonst von einem
anderen
und
älteren
Dasein
abhängend
sein
würde
.
Alsdann
ist aber diese
Existenz
für
euren
empirischen
Begriff
unzugänglich
und zu
groß
, als daß ihr
jemals
durch
irgendeinen
fortgesetzten
Regressus
dazu
gelangen
könntet
.
Ist aber, eurer
Meinung
nach, alles was zur
Welt
(es
sei
als
Bedingt
oder als
Bedingung
)
gehört
,
zufällig
: so ist jede
euch
gegebene
Existenz
für
euren
Begriff
zu
klein
.
Denn
sie
nötigt
euch
,
euch
noch immer nach einer
anderen
Existenz
umzusehen
, von der sie
abhängig
ist.
Wir haben in
allen
diesen
Fällen
gesagt
, daß die
Weltidee
für
den
empirischen
Regressus
,
mithin
jeden
möglichen
Verstandesbegriff
, entweder zu
groß
, oder auch
für
denselben
zu
klein
sei
. Warum haben wir uns nicht
umgekehrt
ausgedrückt
, und
gesagt
: daß im
ersteren
Falle
der
empirische
Begriff
für
die
Idee
jederzeit
zu
klein
, im
zweiten
aber zu
groß
sei
, und
mithin
gleichsam
die
Schuld
auf dem
empirischen
Regressus
hafte
;
anstatt
, daß wir die
kosmologische
Idee
anklagten
, daß sie im
Zuviel
oder
Zuwenig
von ihrem
Zwecke
,
nämlich
der
möglichen
Erfahrung
,
abwiche
? Der
Grund
war dieser.
Mögliche
Erfahrung
ist das, was
unseren
Begriffen
allein
Realität
geben
kann; ohne das ist aller
Begriff
nur
Idee
, ohne
Wahrheit
und
Beziehung
auf einen
Gegenstand
. Daher war der
mögliche
empirische
Begriff
das
Richtmaß
,
wonach
die
Idee
beurteilt
werden
mußte
, ob sie
bloße
Idee
und
Gedankending
sei
, oder in der
Welt
ihren
Gegenstand
antreffe
.
Denn
man
sagt
nur von
demjenigen
, daß es
verhältnisweise
auf etwas
anderes
zu
groß
oder zu
klein
sei
, was nur um dieses
letzteren
willen
angenommen
wird, und
darnach
eingerichtet
sein
muß
. Zu dem
Spielwerke
der
alten
dialektischen
Schulen
gehörte
auch diese
Frage
: wenn eine
Kugel
nicht durch ein
Loch
geht
, was
soll
man
sagen
: Ist die
Kugel
zu
groß
, oder das
Loch
zu
klein
? In diesem
Falle
ist es
gleichgültig
, wie ihr
euch
ausdrücken
wollt
;
denn
ihr
wißt
nicht,
welches
von
beiden
um des
anderen
willen
da
ist.
Dagegen
werdet
ihr nicht
sagen
: der Mann ist
für
sein
Kleid
zu
lang
,
sondern
das
Kleid
ist
für
den Mann zu
kurz
.
Wir sind also
wenigstens
auf den
gegründeten
Verdacht
gebracht
. daß die
kosmologischen
Ideen
, und mit ihnen alle
untereinander
in
Streit
gesetzten
vernünftelnden
Behauptungen
, vielleicht einen
leeren
und
bloß
eingebildeten
Begriff
, von der
Art
, wie uns der
Gegenstand
dieser
Ideen
gegeben
wird, zum
Grunde
liegen
haben, und dieser
Verdacht
kann uns schon auf die
rechte
Spur
führen
, das
Blendwerk
zu
entdecken
, was uns so
lange
irregeführt
hat.
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