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Immanuel Kant
Kritik der reinen Vernunft
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II. Transzendentale Methodenlehre
Erstes Hauptstück Die Disziplin der reinen Vernunft
Erster Abschnitt Die Disziplin der reinen Vernunft im dogmatischen Gebrauche
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Erster
Abschnitt
Die
Disziplin
der
reinen
Vernunft
im
dogmatischen
Gebrauche
Die
Mathematik
gibt
das
glänzendste
Beispiel
, einer sich, ohne
Beihilfe
der
Erfahrung
, von selbst
glücklich
erweiternden
reinen
Vernunft
.
Beispiele
sind
ansteckend
,
vornehmlich
für
dasselbe
Vermögen
,
welches
sich
natürlicherweise
schmeichelt
,
eben
dasselbe
Glück
in
anderen
Fällen
zu haben,
welches
ihm
in einem
Falle
zuteil
worden
. Daher
hofft
reine
Vernunft
im
transzendentalen
Gebrauche
sich
ebenso
glücklich
und
gründlich
erweitern
zu
können
, als es ihr im
mathematischen
gelungen
ist, wenn sie
vornehmlich
dieselbe
Methode
dort
anwendet
, die hier von so
augenscheinlichem
Nutzen
gewesen
ist. Es
liegt
uns also viel daran, zu
wissen
: ob die
Methode
, zur
apodiktischen
Gewißheit
zu
gelangen
, die man in der
letzteren
Wissenschaft
mathematisch
nennt
, mit
derjenigen
einerlei
sei
, womit man
eben
dieselbe
Gewißheit
in der
Philosophie
sucht
, und die daselbst
dogmatisch
genannt
werden
müßte
.
Die
philosophische
Erkenntnis
ist die
Vernunfterkenntnis
aus
Begriffen
, die
mathematische
aus der
Konstruktion
der
Begriffe
. Einen
Begriff
aber
konstruieren
,
heißt
: die
ihm
korrespondierende
Anschauung
a
priori
darstellen
. Zur
Konstruktion
eines
Begriffs
wird also eine nicht
empirische
Anschauung
erfordert
, die
folglich
, als
Anschauung
, ein
einzelnes
Objekt
ist, aber
nichtsdestoweniger
, als die
Konstruktion
eines
Begriffs
(einer
allgemeinen
Vorstellung
),
Allgemeingültigkeit
für
alle
möglichen
Anschauungen
, die unter
denselben
Begriff
gehören
, in der
Vorstellung
ausdrücken
muß
. So
konstruiere
ich einen
Triangel
,
indem
ich den diesem
Begriffe
entsprechenden
Gegenstand
, entweder durch
bloße
Einbildung
, in der
reinen
, oder nach
derselben
auch auf dem
Papier
, in der
empirischen
Anschauung
,
beidemal
aber
völlig
a
priori
, ohne das
Muster
dazu aus irgendeiner
Erfahrung
geborgt
zu haben,
darstelle
. Die
einzelne
hingezeichnete
Figur
ist
empirisch
, und
dient
gleichwohl
den
Begriff
,
unbeschadet
seiner
Allgemeinheit
,
auszudrücken
, weil bei dieser
empirischen
Anschauung
immer nur auf die
Handlung
der
Konstruktion
des
Begriffs
,
welchem
viele
Bestimmungen
,
z
.
E
. der
Größe
, der
Seiten
und der
Winkel
,
ganz
gleichgültig
sind,
gesehen
, und also von diesen
Verschiedenheiten
, die den
Begriff
des
Triangels
nicht
verändern
,
abstrahiert
wird.
Die
philosophische
Erkenntnis
betrachtet
also das
Besondere
nur im
Allgemeinen
, die
mathematische
das
Allgemeine
im
Besonderen
, ja
gar
im
Einzelnen
,
gleichwohl
doch
a
priori
und
vermittelst
der
Vernunft
, so daß, wie dieses
Einzelne
unter
gewissen
allgemeinen
Bedingungen
der
Konstruktion
bestimmt
ist,
ebenso
der
Gegenstand
des
Begriffs
, dem dieses
Einzelne
nur als
sein
Schema
korrespondiert
,
allgemein
bestimmt
gedacht
werden
muß
.
In dieser
Form
besteht
also der
wesentliche
Unterschied
dieser
beiden
Arten
der
Vernunfterkenntnis
, und
beruht
nicht auf dem
Unterschied
ihrer
Materie
, oder
Gegenstände
.
Diejenigen
,
welche
Philosophie
von
Mathematik
dadurch
zu
unterscheiden
vermeinten
, daß sie von
jener
sagten
, sie habe
bloß
die
Qualität
, diese aber nur die
Quantität
zum
Objekt
, haben die
Wirkung
für
die
Ursache
genommen
. Die
Form
der
mathematischen
Erkenntnis
ist die
Ursache
, daß diese
lediglich
auf
Quanta
gehen
kann.
Denn
nur der
Begriff
von
Größen
läßt
sich
konstruieren
,
d.i.
a
priori
in der
Anschauung
darlegen
,
Qualitäten
aber
lassen
sich in keiner
anderen
als
empirischen
Anschauung
darstellen
. Daher kann eine
Vernunfterkenntnis
derselben
nur durch
Begriffe
möglich
sein
. So kann niemand eine dem
Begriff
der
Realität
korrespondierende
Anschauung
anders woher, als aus der
Erfahrung
nehmen
,
niemals
aber
a
priori
aus sich selbst und
vor
dem
empirischen
Bewußtsein
derselben
teilhaftig
werden. Die
konische
Gestalt
wird man ohne alle
empirische
Beihilfe
,
bloß
nach dem
Begriffe
,
anschauend
machen
können
, aber die
Farbe
dieses
Kegels
wird in einer oder anderer
Erfahrung
zuvor
gegeben
sein
müssen
. Den
Begriff
einer
Ursache
überhaupt
kann ich auf keine
Weise
in der
Anschauung
darstellen
, als an einem
Beispiele
, das mir
Erfahrung
an die
Hand
gibt
,
usw
.
Übrigens
handelt
die
Philosophie
ebensowohl
von
Größen
, als die
Mathematik
,
z
.
B
. von der
Totalität
, der
Unendlichkeit
usw
. Die
Mathematik
beschäftigt
sich auch mit dem
Unterschiede
der
Linien
und
Flächen
, als
Räumen
, von
verschiedener
Qualität
, mit der
Kontinuität
der
Ausdehnung
, als einer
Qualität
derselben
. Aber, obgleich sie in
solchen
Fällen
einen
gemeinschaftlichen
Gegenstand
haben, so ist die
Art
,
ihn
durch die
Vernunft
zu
behandeln
, doch
ganz
anders in der
philosophischen
, als
mathematischen
Betrachtung
.
Jene
hält
sich
bloß
an
allgemeinen
Begriffen
, diese kann mit dem
bloßen
Begriffe
nichts
ausrichten
,
sondern
eilt
sogleich
zur
Anschauung
, in
welcher
sie den
Begriff
in
concreto
betrachtet
, aber doch nicht
empirisch
,
sondern
bloß
in einer
solchen
, die sie
a
priori
darstellt
,
d.i.
konstruiert
hat, und in
welcher
dasjenige
, was aus den
allgemeinen
Bedingungen
der
Konstruktion
folgt
, auch von dem
Objekte
des
konstruierten
Begriffs
allgemein
gelten
muß
.
Man
gebe
einem
Philosophen
den
Begriff
eines
Triangels
, und
lasse
ihn
nach seiner
Art
ausfindig
machen
, wie sich
wohl
die
Summe
seiner
Winkel
zum
rechten
verhalten
möge
. Er hat nun nichts als den
Begriff
von einer
Figur
, die in drei
geraden
Linien
eingeschlossen
ist, und an ihr den
Begriff
von
ebensoviel
Winkeln
. Nun
mag
er diesem
Begriffe
nachdenken
, so
lange
er will, er wird nichts
Neues
herausbringen
. Er kann den
Begriff
der
geraden
Linie
, oder eines
Winkels
, oder der
Zahl
drei
zergliedern
und
deutlich
machen
, aber nicht auf
andere
Eigenschaften
kommen
, die in diesen
Begriffen
gar
nicht
liegen
. Allein der
Geometer
nehme
diese
Frage
vor
. Er
fängt
sofort
davon an, einen
Triangel
zu
konstruieren
. Weil er
weiß
, daß zwei
rechte
Winkel
zusammen
gerade
so viel
austragen
, als alle
berührenden
Winkel
, die aus einem
Punkte
auf einer
geraden
Linie
gezogen
werden
können
,
zusammen
, so
verlängert
er eine
Seite
seines
Triangels
, und
bekommt
zwei
berührende
Winkel
, die
zweien
rechten
zusammen
gleich
sind. Nun
teilt
er den
äußeren
von diesen
Winkeln
,
indem
er eine
Linie
mit der
gegenüberstehenden
Seite
des
Triangels
parallel
zieht
, und
sieht
, daß hier ein
äußerer
berührender
Winkel
entspringe
, der einem
inneren
gleich
ist,
usw
. Er
gelangt
auf solche
Weise
durch eine
Kette
von
Schlüssen
, immer von der
Anschauung
geleitet
, zur
völlig
einleuchtenden
und
zugleich
allgemeinen
Auflösung
der
Frage
.
Die
Mathematik
aber
konstruiert
nicht
bloß
Größen
(
quanta
), wie in der
Geometrie
,
sondern
auch die
bloße
Größe
(
quantitatem
), wie in der
Buchstabenrechnung
,
wobei
sie von der
Beschaffenheit
des
Gegenstandes
, der nach einem
solchen
Größenbegriff
gedacht
werden
soll
,
gänzlich
abstrahiert
. Sie
wählt
sich
alsdann
eine
gewisse
Bezeichnung
aller
Konstruktionen
von
Größen
überhaupt
(
Zahlen
, als der
Addition
,
Subtraktion
usw
.),
Ausziehung
der
Wurzel
, und, nachdem sie den
allgemeinen
Begriff
der
Größen
nach den
verschiedenen
Verhältnissen
derselben
auch
bezeichnet
hat, so
stellt
sie alle
Behandlung
, die durch die
Größe
erzeugt
und
verändert
wird, nach
gewissen
allgemeinen
Regeln
in der
Anschauung
dar
; wo eine
Größe
durch die
andere
dividiert
werden
soll
,
setzt
sie
beider
ihre
Charaktere
nach der
bezeichnenden
Form
der
Division
zusammen
usw
., und
gelangt
also
vermittelst
einer
symbolischen
Konstruktion
ebensogut
, wie die
Geometrie
nach einer
ostensiven
oder
geometrischen
(der
Gegenstände
selbst)
dahin
,
wohin
die
diskursive
Erkenntnis
vermittelst
bloßer
Begriffe
niemals
gelangen
könnte
.
Was
mag
die
Ursache
dieser so
verschiedenen
Lage
sein
, darin sich zwei
Vernunftkünstler
befinden
, deren der eine seinen
Weg
nach
Begriffen
, der
andere
nach
Anschauungen
nimmt
, die er
a
priori
den
Begriffen
gemäß
darstellt
. Nach den oben
vorgetragenen
transzendentalen
Grundlehren
ist diese
Ursache
klar
. Es
kommt
hier nicht auf
analytische
Sätze
an, die durch
bloße
Zergliederung
der
Begriffe
erzeugt
werden
können
, (hierin
würde
der
Philosoph
ohne
Zweifel
den
Vorteil
über seinen
Nebenbuhler
haben,)
sondern
auf
synthetische
, und zwar solche, die
a
priori
sollen
erkannt
werden.
Denn
ich
soll
nicht auf
dasjenige
sehen
, was ich in
meinem
Begriffe
vom
Triangel
wirklich
denke
, (dieses ist nichts weiter, als die
bloße
Definition
,)
vielmehr
soll
ich über
ihn
zu
Eigenschaften
, die in diesem
Begriffe
nicht
liegen
, aber doch zu
ihm
gehören
,
hinausgehen
. Nun ist dieses nicht anders
möglich
, als daß ich meinen
Gegenstand
nach den
Bedingungen
, entweder der
empirischen
Anschauung
, oder der
reinen
Anschauung
bestimme
. Das
erstere
würde
nur einen
empirischen
Satz
(durch
Messen
seiner
Winkel
), der keine
Allgemeinheit
, noch
weniger
Notwendigkeit
enthielte
,
abgeben
, und von
dergleichen
ist
gar
nicht die
Rede
. Das
zweite
Verfahren
aber ist die
mathematische
und zwar hier die
geometrische
Konstruktion
,
vermittelst
deren ich in einer
reinen
Anschauung
,
ebenso
wie in der
empirischen
, das
Mannigfaltige
, was zu dem
Schema
eines
Triangels
überhaupt
,
mithin
zu seinem
Begriffe
gehört
,
hinzusetzen
wodurch
allerdings
allgemeine
synthetische
Sätze
konstruiert
werden
müssen
.
Ich
würde
also
umsonst
über den
Triangel
philosophieren
,
d.i.
diskursiv
nachdenken
, ohne
dadurch
im
mindesten
weiter zu
kommen
, als auf die
bloße
Definition
, von der ich aber
billig
anfangen
müßte
. Es
gibt
zwar eine
transzendentale
Synthesis
aus
lauter
Begriffen
, die
wiederum
allein dem
Philosophen
gelingt
, die aber
niemals
mehr als ein
Ding
überhaupt
betrifft
, unter
welchen
Bedingungen
dessen
Wahrnehmung
zur
möglichen
Erfahrung
gehören
könne
. Aber in den
mathematischen
Aufgaben
ist
hiervon
und
überhaupt
von der
Existenz
gar
nicht die
Frage
,
sondern
von den
Eigenschaften
der
Gegenstände
an sich selbst,
lediglich
sofern
diese mit dem
Begriffe
derselben
verbunden
sind.
Wir haben in dem
angeführten
Beispiele
nur
deutlich
zu
machen
gesucht
,
welcher
große
Unterschied
zwischen dem
diskursiven
Vernunftgebrauch
nach
Begriffen
und dem
intuitiven
durch die
Konstruktion
der
Begriffe
anzutreffen
sei
. Nun
frägts
sich
natürlicherweise
, was die
Ursache
sei
, die einen
solchen
zwiefachen
Vernunftgebrauch
notwendig
macht
, und an
welchen
Bedingungen
man
erkennen
könne
, ob nur der
erste
, oder auch der
zweite
stattfinde
.
Alle
unsere
Erkenntnis
bezieht
sich doch
zuletzt
auf
mögliche
Anschauungen
:
denn
durch diese allein wird ein
Gegenstand
gegeben
. Nun
enthält
ein
Begriff
a
priori
(ein nicht
empirischer
Begriff
) entweder schon eine
reine
Anschauung
in sich, und
alsdann
kann er
konstruiert
werden; oder nichts als die
Synthesis
möglicher
Anschauungen
, die
a
priori
nicht
gegeben
sind, und
alsdann
kann man
wohl
durch
ihn
synthetisch
und
a
priori
urteilen
, aber nur
diskursiv
, nach
Begriffen
, und
niemals
intuitiv
durch die
Konstruktion
des
Begriffes
.
Nun ist von aller
Anschauung
keine
a
priori
gegeben
, als die
bloße
Form
der
Erscheinungen
,
Raum
und
Zeit
, und ein
Begriff
von diesen, als
Quantis
,
läßt
sich entweder
zugleich
mit der
Qualität
derselben
(ihre
Gestalt
), oder auch
bloß
ihre
Quantität
(die
bloße
Synthesis
des
gleichartig
Mannigfaltigen
) durch
Zahl
a
priori
in der
Anschauung
darstellen
,
d.i.
konstruieren
. Die
Materie
aber der
Erscheinungen
,
wodurch
uns
Dinge
im
Raume
und der
Zeit
gegeben
werden, kann nur in der
Wahrnehmung
,
mithin
a
posteriori
vorgestellt
werden. Der
einzige
Begriff
, der
a
priori
diesen
empirischen
Gehalt
der
Erscheinungen
vorstellt
, ist der
Begriff
des
Dinges
überhaupt
, und die
synthetische
Erkenntnis
von demselben
a
priori
kann nichts weiter, als die
bloße
Regel
der
Synthesis
desjenigen
, was die
Wahrnehmung
a
posteriori
geben
mag
,
niemals
aber die
Anschauung
des
realen
Gegenstandes
a
priori
liefern
, weil diese
notwendig
empirisch
sein
muß
.
Synthetische
Sätze
, die auf
Dinge
überhaupt
, deren
Anschauung
sich
a
priori
gar
nicht
geben
läßt
,
gehen
, sind
transzendental
.
Demnach
lassen
sich
transzendentale
Sätze
niemals
durch
Konstruktion
der
Begriffe
,
sondern
nur nach
Begriffen
a
priori
geben
. Sie
enthalten
bloß
die
Regel
, nach der eine
gewisse
synthetische
Einheit
desjenigen
, was nicht
a
priori
anschaulich
vorgestellt
werden kann, (der
Wahrnehmungen
,)
empirisch
gesucht
werden
soll
. Sie
können
aber
keinen
einzigen
ihrer
Begriffe
a
priori
in
irgendeinem
Falle
darstellen
,
sondern
tun dieses nur
a
posteriori
,
vermittelst
der
Erfahrung
, die nach
jenen
synthetischen
Grundsätzen
allererst
möglich
wird.
Wenn man von einem
Begriffe
synthetisch
urteilen
soll
, so
muß
man aus diesem
Begriffe
hinausgehen
, und zwar zur
Anschauung
, in
welcher
er
gegeben
ist.
Denn
,
bliebe
man bei dem
stehen
, was im
Begriffe
enthalten
ist, so
wäre
das
Urteil
bloß
analytisch
, und eine
Erklärung
des
Gedanken
, nach
demjenigen
, was
wirklich
in
ihm
enthalten
ist. Ich kann aber von dem
Begriffe
zu der
ihm
korrespondierenden
reinen
oder
empirischen
Anschauung
gehen
, um
ihn
in
derselben
in
concreto
zu
erwägen
, und, was dem
Gegenstande
desselben
zukommt
,
a
priori
oder
a
posteriori
zu
erkennen
. Das
erstere
ist die
rationale
und
mathematische
Erkenntnis
durch die
Konstruktion
des
Begriffs
, das
zweite
die
bloße
empirische
(
mechanische
)
Erkenntnis
, die
niemals
notwendige
und
apodiktische
Sätze
geben
kann. So
könnte
ich meinen
empirischen
Begriff
vom
Golde
zergliedern
, ohne
dadurch
etwas weiter zu
gewinnen
, als alles, was ich bei diesem
Worte
wirklich
denke
,
herzählen
zu
können
,
wodurch
in
meinem
Erkenntnis
zwar eine
logische
Verbesserung
vorgeht
, aber keine
Vermehrung
oder
Zusatz
erworben
wird. Ich
nehme
aber die
Materie
,
welche
unter diesem
Namen
vorkommt
, und
stelle
mit ihr
Wahrnehmungen
an,
welche
mir
verschiedene
synthetische
, aber
empirische
Sätze
an die
Hand
geben
werden. Den
mathematischen
Begriff
eines
Triangels
würde
ich
konstruieren
,
d.i.
a
priori
in der
Anschauung
geben
, und auf diesem
Wege
eine
synthetische
, aber
rationale
Erkenntnis
bekommen
. Aber, wenn mir der
transzendentale
Begriff
einer
Realität
,
Substanz
,
Kraft
usw
.
gegeben
ist, so
bezeichnet
er weder eine
empirische
, noch
reine
Anschauung
,
sondern
lediglich
die
Synthesis
der
empirischen
Anschauungen
(die also
a
priori
nicht
gegeben
werden
können
), und es kann also aus
ihm
, weil die
Synthesis
nicht
a
priori
zu der
Anschauung
, die
ihm
korrespondiert
,
hinausgehen
kann, auch kein
bestimmender
synthetischer
Satz
,
sondern
nur ein
Grundsatz
der
Synthesis
69
möglicher
empirischer
Anschauungen
entspringen
. Also ist ein
transzendentaler
Satz
ein
synthetisches
Vernunfterkenntnis
nach
bloßen
Begriffen
, und
mithin
diskursiv
,
indem
dadurch
alle
synthetische
Einheit
der
empirischen
Erkenntnis
allererst
möglich
, keine
Anschauung
aber
dadurch
a
priori
gegeben
wird.
So
gibt
es
denn
einen
doppelten
Vernunftgebrauch
, der,
unerachtet
der
Allgemeinheit
der
Erkenntnis
und ihrer
Erzeugung
a
priori
,
welche
sie
gemein
haben,
dennoch
im
Fortgange
sehr verschieden ist, und zwar darum, weil in der
Erscheinung
, als
wodurch
uns alle
Gegenstände
gegeben
werden, zwei
Stücke
sind: die
Form
der
Anschauung
(
Raum
und
Zeit
), die
völlig
a
priori
erkannt
und
bestimmt
werden kann, und die
Materie
(das
Physische
), oder der
Gehalt
,
welcher
ein Etwas
bedeutet
, das im
Raume
und der
Zeit
angetroffen
wird,
mithin
ein
Dasein
enthält
und der
Empfindung
korrespondiert
. In
Ansehung
des
letzteren
,
welches
niemals
anders auf
bestimmte
Art
, als
empirisch
gegeben
werden kann,
können
wir nichts
a
priori
haben, als
unbestimmte
Begriffe
der
Synthesis
möglicher
Empfindungen
,
sofern
sie zur
Einheit
der
Apperzeption
(in einer
möglichen
Erfahrung
)
gehören
. In
Ansehung
der
ersteren
können
wir
unsere
Begriffe
in der
Anschauung
a
priori
bestimmen
,
indem
wir uns im
Raume
und der
Zeit
die
Gegenstände
selbst durch
gleichförmige
Synthesis
schaffen
,
indem
wir sie
bloß
als
Quanta
betrachten
.
Jener
heißt
der
Vernunftgebrauch
nach
Begriffen
,
indem
wir nichts weiter tun
können
, als
Erscheinungen
dem
realen
Inhalte
nach unter
Begriffe
zu
bringen
,
welche
darauf nicht anders als
empirisch
,
d.i.
a
posteriori
, (aber
jenen
Begriffen
als
Regeln
einer
empirischen
Synthesis
gemäß
,)
können
bestimmt
werden; dieser ist der
Vernunftgebrauch
durch
Konstruktion
der
Begriffe
,
indem
diese,
da
sie schon auf eine
Anschauung
a
priori
gehen
, auch
eben
darum
a
priori
und ohne alle
empirische
data
in der
reinen
Anschauung
bestimmt
gegeben
werden
können
. Alles, was
da
ist (ein
Ding
im
Raum
oder der
Zeit
), zu
erwägen
, ob und
wiefern
es ein
Quantum
ist oder nicht, daß ein
Dasein
in demselben oder
Mangel
vorgestellt
werden
müsse
, wie
fern
dieses Etwas (
welches
Raum
oder
Zeit
erfüllt
) ein
erstes
Substratum
, oder
bloße
Bestimmung
sei
, eine
Beziehung
seines
Daseins
auf etwas
anderes
, als
Ursache
oder
Wirkung
, habe, und
endlich
isoliert
oder in
wechselseitiger
Abhängigkeit
mit
anderen
in
Ansehung
des
Daseins
stehe
, die
Möglichkeit
dieses
Daseins
, die
Wirklichkeit
und
Notwendigkeit
, oder die
Gegenteile
derselben
zu
erwägen
: dieses alles
gehört
zum
Vernunfterkenntnis
aus
Begriffen
,
welches
philosophisch
genannt
wird. Aber im
Raume
eine
Anschauung
a
priori
zu
bestimmen
(
Gestalt
), die
Zeit
zu
teilen
(
Dauer
), oder
bloß
das
Allgemeine
der
Synthesis
von einem und demselben in der
Zeit
und dem
Raume
, und die daraus
entspringende
Größe
einer
Anschauung
überhaupt
(
Zahl
) zu
erkennen
, das ist ein
Vernunftgeschäft
durch
Konstruktion
der
Begriffe
, und
heißt
mathematisch
.
Das
große
Glück
,
welches
die
Vernunft
vermittelst
der
Mathematik
macht
,
bringt
ganz
natürlicherweise
die
Vermutung
zuwege
, daß es, wo nicht ihr selbst, doch ihrer
Methode
, auch
außer
dem
Felde
der
Größen
gelingen
werde
,
indem
sie alle ihre
Begriffe
auf
Anschauungen
bringt
, die sie
a
priori
geben
kann, und
wodurch
sie, so zu
reden
,
Meister
über die
Natur
wird;
da
hingegen
reine
Philosophie
mit
diskursiven
Begriffen
a
priori
in der
Natur
herumpfuscht
, ohne die
Realität
derselben
a
priori
anschauend
und
eben
dadurch
beglaubigt
machen
zu
können
. Auch
scheint
es den
Meistern
in dieser
Kunst
an dieser
Zuversicht
zu sich selbst und dem
gemeinen
Wesen
an
großen
Erwartungen
von ihrer
Geschicklichkeit
, wenn sie sich
einmal
hiermit
befassen
sollten
,
gar
nicht zu
fehlen
.
Denn
da
sie
kaum
jemals
über ihre
Mathematik
philosophiert
haben, (ein
schweres
Geschäft
!) so
kommt
ihnen der
spezifische
Unterschied
des einen
Vernunftgebrauchs
von dem
anderen
gar
nicht in
Sinn
und
Gedanken
.
Gangbare
und
empirisch
gebrauchte
Regeln
, die sie von der
gemeinen
Vernunft
borgen
,
gelten
ihnen dann statt
Axiomen
. Wo ihnen die
Begriffe
von
Raum
und
Zeit
, womit sie sich (als den
einzigen
ursprünglichen
Quantis
)
beschäftigen
,
herkommen
mögen
, daran ist ihnen
gar
nichts
gelegen
, und
ebenso
scheint
es ihnen
unnütz
zu
sein
, den
Ursprung
reiner
Verstandesbegriffe
, und hiermit auch den
Umfang
ihrer
Gültigkeit
zu
erforschen
,
sondern
nur sich ihrer zu
bedienen
. In allem diesem tun sie
ganz
recht
, wenn sie nur ihre
angewiesene
Grenze
,
nämlich
die der
Natur
nicht
überschreiten
. So aber
geraten
sie
unvermerkt
, von dem
Felde
der
Sinnlichkeit
, auf den
unsicheren
Boden
reiner
und selbst
transzendentaler
Begriffe
, wo der
Grund
(
instabilis
tellus
,
innabilis
unda
) ihnen weder zu
stehen
, noch zu
schwimmen
erlaubt
, und sich nur
flüchtige
Schritte
tun
lassen
, von denen die
Zeit
nicht die
mindeste
Spur
aufbehält
,
da
hingegen
ihr
Gang
in der
Mathematik
eine
Heeresstraße
macht
,
welche
noch die
späteste
Nachkommenschaft
mit
Zuversicht
betreten
kann.
Da
wir es uns zur
Pflicht
gemacht
haben, die
Grenzen
der
reinen
Vernunft
im
transzendentalen
Gebrauche
genau
und mit
Gewißheit
zu
bestimmen
, diese
Art
der
Bestrebung
aber das
Besondere
an sich hat,
unerachtet
der
nachdrücklichsten
und
klarsten
Warnungen
, sich noch immer durch
Hoffnung
hinhalten
zu
lassen
,
ehe
man den
Anschlag
gänzlich
aufgibt
, über
Grenzen
der
Erfahrungen
hinaus in die
reizenden
Gegenden
des
Intellektuellen
zu
gelangen
: so ist es
notwendig
, noch
gleichsam
den
letzten
Anker
einer
phantasiereichen
Hoffnung
wegzunehmen
, und zu
zeigen
, daß die
Befolgung
der
mathematischen
Methode
in dieser
Art
Erkenntnis
nicht den
mindesten
Vorteil
schaffen
könne
, es
müßte
denn
der
sein
, die
Blößen
ihrer selbst
desto
deutlicher
aufzudecken
, daß
Meßkunst
und
Philosophie
zwei
ganz
verschiedene
Dinge
seien
, ob sie sich zwar in der
Naturwissenschaft
einander
die
Hand
bieten
,
mithin
das
Verfahren
des einen
niemals
von dem
anderen
nachgeahmt
werden
könne
.
Die
Gründlichkeit
der
Mathematik
beruht
auf
Definitionen
,
Axiomen
,
Demonstrationen
. Ich
werde
mich damit
begnügen
, zu
zeigen
: daß
keines
dieser
Stücke
in dem
Sinne
, darin sie der
Mathematiker
nimmt
, von der
Philosophie
könne
geleistet
, noch
nachgeahmt
werden. Daß der
Meßkünstler
, nach seiner
Methode
, in der
Philosophie
nichts als
Kartengebäude
zustande
bringe
, der
Philosoph
nach der
seinigen
in dem
Anteil
der
Mathematik
nur ein
Geschwätz
erregen
könne
,
wiewohl
eben
darin
Philosophie
besteht
, seine
Grenzen
zu
kennen
, und selbst der
Mathematiker
, wenn das
Talent
desselben
nicht etwa schon von der
Natur
begrenzt
und auf
sein
Fach
eingeschränkt
ist, die
Warnungen
der
Philosophie
nicht
ausschlagen
, noch sich über sie
wegsetzen
kann.
l
. Von den
Definitionen
.
Definieren
soll
, wie es der
Ausdruck
selbst
gibt
,
eigentlich
nur so viel
bedeuten
, als, den
ausführlichen
Begriff
eines
Dinges
innerhalb
seiner
Grenzen
ursprünglich
darstellen
70
. Nach einer
solchen
Forderung
kann ein
empirischer
Begriff
gar
nicht
definiert
,
sondern
nur
expliziert
werden.
Denn
,
da
wir an
ihm
nur einige
Merkmale
von einer
gewissen
Art
Gegenstände
der
Sinne
haben, so ist es
niemals
sicher
, ob man unter dem
Worte
, der
denselben
Gegenstand
bezeichnet
, nicht
einmal
mehr, das
andere
Mal
weniger
Merkmale
desselben
denke
. So kann der eine im
Begriffe
vom
Golde
sich
außer
dem
Gewichte
, der
Farbe
, der
Zähigkeit
, noch die
Eigenschaft
, daß es nicht
rostet
,
denken
, der
andere
davon vielleicht nichts
wissen
. Man
bedient
sich
gewisser
Merkmale
nur so
lange
, als sie zum
Unterscheiden
hinreichend
sind;
neue
Bemerkungen
dagegen
nehmen
welche
weg
und
setzen
einige hinzu, der
Begriff
steht
also
niemals
zwischen
sicheren
Grenzen
. Und wozu
sollte
es auch
dienen
, einen
solchen
Begriff
zu
definieren
,
da
, wenn
z
.
B
. von dem
Wasser
und dessen
Eigenschaften
die
Rede
ist, man sich bei dem nicht
aufhalten
wird, was man bei dem
Worte
Wasser
denkt
,
sondern
zu
Versuchen
schreitet
, und das
Wort
, mit den
wenigen
Merkmalen
, die
ihm
anhängen
, nur eine
Bezeichnung
und nicht einen
Begriff
der
Sache
ausmachen
soll
,
mithin
die
angebliche
Definition
nichts
anderes
als
Wortbestimmung
ist.
Zweitens
kann auch,
genau
zu
reden
, kein
a
priori
gegebener
Begriff
definiert
werden,
z
.
B
.
Substanz
,
Ursache
,
Recht
,
Billigkeit
usw
.
Denn
ich kann
niemals
sicher
sein
, daß die
deutliche
Vorstellung
eines (noch
verworren
)
gegebenen
Begriffs
ausführlich
entwickelt
worden
, als wenn ich
weiß
, daß
dieselbe
dem
Gegenstande
adäquat
sei
.
Da
der
Begriff
desselben
aber, so wie er
gegeben
ist, viel
dunkle
Vorstellungen
enthalten
kann, die wir in der
Zergliederung
übergehen
, ob wir sie zwar in der
Anwendung
jederzeit
brauchen
: so ist die
Ausführlichkeit
der
Zergliederung
meines
Begriffs
immer
zweifelhaft
, und kann nur durch
vielfältig
zutreffende
Beispiele
vermutlich
,
niemals
aber
apodiktisch
gewiß
gemacht
werden.
Anstatt
des
Ausdrucks
:
Definition
,
würde
ich
lieber
den der
Exposition
brauchen
, der immer noch
behutsam
bleibt
, und bei dem der
Kritiker
sie auf einen
gewissen
Grad
gelten
lassen
und doch wegen der
Ausführlichkeit
noch
Bedenken
tragen
kann.
Da
also weder
empirisch
, noch
a
priori
gegebene
Begriffe
definiert
werden
können
, so
bleiben
keine
anderen
als
willkürlich
gedachte
übrig
, an denen man dieses
Kunststück
versuchen
kann. Meinen
Begriff
kann ich in
solchem
Falle
jederzeit
definieren
;
denn
ich
muß
doch
wissen
, was ich habe
denken
wollen
,
da
ich
ihn
selbst
vorsetzlich
gemacht
habe, und er mir weder durch die
Natur
des
Verstandes
, noch durch die
Erfahrung
gegeben
worden
, aber ich kann nicht
sagen
, daß ich
dadurch
einen
wahren
Gegenstand
definiert
habe.
Denn
, wenn der
Begriff
auf
empirischen
Bedingungen
beruht
,
z
.
B
. eine
Schiffsuhr
, so wird der
Gegenstand
und dessen
Möglichkeit
durch diesen
willkürlichen
Begriff
noch nicht
gegeben
; ich
weiß
daraus nicht
einmal
, ob er
überall
einen
Gegenstand
habe, und meine
Erklärung
kann
besser
eine
Deklaration
(meines
Projekts
) als
Definition
eines
Gegenstandes
heißen
. Also
blieben
keine
anderen
Begriffe
übrig
, die zum
Definieren
taugen
, als solche, die eine
willkürliche
Synthesis
enthalten
,
welche
a
priori
konstruiert
werden kann,
mithin
hat nur die
Mathematik
Definitionen
.
Denn
, den
Gegenstand
, den sie
denkt
,
stellt
sie auch
a
priori
in der
Anschauung
dar
, und dieser kann
sicher
nicht mehr noch
weniger
enthalten
, als der
Begriff
, weil durch die
Erklärung
der
Begriff
von dem
Gegenstande
ursprünglich
,
d.i.
ohne die
Erklärung
irgend
wovon
abzuleiten
,
gegeben
wurde
. Die
deutsche
Sprache
hat
für
die
Ausdrücke
der
Exposition
,
Explikation
,
Deklaration
und
Definition
nichts mehr, als das eine
Wort
:
Erklärung
, und daher
müssen
wir schon von der
Strenge
der
Forderung
,
da
wir
nämlich
den
philosophischen
Erklärungen
den
Ehrennamen
der
Definition
verweigerten
, etwas
ablassen
, und
wollen
diese
ganze
Anmerkung
darauf
einschränken
, daß
philosophische
Definitionen
nur als
Expositionen
gegebener
,
mathematische
aber als
Konstruktionen
ursprünglich
gemachter
Begriffe
,
jene
nur
analytisch
durch
Zergliederung
(deren
Vollständigkeit
nicht
apodiktisch
gewiß
ist), diese
synthetisch
zustande
gebracht
werden, und also den
Begriff
selbst
machen
,
dagegen
die
ersteren
ihn
nur
erklären
.
Hieraus
folgt
:
a
) daß man es in der
Philosophie
der
Mathematik
nicht so
nachtun
müsse
, die
Definition
voranzuschicken
, als nur etwa zum
bloßen
Versuche
.
Denn
,
da
sie
Zergliederungen
gegebener
Begriffe
sind, so
gehen
diese
Begriffe
,
obzwar
nur noch
verworren
,
voran
, und die
unvollständige
Exposition
geht
vor
der
vollständigen
, so, daß wir aus
einigen
Merkmalen
, die wir aus einer noch
unvollendeten
Zergliederung
gezogen
haben,
manches
vorher
schließen
können
,
ehe
wir zur
vollständigen
Exposition
,
d.i.
zur
Definition
gelangt
sind; mit einem
Worte
, daß in der
Philosophie
die
Definition
, als
abgemessene
Deutlichkeit
, das
Werk
eher
schließe
, als
anfangen
müsse
71
.
Dagegen
haben wir in der
Mathematik
gar
keinen
Begriff
vor
der
Definition
, als durch
welche
der
Begriff
allererst
gegeben
wird, sie
muß
also und kann auch
jederzeit
davon
anfangen
.
b
)
Mathematische
Definitionen
können
niemals
irren
.
Denn
, weil der
Begriff
durch die
Definition
zuerst
gegeben
wird, so
enthält
er
gerade
nur das, was die
Definition
durch
ihn
gedacht
haben will. Aber, obgleich dem
Inhalte
nach nichts
Unrichtiges
darin
vorkommen
kann, so kann doch
bisweilen
,
obzwar
nur
selten
, in der
Form
(der
Einkleidung
)
gefehlt
werden,
nämlich
in
Ansehung
der
Präzision
. So hat die
gemeine
Erklärung
der
Kreislinie
, daß sie eine
krumme
Linie
sei
, deren alle
Punkte
von einem
einigen
(dem
Mittelpunkte
)
gleich
weit
abstehen
, den
Fehler
, daß die
Bestimmung
krumm
unnötiger
Weise
eingeflossen
ist.
Denn
es
muß
einen
besonderen
Lehrsatz
geben
, der aus der
Definition
gefolgert
wird und
leicht
bewiesen
werden kann: daß eine jede
Linie
, deren alle
Punkte
von einem
einigen
gleich
weit
abstehen
,
krumm
(kein
Teil
von ihr
gerade
)
sei
.
Analytische
Definitionen
können
dagegen
auf
vielfältige
Art
irren
, entweder
indem
sie
Merkmale
hineinbringen
, die
wirklich
nicht im
Begriffe
lagen
, oder an der
Ausführlichkeit
ermangeln
, die das
Wesentliche
einer
Definition
ausmacht
, weil man der
Vollständigkeit
seiner
Zergliederung
nicht so
völlig
gewiß
sein
kann. Um
deswillen
läßt
sich die
Methode
der
Mathematik
im
Definieren
in der
Philosophie
nicht
nachahmen
.
2. Von den
Axiomen
. Diese sind
synthetische
Grundsätze
a
priori
,
sofern
sie
unmittelbar
gewiß
sind. Nun
läßt
sich nicht ein
Begriff
mit dem
anderen
synthetisch
und doch
unmittelbar
verbinden
, weil, damit wir über einen
Begriff
hinausgehen
können
, ein
drittes
vermittelndes
Erkenntnis
nötig
ist.
Da
nun
Philosophie
bloß
die
Vernunfterkenntnis
nach
Begriffen
ist, so wird in ihr kein
Grundsatz
anzutreffen
sein
, der den
Namen
eines
Axioms
verdiene
. Die
Mathematik
dagegen
ist der
Axiomen
fähig
, weil sie
vermittelst
der
Konstruktion
der
Begriffe
in der
Anschauung
des
Gegenstandes
die
Prädikate
desselben
a
priori
und
unmittelbar
verknüpfen
kann,
z
.
B
. daß drei
Punkte
jederzeit
in einer
Ebene
liegen
.
Dagegen
kann ein
synthetischer
Grundsatz
bloß
aus
Begriffen
niemals
unmittelbar
gewiß
sein
;
z
.
B
. der
Satz
: alles, was
geschieht
, hat seine
Ursache
,
da
ich mich nach einem
dritten
herumgehen
muß
,
nämlich
der
Bedingung
der
Zeitbestimmung
in einer
Erfahrung
, und nicht
direkt
unmittelbar
aus den
Begriffen
allein einen
solchen
Grundsatz
erkennen
konnte.
Diskursive
Grundsätze
sind also
ganz
etwas
anderes
als
intuitive
,
d.i.
Axiomen
.
Jene
erfordern
jederzeit
noch eine
Deduktion
, deren die
letzteren
ganz
und
gar
entbehren
können
, und,
da
diese
eben
um
desselben
Grundes
willen
evident
sind,
welches
die
philosophischen
Grundsätze
, bei aller ihrer
Gewißheit
, doch
niemals
vorgeben
können
, so
fehlt
unendlich
viel daran, daß irgendein
synthetischer
Satz
der
reinen
und
transzendentalen
Vernunft
so
augenscheinlich
sei
(wie man sich
trotzig
auszudrücken
pflegt
), als der
Satz
: daß
zweimal
zwei vier
geben
. Ich habe zwar in der
Analytik
, bei der
Tafel
der
Grundsätze
des
reinen
Verstandes
, auch
gewisser
Axiomen
der
Anschauung
gedacht
; allein der daselbst
angeführte
Grundsatz
war selbst kein
Axiom
,
sondern
diente
nur dazu, das
Prinzipium
der
Möglichkeit
der
Axiomen
überhaupt
anzugeben
, und selbst nur ein
Grundsatz
aus
Begriffen
.
Denn
sogar die
Möglichkeit
der
Mathematik
muß
in der
Transzendentalphilosophie
gezeigt
werden. Die
Philosophie
hat also keine
Axiomen
und
darf
niemals
ihre
Grundsätze
a
priori
so
schlechthin
gebieten
,
sondern
muß
sich dazu
bequemen
, ihre
Befugnis
wegen
derselben
durch
gründliche
Deduktion
zu
rechtfertigen
.
3. Von den
Demonstrationen
. Nur ein
apodiktischer
Beweis
,
sofern
er
intuitiv
ist, kann
Demonstration
heißen
.
Erfahrung
lehrt
uns
wohl
, was
da
sei
, aber nicht, daß es
gar
nicht anders
sein
könne
. Daher
können
empirische
Beweisgründe
keinen
apodiktischen
Beweis
verschaffen
. Aus
Begriffen
a
priori
(im
diskursiven
Erkenntnisse
) kann aber
niemals
anschauende
Gewißheit
d.i.
Evidenz
entspringen
, so sehr auch sonst das
Urteil
apodiktisch
gewiß
sein
mag
. Nur die
Mathematik
enthält
also
Demonstrationen
, weil sie nicht aus
Begriffen
,
sondern
der
Konstruktion
derselben
,
d.i.
der
Anschauung
, die den
Begriffen
entsprechend
a
priori
gegeben
werden kann, ihr
Erkenntnis
ableitet
. Selbst das
Verfahren
der
Algeber
mit ihren
Gleichungen
, aus denen sie durch
Reduktion
die
Wahrheit
zusamt
dem
Beweise
hervorbringt
, ist zwar keine
geometrische
, aber doch
charakteristische
Konstruktion
, in
welcher
man an den
Zeichen
die
Begriffe
,
vornehmlich
von dem
Verhältnisse
der
Größen
, in der
Anschauung
darlegt
, und, ohne
einmal
auf das
Heuristische
zu
sehen
, alle
Schlüsse
vor
Fehlern
dadurch
sichert
, daß jeder
derselben
vor
Augen
gestellt
wird.
Da
hingegen
das
philosophische
Erkenntnis
dieses
Vorteils
entbehren
muß
,
indem
es das
Allgemeine
jederzeit
in
abstracto
(durch
Begriffe
)
betrachten
muß
,
indessen
daß
Mathematik
das
Allgemeine
in
concreto
(in der
einzelnen
Anschauung
) und doch durch
reine
Vorstellung
a
priori
erwägen
kann,
wobei
jeder
Fehltritt
sichtbar
wird. Ich
möchte
die
ersteren
daher
lieber
akroamatische
(
diskursive
)
Beweise
nennen
, weil sie sich nur durch
lauter
Worte
(den
Gegenstand
in
Gedanken
)
führen
lassen
, als
Demonstrationen
,
welche
, wie der
Ausdruck
es schon
anzeigt
, in der
Anschauung
des
Gegenstandes
fortgehen
.
Aus allem diesem
folgt
nun, daß es sich
für
die
Natur
der
Philosophie
gar
nicht
schicke
,
vornehmlich
im
Felde
der
reinen
Vernunft
, mit einem
dogmatischen
Gange
zu
strotzen
und sich mit den
Titeln
und
Bändern
der
Mathematik
auszuschmücken
, in deren
Orden
sie doch nicht
gehört
, ob sie zwar auf
schwesterliche
Vereinigung
mit
derselben
zu
hoffen
alle
Ursache
hat.
Jene
sind
eitle
Anmaßungen
, die
niemals
gelingen
können
,
vielmehr
ihre
Absicht
rückgängig
machen
müssen
, die
Blendwerke
einer ihre
Grenzen
verkennenden
Vernunft
zu
entdecken
, und,
vermittelst
hinreichender
Aufklärung
unserer
Begriffe
, den
Eigendünkel
der
Spekulation
auf das
bescheidene
, aber
gründliche
Selbsterkenntnis
zurückzuführen
. Die
Vernunft
wird also in ihren
transzendentalen
Versuchen
nicht so
zuversichtlich
vor
sich
hinsehen
können
,
gleich
als wenn der
Weg
, den sie
zurückgelegt
hat, so
ganz
gerade
zum
Ziele
führe
, und auf ihre zum
Grunde
gelegten
Prämissen
nicht so
mutig
rechnen
können
, daß es nicht
nötig
wäre
,
öfters
zurück
zu
sehen
und
achtzuhaben
, ob sich nicht etwa im
Fortgange
der
Schlüsse
Fehler
entdecken
, die in den
Prinzipien
übersehen
worden
, und es
nötig
machen
, sie entweder mehr zu
bestimmen
, oder
ganz
abzuändern
.
Ich
teile
alle
apodiktischen
Sätze
(sie
mögen
nun
erweislich
oder auch
unmittelbar
gewiß
sein
) in
Dogmata
und
Mathemata
ein. Ein
direkt
synthetischer
Satz
aus
Begriffen
ist ein
Dogma
;
hingegen
ein
dergleichen
Satz
durch
Konstruktion
der
Begriffe
, ist ein
Mathema
.
Analytische
Urteile
lehren
uns
eigentlich
nichts mehr vom
Gegenstande
, als was der
Begriff
, den wir von
ihm
haben, schon in sich
enthält
, weil sie die
Erkenntnis
über den
Begriff
des
Subjekts
nicht
erweitern
,
sondern
diesen nur
erläutern
. Sie
können
daher nicht
füglich
Dogmen
heißen
(
welches
Wort
man vielleicht durch
Lehrsprüche
übersetzen
könnte
). Aber unter den
gedachten
zwei
Arten
synthetischer
Sätze
a
priori
können
, nach dem
gewöhnlichen
Redegebrauch
, nur die zum
philosophischen
Erkenntnisse
gehörigen
diesen
Namen
führen
, und man
würde
schwerlich
die
Sätze
der
Rechenkunst
, oder
Geometrie
,
Dogmata
nennen
. Also
bestätigt
dieser
Gebrauch
die
Erklärung
, die wir
gaben
, daß nur
Urteile
aus
Begriffen
, und nicht die aus der
Konstruktion
der
Begriffe
,
dogmatisch
heißen
können
.
Nun
enthält
die
ganze
reine
Vernunft
in ihrem
bloß
spekulativen
Gebrauche
nicht ein
einziges
direkt
synthetisches
Urteil
aus
Begriffen
.
Denn
durch
Ideen
ist sie, wie wir
gezeigt
haben,
gar
keiner
synthetischen
Urteile
, die
objektive
Gültigkeit
hätten
,
fähig
; durch
Verstandesbegriffe
aber
errichtet
sie zwar
sichere
Grundsätze
, aber
gar
nicht
direkt
aus
Begriffen
,
sondern
immer nur
indirekt
durch
Beziehung
dieser
Begriffe
auf etwas
ganz
Zufälliges
,
nämlich
mögliche
Erfahrung
;
da
sie
denn
, wenn diese (etwas als
Gegenstand
möglicher
Erfahrungen
)
vorausgesetzt
wird,
allerdings
apodiktisch
gewiß
sind, an sich selbst aber (
direkt
)
a
priori
gar
nicht
einmal
erkannt
werden
können
. So kann niemand den
Satz
: alles, was
geschieht
, hat seine
Ursache
, aus diesen
gegebenen
Begriffen
allein
gründlich
einsehen
. Daher ist er kein
Dogma
, ob er
gleich
in einem
anderen
Gesichtspunkte
,
nämlich
dem
einzigen
Felde
seines
möglichen
Gebrauchs
,
d.i.
der
Erfahrung
,
ganz
wohl
und
apodiktisch
bewiesen
werden kann. Er
heißt
aber
Grundsatz
und nicht
Lehrsatz
, ob er
gleich
bewiesen
werden
muß
, darum, weil er die
besondere
Eigenschaft
hat, daß er seinen
Beweisgrund
,
nämlich
Erfahrung
, selbst
zuerst
möglich
macht
, und bei dieser immer
vorausgesetzt
werden
muß
.
Gibt
es nun im
spekulativen
Gebrauche
der
reinen
Vernunft
auch dem
Inhalte
nach
gar
keine
Dogmate
, so ist alle
dogmatische
Methode
, sie
mag
nun dem
Mathematiker
abgeborgt
sein
, oder eine
eigentümliche
Manier
werden
sollen
,
für
sich
unschicklich
.
Denn
sie
verbirgt
nur die
Fehler
und
Irrtümer
, und
täuscht
die
Philosophie
, deren
eigentliche
Absicht
ist, alle
Schritte
der
Vernunft
in ihrem
klarsten
Lichte
sehen
zu
lassen
.
Gleichwohl
kann die
Methode
immer
systematisch
sein
.
Denn
unsere
Vernunft
(
subjektiv
) ist selbst ein
System
, aber in ihrem
reinen
Gebrauche
,
vermittelst
bloßer
Begriffe
, nur ein
System
der
Nachforschung
nach
Grundsätzen
der
Einheit
, zu
welcher
Erfahrung
allein den
Stoff
hergeben
kann. Von der
eigentümlichen
Methode
einer
Transzendentalphilosophie
läßt
sich aber hier nichts
sagen
,
da
wir es nur mit einer
Kritik
unserer
Vermögensumstände
zu tun haben, ob wir
überall
bauen
, und wie
hoch
wir
wohl
unser
Gebäude
, aus dem
Stoffe
, den wir haben, (den
reinen
Begriffen
a
priori
,)
aufführen
können
.
69
Vermittelst
des
Begriffs
der
Ursache
gehe
ich
wirklich
aus dem
empirischen
Begriffe
von einer
Begebenheit
(
da
etwas
geschieht
)
heraus
, aber nicht zu der
Anschauung
, die den
Begriff
der
Ursache
in
concreto
darstellt
,
sondern
zu den
Zeitbedingungen
überhaupt
, die in der
Erfahrung
dem
Begriffe
der
Ursache
gemäß
gefunden
werden
möchten
. Ich
verfahre
also
bloß
nach
Begriffen
, und kann nicht durch
Konstruktion
der
Begriffe
verfahren
, weil der
Begriff
eine
Regel
der
Synthesis
der
Wahrnehmungen
ist, die keine
reine
Anschauungen
sind, und sich also
a
priori
nicht
geben
lassen
.
70
Ausführlichkeit
bedeutet
die
Klarheit
und
Zulänglichkeit
der
Merkmale
;
Grenzen
die
Präzision
, daß deren nicht mehr sind, als zum
ausführlichen
Begriffe
gehören
;
ursprünglich
aber, daß diese
Grenzbestimmung
nicht
irgend
woher
abgeleitet
sei
und also noch eines
Beweises
bedürfe
,
welches
die
vermeintliche
Erklärung
unfähig
machen
würde
, an der
Spitze
aller
Urteile
über einen
Gegenstand
zu
stehen
.
71
Die
Philosophie
wimmelt
von
fehlerhaften
Definitionen
,
vornehmlich
solchen
, die zwar
wirklich
Elemente
zur
Definition
, aber noch nicht
vollständig
enthalten
.
Würde
man nun
eher
gar
nichts mit einem
Begriffe
anfangen
können
, als bis man
ihn
definiert
hätte, so
würde
es
gar
schlecht
mit allem
Philosophieren
stehen
.
Da
aber, so
weit
die
Elemente
(der
Zergliederung
)
reichen
, immer ein
guter
und
sicherer
Gebrauch
davon zu
machen
ist, so
können
auch
mangelhafte
Definitionen
,
d.i.
Sätze
, die
eigentlich
noch nicht
Definitionen
, aber
übrigens
wahr
und also
Annäherungen
zu ihnen sind, sehr
nützlich
gebraucht
werden. In der
Mathematik
gehört
die
Definition
ad
esse
, in der
Philosophie
ad
melius
esse
. Es ist
schön
, aber
oft
sehr
schwer
, dazu zu
gelangen
. Noch
suchen
die
Juristen
eine
Definition
zu ihrem
Begriffe
vom
Recht
.
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