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Immanuel Kant
Kritik der reinen Vernunft
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II. Transzendentale Methodenlehre
Erstes Hauptstück Die Disziplin der reinen Vernunft
Zweiter Abschnitt Die Disziplin der reinen Vernunft in Ansehung ihres polemischen Gebrauchs
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Zweiter
Abschnitt
Die
Disziplin
der
reinen
Vernunft
in
Ansehung
ihres
polemischen
Gebrauchs
Die
Vernunft
muß
sich in
allen
ihren
Unternehmungen
der
Kritik
unterwerfen
, und kann der
Freiheit
derselben
durch kein
Verbot
Abbruch
tun, ohne sich selbst zu
schaden
und einen ihr
nachteiligen
Verdacht
auf sich zu
ziehen
.
Da
ist nun nichts so
wichtig
, in
Ansehung
des
Nutzens
, nichts so
heilig
, das sich dieser
prüfenden
und
musternden
Durchsuchung
, die kein
Ansehen
der
Person
kennt
,
entziehen
dürfte
. Auf dieser
Freiheit
beruht
sogar die
Existenz
der
Vernunft
, die kein
diktatorisches
Ansehen
hat,
sondern
deren
Ausspruch
jederzeit
nichts als die
Einstimmung
freier
Bürger
ist, deren
jeglicher
seine
Bedenklichkeiten
, ja sogar
sein
veto
, ohne
Zurückhalten
muß
äußern
können
.
Ob nun aber
gleich
die
Vernunft
sich der
Kritik
niemals
verweigern
kann, so hat sie doch nicht
jederzeit
Ursache
, sie zu
scheuen
. Aber die
reine
Vernunft
in ihrem
dogmatischen
(nicht
mathematischen
)
Gebrauche
ist sich nicht so sehr der
genauesten
Beobachtung
ihrer
obersten
Gesetze
bewußt
, daß sie nicht mit
Blödigkeit
, ja mit
gänzlicher
Ablegung
alles
angemaßten
dogmatischen
Ansehens
,
vor
dem
kritischen
Auge
einer
höheren
und
richterlichen
Vernunft
erscheinen
müßte
.
Ganz
anders ist es
bewandt
, wenn sie es nicht mit der
Zensur
des
Richters
,
sondern
den
Ansprüchen
ihres
Mitbürgers
zu tun hat, und sich
dagegen
bloß
verteidigen
soll
.
Denn
,
da
diese
ebensowohl
dogmatisch
sein
wollen
,
obzwar
im
Verneinen
, als
jene
im
Bejahen
: so
findet
eine
Rechtfertigung
kat
'
anJrwpon
statt, die wider alle
Beeinträchtigung
sichert
, und einen
titulierten
Besitz
verschafft
, der keine
fremden
Anmaßungen
scheuen
darf
, ob er
gleich
selbst
kat
'
alhJeian
nicht
hinreichend
bewiesen
werden kann.
Unter dem
polemischen
Gebrauche
der
reinen
Vernunft
verstehe
ich nun die
Verteidigung
ihrer
Sätze
gegen die
dogmatischen
Verneinungen
derselben
. Hier
kommt
es nun nicht darauf an, ob ihre
Behauptungen
nicht vielleicht auch
falsch
sein
möchten
,
sondern
nur, daß niemand das
Gegenteil
jemals
mit
apodiktischer
Gewißheit
(ja auch nur mit
größerem
Scheine
)
behaupten
könne
.
Denn
wir sind
alsdann
doch nicht
bittweise
in unserem
Besitz
, wenn wir einen,
obzwar
nicht
hinreichenden
,
Titel
derselben
vor
uns haben, und es
völlig
gewiß
ist, daß niemand die
Unrechtmäßigkeit
dieses
Besitzes
jemals
beweisen
könne
.
Es ist etwas
Bekümmerndes
und
Niederschlagendes
, daß es
überhaupt
eine
Antithetik
der
reinen
Vernunft
geben
, und diese, die doch den
obersten
Gerichtshof
über alle
Streitigkeiten
vorstellt
, mit sich selbst in
Streit
geraten
soll
. Zwar hatten wir oben eine solche
scheinbare
Antithetik
derselben
vor
uns; aber es
zeigte
sich, daß sie auf einem
Mißverstande
beruhte
,
da
man
nämlich
, dem
gemeinen
Vorurteile
gemäß
,
Erscheinungen
für
Sachen
an sich selbst
nahm
, und dann eine
absolute
Vollständigkeit
ihrer
Synthesis
, auf eine oder
andere
Art
(die aber auf
beiderlei
Art
gleich
unmöglich
war),
verlangte
,
welches
aber von
Erscheinungen
gar
nicht
erwartet
werden kann. Es war also damals kein
wirklicher
Widerspruch
der
Vernunft
mit ihr selbst bei den
Sätzen
: die
Reihe
an sich
gegebener
Erscheinungen
hat einen
absolut
ersten
Anfang
, und: diese
Reihe
ist
schlechthin
und an sich selbst ohne
allen
Anfang
;
denn
beide
Sätze
bestehen
gar
wohl
zusammen
, weil
Erscheinungen
nach ihrem
Dasein
(als
Erscheinungen
) an sich selbst
gar
nichts
d.i.
etwas
Widersprechendes
sind, und also deren
Voraussetzung
natürlicherweise
widersprechende
Folgerungen
nach sich
ziehen
muß
.
Ein
solcher
Mißverstand
kann aber nicht
vorgewandt
und
dadurch
der
Streit
der
Vernunft
beigelegt
werden, wenn etwa
theistisch
behauptet
würde
: es ist ein
höchstes
Wesen
, und
dagegen
atheistisch
: es ist kein
höchstes
Wesen
; oder, in der
Psychologie
: alles, was
denkt
, ist von
absoluter
beharrlicher
Einheit
und also von aller
vergänglichen
materiellen
Einheit
unterschieden
,
welchem
ein anderer
entgegengesetzte
: die
Seele
ist nicht
immaterielle
Einheit
und kann von der
Vergänglichkeit
nicht
ausgenommen
werden.
Denn
der
Gegenstand
der
Frage
ist hier von allem
Fremdartigen
, das seiner
Natur
widerspricht
,
frei
, und der
Verstand
hat es nur mit
Sachen
an sich selbst und nicht mit
Erscheinungen
zu tun. Es
würde
also hier
freilich
ein
wahrer
Widerstreit
anzutreffen
sein
, wenn nur die
reine
Vernunft
auf der
verneinenden
Seite
etwas zu
sagen
hätte, was dem
Grunde
einer
Behauptung
nahe
käme
;
denn
was die
Kritik
der
Beweisgründe
des
dogmatisch
Bejahenden
betrifft
, die kann man
ihm
sehr
wohl
einräumen
, ohne darum diese
Sätze
aufzugeben
, die doch
wenigstens
das
Interesse
der
Vernunft
für
sich haben, darauf sich der
Gegner
gar
nicht
berufen
kann.
Ich bin zwar nicht der
Meinung
,
welche
vortreffliche
und
nachdenkende
Männer
(
z
.
B
.
Sulzer
) so
oft
geäußert
haben,
da
sie die
Schwäche
der
bisherigen
Beweise
fühlten
: daß man
hoffen
könne
, man
werde
dereinst
noch
evidente
Demonstrationen
der zwei
Kardinalsätze
unserer
reinen
Vernunft
: es ist ein
Gott
, es ist ein
künftiges
Leben
,
erfinden
.
Vielmehr
bin ich
gewiß
, daß dieses
niemals
geschehen
werde
.
Denn
, wo will die
Vernunft
den
Grund
zu
solchen
synthetischen
Behauptungen
, die sich nicht auf
Gegenstände
der
Erfahrung
und deren
innere
Möglichkeit
beziehen
,
hernehmen
? Aber es ist auch
apodiktisch
gewiß
, daß
niemals
irgendein
Mensch
auftreten
werde
, der das
Gegenteil
mit dem
mindesten
Scheine
,
geschweige
dogmatisch
behaupten
könne
.
Denn
, weil er dieses doch
bloß
durch
reine
Vernunft
dartun
könnte
, so
müßte
er es
unternehmen
, zu
beweisen
: daß ein
höchstes
Wesen
, daß das in uns
denkende
Subjekt
, als
reine
Intelligenz
,
unmöglich
sei
. Wo will er aber die
Kenntnisse
hernehmen
, die
ihn
, von
Dingen
über alle
mögliche
Erfahrung
hinaus so
synthetisch
zu
urteilen
,
berechtigten
. Wir
können
also
darüber
ganz
unbekümmert
sein
, daß uns
jemand
das
Gegenteil
einstens
beweisen
werde
; daß wir darum
eben
nicht
nötig
haben, auf
schulgerechte
Beweise
zu
sinnen
,
sondern
immerhin
diejenigen
Sätze
annehmen
können
,
welche
mit dem
spekulativen
Interesse
unserer
Vernunft
im
empirischen
Gebrauch
ganz
wohl
zusammenhängen
, und
überdem
es mit dem
praktischen
Interesse
zu
vereinigen
die
einzigen
Mittel
sind.
Für
den
Gegner
(der hier nicht
bloß
als
Kritiker
betrachtet
werden
muß
,) haben wir unser
non
liquet
in
Bereitschaft
,
welches
ihn
unfehlbar
verwirren
muß
,
indessen
daß wir die
Retorsion
desselben
auf uns nicht
weigern
,
indem
wir die
subjektive
Maxime
der
Vernunft
beständig
im
Rückhalte
haben, die dem
Gegner
notwendig
fehlt
, und unter deren
Schutz
wir alle seine
Luftstreiche
mit
Ruhe
und
Gleichgültigkeit
ansehen
können
.
Auf solche
Weise
gibt
es
eigentlich
gar
keine
Antithetik
der
reinen
Vernunft
.
Denn
der
einzige
Kampfplatz
für
sie
würde
auf dem
Felde
der
reinen
Theologie
und
Psychologie
zu
suchen
sein
; dieser
Boden
aber
trägt
keinen
Kämpfer
in seiner
ganzen
Rüstung
, und mit
Waffen
, die zu
fürchten
wären
. Er kann nur mit
Spott
oder
Großsprecherei
auftreten
,
welches
als ein
Kinderspiel
belacht
werden kann. Das ist eine
tröstende
Bemerkung
, die der
Vernunft
wieder
Mut
gibt
;
denn
,
worauf
wollte
sie sich sonst
verlassen
, wenn sie, die allein alle
Irrungen
abzutun
berufen
ist, in sich selbst
zerrüttet
wäre
, ohne
Frieden
und
ruhigen
Besitz
hoffen
zu
können
?
Alles, was die
Natur
selbst
anordnet
, ist zu irgendeiner
Absicht
gut
. Selbst
Gifte
dienen
dazu,
andere
Gifte
,
welche
sich in
unseren
eigenen
Säften
erzeugen
, zu
überwältigen
, und
dürfen
daher in einer
vollständigen
Sammlung
von
Heilmitteln
(
Offizin
) nicht
fehlen
. Die
Einwürfe
, wider die
Überredungen
und den
Eigendünkel
unserer
bloß
spekulativen
Vernunft
, sind selbst durch die
Natur
dieser
Vernunft
aufgegeben
, und
müssen
also ihre
gute
Bestimmung
und
Absicht
haben, die man nicht in den
Wind
schlagen
muß
. Wozu hat uns die
Vorsehung
manche
Gegenstände
, ob sie
gleich
mit unserem
höchsten
Interesse
zusammenhängen
, so
hoch
gestellt
, daß uns fast nur
vergönnt
ist, sie in einer
undeutlichen
und von uns selbst
bezweifelten
Wahrnehmung
anzutreffen
,
dadurch
ausspähende
Blicke
mehr
gereizt
, als
befriedigt
werden, ob es
nützlich
sei
, in
Ansehung
solcher
Aussichten
dreiste
Bestimmungen
zu
wagen
, ist
wenigstens
zweifelhaft
, vielleicht
gar
schädlich
.
Allemal
aber und ohne
allen
Zweifel
ist es
nützlich
, die
forschende
sowohl, als
prüfende
Vernunft
in
völlige
Freiheit
zu
versetzen
, damit sie
ungehindert
ihr eigen
Interesse
besorgen
könne
,
welches
ebensowohl
dadurch
befördert
wird, daß sie ihren
Einsichten
Schranken
setzt
, als daß sie solche
erweitert
, und
welches
allemal
leidet
, wenn sich
fremde
Hände
einmengen
, um sie wider ihren
natürlichen
Gang
nach
erzwungenen
Absichten
zu
lenken
.
Lasset
demnach
euren
Gegner
nur
Vernunft
sagen
, und
bekämpfst
ihn
bloß
mit
Waffen
der
Vernunft
.
Übrigens
seid wegen der
guten
Sache
(des
praktischen
Interesses
)
außer
Sorgen
,
denn
die
kommt
in
bloß
spekulativem
Streite
niemals
mit
ins
Spiel
. Der
Streit
entdeckt
alsdann
nichts, als eine
gewisse
Antinomie
der
Vernunft
, die,
da
sie auf ihrer
Natur
beruht
,
notwendig
angehört
und
geprüft
werden
muß
. Er
kultiviert
dieselbe
durch
Betrachtung
ihres
Gegenstandes
auf
zweien
Seiten
, und
berichtigt
ihr
Urteil
dadurch
, daß er
solches
einschränkt
. Das, was
hierbei
streitig
wird, ist nicht die
Sache
,
sondern
der
Ton
.
Denn
es
bleibt
euch
noch genug
übrig
, um die
vor
der
schärfsten
Vernunft
gerechtfertigte
Sprache
eines
festen
Glaubens
zu
sprechen
, wenn ihr
gleich
die des
Wissens
habt
aufgeben
müssen
.
Wenn man den
kaltblütigen
, zum
Gleichgewichte
des
Urteils
eigentlich
geschaffenen
David
Hume
fragen
sollte
: was
bewog
euch
, durch
mühsam
ergrübelte
Bedenklichkeiten
, die
für
den
Menschen
so
tröstliche
und
nützliche
Überredung
, daß ihre
Vernunfteinsicht
zur
Behauptung
und zum
bestimmten
Begriff
eines
höchsten
Wesens
zulange
, zu
untergraben
? so
würde
er
antworten
: nichts, als die
Absicht
, die
Vernunft
in ihrer
Selbsterkenntnis
weiter zu
bringen
, und
zugleich
ein
gewisser
Unwille
über den
Zwang
, den man der
Vernunft
antun
will,
indem
man mit ihr
groß
tut, und sie
zugleich
hindert
, ein
freimütiges
Geständnis
ihrer
Schwächen
abzulegen
, die ihr bei der
Prüfung
ihrer selbst
offenbar
werden.
Fragt
ihr
dagegen
den, den
Grundsätzen
des
empirischen
Vernunftgebrauchs
allein
ergebenen
, und aller
transzendenten
Spekulation
abgeneigten
Priestley
, was er
für
Bewegungsgründe
gehabt
habe, unserer
Seele
Freiheit
und
Unsterblichkeit
(die
Hoffnung
des
künftigen
Lebens
ist bei
ihm
nur die
Erwartung
eines
Wunders
der
Wiedererweckung
), zwei solche
Grundpfeiler
aller
Religion
niederzureißen
, er, der selbst ein
frommer
und
eifriger
Lehrer
der
Religion
ist; so
würde
er nichts
anderes
antworten
können
, als: das
Interesse
der
Vernunft
,
welche
dadurch
verliert
, daß man
gewisse
Gegenstände
den
Gesetzen
der
materiellen
Natur
, den
einzigen
, die wir
genau
kennen
und
bestimmen
können
,
entziehen
will. Es
würde
unbillig
scheinen
, den
letzteren
, der seine
paradoxe
Behauptung
mit der
Religionsabsicht
zu
vereinigen
weiß
, zu
verschreien
, und einem
wohldenkenden
Manne
wehe
zu tun, weil er sich nicht
zurechtfinden
kann,
sobald
er sich aus dem
Felde
der
Naturlehre
verloren
hatte. Aber diese
Gunst
muß
dem nicht
minder
gut
gesinnten
und seinem
sittlichen
Charakter
nach
untadelhaften
Hume
ebensowohl
zustatten
kommen
, der seine
abgezogene
Spekulation
darum nicht
verlassen
kann, weil er mit
Recht
dafür
hält
, daß ihr
Gegenstand
ganz
außerhalb
den
Grenzen
der
Naturwissenschaft
im
Felde
reiner
Ideen
liege
.
Was ist nun
hierbei
zu tun,
vornehmlich
in
Ansehung
der
Gefahr
, die daraus dem
gemeinen
Besten
zu
drohen
scheint
? Nichts ist
natürlicher
, nichts
billiger
, als die
Entschließung
, die ihr deshalb zu
nehmen
habt.
Laßt
diese
Leute
nur
machen
; wenn sie
Talent
, wenn sie
tiefe
und
neue
Nachforschung
, mit einem
Worte
, wenn sie nur
Vernunft
zeigen
, so
gewinnt
jederzeit
die
Vernunft
. Wenn ihr
andere
Mittel
ergreift
, als die einer
zwanglosen
Vernunft
, wenn ihr über
Hochverrat
schreiet
, das
gemeine
Wesen
, das sich auf so
subtile
Bearbeitungen
gar
nicht
versteht
,
gleichsam
als zum
Feuerlöschen
zusammenruft
, so
macht
ihr
euch
lächerlich
.
Denn
es ist die
Rede
gar
nicht davon, was dem
gemeinen
Besten
hierunter
vorteilhaft
, oder
nachteilig
sei
,
sondern
nur, wie
weit
die
Vernunft
es
wohl
in ihrer von allem
Interesse
abstrahierenden
Spekulation
bringen
könne
, und ob man auf diese
überhaupt
etwas
rechnen
, oder sie
lieber
gegen das
Praktische
gar
aufgeben
müsse
.
Anstatt
also mit dem
Schwerte
drein
zu
schlagen
, so
sehet
vielmehr
von dem
sicheren
Sitze
der
Kritik
diesem
Streite
geruhig
zu, der
für
die
Kämpfenden
mühsam
,
für
euch
unterhaltend
, und bei einem
gewiß
unblutigen
Ausgange
,
für
eure
Einsichten
ersprießlich
ausfallen
muß
.
Denn
es ist sehr was
Ungereimtes
, von der
Vernunft
Aufklärung
zu
erwarten
, und ihr doch
vorher
vorzuschreiben
, auf
welche
Seite
sie
notwendig
ausfallen
müsse
.
Überdem
wird
Vernunft
schon von selbst durch
Vernunft
so
wohl
gebändigt
und in
Schranken
gehalten
, daß ihr
gar
nicht
nötig
habt,
Scharwachen
aufzubieten
, um
demjenigen
Teile
, dessen
besorgliche
Obermacht
euch
gefährlich
scheint
,
bürgerlichen
Widerstand
entgegenzusetzen
. In dieser
Dialektik
gibt
'
s
keinen
Sieg
, über den ihr
besorgt
zu
sein
Ursache
hättet
.
Auch
bedarf
die
Vernunft
gar
sehr eines
solchen
Streits
, und es
wäre
zu
wünschen
, daß er
eher
und mit
uneingeschränkter
öffentlicher
Erlaubnis
wäre
geführt
worden
.
Denn
um
desto
früher
wäre
eine
reife
Kritik
zustande
gekommen
, bei deren
Erscheinung
alle diese
Streithändel
von selbst
wegfallen
müssen
,
indem
die
Streitenden
ihre
Verblendung
und
Vorurteile
,
welche
sie
veruneinigt
haben,
einsehen
lernen
.
Es
gibt
eine
gewisse
Unlauterkeit
in der
menschlichen
Natur
, die am
Ende
doch, wie alles, was von der
Natur
kommt
, eine
Anlage
zu
guten
Zwecken
enthalten
muß
,
nämlich
eine
Neigung
, seine
wahren
Gesinnungen
zu
verhehlen
, und
gewisse
angenommene
, die man
für
gut
und
rühmlich
hält
, zur
Schau
zu
tragen
.
Ganz
gewiß
haben die
Menschen
durch diesen
Hang
, sowohl sich zu
verhehlen
, als auch einen ihnen
vorteilhaften
Schein
anzunehmen
, sich nicht
bloß
zivilisiert
,
sondern
nach und nach, in
gewisser
Maße
,
moralisiert
, weil keiner durch die
Schminke
der
Anständigkeit
,
Ehrbarkeit
und
Sittsamkeit
durchdringen
konnte, also an
vermeintlich
echten
Beispielen
des
Guten
, die er um sich
sah
, eine
Schule
der
Besserung
für
sich selbst
fand
. Allein diese
Anlage
, sich
besser
zu
stellen
, als man ist, und
Gesinnungen
zu
äußern
, die man nicht hat,
dient
nur
gleichsam
provisorisch
dazu, um den
Menschen
aus der
Rohigkeit
zu
bringen
, und
ihn
zuerst
wenigstens
die
Manier
des
Guten
, das er
kennt
,
annehmen
zu
lassen
;
denn
nachher, wenn die
echten
Grundsätze
einmal
entwickelt
und in die
Denkungsart
übergegangen
sind, so
muß
jene
Falschheit
nach und nach
kräftig
bekämpft
werden, weil sie sonst das
Herz
verdirbt
, und
gute
Gesinnungen
unter dem
Wucherkraute
des
schönen
Scheins
nicht
aufkommen
läßt
.
Es tut mir
leid
,
eben
dieselbe
Unlauterkeit
,
Verstellung
und
Heuchelei
sogar in den
Äußerungen
der
spekulativen
Denkungsart
wahrzunehmen
,
worin
doch
Menschen
, das
Geständnis
ihrer
Gedanken
billigermaßen
offen
und
unverhohlen
zu
entdecken
,
weit
weniger
Hindernisse
und
gar
keinen
Vorteil
haben.
Denn
was kann den
Einsichten
nachteiliger
sein
, als sogar
bloße
Gedanken
verfälscht
einander
mitzuteilen
,
Zweifel
, die wir wider
unsere
eigenen
Behauptungen
fühlen
, zu
verhehlen
, oder
Beweisgründen
, die uns selbst nicht
genugtun
, einen
Anstrich
von
Evidenz
zu
geben
? So
lange
indessen
bloß
die
Privateitelkeit
diese
geheimen
Ränke
anstiftet
(
welches
in
spekulativen
Urteilen
, die kein
besonderes
Interesse
haben und nicht
leicht
einer
apodiktischen
Gewißheit
fähig
sind,
gemeiniglich
der
Fall
ist), so
widersteht
denn
doch die
Eitelkeit
anderer mit
öffentlicher
Genehmigung
, und die
Sachen
kommen
zuletzt
dahin
, wo die
lauterste
Gesinnung
und
Aufrichtigkeit
, obgleich
weit
früher
, sie
hingebracht
haben
würde
. Wo aber das
gemeine
Wesen
dafür
hält
, daß
spitzfindige
Vernünftler
mit nichts
minderem
umgehen
, als die
Grundfeste
der
öffentlichen
Wohlfahrt
wankend
zu
machen
,
da
scheint
es nicht allein der
Klugheit
gemäß
,
sondern
auch
erlaubt
und
wohl
gar
rühmlich
, der
guten
Sache
eher
durch
Scheingründe
zu
Hilfe
zu
kommen
, als den
vermeintlichen
Gegnern
derselben
auch nur den
Vorteil
zu
lassen
,
unseren
Ton
zur
Mäßigung
einer
bloß
praktischen
Überzeugung
herabzustimmen
, und uns zu
nötigen
, den
Mangel
der
spekulativen
und
apodiktischen
Gewißheit
zu
gestehen
.
Indessen
sollte
ich
denken
, daß sich mit der
Absicht
, eine
gute
Sache
zu
behaupten
, in der
Welt
wohl
nichts
übler
, als
Hinterlist
,
Verstellung
und
Betrug
vereinigen
lasse
. Daß es in der
Abwiegung
der
Vernunftgründe
, einer
bloßen
Spekulation
alles
ehrlich
zugehen
müsse
, ist
wohl
das
wenigste
, was man
fordern
kann.
Könnte
man aber auch nur auf dieses Wenige
sicher
rechnen
, so
wäre
der
Streit
der
spekulativen
Vernunft
über die
wichtigen
Fragen
von
Gott
, der
Unsterblichkeit
(der
Seele
) und der
Freiheit
, entweder
längst
entschieden
, oder
würde
sehr
bald
zu
Ende
gebracht
werden. So
steht
öfters
die
Lauterkeit
der
Gesinnung
im
umgekehrten
Verhältnisse
der
Gutartigkeit
der
Sache
selbst, und diese hat vielleicht mehr
aufrichtige
und
redliche
Gegner
, als
Verteidiger
.
Ich
setze
also
Leser
voraus
, die keine
gerechte
Sache
mit
Unrecht
verteidigt
wissen
wollen
. In
Ansehung
deren ist es nun
entschieden
, daß, nach
unseren
Grundsätzen
der
Kritik
, wenn man nicht auf
dasjenige
sieht
, was
geschieht
,
sondern
was
billig
geschehen
sollte
, es
eigentlich
gar
keine
Polemik
der
reinen
Vernunft
geben
müsse
.
Denn
wie
können
zwei
Personen
einen
Streit
über eine
Sache
führen
, deren
Realität
keiner von
beiden
in einer
wirklichen
, oder auch nur
möglichen
Erfahrung
darstellen
kann, über deren
Idee
er allein
brütet
, um aus ihr etwas mehr als
Idee
,
nämlich
die
Wirklichkeit
des
Gegenstandes
selbst,
herauszubringen
? Durch
welches
Mittel
wollen
sie aus dem
Streite
herauskommen
,
da
keiner von
beiden
seine
Sache
geradezu
begreiflich
und
gewiß
machen
,
sondern
nur die seines
Gegners
angreifen
und
widerlegen
kann?
Denn
dieses ist das
Schicksal
aller
Behauptungen
der
reinen
Vernunft
: daß,
da
sie über die
Bedingungen
aller
möglichen
Erfahrung
hinausgehen
,
außerhalb
welchen
kein
Dokument
der
Wahrheit
irgendwo
angetroffen
wird, sich aber
gleichwohl
der
Verstandesgesetze
, die
bloß
zum
empirischen
Gebrauche
bestimmt
sind, ohne die sich aber kein
Schritt
im
synthetischen
Denken
tun
läßt
,
bedienen
müssen
, sie dem
Gegner
jederzeit
Blößen
geben
und sich
gegenseitig
die
Blöße
ihres
Gegners
zunutze
machen
können
.
Man kann die
Kritik
der
reinen
Vernunft
als den
wahren
Gerichtshof
für
alle
Streitigkeiten
derselben
ansehen
;
denn
sie ist in die
letzteren
, als
welche
auf
Objekte
unmittelbar
gehen
, nicht mit
verwickelt
,
sondern
ist dazu
gesetzt
, die
Rechtsame
der
Vernunft
überhaupt
nach den
Grundsätzen
ihrer
ersten
Institution
zu
bestimmen
und zu
beurteilen
.
Ohne
dieselbe
ist die
Vernunft
gleichsam
im
Stande
der
Natur
, und kann ihre
Behauptungen
und
Ansprüche
nicht anders
geltend
machen
, oder
sichern
, als durch
Krieg
. Die
Kritik
dagegen
,
welche
alle
Entscheidungen
aus den
Grundregeln
ihrer
eigenen
Einsetzung
hernimmt
, deren
Ansehen
keiner
bezweifeln
kann,
verschafft
uns die
Ruhe
eines
gesetzlichen
Zustandes
, in
welchem
wir
unsere
Streitigkeit
nicht anders
führen
sollen
, als durch
Prozeß
. Was die
Händel
in dem
ersten
Zustande
endigt
, ist ein
Sieg
, dessen sich
beide
Teile
rühmen
, auf den
mehrenteils
ein nur
unsicherer
Friede
folgt
, den die
Obrigkeit
stiftet
,
welche
sich
ins
Mittel
legt
, im
zweiten
aber die
Sentenz
, die, weil sie hier die
Quelle
der
Streitigkeiten
selbst
trifft
, einen
ewigen
Frieden
gewähren
muß
. Auch
nötigen
die
endlosen
Streitigkeiten
einer
bloß
dogmatischen
Vernunft
,
endlich
in irgendeiner
Kritik
dieser
Vernunft
selbst, und in einer
Gesetzgebung
, die sich auf sie
gründet
,
Ruhe
zu
suchen
; so wie
Hobbes
behauptet
: der
Stand
der
Natur
sei
ein
Stand
des
Unrechts
und der
Gewalttätigkeit
, und man
müsse
ihn
notwendig
verlassen
, um sich dem
gesetzlichen
Zwange
zu
unterwerfen
, der allein
unsere
Freiheit
dahin
einschränkt
, daß sie mit jedes
anderen
Freiheit
und
eben
dadurch
mit dem
gemeinen
Besten
zusammen
bestehen
könne
.
Zu dieser
Freiheit
gehört
denn
auch die, seine
Gedanken
, seine
Zweifel
, die man sich nicht selbst
auflösen
kann,
öffentlich
zur
Beurteilung
auszustellen
, ohne
darüber
für
einen
unruhigen
und
gefährlichen
Bürger
verschrieen
zu werden. Dies
liegt
schon in dem
ursprünglichen
Rechte
der
menschlichen
Vernunft
,
welche
keinen
anderen
Richter
erkennt
, als selbst
wiederum
die
allgemeine
Menschenvernunft
,
worin
ein jeder seine
Stimme
hat; und,
da
von dieser alle
Besserung
, deren unser
Zustand
fähig
ist,
herkommen
muß
, so ist ein
solches
Recht
heilig
, und
darf
nicht
geschmälert
werden. Auch ist es sehr
unweise
,
gewisse
gewagte
Behauptungen
oder
vermessene
Angriffe
auf die,
welche
schon die
Beistimmung
des
größten
und
besten
Teils
des
gemeinen
Wesens
auf ihrer
Seite
haben,
für
gefährlich
auszuschreien
:
denn
das
heißt
, ihnen eine
Wichtigkeit
geben
, die sie
gar
nicht haben
sollten
. Wenn ich
höre
, daß ein nicht
gemeiner
Kopf
die
Freiheit
des
menschlichen
Willens
, die
Hoffnung
eines
künftigen
Lebens
, und das
Dasein
Gottes
wegdemonstriert
haben
solle
, so bin ich
begierig
, das
Buch
zu
lesen
,
denn
ich
erwarte
von seinem
Talent
, daß er meine
Einsichten
weiter
bringen
werde
. Das
weiß
ich schon zum
voraus
völlig
gewiß
, daß er nichts von allem diesem wird
geleistet
haben, nicht darum, weil ich etwa schon im
Besitze
unbezwinglicher
Beweise
dieser
wichtigen
Sätze
zu
sein
glaubte
,
sondern
weil mich die
transzendentale
Kritik
, die mir den
ganzen
Vorrat
unserer
reinen
Vernunft
aufdeckte
,
völlig
überzeugt
hat, daß, so wie sie zu
bejahenden
Behauptungen
in diesem
Felde
ganz
unzulänglich
ist, so wenig und noch
weniger
werde
sie
wissen
, um über diese
Fragen
etwas
verneinend
behaupten
zu
können
.
Denn
, wo will der
angebliche
Freigeist
seine
Kenntnis
hernehmen
, daß es
z
.
B
. kein
höchstes
Wesen
gebe
? Dieser
Satz
liegt
außerhalb
dem
Felde
möglicher
Erfahrung
, und darum auch
außer
den
Grenzen
aller
menschlichen
Einsicht
. Den
dogmatischen
Verteidiger
der
guten
Sache
gegen diesen
Feind
würde
ich
gar
nicht
lesen
, weil ich zum
voraus
weiß
, daß er nur darum die
Scheingründe
des
anderen
angreifen
werde
, um seinen
eigenen
Eingang
zu
verschaffen
,
überdem
ein
alltägiger
Schein
doch nicht so viel
Stoff
zu
neuen
Bemerkungen
gibt
, als ein
befremdlicher
und
sinnreich
ausgedachter
.
Hingegen
würde
der nach seiner
Art
auch
dogmatische
Religionsgegner
, meiner
Kritik
gewünschte
Beschäftigung
und
Anlaß
zu
mehrerer
Berichtigung
ihrer
Grundsätze
geben
, ohne daß
seinetwegen
im
mindesten
etwas zu
befürchten
wäre
.
Aber die
Jugend
,
welche
dem
akademischen
Unterrichte
anvertraut
ist,
soll
doch
wenigstens
vor
dergleichen
Schriften
gewarnt
, und von der
frühen
Kenntnis
so
gefährlicher
Sätze
abgehalten
werden,
ehe
ihre
Urteilskraft
gereift
, oder
vielmehr
die
Lehre
,
welche
man in ihnen
gründen
will,
fest
gewurzelt
ist, um aller
Überredung
zum
Gegenteil
, woher sie auch
kommen
möge
,
kräftig
zu
widerstehen
?
Müßte
es bei dem
dogmatischen
Verfahren
in
Sachen
der
reinen
Vernunft
bleiben
, und die
Abfertigung
der
Gegner
eigentlich
polemisch
,
d.i.
so
beschaffen
sein
, daß man sich
ins
Gefecht
einließe
, und mit
Beweisgründen
zu
entgegengesetzten
Behauptungen
bewaffnete
, so
wäre
freilich
nichts
ratsamer
vor
der
Hand
, aber
zugleich
nichts
eitler
und
fruchtloser
auf die
Dauer
, als die
Vernunft
der
Jugend
eine
Zeitlang
unter
Vormundschaft
zu
setzen
, und
wenigstens
so
lange
vor
Verführung
zu
bewahren
. Wenn aber in der
Folge
entweder
Neugierde
, oder der
Modeton
des
Zeitalters
ihr
dergleichen
Schriften
in die
Hände
spielen
: wird
alsdann
jene
jugendliche
Überredung
noch
Stich
halten
?
Derjenige
, der nichts als
dogmatische
Waffen
mitbringt
, um den
Angriffen
seines
Gegners
zu
widerstehen
, und die
verborgene
Dialektik
, die nicht
minder
in seinem
eigenen
Busen
, als in dem des
Gegenteils
liegt
, nicht zu
entwickeln
weiß
,
sieht
Scheingründe
, die den
Vorzug
der
Neuigkeit
haben, gegen
Scheingründe
,
welche
dergleichen
nicht mehr haben,
sondern
vielmehr
den
Verdacht
einer
mißbrauchten
Leichtgläubigkeit
der
Jugend
erregen
,
auftreten
. Er
glaubt
nicht
besser
zeigen
zu
können
, daß er der
Kinderzucht
entwachsen
sei
, als wenn er sich über
jene
wohlgemeinten
Warnungen
wegsetzt
, und,
dogmatisch
gewohnt
,
trinkt
er das
Gift
, das seine
Grundsätze
dogmatisch
verdirbt
, in
langen
Zügen
in sich.
Gerade
das
Gegenteil
von dem, was man hier
anrät
,
muß
in der
akademischen
Unterweisung
geschehen
, aber
freilich
nur unter der
Voraussetzung
eines
gründlichen
Unterrichts
in der
Kritik
der
reinen
Vernunft
.
Denn
, um die
Prinzipien
derselben
so
früh
als
möglich
in
Ausübung
zu
bringen
, und ihre
Zulänglichkeit
bei dem
größten
dialektischen
Scheine
zu
zeigen
, ist es
durchaus
nötig
, die
für
den
Dogmatiker
so
furchtbaren
Angriffe
wider seine,
obzwar
noch
schwache
, aber durch
Kritik
aufgeklärte
Vernunft
zu
richten
, und
ihn
den
Versuch
machen
zu
lassen
, die
grundlosen
Behauptungen
des
Gegners
Stück
für
Stück
an
jenen
Grundsätzen
zu
prüfen
. Es kann
ihm
gar
nicht
schwer
werden, sie in
lauter
Dunst
aufzulösen
, und so
fühlt
er
frühzeitig
seine eigene
Kraft
, sich wider
dergleichen
schädliche
Blendwerke
, die
für
ihn
zuletzt
allen
Schein
verlieren
müssen
,
völlig
zu
sichern
. Ob nun zwar
eben
dieselben
Streiche
, die das
Gebäude
des
Feindes
niederschlagen
, auch seinem
eigenen
spekulativen
Bauwerke
, wenn er etwa
dergleichen
zu
errichten
gedächte
,
ebenso
verderblich
sein
müssen
: so ist er
darüber
doch
gänzlich
unbekümmert
,
indem
er es
gar
nicht
bedarf
,
darinnen
zu
wohnen
,
sondern
noch eine
Aussicht
in das
praktische
Feld
vor
sich hat, wo er mit
Grund
einen
festeren
Boden
hoffen
kann, um darauf
sein
vernünftiges
und
heilsames
System
zu
errichten
.
So
gibts
demnach
keine
eigentliche
Polemik
im
Felde
der
reinen
Vernunft
.
Beide
Teile
sind
Luftfechter
, die sich mit ihrem
Schatten
herumbalgen
,
denn
sie
gehen
über die
Natur
hinaus, wo
für
ihre
dogmatischen
Griffe
nichts
vorhanden
ist, was sich
fassen
und
halten
ließe
. Sie haben
gut
kämpfen
; die
Schatten
, die sie
zerhauen
,
wachsen
, wie die
Helden
in
Walhalla
, in einem
Augenblicke
wiederum
zusammen
, um sich aufs
neue
in
unblutigen
Kämpfen
belustigen
zu
können
.
Es
gibt
aber auch
keinen
zulässigen
skeptischen
Gebrauch
der
reinen
Vernunft
,
welchen
man den
Grundsatz
der
Neutralität
bei
allen
ihren
Streitigkeiten
nennen
könnte
. Die
Vernunft
wider sich selbst zu
verhetzen
, ihr auf
beiden
Seiten
Waffen
zu
reichen
, und
alsdann
ihrem
hitzigsten
Gefechte
ruhig
und
spöttisch
zuzusehen
,
sieht
aus einem
dogmatischen
Gesichtspunkte
nicht
wohl
aus,
sondern
hat das
Ansehen
einer
schadenfrohen
und
hämischen
Gemütsart
an sich. Wenn man
indessen
die
unbezwingliche
Verblendung
und das
Großtun
der
Vernünftler
, die sich durch keine
Kritik
will
mäßigen
lassen
,
ansieht
, so ist doch
wirklich
kein anderer
Rat
, als der
Großsprecherei
auf einer
Seite
, eine
andere
,
welche
auf
eben
dieselben
Rechte
fußt
,
entgegen
zu
setzen
, damit die
Vernunft
durch den
Widerstand
eines
Feindes
wenigstens
nur
stutzig
gemacht
werde
, um in ihre
Anmaßungen
einigen
Zweifel
zu
setzen
, und der
Kritik
Gehör
zu
geben
. Allein es bei diesen
Zweifeln
gänzlich
bewenden
zu
lassen
, und es darauf
auszusetzen
, die
Überzeugung
und das
Geständnis
seiner
Unwissenheit
, nicht
bloß
als ein
Heilmittel
wider den
dogmatischen
Eigendünkel
,
sondern
zugleich
als die
Art
, den
Streit
der
Vernunft
mit sich selbst zu
beendigen
,
empfehlen
zu
wollen
, ist ein
ganz
vergeblicher
Anschlag
, und kann
keineswegs
dazu
tauglich
sein
, der
Vernunft
einen
Ruhestand
zu
verschaffen
,
sondern
ist
höchstens
nur ein
Mittel
, sie aus ihrem
süßen
dogmatischen
Traume
zu
erwecken
, um ihren
Zustand
in
sorgfältigere
Prüfung
zu
ziehen
.
Da
indessen
diese
skeptische
Manier
, sich aus einem
verdrießlichen
Handel
der
Vernunft
zu
ziehen
,
gleichsam
der
kurze
Weg
zu
sein
scheint
, zu einer
beharrlichen
philosophischen
Ruhe
zu
gelangen
,
wenigstens
die
Heeresstraße
,
welche
diejenigen
gern
einschlagen
, die sich in einer
spöttischen
Verachtung
aller
Nachforschungen
dieser
Art
ein
philosophisches
Ansehen
zu
geben
meinen, so
finde
ich es
nötig
, diese
Denkungsart
in ihrem
eigentümlichen
Lichte
darzustellen
.
Von der
Unmöglichkeit
einer
skeptischen
Befriedigung
der mit sich selbst
veruneinigten
reinen
Vernunft
Das
Bewußtsein
meiner
Unwissenheit
, (wenn diese nicht
zugleich
als
notwendig
erkannt
wird,) statt daß sie meine
Untersuchungen
endigen
sollte
, ist
vielmehr
die
eigentliche
Ursache
, sie zu
erwecken
. Alle
Unwissenheit
ist entweder die der
Sachen
, oder der
Bestimmung
und
Grenzen
meiner
Erkenntnis
. Wenn die
Unwissenheit
nun
zufällig
ist, so
muß
sie mich
antreiben
, im
ersteren
Falle
den
Sachen
(
Gegenständen
)
dogmatisch
, im
zweiten
den
Grenzen
meiner
möglichen
Erkenntnis
kritisch
nachzuforschen
. Daß aber meine
Unwissenheit
schlechthin
notwendig
sei
, und mich daher von aller
weiteren
Nachforschung
freispreche
,
läßt
sich nicht
empirisch
, aus
Beobachtung
,
sondern
allein
kritisch
, durch
Ergründung
der
ersten
Quellen
unserer
Erkenntnis
ausmachen
. Also kann die
Grenzbestimmung
unserer
Vernunft
nur nach
Gründen
a
priori
geschehen
; die
Einschränkung
derselben
aber,
welche
eine obgleich nur
unbestimmte
Erkenntnis
einer
nie
völlig
zu
hebenden
Unwissenheit
ist, kann auch
a
posteriori
, durch das, was uns bei allem
Wissen
immer noch zu
wissen
übrigbleibt
,
erkannt
werden.
Jene
durch
Kritik
der
Vernunft
selbst allein
mögliche
Erkenntnis
seiner
Unwissenheit
ist also
Wissenschaft
, diese ist nichts als
Wahrnehmung
, von der man nicht
sagen
kann, wie
weit
der
Schluß
aus
selbiger
reichen
möge
. Wenn ich mir die
Erdfläche
(dem
sinnlichen
Scheine
gemäß
) als einen
Teller
vorstelle
, so kann ich nicht
wissen
, wie
weit
sie sich
erstrecke
. Aber das
lehrt
mich die
Erfahrung
: daß,
wohin
ich nur
komme
, ich immer einen
Raum
um mich
sehe
,
dahin
ich weiter
fortgehen
könnte
;
mithin
erkenne
ich
Schranken
meiner
jedesmal
wirklichen
Erdkunde
, aber nicht die
Grenzen
aller
möglichen
Erdbeschreibung
. Bin ich aber doch so
weit
gekommen
, zu
wissen
, daß die
Erde
eine
Kugel
und ihre
Fläche
eine
Kugelfläche
sei
, so kann ich auch aus einem
kleinen
Teil
derselben
,
z
.
B
. der
Größe
eines
Grades
, den
Durchmesser
, und, durch diesen, die
völlige
Begrenzung
der
Erde
,
d.i.
ihre
Oberfläche
,
bestimmt
und nach
Prinzipien
a
priori
erkennen
; und ob ich
gleich
in
Ansehung
der
Gegenstände
, die diese
Fläche
enthalten
mag
,
unwissend
bin, so bin ich es doch nicht in
Ansehung
des
Umfanges
, der sie
enthält
, der
Größe
und
Schranken
derselben
.
Der
Inbegriff
aller
möglichen
Gegenstände
für
unsere
Erkenntnis
scheint
uns eine
ebene
Fläche
zu
sein
, die ihren
scheinbaren
Horizont
hat,
nämlich
das, was den
ganzen
Umfang
derselben
befaßt
und von uns der
Vernunftbegriff
der
unbedingten
Totalität
genannt
worden
.
Empirisch
denselben
zu
erreichen
, ist
unmöglich
, und nach einem
gewissen
Prinzip
ihn
a
priori
zu
bestimmen
, dazu sind alle
Versuche
vergeblich
gewesen
.
Indessen
gehen
doch alle
Fragen
unserer
reinen
Vernunft
auf das, was
außerhalb
diesem
Horizonte
, oder
allenfalls
auch in seiner
Grenzlinie
liegen
möge
.
Der
berühmte
David
Hume
war einer dieser
Geographen
der
menschlichen
Vernunft
,
welcher
jene
Fragen
insgesamt
dadurch
hinreichend
abgefertigt
zu haben
vermeinte
, daß er sie
außerhalb
den
Horizont
derselben
verwies
, den er doch nicht
bestimmen
konnte. Er
hielt
sich
vornehmlich
bei dem
Grundsatze
der
Kausalität
auf, und
bemerkte
von
ihm
ganz
richtig, daß man seine
Wahrheit
(ja nicht
einmal
die
objektive
Gültigkeit
des
Begriffs
einer
wirkenden
Ursache
überhaupt
) auf
gar
keine
Einsicht
,
d.i.
Erkenntnis
a
priori
,
fuße
, daß daher auch nicht im
mindesten
die
Notwendigkeit
dieses
Gesetzes
,
sondern
eine
bloße
allgemeine
Brauchbarkeit
desselben
in dem
Laufe
der
Erfahrung
und eine daher
entspringende
subjektive
Notwendigkeit
, die er
Gewohnheit
nennt
,
sein
ganzes
Ansehen
ausmache
. Aus dem
Unvermögen
unserer
Vernunft
nun, von diesem
Grundsatze
einen über alle
Erfahrung
hinausgehenden
Gebrauch
zu
machen
,
schloß
er die
Nichtigkeit
aller
Anmaßungen
der
Vernunft
überhaupt
über das
Empirische
hinauszugehen
.
Man kann ein
Verfahren
dieser
Art
, die
Fakta
der
Vernunft
der
Prüfung
und nach
Befinden
dem
Tadel
zu
unterwerfen
, die
Zensur
der
Vernunft
nennen
. Es ist
außer
Zweifel
, daß diese
Zensur
unausbleiblich
auf
Zweifel
gegen
allen
transzendenten
Gebrauch
der
Grundsätze
führe
. Allein dies ist nur der
zweite
Schritt
, der noch
lange
nicht das
Werk
vollendet
. Der
erste
Schritt
in
Sachen
der
reinen
Vernunft
, der das
Kindesalter
derselben
auszeichnet
ist
dogmatisch
. Der
obengenannte
zweite
Schritt
ist
skeptisch
, und
zeugt
von
Vorsichtigkeit
der durch
Erfahrung
gewitzigten
Urteilskraft
. Nun ist aber noch ein
dritter
Schritt
nötig
, der nur der
gereiften
und
männlichen
Urteilskraft
zukommt
,
welche
feste
und ihrer
Allgemeinheit
nach
bewährte
Maximen
zum
Grunde
hat;
nämlich
, nicht die
Fakta
der
Vernunft
,
sondern
die
Vernunft
selbst, nach ihrem
ganzen
Vermögen
und
Tauglichkeit
zu
reinen
Erkenntnissen
a
priori
, der
Schätzung
zu
unterwerfen
;
welches
nicht die
Zensur
,
sondern
Kritik
der
Vernunft
ist,
wodurch
nicht
bloß
Schranken
,
sondern
die
bestimmten
Grenzen
derselben
, nicht
bloß
Unwissenheit
an einem oder
anderen
Teil
,
sondern
in
Ansehung
aller
möglichen
Fragen
von einer
gewissen
Art
, und zwar nicht etwa nur
vermutet
,
sondern
aus
Prinzipien
bewiesen
wird. So ist der
Skeptizismus
ein
Ruheplatz
für
die
menschliche
Vernunft
,
da
sie sich über ihre
dogmatische
Wanderung
besinnen
und den
Entwurf
von der
Gegend
machen
kann, wo sie sich
befindet
, um ihren
Weg
fernerhin
mit
mehrerer
Sicherheit
wählen
zu
können
, aber nicht ein
Wohnplatz
zum
beständigen
Aufenthalte
;
denn
dieser kann nur in einer
völligen
Gewißheit
angetroffen
werden, es
sei
nun der
Erkenntnis
der
Gegenstände
selbst, oder der
Grenzen
,
innerhalb
denen alle
unsere
Erkenntnis
von
Gegenständen
eingeschlossen
ist.
Unsere
Vernunft
ist nicht etwa eine
unbestimmbar
weit
ausgebreitete
Ebene
, deren
Schranken
man nur so
überhaupt
erkennt
,
sondern
muß
vielmehr
mit einer
Sphäre
verglichen
werden, deren
Halbmesser
sich aus der
Krümmung
des
Bogens
auf ihrer
Oberfläche
(der
Natur
synthetischer
Sätze
a
priori
)
finden
, daraus aber auch der
Inhalt
und die
Begrenzung
derselben
mit
Sicherheit
angeben
läßt
.
Außer
dieser
Sphäre
(
Feld
der
Erfahrung
) ist nichts
für
ihr
Objekt
, ja selbst
Fragen
über
dergleichen
vermeintliche
Gegenstände
betreffen
nur
subjektive
Prinzipien
einer
durchgängigen
Bestimmung
der
Verhältnisse
,
welche
unter den
Verstandesbegriffen
innerhalb
dieser
Sphäre
vorkommen
können
.
Wir sind
wirklich
im
Besitz
synthetischer
Erkenntnis
a
priori
, wie dieses die
Verstandesgrundsätze
,
welche
die
Erfahrung
antizipieren
,
dartun
. Kann
jemand
nun die
Möglichkeit
derselben
sich
gar
nicht
begreiflich
machen
, so
mag
er zwar
anfangs
zweifeln
, ob sie uns auch
wirklich
a
priori
beiwohnen
; er kann dieses aber noch nicht
für
eine
Unmöglichkeit
derselben
, durch
bloße
Kräfte
des
Verstandes
, und alle
Schritte
, die die
Vernunft
nach der
Richtschnur
derselben
tut,
für
nichtig
ausgeben
. Er kann nur
sagen
: wenn wir ihren
Ursprung
und
Echtheit
einsähen
, so
würden
wir den
Umfang
und die
Grenzen
unserer
Vernunft
bestimmen
können
;
ehe
aber dieses
geschehen
ist, sind alle
Behauptungen
der
letzten
blindlings
gewagt
. Und auf solche
Weise
wäre
ein
durchgängiger
Zweifel
an aller
dogmatischen
Philosophie
, die ohne
Kritik
der
Vernunft
selbst ihren
Gang
geht
,
ganz
wohl
gegründet
; allein darum
könnte
doch der
Vernunft
nicht ein
solcher
Fortgang
, wenn er durch
bessere
Grundlegung
vorbereitet
und
gesichert
würde
,
gänzlich
abgesprochen
werden.
Denn
,
einmal
liegen
alle
Begriffe
, ja alle
Fragen
,
welche
uns die
reine
Vernunft
vorlegt
, nicht etwa in der
Erfahrung
,
sondern
selbst
wiederum
nur in der
Vernunft
, und
müssen
daher
können
aufgelöst
und ihrer
Gültigkeit
oder
Nichtigkeit
nach
begriffen
werden. Wir sind auch nicht
berechtigt
, diese
Aufgaben
, als
läge
ihre
Auflösung
wirklich
in der
Natur
der
Dinge
, doch unter dem
Vorwande
unseres
Unvermögens
abzuweisen
, und uns ihrer
weiteren
Nachforschung
zu
weigern
,
da
die
Vernunft
in ihrem
Schoße
allein diese
Ideen
selbst
erzeugt
hat, von deren
Gültigkeit
oder
dialektischem
Scheine
sie also
Rechenschaft
zu
geben
gehalten
ist.
Alles
skeptische
Polemisieren
ist
eigentlich
nur wider den
Dogmatiker
gekehrt
, der, ohne ein
Mißtrauen
auf seine
ursprünglichen
objektiven
Prinzipien
zu
setzen
,
d.i.
ohne
Kritik
,
gravitätisch
seinen
Gang
fortsetzt
,
bloß
um
ihm
das
Konzept
zu
verrücken
und
ihn
zur
Selbsterkenntnis
zu
bringen
. An sich
macht
sie in
Ansehung
dessen, was wir
wissen
und was wir
dagegen
nicht
wissen
können
,
ganz
und
gar
nichts aus. Alle
fehlgeschlagenen
dogmatischen
Versuche
der
Vernunft
sind
Fakta
, die der
Zensur
zu
unterwerfen
immer
nützlich
ist. Dieses aber kann nichts über die
Erwartungen
der
Vernunft
entscheiden
, einen
besseren
Erfolg
ihrer
künftigen
Bemühungen
zu
hoffen
und darauf
Ansprüche
zu
machen
; die
bloße
Zensur
kann also die
Streitigkeit
über die
Rechtsame
der
menschlichen
Vernunft
niemals
zu
Ende
bringen
.
Da
Hume
vielleicht der
geistreichste
unter
allen
Skeptikern
, und ohne
Widerrede
der
vorzüglichste
in
Ansehung
des
Einflusses
ist, den das
skeptische
Verfahren
auf die
Erweckung
einer
gründlichen
Vernunftprüfung
haben kann, so
verlohnt
es sich
wohl
der
Mühe
, den
Gang
seiner
Schlüsse
und die
Verirrungen
eines so
einsehenden
und
schätzbaren
Mannes
, die doch auf der
Spur
der
Wahrheit
angefangen
haben, so
weit
es zu meiner
Absicht
schicklich
ist,
vorstellig
zu
machen
.
Hume
hatte es vielleicht in
Gedanken
,
wiewohl
er es
niemals
völlig
entwickelte
, daß wir in
Urteilen
von
gewisser
Art
, über
unseren
Begriff
vom
Gegenstande
hinausgehen
. Ich habe diese
Art
von
Urteilen
synthetisch
genannt
. Wie ich aus
meinem
Begriffe
, den ich bis
dahin
habe,
vermittelst
der
Erfahrung
hinausgehen
könne
, ist keiner
Bedenklichkeit
unterworfen
.
Erfahrung
ist selbst eine solche
Synthesis
der
Wahrnehmungen
,
welche
meinen
Begriff
, den ich
vermittelst
einer
Wahrnehmung
habe, durch
andere
hinzukommende
vermehrt
. Allein wir
glauben
auch
a
priori
aus unserem
Begriffe
hinausgehen
und
unsere
Erkenntnis
erweitern
zu
können
. Dieses
versuchen
wir entweder durch den
reinen
Verstand
, in
Ansehung
desjenigen
, was
wenigstens
ein
Objekt
der
Erfahrung
sein
kann, oder sogar durch
reine
Vernunft
, in
Ansehung
solcher
Eigenschaften
der
Dinge
, oder auch
wohl
des
Daseins
solcher
Gegenstände
, die in der
Erfahrung
niemals
vorkommen
können
. Unser
Skeptiker
unterschied
diese
beiden
Arten
der
Urteile
nicht, wie er es doch hätte tun
sollen
, und
hielt
geradezu
diese
Vermehrung
der
Begriffe
aus sich selbst, und,
sozusagen
, die
Selbstgebärung
unseres
Verstandes
(
samt
der
Vernunft
), ohne durch
Erfahrung
geschwängert
zu
sein
,
für
unmöglich
,
mithin
alle
vermeintlichen
Prinzipien
derselben
a
priori
für
eingebildet
, und
fand
, daß sie nichts als eine aus
Erfahrung
und deren
Gesetzen
entspringende
Gewohnheit
,
mithin
bloß
empirische
d.i.
an sich
zufällige
Regeln
sind, denen wir eine
vermeinte
Notwendigkeit
und
Allgemeinheit
beimessen
. Er
bezog
sich aber zu
Behauptung
dieses
befremdlichen
Satzes
auf den
allgemein
anerkannten
Grundsatz
von dem
Verhältnis
der
Ursache
zur
Wirkung
.
Denn
da
uns kein
Verstandesvermögen
von dem
Begriffe
eines
Dinges
zu dem
Dasein
von etwas
anderem
, was
dadurch
allgemein
und
notwendig
gegeben
sei
,
führen
kann: so
glaubte
er daraus
folgern
zu
können
, daß wir ohne
Erfahrung
nichts haben, was
unseren
Begriff
vermehren
und uns zu einem
solchen
a
priori
sich selbst
erweiternden
Urteile
berechtigen
könnte
. Daß das
Sonnenlicht
,
welches
das
Wachs
beleuchtet
, es
zugleich
schmelze
,
indessen
es den
Ton
härtet
,
könne
kein
Verstand
aus
Begriffen
, die wir
vorher
von diesen
Dingen
hatten,
erraten
, viel
weniger
gesetzmäßig
schließen
, und nur
Erfahrung
könne
uns ein
solches
Gesetz
lehren
.
Dagegen
haben wir in der
transzendentalen
Logik
gesehen
: daß, ob wir zwar
niemals
unmittelbar
über den
Inhalt
des
Begriffs
, der uns
gegeben
ist,
hinausgehen
können
, wir doch
völlig
a
priori
, aber in
Beziehung
auf ein
drittes
,
nämlich
mögliche
Erfahrung
, also doch
a
priori
, das
Gesetz
der
Verknüpfung
mit
anderen
Dingen
erkennen
können
. Wenn also
vorher
fest
gewesenes
Wachs
schmilzt
, so kann ich
a
priori
erkennen
, daß etwas
vorausgegangen
sein
müsse
, (
z
.
B
.
Sonnenwärme
,)
worauf
dieses nach einem
beständigen
Gesetze
gefolgt
ist, ob ich zwar, ohne
Erfahrung
, aus der
Wirkung
weder die
Ursache
noch aus der
Ursache
, die
Wirkung
,
a
priori
und ohne
Belehrung
der
Erfahrung
bestimmt
erkennen
könnte
. Er
schloß
also
fälschlich
aus der
Zufälligkeit
unserer
Bestimmung
nach dem
Gesetze
, auf die
Zufälligkeit
des
Gesetzes
selbst, und das
Herausgehen
aus dem
Begriffe
eines
Dinges
auf
mögliche
Erfahrung
(
welches
a
priori
geschieht
und die
objektive
Realität
desselben
ausmacht
,)
verwechselte
er mit der
Synthesis
der
Gegenstände
wirklicher
Erfahrung
,
welche
freilich
jederzeit
empirisch
ist;
dadurch
machte
er aber aus einem
Prinzip
der
Affinität
,
welches
im
Verstande
seinen
Sitz
hat, und
notwendige
Verknüpfung
aussagt
, eine
Regel
der
Assoziation
, die
bloß
in der
nachbildenden
Einbildungskraft
angetroffen
wird, und nur
zufällige
,
gar
nicht
objektive
Verbindungen
darstellen
kann.
Die
skeptischen
Verirrungen
aber dieses sonst
äußerst
scharfsinnigen
Mannes
entsprangen
vornehmlich
aus einem
Mangel
, den er doch mit
allen
Dogmatikern
gemein
hatte
nämlich
, daß er nicht alle
Arten
der
Synthesis
des
Verstandes
a
priori
systematisch
übersah
.
Denn
da
würde
er, ohne der
übrigen
hier
Erwähnung
zu tun,
z
.
B
. den
Grundsatz
der
Beharrlichkeit
als einen
solchen
gefunden
haben, der
ebensowohl
, als der der
Kausalität
, die
Erfahrung
antizipiert
.
Dadurch
würde
er auch dem
a
priori
sich
erweiternden
Verstande
und der
reinen
Vernunft
bestimmte
Grenzen
haben
vorzeichnen
können
.
Da
er aber
unseren
Verstand
nur
einschränkt
, ohne
ihn
zu
begrenzen
, und, zwar ein
allgemeines
Mißtrauen
, aber keine
bestimmte
Kenntnis
der uns
unvermeidlichen
Unwissenheit
zustande
bringt
,
da
er einige
Grundsätze
des
Verstandes
unter
Zensur
bringt
, ohne diesen
Verstand
in
Ansehung
seines
ganzen
Vermögens
auf die
Probierwage
der
Kritik
zu
bringen
, und,
indem
er
ihm
dasjenige
abspricht
, was er
wirklich
nicht
leisten
kann, weiter
geht
, und
ihm
alles
Vermögen
, sich
a
priori
zu
erweitern
,
bestreitet
,
unerachtet
er dieses
ganze
Vermögen
nicht zur
Schätzung
gezogen
; so
widerfährt
ihm
das, was
jederzeit
den
Skeptizismus
niederschlägt
,
nämlich
, daß er selbst
bezweifelt
wird,
indem
seine
Einwürfe
nur auf
Faktis
,
welche
zufällig
sind, nicht aber auf
Prinzipien
beruhen
, die eine
notwendige
Entsagung
auf das
Recht
dogmatischer
Behauptungen
bewirken
könnten
.
Da
er auch zwischen den
gegründeten
Ansprüchen
des
Verstandes
und den
dialektischen
Anmaßungen
der
Vernunft
, wider
welche
doch
hauptsächlich
seine
Angriffe
gerichtet
sind,
keinen
Unterschied
kennt
: so
fühlt
die
Vernunft
, deren
ganz
eigentümlicher
Schwung
hierbei
nicht im
mindesten
gestört
,
sondern
nur
gehindert
worden
, den
Raum
zu ihrer
Ausbreitung
nicht
verschlossen
, und kann von ihren
Versuchen
,
unerachtet
sie hier oder
da
gezwackt
wird,
niemals
gänzlich
abgebracht
werden.
Denn
wider
Angriffe
rüstet
man sich zur
Gegenwehr
, und
setzt
noch um
desto
steifer
seinen
Kopf
darauf, um seine
Forderungen
durchzusetzen
. Ein
völliger
Überschlag
aber seines
ganzen
Vermögens
und die daraus
entspringende
Überzeugung
der
Gewißheit
eines
kleinen
Besitzes
, bei der
Eitelkeit
höherer
Ansprüche
,
hebt
allen
Streit
auf, und
bewegt
, sich an einem
eingeschränkten
, aber
unstrittigen
Eigentume
friedfertig
zu
begnügen
.
Wider den
unkritischen
Dogmatiker
, der die
Sphäre
seines
Verstandes
nicht
gemessen
,
mithin
die
Grenzen
seiner
möglichen
Erkenntnis
nicht nach
Prinzipien
bestimmt
hat, der also nicht schon zum
voraus
weiß
, wie viel er kann,
sondern
es durch
bloße
Versuche
ausfindig
zu
machen
denkt
, sind diese
skeptischen
Angriffe
nicht allein
gefährlich
,
sondern
ihm
sogar
verderblich
.
Denn
, wenn er auf einer
einzigen
Behauptung
betroffen
wird, die er nicht
rechtfertigen
, deren
Schein
er aber auch nicht aus
Prinzipien
entwickeln
kann, so
fällt
der
Verdacht
auf alle, so
überredend
sie auch sonst immer
sein
mögen
.
Und so ist der
Skeptiker
der
Zuchtmeister
des
dogmatischen
Vernünftlers
auf eine
gesunde
Kritik
des
Verstandes
und der
Vernunft
selbst. Wenn er
dahin
gelangt
ist, so hat er weiter keine
Anfechtung
zu
fürchten
;
denn
er
unterscheidet
alsdann
seinen
Besitz
von dem, was
gänzlich
außerhalb
demselben
liegt
,
worauf
er keine
Ansprüche
macht
und
darüber
auch nicht in
Streitigkeiten
verwickelt
werden kann. So ist das
skeptische
Verfahren
zwar an sich selbst
für
die
Vernunftfragen
nicht
befriedigend
, aber doch
vorübend
, um ihre
Vorsichtigkeit
zu
erwecken
und auf
gründliche
Mittel
zu
weisen
, die sie in ihren
rechtmäßigen
Besitzen
sichern
können
.
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