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Immanuel Kant
Kritik der reinen Vernunft
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II. Transzendentale Methodenlehre
Zweites Hauptstück Der Kanon der reinen Vernunft
Erster Abschnitt Von dem letzten Zwecke des reinen Gebrauchs unserer Vernunft
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Erster
Abschnitt
Von dem
letzten
Zwecke
des
reinen
Gebrauchs
unserer
Vernunft
Die
Vernunft
wird durch einen
Hang
ihrer
Natur
getrieben
, über den
Erfahrungsgebrauch
hinauszugehen
, sich in einem
reinen
Gebrauche
und
vermittelst
bloßer
Ideen
zu den
äußersten
Grenzen
aller
Erkenntnis
hinaus zu
wagen
, und nur
allererst
in der
Vollendung
ihres
Kreises
, in einem
für
sich
bestehenden
systematischen
Ganzen
,
Ruhe
zu
finden
. Ist nun diese
Bestrebung
bloß
auf ihr
spekulatives
, oder
vielmehr
einzig
und allein auf ihr
praktisches
Interesse
gegründet
?
Ich will das
Glück
,
welches
die
reine
Vernunft
in
spekulativer
Absicht
macht
, jetzt
beiseite
setzen
, und
frage
nur nach den
Aufgaben
, deren
Auflösung
ihren
letzten
Zweck
ausmacht
, sie
mag
diesen nun
erreichen
oder nicht, und in
Ansehung
dessen alle
anderen
bloß
den
Wert
der
Mittel
haben. Diese
höchsten
Zwecke
werden, nach der
Natur
der
Vernunft
,
wiederum
Einheit
haben
müssen
, um
dasjenige
Interesse
der
Menschheit
,
welches
keinem
höheren
untergeordnet
ist,
vereinigt
zu
befördern
.
Die
Endabsicht
,
worauf
die
Spekulation
der
Vernunft
im
transzendentalen
Gebrauche
zuletzt
hinausläuft
,
betrifft
drei
Gegenstände
: die
Freiheit
des
Willens
, die
Unsterblichkeit
der
Seele
, und das
Dasein
Gottes
. In
Ansehung
aller drei ist das
bloß
spekulative
Interesse
der
Vernunft
nur sehr
gering
, und in
Absicht
auf
dasselbe
würde
wohl
schwerlich
eine
ermüdende
, mit
unaufhörlichen
Hindernissen
ringende
Arbeit
transz
.
Nachforschung
übernommen
werden, weil man von
allen
Entdeckungen
, die
hierüber
zu
machen
sein
möchten
, doch
keinen
Gebrauch
machen
kann, der in
concreto
,
d.i.
in der
Naturforschung
, seinen
Nutzen
bewiese
. Der
Wille
mag
auch
frei
sein
, so kann dieses doch nur die
intelligible
Ursache
unseres
Wollens
angehen
.
Denn
, was die
Phänomene
der
Äußerungen
desselben
,
d.i.
die
Handlungen
betrifft
, so
müssen
wir, nach einer
unverletzlichen
Grundmaxime
, ohne
welche
wir keine
Vernunft
im
empirischen
Gebrauche
ausüben
können
, sie
niemals
anders als alle
übrigen
Erscheinungen
der
Natur
,
nämlich
nach
unwandelbaren
Gesetzen
derselben
,
erklären
. Es
mag
zweitens
auch die
geistige
Natur
der
Seele
(und mit
derselben
ihre
Unsterblichkeit
)
eingesehen
werden
können
, so kann darauf doch, weder in
Ansehung
der
Erscheinungen
dieses
Lebens
, als einen
Erklärungsgrund
, noch auf die
besondere
Beschaffenheit
des
künftigen
Zustandes
Rechnung
gemacht
werden, weil unser
Begriff
einer
unkörperlichen
Natur
bloß
negativ
ist, und
unsere
Erkenntnis
nicht im
mindesten
erweitert
, noch
einigen
tauglichen
Stoff
zu
Folgerungen
darbietet
, als etwa zu
solchen
, die nur
für
Erdichtungen
gelten
können
, die aber von der
Philosophie
nicht
gestattet
werden. Wenn auch
drittens
das
Dasein
einer
höchsten
Intelligenz
bewiesen
wäre
: so
würden
wir uns zwar daraus das
Zweckmäßige
in der
Welteinrichtung
und
Ordnung
in
allgemeinen
begreiflich
machen
,
keineswegs
aber
befugt
sein
, irgendeine
besondere
Anstalt
und
Ordnung
daraus
abzuleiten
, oder, wo sie nicht
wahrgenommen
wird, darauf
kühnlich
zu
schließen
,
indem
es eine
notwendige
Regel
des
spekulativen
Gebrauchs
der
Vernunft
ist,
Naturursachen
nicht
vorbeizugehen
, und das,
wovon
wir uns durch
Erfahrung
belehren
können
,
aufzugeben
, um etwas, was wir
kennen
, von
demjenigen
abzuleiten
, was alle
unsere
Kenntnis
gänzlich
übersteigt
. Mit einem
Worte
, diese drei
Sätze
bleiben
für
die
spekulative
Vernunft
jederzeit
transzendent
, und haben
gar
keinen
immanenten
,
d.i.
für
Gegenstände
der
Erfahrung
zulässigen
,
mithin
für
uns auf einige
Art
nützlichen
Gebrauch
,
sondern
sind an sich
betrachtet
ganz
müßige
und dabei noch
äußert
schwere
Anstrengungen
unserer
Vernunft
.
Wenn
demnach
diese drei
Kardinalsätze
uns zum
Wissen
gar
nicht
nötig
sind, und uns
gleichwohl
durch
unsere
Vernunft
dringend
empfohlen
werden; so wird ihre
Wichtigkeit
wohl
eigentlich
nur das
Praktische
angehen
müssen
.
Praktisch
ist alles, was durch
Freiheit
möglich
ist. Wenn die
Bedingungen
der
Ausübung
unserer
freien
Willkür
aber
empirisch
sind, so kann die
Vernunft
dabei
keinen
anderen
als
regulativen
Gebrauch
haben, und nur die
Einheit
empirischer
Gesetze
zu
bewirken
dienen
, wie
z
.
B
. in der
Lehre
der
Klugheit
die
Vereinigung
aller
Zwecke
, die uns von
unseren
Neigungen
aufgegeben
sind, in den
einigen
, die
Glückseligkeit
, und die
Zusammenstimmung
der
Mittel
, um dazu zu
gelangen
, das
ganze
Geschäft
der
Vernunft
ausmacht
, die um
deswillen
keine
anderen
als
pragmatische
Gesetze
des
freien
Verhaltens
, zu
Erreichung
der uns von den
Sinnen
empfohlenen
Zwecke
, und also keine
reinen
Gesetze
,
völlig
a
priori
bestimmt
,
liefern
kann.
Dagegen
würden
reine
praktische
Gesetze
, deren
Zweck
durch die
Vernunft
völlig
a
priori
gegeben
ist, und die nicht
empirisch
bedingt
,
sondern
schlechthin
gebieten
,
Produkte
der
reinen
Vernunft
sein
.
Dergleichen
aber sind die
moralischen
Gesetze
,
mithin
gehören
diese allein zum
praktischen
Gebrauche
der
reinen
Vernunft
, und
erlauben
einen
Kanon
.
Die
ganze
Zurüstung
also der
Vernunft
, in der
Bearbeitung
, die man
reine
Philosophie
nennen
kann, ist in der
Tat
nur auf die drei
gedachten
Probleme
gerichtet
. Diese
selber
aber haben
wiederum
ihre
entferntere
Absicht
,
nämlich
, was zu tun
sei
, wenn der
Wille
frei
, wenn ein
Gott
und eine
künftige
Welt
ist.
Da
dieses nun unser
Verhalten
in
Beziehung
auf den
höchsten
Zweck
betrifft
, so ist die
letzte
Absicht
der
weislich
uns
versorgenden
Natur
, bei der
Einrichtung
unserer
Vernunft
,
eigentlich
nur aufs
Moralische
gestellt
.
Es ist aber
Behutsamkeit
nötig
, um,
da
wir unser
Augenmerk
auf einen
Gegenstand
werfen
, der der
transzendentalen
Philosophie
fremd
72
ist, nicht in
Episoden
auszuschweifen
und die
Einheit
des
Systems
zu
verletzen
,
andererseits
auch, um,
indem
man von seinem
neuen
Stoffe
zu wenig
sagt
, es an
Deutlichkeit
oder
Überzeugung
nicht
fehlen
zu
lassen
. Ich
hoffe
beides
dadurch
zu
leisten
, daß ich mich so
nahe
als
möglich
am
Transzendentalen
halte
und das, was etwa
hierbei
psychologisch
,
d
.
h
.
empirisch
sein
möchte
,
gänzlich
beiseite
setze
.
Und
da
ist
denn
zuerst
anzumerken
, daß ich mich
vorjetzt
des
Begriffs
der
Freiheit
nur im
praktischen
Verstande
bedienen
werde
, und den in
transzendentaler
Bedeutung
,
welcher
nicht als ein
Erklärungsgrund
der
Erscheinungen
empirisch
vorausgesetzt
werden kann,
sondern
selbst ein
Problem
für
die
Vernunft
ist, hier, als oben
abgetan
,
beiseite
setze
. Eine
Willkür
nämlich
ist
bloß
tierisch
(
arbitrium
brutum
), die nicht anders als durch
sinnliche
Antriebe
,
d.i.
pathologisch
bestimmt
werden kann.
Diejenige
aber,
welche
unabhängig
von
sinnlichen
Antrieben
,
mithin
durch
Bewegursachen
,
welche
nur von der
Vernunft
vorgestellt
werden,
bestimmt
werden kann,
heißt
die
freie
Willkür
(
arbitrium
liberum
), und alles, was mit dieser, es
sei
als
Grund
oder
Folge
,
zusammenhängt
, wird
Praktisch
genannt
. Die
praktische
Freiheit
kann durch
Erfahrung
bewiesen
werden.
Denn
, nicht
bloß
das, was
reizt
,
d.i.
die
Sinne
unmittelbar
affiziert
,
bestimmt
die
menschliche
Willkür
,
sondern
wir haben ein
Vermögen
, durch
Vorstellungen
von dem, was selbst auf
entferntere
Art
nützlich
oder
schädlich
ist, die
Eindrücke
auf unser
sinnliches
Begehrungsvermögen
zu
überwinden
; diese
Überlegungen
aber von dem, was in
Ansehung
unseres
ganzen
Zustandes
begehrungswert
,
d.i.
gut
und
nützlich
ist,
beruhen
auf der
Vernunft
. Diese
gibt
daher auch
Gesetze
,
welche
Imperative
,
d.i.
objektive
Gesetze
der
Freiheit
sind, und
welche
sagen
, was
geschehen
soll
, ob es
gleich
vielleicht
nie
geschieht
, und sich darin von
Naturgesetzen
, die nur von dem
handeln
, was
geschieht
,
unterscheiden
,
weshalb
sie auch
praktische
Gesetze
genannt
werden.
Ob aber die
Vernunft
selbst in diesen
Handlungen
,
dadurch
sie
Gesetze
vorschreibt
, nicht
wiederum
durch
anderweitige
Einflüsse
bestimmt
sei
, und das, was in
Absicht
auf
sinnliche
Antriebe
Freiheit
heißt
, in
Ansehung
höherer
und
entfernterer
wirkender
Ursachen
nicht
wiederum
Natur
sein
möge
, das
geht
uns im
Praktischen
,
da
wir nur die
Vernunft
um die
Vorschrift
des
Verhaltens
zunächst
befragen
, nichts an,
sondern
ist eine
bloß
spekulative
Frage
, die wir, so
lange
als
unsere
Absicht
aufs Tun oder
Lassen
gerichtet
ist,
beiseite
setzen
können
. Wir
erkennen
also die
praktische
Freiheit
durch
Erfahrung
, als eine von den
Naturursachen
,
nämlich
eine
Kausalität
der
Vernunft
in
Bestimmung
des
Willens
,
indessen
daß die
transzendentale
Freiheit
eine
Unabhängigkeit
dieser
Vernunft
selbst (in
Ansehung
ihrer
Kausalität
, eine
Reihe
von
Erscheinungen
anzufangen
,) von
allen
bestimmenden
Ursachen
der
Sinnenwelt
fordert
, und
sofern
dem
Naturgesetze
,
mithin
aller
möglichen
Erfahrung
,
zuwider
zu
sein
scheint
, und also ein
Problem
bleibt
. Allein
vor
die
Vernunft
im
praktischen
Gebrauche
gehört
dieses
Problem
nicht, also haben wir es in einem
Kanon
der
reinen
Vernunft
nur mit zwei
Fragen
zu tun, die das
praktische
Interesse
der
reinen
Vernunft
angehen
, und in
Ansehung
deren ein
Kanon
ihres
Gebrauchs
möglich
sein
muß
,
nämlich
: ist ein
Gott
? ist ein
künftiges
Leben
? Die
Frage
wegen der
transzendentalen
Freiheit
betrifft
bloß
das
spekulative
Wissen
,
welche
wir als
ganz
gleichgültig
beiseite
setzen
können
, wenn es um das
Praktische
zu tun ist, und
worüber
in der
Antinomie
der
reinen
Vernunft
schon
hinreichende
Erörterung
zu
finden
ist.
72
Alle
praktischen
Begriffe
gehen
auf
Gegenstände
des
Wohlgefallens
, oder
Mißfallens
,
d.i.
der
Lust
oder
Unlust
,
mithin
,
wenigstens
indirekt
, auf
Gegenstände
unseres
Gefühls
.
Da
dieses aber keine
Vorstellungskraft
der
Dinge
ist,
sondern
außer
der
gesamten
Erkenntniskraft
liegt
, so
gehören
die
Elemente
unserer
Urteile
,
sofern
sie sich auf
Lust
oder
Unlust
beziehen
,
mithin
der
praktischen
, nicht in den
Inbegriff
der
Transzendentalphilosophie
,
welche
lediglich
mit
reinen
Erkenntnissen
a
priori
zu tun hat.
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