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Immanuel Kant
Kritik der reinen Vernunft
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II. Transzendentale Methodenlehre
Viertes Hauptstück Die Geschichte der reinen Vernunft
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Viertes
Hauptstück
Die
Geschichte
der
reinen
Vernunft
Dieser
Titel
steht
nur hier, um eine
Stelle
zu
bezeichnen
, die im
System
übrigbleibt
, und
künftig
ausgefüllt
werden
muß
. Ich
begnüge
mich, aus einem
bloß
transzendentalen
Gesichtspunkte
,
nämlich
der
Natur
der
reinen
Vernunft
, einen
flüchtigen
Blick
auf das
Ganze
der
bisherigen
Bearbeitungen
derselben
zu
werfen
,
welches
freilich
meinem
Auge
zwar
Gebäude
, aber nur in
Ruinen
vorstellt
.
Es ist
merkwürdig
genug, ob es
gleich
natürlicherweise
nicht anders
zugehen
konnte, daß die
Menschen
im
Kindesalter
der
Philosophie
davon
anfingen
, wo wir jetzt
lieber
endigen
möchten
,
nämlich
,
zuerst
die
Erkenntnis
Gottes
, und die
Hoffnung
oder
wohl
gar
die
Beschaffenheit
einer
anderen
Welt
zu
studieren
. Was auch die
alten
Gebräuche
, die noch von dem
rohen
Zustande
der
Völker
übrig
waren
,
für
grobe
Religionsbegriffe
eingeführt
haben
mochten
, so
hinderte
dieses doch nicht den
aufgeklärteren
Teil
, sich
freien
Nachforschungen
über diesen
Gegenstand
zu
widmen
, und man
sah
leicht
ein, daß es keine
gründliche
und
zuverlässigere
Art
geben
könne
, der
unsichtbaren
Macht
, die die
Welt
regiert
, zu
gefallen
, um
wenigstens
in einer
anderen
Welt
glücklich
zu
sein
, als den
guten
Lebenswandel
. Daher
waren
Theologie
und
Moral
die zwei
Triebfedern
, oder
besser
,
Beziehungspunkte
zu
allen
abgezogenen
Vernunftforschungen
, denen man sich nachher
jederzeit
gewidmet
hat. Die
erstere
war
indessen
eigentlich
das, was die
bloß
spekulative
Vernunft
nach und nach in das
Geschäft
zog
,
welches
in der
Folge
unter dem
Namen
der
Metaphysik
so
berühmt
geworden
.
Ich will jetzt die
Zeiten
nicht
unterscheiden
, auf
welche
diese oder
jene
Veränderung
der
Metaphysik
traf
,
sondern
nur die
Verschiedenheit
der
Idee
,
welche
die
hauptsächlichsten
Revolutionen
veranlaßte
, in einem
flüchtigen
Abrisse
darstellen
. Und
da
finde
ich eine
dreifache
Absicht
, in
welcher
die
namhaftesten
Veränderungen
auf dieser
Bühne
des
Streits
gestiftet
worden
.
l
. In
Ansehung
des
Gegenstandes
aller unserer
Vernunfterkenntnisse
,
waren
einige
bloß
Sensual-
,
andere
bloß
Intellektualphilosophen
.
Epikur
kann der
vornehmste
Philosoph
der
Sinnlichkeit
,
Plato
des
Intellektuellen
genannt
werden. Dieser
Unterschied
der
Schulen
aber, so
subtil
er auch ist, hatte schon in den
frühesten
Zeiten
angefangen
, und hat sich
lange
ununterbrochen
erhalten
. Die von der
ersteren
behaupteten
, in den
Gegenständen
der
Sinne
sei
allein
Wirklichkeit
, alles
übrige
sei
Einbildung
; die von der
zweiten
sagten
dagegen
: in den
Sinnen
ist nichts als
Schein
, nur der
Verstand
erkennt
das
Wahre
. Darum
stritten
aber die
ersteren
den
Verstandesbegriffen
doch
eben
nicht
Realität
ab, sie war aber bei ihnen nur
logisch
, bei den
anderen
aber
mystisch
.
Jene
räumten
intellektuelle
Begriffe
ein, aber
nahmen
bloß
sensible
Gegenstände
an. Diese
verlangten
, daß die
wahren
Gegenstände
bloß
intelligibel
wären
, und
behaupteten
eine
Anschauung
durch den von
keinen
Sinnen
begleiteten
und ihrer
Meinung
nach nur
verwirrten
reinen
Verstand
.
2. In
Ansehung
des
Ursprungs
reiner
Vernunfterkenntnisse
, ob sie aus der
Erfahrung
abgeleitet
, oder,
unabhängig
von ihr, in der
Vernunft
ihre
Quelle
haben.
Aristoteles
kann als das
Haupt
der
Empiristen
,
Plato
aber der
Noologisten
angesehen
werden.
Locke
, der in
neueren
Zeiten
dem
ersteren
, und
Leibnitz
, der dem
letzteren
(
obzwar
in einer
genugsamen
Entfernung
von dessen
mystischem
Systeme
)
folgte
, haben es
gleichwohl
in diesem
Streite
noch zu keiner
Entscheidung
bringen
können
.
Wenigstens
verfuhr
Epikur
seinerseits
viel
konsequenter
nach seinem
Sensualsystem
(
denn
er
ging
mit seinen
Schlüssen
niemals
über die
Grenze
der
Erfahrung
hinaus), als
Aristoteles
und
Locke
, (
vornehmlich
aber der
letztere
,) der, nachdem er alle
Begriffe
und
Grundsätze
von der
Erfahrung
abgeleitet
hatte,
soweit
im
Gebrauche
derselben
geht
, daß er
behauptet
, man
könne
das
Dasein
Gottes
und die
Unsterblichkeit
der
Seele
(
obzwar
beide
Gegenstände
ganz
außer
den
Grenzen
möglicher
Erfahrung
liegen
)
ebenso
evident
beweisen
, als
irgendeinen
mathematischen
Lehrsatz
.
3. In
Ansehung
der
Methode
. Wenn man etwas
Methode
nennen
soll
, so
muß
es ein
Verfahren
nach
Grundsätzen
sein
. Nun kann man die jetzt in diesem
Fache
der
Naturforschung
herrschende
Methode
in die
naturalistische
und
szientifische
einteilen
. Der
Naturalist
der
reinen
Vernunft
nimmt
es sich zum
Grundsatze
: daß durch
gemeine
Vernunft
ohne
Wissenschaft
(
welche
er die
gesunde
Vernunft
nennt
) sich in
Ansehung
der
erhabensten
Fragen
, die die
Aufgabe
der
Metaphysik
ausmachen
, mehr
ausrichten
lasse
, als durch
Spekulation
. Er
behauptet
also, daß man die
Größe
und
Weite
des
Mondes
sicherer
nach dem
Augenmaße
, als durch
mathematische
Umschweife
bestimmen
könne
. Es ist
bloße
Misologie
, auf
Grundsätze
gebracht
, und,
welches
das
ungereimteste
ist, die
Vernachlässigung
aller
künstlichen
Mittel
, als eine eigene
Methode
angerühmt
, seine
Erkenntnis
zu
erweitern
.
Denn
was die
Naturalisten
aus
Mangel
mehrerer
Einsicht
betrifft
, so kann man ihnen mit
Grunde
nichts zur
Last
legen
. Sie
folgen
der
gemeinen
Vernunft
, ohne sich ihrer
Unwissenheit
als einer
Methode
zu
rühmen
, die das
Geheimnis
enthalten
solle
, die
Wahrheit
aus
Demokrits
tiefem
Brunnen
herauszuholen
.
Quod
sapio
,
satis
est
mihi
;
non
ego
curo
,
esse
quod
Arcesilas
aerumnosique
Solones
,
Pers
. ist ihr
Wahlspruch
, bei dem sie
vergnügt
und
beifallswürdig
leben
können
, ohne sich um die
Wissenschaft
zu
bekümmern
, noch deren
Geschäft
zu
verwirren
.
Was nun die
Beobachter
einer
szientifischen
Methode
betrifft
, so haben sie hier die
Wahl
, entweder
dogmatisch
oder
skeptisch
, in
allen
Fällen
aber doch die
Verbindlichkeit
systematisch
zu
verfahren
. Wenn ich hier in
Ansehung
der
ersteren
den
berühmten
Wolf
, bei der
zweiten
David
Hume
nenne
, so kann ich die
übrigen
, meiner
jetzigen
Absicht
nach,
ungenannt
lassen
. Der
kritische
Weg
ist allein noch
offen
. Wenn der
Leser
diesen in meiner
Gesellschaft
durchzuwandern
Gefälligkeit
und
Geduld
gehabt
hat, so
mag
er jetzt
urteilen
, ob nicht, wenn es
ihm
beliebt
, das
Seinige
dazu
beizutragen
, um diesen
Fußsteig
zur
Heeresstraße
zu
machen
,
dasjenige
, was viele
Jahrhunderte
nicht
leisten
konnten
, noch
vor
Ablauf
des
gegenwärtigen
erreicht
werden
möge
:
nämlich
, die
menschliche
Vernunft
in dem, was ihre
Wißbegierde
jederzeit
,
bisher
aber
vergeblich
,
beschäftigt
hat, zur
völligen
Befriedigung
zu
bringen
.
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