Index
|
Wörter
:
alphabetisch
-
Frequenz
-
rückläufig
-
Länge
-
Statistik
|
Hilfe
|
IntraText-Bibliothek
Immanuel Kant
Kritik der reinen Vernunft
IntraText CT - Text
Einleitung
III. Die Philosophie bedarf einer Wissenschaft, welche die Möglichkeit, die Prinzipien und den Umfang aller Erkenntnisse a priori bestimme
zurück
-
vor
Hier klicken um die Links zu den Konkordanzen auszublenden
III
. Die
Philosophie
bedarf
einer
Wissenschaft
,
welche
die
Möglichkeit
, die
Prinzipien
und den
Umfang
aller
Erkenntnisse
a
priori
bestimme
Was noch
weit
mehr
sagen
will als alles
vorige
, ist dieses, daß
gewisse
Erkenntnisse
sogar das
Feld
aller
möglichen
Erfahrungen
verlassen
, und durch
Begriffe
, denen
überall
kein
entsprechender
Gegenstand
in der
Erfahrung
gegeben
werden kann, den
Umfang
unserer
Urteile
über alle
Grenzen
derselben
zu
erweitern
den
Anschein
haben.
Und
gerade
in diesen
letzteren
Erkenntnissen
,
welche
über die
Sinnenwelt
hinausgehen
, wo
Erfahrung
gar
keinen
Leitfaden
, noch
Berichtigung
geben
kann,
liegen
die
Nachforschungen
unserer
Vernunft
, die wir, der
Wichtigkeit
nach,
für
weit
vorzüglicher
, und ihre
Endabsicht
für
viel
erhabener
halten
, als alles, was der
Verstand
im
Felde
der
Erscheinungen
lernen
kann,
wobei
wir, sogar auf die
Gefahr
zu
irren
,
eher
alles
wagen
, als daß wir so
angelegene
Untersuchungen
aus
irgendeinem
Grunde
der
Bedenklichkeit
, oder aus
Geringschätzung
und
Gleichgültigkeit
aufgeben
sollten
. Diese
unvermeidlichen
Aufgaben
der
reinen
Vernunft
selbst sind
Gott
,
Freiheit
und
Unsterblichkeit
. Die
Wissenschaft
aber, deren
Endabsicht
mit
allen
ihren
Zurüstungen
eigentlich
nur auf die
Auflösung
derselben
gerichtet
ist,
heißt
Metaphysik
, deren
Verfahren
im
Anfange
dogmatisch
ist,
d.i.
ohne
vorhergehende
Prüfung
des
Vermögens
oder
Unvermögens
der
Vernunft
zu einer so
großen
Unternehmung
zuversichtlich
die
Ausführung
übernimmt
.
Nun
scheint
es zwar
natürlich
, daß,
sobald
man den
Boden
der
Erfahrung
verlassen
hat, man doch nicht mit
Erkenntnissen
, die man
besitzt
, ohne zu
wissen
woher, und auf den
Kredit
der
Grundsätze
, deren
Ursprung
man nicht
kennt
,
sofort
ein
Gebäude
errichten
werde
, ohne der
Grundlegung
desselben
durch
sorgfältige
Untersuchungen
vorher
versichert
zu
sein
, daß man also
vielmehr
die
Frage
vorlängst
werde
aufgeworfen
haben, wie
denn
der
Verstand
zu
allen
diesen
Erkenntnissen
a
priori
kommen
könne
, und
welchen
Umfang
,
Gültigkeit
und
Wert
sie haben
mögen
. In der
Tat
ist auch nichts
natürlicher
, wenn man unter dem
Worte
natürlich
das
versteht
, was
billiger-
und
vernünftigerweise
geschehen
sollte
;
versteht
man aber darunter das, was
gewöhnlichermaßen
geschieht
, so ist
hinwiederum
nichts
natürlicher
und
begreiflicher
, als daß diese
Untersuchung
lange
unterbleiben
mußte
.
Denn
ein
Teil
dieser
Erkenntnisse
, als die
mathematischen
, ist im
alten
Besitze
der
Zuverlässigkeit
, und
gibt
dadurch
eine
günstige
Erwartung
auch
für
andere
, ob diese
gleich
von
ganz
verschiedener
Natur
sein
mögen
.
Überdem
, wenn man über den
Kreis
der
Erfahrung
hinaus ist, so ist man
sicher
, durch
Erfahrung
nicht
widerlegt
zu werden. Der
Reiz
, seine
Erkenntnisse
zu
erweitern
, ist so
groß
, daß man nur durch einen
klaren
Widerspruch
, auf den man
stößt
, in seinem
Fortschritte
aufgehalten
werden kann. Dieser aber kann
vermieden
werden, wenn man seine
Erdichtungen
nur
behutsam
macht
, ohne daß sie deswegen
weniger
Erdichtungen
bleiben
. Die
Mathematik
gibt
uns ein
glänzendes
Beispiel
, wie
weit
wir es,
unabhängig
von der
Erfahrung
, in der
Erkenntnis
a
priori
bringen
können
. Nun
beschäftigt
sie sich zwar mit
Gegenständen
und
Erkenntnissen
bloß
so
weit
, als sich solche in der
Anschauung
darstellen
lassen
. Aber dieser
Umstand
wird
leicht
übersehen
, weil
gedachte
Anschauung
selbst
a
priori
gegeben
werden kann,
mithin
von einem
bloßen
reinen
Begriff
kaum
unterschieden
wird. Durch einen
solchen
Beweis
von der
Macht
der
Vernunft
eingenommen
,
sieht
der
Trieb
zur
Erweiterung
keine
Grenzen
. Die
leichte
Taube
,
indem
sie im
freien
Fluge
die
Luft
teilt
, deren
Widerstand
sie
fühlt
,
könnte
die
Vorstellung
fassen
, daß es ihr im
luftleeren
Raum
noch viel
l
besser
gelingen
werde
.
Ebenso
verließ
Plato
die
Sinnenwelt
, weil sie dem
Verstande
so
enge
Schranken
setzt
, und
wagte
sich
jenseit
derselben
, auf den
Flügeln
der
Ideen
, in den
leeren
Raum
des
reinen
Verstandes
. Er
bemerkte
nicht, daß er durch seine
Bemühungen
keinen
Weg
gewönne
,
denn
er hatte
keinen
Widerhalt
,
gleichsam
zur
Unterlage
,
worauf
er sich
steifen
, und
woran
er seine
Kräfte
anwenden
konnte, um den
Verstand
von der
Stelle
zu
bringen
. Es ist aber ein
gewöhnliches
Schicksal
der
menschlichen
Vernunft
in der
Spekulation
, ihr
Gebäude
so
früh
, wie
möglich
,
fertigzumachen
, und
hintennach
allererst
zu
untersuchen
, ob auch der
Grund
dazu
gut
gelegt
sei
.
Alsdann
aber werden
allerlei
Beschönigungen
herbeigesucht
, um uns wegen dessen
Tüchtigkeit
zu
trösten
, oder auch eine solche
späte
und
gefährliche
Prüfung
lieber
gar
abzuweisen
. Was uns aber
während
dem
Bauen
von aller
Besorgnis
und
Verdacht
frei
hält
, und mit
scheinbarer
Gründlichkeit
schmeichelt
, ist dieses. Ein
großer
Teil
, und vielleicht der
größte
, von dem
Geschäfte
unserer
Vernunft
,
besteht
in
Zergliederungen
der
Begriffe
, die wir schon von
Gegenständen
haben. Dieses
liefert
uns eine
Menge
von
Erkenntnissen
, die, ob sie
gleich
nichts weiter als
Aufklärungen
oder
Erläuterungen
desjenigen
sind, was in unsern
Begriffen
(
wiewohl
noch auf
verworrene
Art
) schon
gedacht
worden
, doch
wenigstens
der
Form
nach
neuen
Einsichten
gleich
geschätzt
werden,
wiewohl
sie der
Materie
, oder dem
Inhalte
nach die
Begriffe
, die wir haben, nicht
erweitern
,
sondern
nur
auseinander
setzen
.
Da
dieses
Verfahren
nun eine
wirkliche
Erkenntnis
a
priori
gibt
, die einen
sichern
und
nützlichen
Fortgang
hat, so
erschleicht
die
Vernunft
, ohne es selbst zu
merken
, unter dieser
Vorspiegelung
Behauptungen
von
ganz
anderer
Art
, wo die
Vernunft
zu
gegebenen
Begriffen
ganz
fremde
und zwar
a
priori
hinzutut
, ohne daß man
weiß
, wie sie dazu
gelangen
und ohne sich eine solche
Frage
auch nur in die
Gedanken
kommen
zu
lassen
. Ich will daher
gleich
anfangs
von dem
Unterschiede
dieser
zweifachen
Erkenntnisart
handeln
.
zurück
-
vor
Index
|
Wörter
:
alphabetisch
-
Frequenz
-
rückläufig
-
Länge
-
Statistik
|
Hilfe
|
IntraText-Bibliothek
Best viewed with any browser at 800x600 or 768x1024 on Tablet PC
IntraText®
(V89) - Some rights reserved by
EuloTech SRL
- 1996-2007. Content in this page is licensed under a
Creative Commons License