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Immanuel Kant
Kritik der reinen Vernunft
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Einleitung
V In allen theoretischen Wissenschaften der Vernunft sind synthetische Urteile a priori als Prinzipien enthalten
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V
In
allen
theoretischen
Wissenschaften
der
Vernunft
sind
synthetische
Urteile
a
priori
als
Prinzipien
enthalten
1.
Mathematische
Urteile
sind
insgesamt
synthetisch
. Dieser
Satz
scheint
den
Bemerkungen
der
Zergliederer
der
menschlichen
Vernunft
bisher
entgangen
, ja
allen
ihren
Vermutungen
gerade
entgegengesetzt
zu
sein
, ob er
gleich
unwidersprechlich
gewiß
und in der
Folge
sehr
wichtig
ist.
Denn
weil man
fand
, daß die
Schlüsse
der
Mathematiker
alle nach dem
Satze
des
Widerspruchs
fortgehen
, (
welches
die
Natur
einer
jeden
apodiktischen
Gewißheit
erfordert
,) so
überredet
man sich, daß auch die
Grundsätze
aus dem
Satze
des
Widerspruchs
erkannt
würden
;
worin
sie sich
irrten
;
denn
ein
synthetischer
Satz
kann
allerdings
nach dem
Satze
des
Widerspruchs
eingesehen
werden, aber nur so, daß ein anderer
synthetischen
Satz
vorausgesetzt
wird, aus dem er
gefolgert
werden kann,
niemals
aber an sich selbst.
Zuvörderst
muß
bemerkt
werden: daß
eigentliche
mathematische
Sätze
jederzeit
Urteile
a
priori
und nicht
empirisch
sind, weil sie
Notwendigkeit
bei sich
führen
,
welche
aus
Erfahrung
nicht
abgenommen
werden kann. Will man aber dieses nicht
einräumen
,
wohlan
, so
schränke
ich meinen
Satz
auf die
reine
Mathematik
ein, deren
Begriff
es schon mit sich
bringt
, daß sie nicht
empirische
,
sondern
bloß
reine
Erkenntnis
a
priori
enthalte
.
Man
sollte
anfänglich
zwar
denken
: daß der
Satz
7+5=12 ein
bloß
analytischer
Satz
sei
, der aus dem
Begriffe
einer
Summe
von Sieben und
Fünf
nach dem
Satze
des
Widerspruches
erfolge
. Allein, wenn man es
näher
betrachtet
, so
findet
man, daß der
Begriff
der
Summe
von 7 und 5 nichts weiter
enthalte
, als die
Vereinigung
beider
Zahlen
in eine
einzige
,
wodurch
ganz
und
gar
nicht
gedacht
wird,
welches
diese
einzige
Zahl
sei
, die
beide
zusammenfaßt
. Der
Begriff
von
Zwölf
ist
keineswegs
dadurch
schon
gedacht
, daß ich mir
bloß
jene
Vereinigung
von Sieben und
Fünf
denke
, und, ich
mag
meinen
Begriff
von einer
solchen
möglichen
Summe
noch
solange
zergliedern
, so
werde
ich doch darin die
Zwölf
nicht
antreffen
. Man
muß
über diese
Begriffe
hinausgehen
,
indem
man die
Anschauung
zu
Hilfe
nimmt
, die einem von
beiden
korrespondiert
, etwa seine
fünf
Finger
, oder (wie
Segner
in seiner
Arithmetik
)
fünf
Punkte
, und so nach und nach die
Einheiten
der in der
Anschauung
gegebenen
Fünf
zu dem
Begriffe
der Sieben
hinzutut
.
Denn
ich
nehme
zuerst
die
Zahl
7, und,
indem
ich
für
den
Begriff
der 5 die
Finger
meiner
Hand
als
Anschauung
zu
Hilfe
nehme
, so
tue
ich die
Einheiten
, die ich
vorher
zusammennahm
, um die
Zahl
5
auszumachen
, nun an jenem
meinem
Bilde
nach und nach zur
Zahl
7, und
sehe
so die
Zahl
12
entspringen
. Daß
7zu5
hinzugetan
werden
sollten
, habe ich zwar in dem
Begriffe
einer
Summe
=7+5
gedacht
, aber nicht, daß diese
Summe
der
Zahl
12
gleich
sei
. Der
arithmetische
Satz
ist also
jederzeit
synthetisch
;
welches
man
desto
deutlicher
inne
wird, wenn man etwas
größere
Zahlen
nimmt
,
da
es dann
klar
einleuchtet
, daß, wir
möchten
unsere
Begriffe
drehen
und
wenden
, wie wir
wollen
, wir, ohne die
Anschauung
zu
Hilfe
zu
nehmen
,
vermittels
der
bloßen
Zergliederung
unserer
Begriffe
die
Summe
niemals
finden
könnten
.
Ebensowenig
ist irgendein
Grundsatz
der
reinen
Geometrie
analytisch
. Daß die
gerade
Linie
zwischen zwei
Punkten
die
kürzeste
sei
, ist ein
synthetischen
Satz
.
Denn
mein
Begriff
vom
Geraden
enthält
nichts von
Größe
,
sondern
nur eine
Qualität
. Der
Begriff
des
Kürzesten
kommt
also
gänzlich
hinzu, und kann durch keine
Zergliederung
aus dem
Begriffe
der
geraden
Linie
gezogen
werden.
Anschauung
muß
also hier zu
Hilfe
genommen
werden,
vermittels
deren allein die
Synthesis
möglich
ist.
Einige wenige
Grundsätze
,
welche
die
Geometer
voraussetzen
, sind zwar
wirklich
analytisch
und
beruhen
auf dem
Satze
des
Widerspruchs
, sie
dienen
aber auch nur, wie
identische
Sätze
, zur
Kette
der
Methode
und nicht als
Prinzipien
,
z
.
B
.
a
=
a
, das
Ganze
ist sich
selber
gleich
, oder (
a
+
b
) >
a
,
d.i.
das
Ganze
ist
größer
als
sein
Teil
. Und doch auch diese selbst, ob sie
gleich
nach
bloßen
Begriffen
gelten
, werden in der
Mathematik
nur darum
zugelassen
, weil sie in der
Anschauung
können
dargestellt
werden. Was uns hier
gemeiniglich
glauben
macht
, als
läge
das
Prädikat
solcher
apodiktischen
Urteile
schon in unserm
Begriffe
, und das
Urteil
sei
also
analytisch
, ist
bloß
die
Zweideutigkeit
des
Ausdrucks
. Wir
sollen
nämlich
zu einem
gegebenen
Begriffe
ein
gewisses
Prädikat
hinzudenken
, und diese
Notwendigkeit
haftet
schon an den
Begriffen
. Aber die
Frage
ist nicht, was wir zu dem
gegebenen
Begriffe
hinzudenken
sollen
,
sondern
was wir
wirklich
in
ihm
,
obzwar
nur
dunkel
,
denken
, und
da
zeigt
sich, daß das
Prädikat
jenen
Begriffen
zwar
notwendig
, aber nicht als im
Begriffe
selbst
gedacht
,
sondern
vermittels
einer
Anschauung
, die zu dem
Begriffe
hinzukommen
muß
,
anhänge
.
2.
Naturwissenschaft
(
Physica
)
enthält
synthetische
Urteile
a
priori
als
Prinzipien
in sich. Ich will nur ein
paar
Sätze
zum
Beispiel
anführen
, als den
Satz
: daß in
allen
Veränderungen
der
körperlichen
Welt
die
Quantität
der
Materie
unverändert
bleibe
, oder daß, in aller
Mitteilung
der
Bewegung
,
Wirkung
und
Gegenwirkung
jederzeit
einander
gleich
sein
müssen
. An
beiden
ist nicht allein die
Notwendigkeit
,
mithin
ihr
Ursprung
a
priori
,
sondern
auch, daß sie
synthetische
Sätze
sind,
klar
.
Denn
in dem
Begriffe
der
Materie
denke
ich mir nicht die
Beharrlichkeit
,
sondern
bloß
ihre
Gegenwart
im
Raume
durch die
Erfüllung
desselben
. Also
gehe
ich
wirklich
über den
Begriff
von
der-
Materie
hinaus, um etwas
a
priori
zu
ihm
hinzuzudenken
, was ich in
ihm
nicht
dachte
. Der
Satz
ist also nicht
analytisch
,
sondern
synthetisch
und
dennoch
a
priori
gedacht
, und so in den
übrigen
Sätzen
des
reinen
Teils
der
Naturwissenschaft
.
3. In der
Metaphysik
, wenn man sie auch nur
für
eine
bisher
bloß
versuchte
,
dennoch
aber durch die
Natur
der
menschlichen
Vernunft
unentbehrliche
Wissenschaft
ansieht
,
sollen
synthetische
Erkenntnisse
a
priori
enthalten
sein
, und es ist ihr
gar
nicht darum zu tun,
Begriffe
, die wir uns
a
priori
von
Dingen
machen
,
bloß
zu
zergliedern
und
dadurch
analytisch
zu
erläutern
,
sondern
wir
wollen
unsere
Erkenntnis
a
priori
erweitern
, wozu wir uns
solcher
Grundsätze
bedienen
müssen
, die über den
gegebenen
Begriff
etwas
hinzutun
, was in
ihm
nicht
enthalten
war, und durch
synthetische
Urteile
a
priori
wohl
gar
so
weit
hinausgehen
, daß uns die
Erfahrung
selbst nicht so
weit
folgen
kann,
z
.
B
. in dem
Satze
: die
Welt
muß
einen
ersten
Anfang
haben,
u
.
a.m.
und so
besteht
Metaphysik
wenigstens
ihrem
Zwecke
nach aus
lauter
synthetischen
Sätzen
a
priori
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