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Immanuel Kant
Kritik der reinen Vernunft
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Einleitung
VI. Allgemeine Aufgabe der reinen Vernunft
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VI
.
Allgemeine
Aufgabe
der
reinen
Vernunft
Man
gewinnt
dadurch
schon sehr viel, wenn man eine
Menge
von
Untersuchungen
unter die
Formel
einer
einzigen
Aufgabe
bringen
kann.
Denn
dadurch
erleichtert
man sich nicht allein selbst
sein
eigenes
Geschält
,
indem
man es sich
genau
bestimmt
,
sondern
auch jedem
anderen
, der es
prüfen
will, das
Urteil
, ob wir unserem
Vorhaben
ein
Genüge
getan
haben oder nicht. Die
eigentliche
Aufgabe
der
reinen
Vernunft
ist nun in der
Frage
enthalten
: Wie sind
synthetische
Urteile
a
priori
möglich
?
Daß die
Metaphysik
bisher
in einem so
schwankenden
Zustande
der
Ungewißheit
und
Widersprüche
geblieben
ist, ist
lediglich
der
Ursache
zuzuschreiben
, daß man sich diese
Aufgabe
und vielleicht sogar den
Unterschied
der
analytischen
und
synthetischen
Urteile
nicht
früher
in
Gedanken
kommen
ließ
. Auf der
Auflösung
dieser
Aufgabe
, oder einem
genugtuenden
Beweise
, daß die
Möglichkeit
, die sie
erklärt
zu
wissen
verlangt
, in der
Tat
gar
nicht
stattfinde
,
beruht
nun das
Stehen
und
Fallen
der
Metaphysik
.
David
Hume
, der dieser
Aufgabe
unter
allen
Philosophen
noch am
nächsten
trat
, sie aber sich bei
weitem
nicht
bestimmt
genug und in ihrer
Allgemeinheit
dachte
,
sondern
bloß
bei dem
synthetischen
Satze
der
Verknüpfung
der
Wirkung
mit ihren
Ursachen
(
Principium
causalitatis
)
stehen
blieb
,
glaubte
herauszubringen
, daß ein
solcher
Satz
a
priori
gänzlich
unmöglich
sei
, und nach seinen
Schlüssen
würde
alles, was wir
Metaphysik
nennen
, auf einen
bloßen
Wahn
von
vermeinter
Vernunfteinsicht
dessen
hinauslaufen
, was in der
Tat
bloß
aus der
Erfahrung
erborgt
und durch
Gewohnheit
den
Schein
der
Notwendigkeit
überkommen
hat; auf
welche
, alle
reine
Philosophie
zerstörende
,
Behauptung
er
niemals
gefallen
wäre
, wenn er
unsere
Aufgabe
in ihrer
Allgemeinheit
vor
Augen
gehabt
hätte,
da
er dann
eingesehen
haben
würde
, daß, nach seinem
Argumente
, es auch keine
reine
Mathematik
geben
könnte
, weil diese
gewiß
synthetische
Sätze
a
priori
enthält
,
vor
welcher
Behauptung
ihn
alsdann
sein
guter
Verstand
wohl
würde
bewahrt
haben.
In der
Auflösung
obiger
Aufgabe
ist
zugleich
die
Möglichkeit
des
reinen
Vernunftgebrauches
in
Gründung
und
Ausführung
aller
Wissenschaften
, die eine
theoretische
Erkenntnis
a
priori
von
Gegenständen
enthalten
, mit
begriffen
,
d.i.
die
Beantwortung
der
Fragen
:
Wie ist
reine
Mathematik
möglich
?
Wie ist
reine
Naturwissenschaft
möglich
?
Von diesen
Wissenschaften
,
da
sie
wirklich
gegeben
sind,
läßt
sich nun
wohl
geziemend
fragen
: wie sie
möglich
sind;
denn
daß sie
möglich
sein
müssen
, wird durch ihre
Wirklichkeit
bewiesen
7
. Was aber
Metaphysik
betrifft
, so
muß
ihr
bisheriger
schlechter
Fortgang
, und weil man von keiner
einzigen
bisher
vorgetragenen
, was ihren
wesentlichen
Zweck
angeht
,
sagen
kann, sie
sei
wirklich
vorhanden
, einen
jeden
mit
Grund
an ihrer
Möglichkeit
zweifeln
lassen
.
Nun ist aber diese
Art
von
Erkenntnis
in
gewissem
Sinne
doch auch als
gegeben
anzusehen
, und
Metaphysik
ist,
wenngleich
nicht als
Wissenschaft
, doch als
Naturanlage
(
metaphysica
naturalis
)
wirklich
.
Denn
die
menschliche
Vernunft
geht
unaufhaltsam
, ohne daß
bloße
Eitelkeit
des
Vielwissens
sie dazu
bewegt
, durch eigenes
Bedürfnis
getrieben
bis zu
solchen
Fragen
fort
, die durch
keinen
Erfahrungsgebrauch
der
Vernunft
und daher
entlehnte
Prinzipien
beantwortet
werden
können
, und so ist
wirklich
in
allen
Menschen
,
sobald
Vernunft
sich in ihnen bis zur
Spekulation
erweitert
, irgendeine
Metaphysik
zu aller
Zeit
gewesen
, und wird auch immer darin
bleiben
. Und nun ist auch von dieser die
Frage
:
Wie ist
Metaphysik
als
Naturanlage
möglich
?
d
.
i
. wie
entspringen
die
Fragen
,
welche
reine
Vernunft
sich
aufwirft
, und die sie, so
gut
als sie kann, zu
beantworten
durch ihr eigenes
Bedürfnis
getrieben
wird, aus der
Natur
der
allgemeinen
Menschenvernunft
?
Da
sich aber bei
allen
bisherigen
Versuchen
, diese
natürlichen
Fragen
,
z
.
B
. ob die
Welt
einen
Anfang
habe, oder von
Ewigkeit
her
sei
,
usw
. zu
beantworten
,
jederzeit
unvermeidliche
Widersprüche
gefunden
haben, so kann man es nicht bei der
bloßen
Naturanlage
zur
Metaphysik
,
d.i.
dem
reinen
Vernunftvermögen
selbst,
woraus
zwar immer irgendeine
Metaphysik
(es
sei
welche
es
wolle
)
erwächst
,
bewenden
lassen
,
sondern
es
muß
möglich
sein
, mit ihr es zur
Gewißheit
zu
bringen
, entweder im
Wissen
oder
Nicht-Wissen
der
Gegenstände
,
d.i.
entweder der
Entscheidung
über die
Gegenstände
ihrer
Fragen
, oder über das
Vermögen
und
Unvermögen
der
Vernunft
in
Ansehung
ihrer etwas zu
urteilen
, also entweder
unsere
reine
Vernunft
mit
Zuverlässigkeit
zu
erweitern
, oder ihr
bestimmte
und
sichere
Schranken
zu
setzen
. Diese
letzte
Frage
, die aus der
obigen
allgemeinen
Aufgabe
fließt
,
würde
mit
Recht
diese
sein
: Wie ist
Metaphysik
als
Wissenschaft
möglich
?
Die
Kritik
der
Vernunft
führt
also
zuletzt
notwendig
zur
Wissenschaft
; der
dogmatische
Gebrauch
derselben
ohne
Kritik
dagegen
auf
grundlose
Behauptungen
, denen man
ebenso
scheinbare
entgegensetzen
kann,
mithin
zum
Skeptizismus
.
Auch kann diese
Wissenschaft
nicht von
großer
abschreckender
Weitläufigkeit
sein
, weil sie es nicht mit
Objekten
der
Vernunft
, deren
Mannigfaltigkeit
unendlich
ist,
sondern
es
bloß
mit sich selbst, mit
Aufgaben
, die
ganz
aus ihrem
Schoße
entspringen
, und ihr nicht durch die
Natur
der
Dinge
, die von ihr
unterschieden
sind,
sondern
durch ihre eigene
vorgelegt
sind, zu tun hat;
da
es
denn
, wenn sie zuvor ihr eigen
Vermögen
in
Ansehung
der
Gegenstände
, die ihr in der
Erfahrung
vorkommen
mögen
,
vollständig
hat
kennenlernen
,
leicht
werden
muß
, den
Umfang
und die
Grenzen
ihres über alle
Erfahrungsgrenzen
versuchten
Gebrauchs
vollständig
und
sicher
zu
bestimmen
.
Man kann also und
muß
alle
bisher
gemachten
Versuche
, eine
Metaphysik
dogmatisch
zustande
zu
bringen
, als
ungeschehen
ansehen
;
denn
was in der einen oder der
anderen
Analytisches
,
nämlich
bloße
Zergliederung
der
Begriffe
ist, die unserer
Vernunft
a
priori
beiwohnen
, ist noch
gar
nicht der
Zweck
,
sondern
nur eine
Veranstaltung
zu der
eigentlichen
Metaphysik
,
nämlich
seine
Erkenntnis
a
priori
synthetisch
zu
erweitern
, und ist zu diesem
untauglich
, weil sie
bloß
zeigt
, was in diesen
Begriffen
enthalten
ist, nicht aber, wie wir
a
priori
zu
solchen
Begriffen
gelangen
, um danach auch ihren
gültigen
Gebrauch
in
Ansehung
der
Gegenstände
aller
Erkenntnis
überhaupt
bestimmen
zu
können
. Es
gehört
auch nur wenig
Selbstverleugnung
dazu, alle diese
Ansprüche
aufzugeben
,
da
die nicht
abzuleugnenden
und im
dogmatischen
Verfahren
auch
unvermeidlichen
Widersprüche
der
Vernunft
mit sich selbst jede
bisherige
Metaphysik
schon
längst
um ihr
Ansehen
gebracht
haben. Mehr
Standhaftigkeit
wird dazu
nötig
sein
, sich durch die
Schwierigkeit
innerlich
und den
Widerstand
äußerlich
nicht
abhalten
zu
lassen
, eine der
menschlichen
Vernunft
unentbehrliche
Wissenschaft
, von der man
wohl
jeden
hervorgeschossenen
Stamm
abhauen
, die
Wurzel
aber nicht
ausrotten
kann, durch eine
andere
, der
bisherigen
ganz
entgegengesetzte
,
Behandlung
endlich
einmal
zu einem
gedeihlichen
und
fruchtbaren
Wuchse
zu
befördern
.
7
Von der
reinen
Naturwissenschaft
könnte
mancher
dieses
letztere
noch
bezweifeln
. Allein man
darf
nur die
verschiedenen
Sätze
, die im
Anfange
der
eigentlichen
(
empirischen
)
Physik
vorkommen
,
nachsehen
, als den von der
Beharrlichkeit
derselben
Quantität
Materie
, von der
Trägheit
, der
Gleichheit
der
Wirkung
und
Gegenwirkung
usw
., so wird man
bald
überzeugt
werden, daß sie eine
physicam
puram
(oder
rationalem
)
ausmachen
, die es
wohl
verdient
, als eigene
Wissenschaft
, in ihrem
engen
oder
weiten
, aber doch
ganzen
Umfange
,
abgesondert
aufgestellt
zu werden.
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