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Immanuel Kant
Kritik der reinen Vernunft
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I. Transzendentale Elementarlehre
Zweiter Teil Die transzendentale Logik
Einleitung Idee einer transzendentalen Logik
III. Von der Einteilung der allgemeinen Logik in Analytik und Dialektik
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III
.
Von der
Einteilung
der
allgemeinen
Logik
in
Analytik
und
Dialektik
Die
alte
und
berühmte
Frage
, womit man die
Logiker
in die
Enge
zu
treiben
vermeinte
, und sie
dahin
zu
bringen
suchte
, daß sie sich entweder auf einer
elenden
Dialexe
mußten
betreffen
lassen
, oder ihre
Unwissenheit
,
mithin
die
Eitelkeit
ihrer
ganzen
Kunst
bekennen
sollten
, ist diese: Was ist
Wahrheit
? Die
Namenerklärung
der
Wahrheit
, daß sie
nämlich
die
Übereinstimmung
der
Erkenntnis
mit ihrem
Gegenstande
sei
, wird hier
geschenkt
, und
vorausgesetzt
; man
verlangt
aber zu
wissen
,
welches
das
allgemeine
und
sichere
Kriterium
der
Wahrheit
einer
jeden
Erkenntnis
sei
.
Es ist schon ein
großer
und
nötiger
Beweis
der
Klugheit
oder
Einsicht
, zu
wissen
, was man
vernünftigerweise
fragen
solle
.
Denn
, wenn die
Frage
an sich
ungereimt
ist, und
unnötige
Antworten
verlangt
, so hat sie,
außer
der
Beschämung
dessen, der sie
aufwirft
,
bisweilen
noch den
Nachteil
, den
unbehutsamen
Anhörer
derselben
zu
ungereimten
Antworten
zu
verleiten
, und den
belachenswerten
Anblick
zu
geben
, daß einer (wie die
Alten
sagten
) den
Bock
melkt
, der
andere
ein
Sieb
unterhält
.
Wenn
Wahrheit
in der
Übereinstimmung
einer
Erkenntnis
mit ihrem
Gegenstande
besteht
, so
muß
dadurch
dieser
Gegenstand
von
anderen
unterschieden
werden;
denn
eine
Erkenntnis
ist
falsch
, wenn sie mit dem
Gegenstande
,
worauf
sie
bezogen
wird, nicht
übereinstimmt
, ob sie
gleich
etwas
enthält
, was
wohl
von
anderen
Gegenständen
gelten
könnte
. Nun
würde
ein
allgemeines
Kriterium
der
Wahrheit
dasjenige
sein
,
welches
von
allen
Erkenntnissen
, ohne
Unterschied
ihrer
Gegenstände
,
gültig
wäre
. Es ist aber
klar
, daß,
da
man bei demselben von allem
Inhalt
der
Erkenntnis
(
Beziehung
auf ihr
Objekt
)
abstrahiert
, und
Wahrheit
gerade
diesen
Inhalt
angeht
, es
ganz
unmöglich
und
ungereimt
sei
, nach einem
Merkmale
der
Wahrheit
dieses
Inhalts
der
Erkenntnisse
zu
fragen
, und daß also ein
hinreichendes
, und doch
zugleich
allgemeines
Kennzeichen
der
Wahrheit
unmöglich
angegeben
werden
könne
.
Da
wir oben schon den
Inhalt
einer
Erkenntnis
die
Materie
derselben
genannt
haben, so wird man
sagen
müssen
: von der
Wahrheit
der
Erkenntnis
der
Materie
nach
läßt
sich kein
allgemeines
Kennzeichen
verlangen
, weil es in sich selbst
widersprechend
ist.
Was aber das
Erkenntnis
der
bloßen
Form
nach (mit
Beiseitesetzung
alles
Inhalts
)
betrifft
, so ist
ebenso
klar
: daß eine
Logik
,
sofern
sie die
allgemeinen
und
notwendigen
Regeln
des
Verstandes
vorträgt
,
eben
in diesen
Regeln
Kriterien
der
Wahrheit
darlegen
müsse
.
Denn
, was diesen
widerspricht
, ist
falsch
, weil der
Verstand
dabei seinen
allgemeinen
Regeln
des
Denkens
,
mithin
sich selbst
widerstreitet
. Diese
Kriterien
aber
betreffen
nur die
Form
der
Wahrheit
,
d.i.
des
Denkens
überhaupt
, und sind
sofern
ganz
richtig, aber nicht
hinreichend
.
Denn
obgleich eine
Erkenntnis
der
logischen
Form
völlig
gemäß
sein
möchte
,
d.i.
sich selbst nicht
widerspräche
, so kann sie doch noch immer dem
Gegenstande
widersprechen
. Also ist das
bloß
logische
Kriterium
der
Wahrheit
,
nämlich
die
Übereinstimmung
einer
Erkenntnis
mit den
allgemeinen
und
formalen
Gesetzen
des
Verstandes
und der
Vernunft
zwar die
conditio
sine
qua
non
,
mithin
die
negative
Bedingung
aller
Wahrheit
: weiter aber kann die
Logik
nicht
gehen
, und den
Irrtum
, der nicht die
Form
,
sondern
den
Inhalt
trifft
, kann die
Logik
durch
keinen
Probierstein
entdecken
.
Die
allgemeine
Logik
löst
nun das
ganze
formale
Geschäft
des
Verstandes
und der
Vernunft
in seine
Elemente
auf, und
stellt
sie als
Prinzipien
aller
logischen
Beurteilung
unserer
Erkenntnis
dar
. Dieser
Teil
der
Logik
kann daher
Analytik
heißen
, und ist
eben
darum der
wenigstens
negative
Probierstein
der
Wahrheit
,
indem
man
zuvörderst
alle
Erkenntnis
, ihrer
Form
nach, an diesen
Regeln
prüfen
und
schätzen
muß
,
ehe
man sie selbst ihrem
Inhalt
nach
untersucht
, um
auszumachen
, ob sie in
Ansehung
des
Gegenstandes
positive
Wahrheit
enthalten
. Weil aber die
bloße
Form
des
Erkenntnisses
, so sehr sie auch mit
logischen
Gesetzen
übereinstimmen
mag
, noch
lange
nicht
hinreicht
,
materielle
(
objektive
)
Wahrheit
dem
Erkenntnisse
darum
auszumachen
, so kann sich niemand
bloß
mit der
Logik
wagen
, über
Gegenstände
zu
urteilen
, und
irgend
etwas zu
behaupten
, ohne von ihnen
vorher
gegründete
Erkundigung
außer
der
Logik
eingezogen
zu haben, um
hernach
bloß
die
Benutzung
und die
Verknüpfung
derselben
in einem
zusammenhängenden
Ganzen
nach
logischen
Gesetzen
zu
versuchen
, noch
besser
aber, sie
lediglich
danach zu
prüfen
.
Gleichwohl
liegt
so etwas
Verleitendes
in dem
Besitze
einer so
scheinbaren
Kunst
,
allen
unseren
Erkenntnissen
die
Form
des
Verstandes
zu
geben
, ob man
gleich
in
Ansehung
des
Inhalts
derselben
noch sehr
leer
und
arm
sein
mag
, daß
jene
allgemeine
Logik
, die
bloß
ein
Kanon
zur
Beurteilung
ist,
gleichsam
wie ein
Organon
zur
wirklichen
Hervorbringung
wenigstens
zum
Blendwerk
von
objektiven
Behauptungen
gebraucht
, und
mithin
in der
Tat
dadurch
gemißbraucht
worden
. Die
allgemeine
Logik
nun, als
vermeintes
Organon
,
heißt
Dialektik
.
So verschieden auch die
Bedeutung
ist, in der die
Alten
dieser
Benennung
einer
Wissenschaft
oder
Kunst
sich
bedienten
, so kann man doch aus dem
wirklichen
Gebrauche
derselben
sicher
abnehmen
, daß sie bei ihnen nichts
anderes
war, als die
Logik
des
Scheins
. Eine
sophistische
Kunst
, seiner
Unwissenheit
, ja auch seinen
vorsätzlichen
Blendwerken
den
Anstrich
der
Wahrheit
zu
geben
, daß man die
Methode
der
Gründlichkeit
,
welche
die
Logik
überhaupt
vorschreibt
,
nachahmte
, und ihre
Topik
zu
Beschönigung
jedes
leeren
Vorgebens
benutzte
. Nun kann man es als eine
sichere
und
brauchbare
Warnung
anmerken
: daß die
allgemeine
Logik
, als
Organon
betrachtet
,
jederzeit
eine
Logik
des
Scheins
,
d.i.
dialektisch
sei
.
Denn
da
sie uns
gar
nichts über den
Inhalt
der
Erkenntnis
lehrt
,
sondern
nur
bloß
die
formalen
Bedingungen
der
Übereinstimmung
mit dem
Verstande
,
welche
übrigens
in
Ansehung
der
Gegenstände
gänzlich
gleichgültig
sind,; so
muß
die
Zumutung
, sich
derselben
als eines
Werkzeugs
(
Organon
) zu
gebrauchen
, um seine
Kenntnisse
,
wenigstens
dem
Vorgeben
nach,
auszubreiten
und zu
erweitern
, auf nichts als
Geschwätzigkeit
hinauslaufen
, alles, was man will, mit
einigem
Schein
zu
behaupten
, oder auch nach
Belieben
anzufechten
.
Eine solche
Unterweisung
ist der
Würde
der
Philosophie
auf keine
Weise
gemäß
. Um
deswillen
hat man diese
Benennung
der
Dialektik
lieber
, als eine
Kritik
des
dialektischen
Scheins
, der
Logik
beigezählt
, und als eine solche
wollen
wir sie auch hier
verstanden
wissen
.
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