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Immanuel Kant
Kritik der reinen Vernunft
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I. Transzendentale Elementarlehre
Zweiter Teil Die transzendentale Logik
Erste Abteilung Die transzendentale Analytik
Erstes Buch Die Analytik der Begriffe
Erstes Hauptstück Von dem Leitfaden der Entdeckung aller reinen Verstandesbegriffe
Zweiter Abschnitt
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Zweiter
Abschnitt
§ 9
Von der
logischen
Funktion
des
Verstandes
in
Urteilen
Wenn wir von allem
Inhalte
eines
Urteils
überhaupt
abstrahieren
, und nur auf die
bloße
Verstandesform
darin
achtgeben
, so
finden
wir, daß die
Funktion
des
Denkens
in demselben unter vier
Titel
gebracht
werden
könne
, deren jeder drei
Momente
unter sich
enthält
. Sie
können
füglich
in
folgender
Tafel
vorgestellt
werden.
1.
Quantität
der
Urteile
:
Allgemeine
;
Besondere
;
Einzelne
2.
Qualität
:
Bejahende
;
Verneinende
;
Unendliche
3.
Relation
:
Kategorische
;
Hypothetische
;
Disjunktive
4.
Modalität
:
Problematische
;
Assertorische
;
Apodiktische
Da
diese
Einteilung
in
einigen
, obgleich nicht
wesentlichen
Stücken
, von der
gewohnten
Technik
der
Logiker
abzuweichen
scheint
, so werden
folgende
Verwahrungen
wider den
besorglichen
Mißverstand
nicht
unnötig
sein
.
l
. Die
Logiker
sagen
mit
Recht
, daß man beim
Gebrauch
der
Urteile
in
Vernunftschlüssen
die
einzelnen
Urteile
gleich
den
allgemeinen
behandeln
könne
.
Denn
eben
darum, weil sie
gar
keinen
Umfang
haben, kann das
Prädikat
derselben
nicht
bloß
auf
einiges
dessen, was unter dem
Begriff
des
Subjekts
enthalten
ist,
gezogen
, von
einigem
aber
ausgenommen
werden. Es
gilt
also von jenem
Begriffe
ohne
Ausnahme
,
gleich
als wenn
derselbe
ein
gemeingültiger
Begriff
wäre
, der einen
Umfang
hätte, von dessen
ganzer
Bedeutung
das
Prädikat
gelte
.
Vergleichen
wir
dagegen
ein
einzelnes
Urteil
mit einem
gemeingültigen
,
bloß
als
Erkenntnis
, der
Größe
nach, so
verhält
sie sich zu diesem wie
Einheit
zur
Unendlichkeit
, und ist also an sich selbst davon
wesentlich
unterschieden
. Also, wenn ich ein
einzelnes
Urteil
(
judicium
singulare
) nicht
bloß
nach seiner
inneren
Gültigkeit
,
sondern
auch, als
Erkenntnis
überhaupt
, nach der
Größe
, die es in
Vergleichung
mit
anderen
Erkenntnissen
hat,
schätze
, so ist es
allerdings
von
gemeingültigen
Urteilen
(
judicia
communia
)
unterschieden
, und
verdient
in einer
vollständigen
Tafel
der
Momente
des
Denkens
überhaupt
(
obzwar
freilich
nicht in der
bloß
auf den
Gebrauch
der
Urteile
untereinander
eingeschränkten
Logik
) eine
besondere
Stelle
.
2.
Ebenso
müssen
in einer
transzendentalen
Logik
unendliche
Urteile
von
bejahenden
noch
unterschieden
werden, wenn sie
gleich
in der
allgemeinen
Logik
jenen
mit
Recht
beigezählt
sind und kein
besonderes
Glied
der
Einteilung
ausmachen
. Diese
nämlich
abstrahiert
von allem
Inhalt
des
Prädikats
(ob es
gleich
verneinend
ist) und
sieht
nur darauf, ob
dasselbe
dem
Subjekt
beigelegt
, oder
ihm
entgegengesetzt
werde
.
Jene
aber
betrachtet
das
Urteil
auch nach dem
Werte
oder
Inhalt
dieser
logischen
Bejahung
vermittelst
eines
bloß
verneinenden
Prädikats
, und was diese in
Ansehung
des
gesamten
Erkenntnisses
für
einen
Gewinn
verschafft
. Hätte ich von der
Seele
gesagt
, sie ist nicht
sterblich
, so hätte ich durch ein
verneinendes
Urteil
wenigstens
einen
Irrtum
abgehalten
. Nun habe ich durch den
Satz
: die
Seele
ist nicht
sterblich
, zwar der
logischen
Form
nach
wirklich
bejaht
,
indem
ich die
Seele
in den
unbeschränkten
Umfang
der
nichtsterbenden
Wesen
setze
. Weil nun von dem
ganzen
Umfange
möglicher
Wesen
das
Sterbliche
einen
Teil
enthält
, das
Nichtsterbende
aber den
anderen
, so ist durch meinen
Satz
nichts
anderes
gesagt
, als daß die
Seele
eines von der
unendlichen
Menge
Dinge
sei
, die
übrigbleiben
, wenn ich das
Sterbliche
insgesamt
wegnehme
.
Dadurch
aber wird nur die
unendliche
Sphäre
alles
Möglichen
insoweit
beschränkt
, daß das
Sterbliche
davon
abgetrennt
, und in dem
übrigen
Umfang
ihres
Raums
die
Seele
gesetzt
wird. Dieser
Raum
bleibt
aber bei dieser
Ausnahme
noch immer
unendlich
, und
können
noch mehrere
Teile
desselben
weggenommen
werden, ohne daß darum der
Begriff
von der
Seele
im
mindesten
wächst
, und
bejahend
bestimmt
wird. Diese
unendlichen
Urteile
also in
Ansehung
des
logischen
Umfanges
sind
wirklich
bloß
beschränkend
in
Ansehung
des
Inhalts
der
Erkenntnis
überhaupt
, und
insofern
müssen
sie in der
transzendentalen
Tafel
aller
Momente
des
Denkens
in den
Urteilen
nicht
übergangen
werden, weil die
hierbei
ausgeübte
Funktion
des
Verstandes
vielleicht in dem
Felde
seiner
reinen
Erkenntnis
a
priori
wichtig
sein
kann.
3. Alle
Verhältnisse
des
Denkens
in
Urteilen
sind die
a
)des
Prädikats
zum
Subjekt
,
b
)des
Grundes
zur
Folge
,
c
)der
eingeteilten
Erkenntnis
und der
gesammelten
Glieder
der
Einteilung
untereinander
. In der
ersteren
Art
der
Urteile
sind nur zwei
Begriffe
, in der
zweiten
zwei
Urteile
, in der
dritten
mehrere
Urteile
im
Verhältnis
gegeneinander
betrachtet
. Der
hypothetische
Satz
: wenn eine
vollkommene
Gerechtigkeit
da
ist, so wird der
beharrlich
Böse
bestraft
,
enthält
eigentlich
das
Verhältnis
zweier
Sätze
: Es ist eine
vollkommene
Gerechtigkeit
da
, und der
beharrlich
Böse
wird
bestraft
. Ob
beide
dieser
Sätze
an sich
wahr
seien
,
bleibt
hier
unausgemacht
. Es ist nur die
Konsequenz
, die durch dieses
Urteil
gedacht
wird.
Endlich
enthält
das
disjunktive
Urteil
ein
Verhältnis
zweier
, oder
mehrerer
Sätze
gegeneinander
, aber nicht der
Abfolge
,
sondern
der
logischen
Entgegensetzung
,
sofern
die
Sphäre
des einen die des
anderen
ausschließt
, aber doch
zugleich
der
Gemeinschaft
,
insofern
sie
zusammen
die
Sphäre
der
eigentlichen
Erkenntnis
erfüllen
, also ein
Verhältnis
der
Teile
der
Sphäre
eines
Erkenntnisses
,
da
die
Sphäre
eines
jeden
Teils
ein
Ergänzungsstück
der
Sphäre
des
anderen
zu dem
ganzen
Inbegriff
der
eingeteilten
Erkenntnis
ist,
z
.
E
. die
Welt
ist entweder durch einen
blinden
Zufall
da
, oder durch
innere
Notwendigkeit
, oder durch eine
äußere
Ursache
. Jeder dieser
Sätze
nimmt
einen
Teil
der
Sphäre
des
möglichen
Erkenntnisses
über das
Dasein
einer
Welt
überhaupt
ein, alle
zusammen
die
ganze
Sphäre
. Das
Erkenntnis
aus einer dieser
Sphären
wegnehmen
,
heißt
, sie in eine der
übrigen
setzen
, und
dagegen
sie in eine
Sphäre
setzen
,
heißt
, sie aus den
übrigen
wegnehmen
. Es ist also in einem
disjunktiven
Urteile
eine
gewisse
Gemeinschaft
der
Erkenntnisse
, die darin
besteht
, daß sie sich
wechselseitig
einander
ausschließen
, aber
dadurch
doch im
Ganzen
die
wahre
Erkenntnis
bestimmen
,
indem
sie
zusammengenommen
den
ganzen
Inhalt
einer
einzigen
gegebenen
Erkenntnis
ausmachen
. Und dieses ist es auch nur, was ich des
Folgenden
wegen
hiebei
anzumerken
nötig
finde
.
4. Die
Modalität
der
Urteile
ist eine
ganz
besondere
Funktion
derselben
, die das
Unterscheidende
an sich hat, daß sie nichts zum
Inhalte
des
Urteils
beiträgt
, (
denn
außer
Größe
,
Qualität
und
Verhältnis
ist nichts mehr, was den
Inhalt
eines
Urteils
ausmachte
,)
sondern
nur den
Wert
der
Copula
in
Beziehung
auf das
Denken
überhaupt
angeht
.
Problematische
Urteile
sind solche, wo man das
Bejahen
oder
Verneinen
als
bloß
möglich
(
beliebig
)
annimmt
.
Assertorische
,
da
es als
wirklich
(
wahr
)
betrachtet
wird.
Apodiktische
, in denen man es als
notwendig
ansieht
11
. So sind die
beiden
Urteile
, deren
Verhältnis
das
hypothetische
Urteil
ausmacht
, (
antecedens
und
consequens
),
imgleichen
in deren
Wechselwirkung
das
Disjunktive
besteht
, (
Glieder
der
Einteilung
)
insgesamt
nur
problematisch
. In dem
obigen
Beispiel
wird der
Satz
: es ist eine
vollkommene
Gerechtigkeit
da
, nicht
assertorisch
gesagt
,
sondern
nur als ein
beliebiges
Urteil
,
wovon
es
möglich
ist, daß
jemand
es
annehme
,
gedacht
, und nur die
Konsequenz
ist
assertorisch
. Daher
können
solche
Urteile
auch
offenbar
falsch
sein
, und doch,
problematisch
genommen
,
Bedingungen
der
Erkenntnis
der
Wahrheit
sein
. So ist das
Urteil
: die
Welt
ist durch
blinden
Zufall
da
, in dem
disjunktiven
Urteil
nur von
problematischer
Bedeutung
,
nämlich
, daß
jemand
diesen
Satz
etwa auf
eignen
Augenblick
annehmen
möge
, und
dient
doch, (wie die
Verzeichnung
des
falschen
Weges
, unter der
Zahl
aller derer, die man
nehmen
kann,) den
wahren
zu
finden
. Der
problematische
Satz
ist also
derjenige
, der nur
logische
Möglichkeit
(die nicht
objektiv
ist)
ausdrückt
,
d.i.
eine
freie
Wahl
einen
solchen
Satz
gelten
zu
lassen
, eine
bloß
willkürliche
Aufnehmung
desselben
in den
Verstand
. Der
assertorische
sagt
von
logischer
Wirklichkeit
oder
Wahrheit
, wie etwa in einem
hypothetischen
Vernunftschluß
das
Antecedens
im
Obersatze
problematisch
, im
Untersatze
assertorisch
vorkommt
, und
zeigt
an, daß der
Satz
mit dem
Verstande
nach dessen
Gesetzen
schon
verbunden
sei
, der
apodiktische
Satz
denkt
sich den
assertorischen
durch diese
Gesetze
des
Verstandes
selbst
bestimmt
, und daher
a
priori
behauptend
, und
drückt
auf solche
Weise
logische
Notwendigkeit
aus. Weil nun hier alles sich
gradweise
dem
Verstande
einverleibt
, so daß man zuvor etwas
problematisch
urteilt
, darauf auch
wohl
es
assertorisch
als
wahr
annimmt
,
endlich
als
unzertrennlich
mit dem
Verstande
verbunden
,
d.i.
als
notwendig
und
apodiktisch
behauptet
, so kann man diese drei
Funktionen
der
Modalität
auch so viel
Momente
des
Denkens
überhaupt
nennen
.
11
Gleich
, als wenn das
Denken
im
ersten
Fall
eine
Funktion
des
Verstandes
, im
zweiten
der
Urteilskraft
, im
dritten
der
Vernunft
wäre
. Eine
Bemerkung
, die
erst
in der
Folge
ihre
Aufklärung
erwartet
.
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