3.2 Die Kirche ist heilig ...
Die Kirche ist heilig, weil sie von Christus geheiligt worden ist. Indem er
sich für sie dahingegeben hat aus Liebe bis zum Tod am Kreuz, hat er sich die
Kirche als sein Eigentum erworben. Die Kirche wird in dieser Heiligkeit
erhalten vom Heiligen Geist, der ihr Leben und Wirken unaufhörlich innerlich
durchdringt und formt. So erklärt das II. Vatikanische Konzil: "Es ist
Gegenstand des Glaubens, dass die Kirche, deren Geheimnis die Heilige Synode
vorlegt, unzerstörbar heilig ist. Denn Christus, der Sohn Gottes, der mit dem
Vater und dem Geist als <allein Heiliger> gepriesen wird, hat die Kirche
als seine Braut geliebt und sich für sie hingegeben, um sie zu heiligen (vgl. Eph
5,25f.), er hat sie als seinen Leib mit sich verbunden und mit der Gabe des
Heiligen Geistes reich beschenkt zur Ehre Gottes. Daher sind in der Kirche
alle, mögen sie zur Hierarchie gehören oder von ihr geleitet werden, zur Heiligkeit
berufen."48 In diesem Sinne ist es zu verstehen, dass von den
Anfängen der Kirche an ihre Glieder "die Heiligen" genannt wurden
(vgl. Apg 9,13; 1 Kor 6,1f.;16,1).
Man muss hier von Heiligkeit in einem zweifachen Sinne sprechen: einmal von
der Heiligkeit der Kirche und zum andern von der Heiligkeit in der Kirche. Die
Heiligkeit der Kirche ist begründet in den Sendungen des Sohnes und des
Heiligen Geistes. Sie gewährleistet die Kontinuität der Sendung des
Gottesvolkes bis ans Ende der Zeiten. Sie motiviert die Gläubigen und hilft
ihnen auf dem Weg zur persönlichen subjektiven Heiligkeit. In der Berufung, die
jeder einzelne empfängt, ist dagegen die besondere Form der Heiligkeit
verwurzelt, die ihm geschenkt wird als Gabe und die von ihm eingefordert wird
als volle Erfüllung seiner eigenen Berufung und Sendung.
Die persönliche Heiligkeit richtet sich auf Gott hin aus und auch auf die
anderen hin. Ihr kommt darum eine wesentliche soziale Bestimmung zu. Es ist
eine Heiligkeit "in der Kirche", die sich orientiert am Heil und Wohl
aller.
Dieser Heiligkeit der Kirche muss die Heiligkeit in der Kirche entsprechen:
"Die Anhänger Christi sind von Gott nicht kraft ihrer Werke, sondern
aufgrund seines gnädigen Ratschlusses berufen und in Jesus dem Herrn gerechtfertigt,
in der Taufe des Glaubens wahrhaft Kinder Gottes und der göttlichen Natur
teilhaftig und so wirklich heilig geworden. Sie müssen daher die Heiligung, die
sie empfangen haben, mit Gottes Gnade im Leben bewahren und zur vollen
Entfaltung bringen."49
Der Getaufte ist berufen, mit seiner ganzen Existenz zu werden, was er in
der Kraft des Taufsakraments schon geworden ist. Dies kann nie geschehen ohne
freie Zustimmung des Menschen und ohne die Gnadenhilfe Gottes.
Wenn dies im Leben des Glaubenden Wirklichkeit wird, dann tritt in der
Geschichte die neue Menschheit ins Licht, wie Gott sie will. Niemand erreicht
die Vollkommenheit außer dem, der den Heilsplan Gottes sich zu eigen macht und
mit Hilfe der Gnade in seinem ganzen Sein eins wird mit dem Lebensentwurf, den
Gott für ihn bereitet hat. In diesem Sinne sind die Heiligen wie ein Licht, das
vom Herrn ausgeht und das Christi Licht inmitten der Kirche zum Leuchten
bringt. Sie sind prophetische Zeichen für die ganze Welt.
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