Psychologische, sittliche und religiöse Wandlungen
7. Die Wandlungen von
Denkweisen und Strukturen stellen häufig überkommene Werte in Frage, zumal bei der
jüngeren Generation, die nicht selten ungeduldig, ja angsthaft rebellisch wird
und im Bewußtsein der eigenen Bedeutung im gesellschaftlichen Leben rascher
daran teilzuhaben beansprucht. Von daher erfahren Eltern und Erzieher bei der
Erfüllung ihrer Aufgabe immer größere Schwierigkeiten. Die von früheren
Generationen überkommenen Institutionen, Gesetze, Denk- und Auffassungsweisen
scheinen aber den wirklichen Zuständen von heute nicht mehr in jedem Fall gut
zu entsprechen. So kommt es zu schweren Störungen im Verhalten und sogar in den
Verhaltensnormen. Die neuen Verhältnisse üben schließlich auch auf das
religiöse Leben ihren Einfluß aus. Einerseits läutert der geschärfte kritische
Sinn das religiöse Leben von einem magischen Weltverständnis und von noch
vorhandenen abergläubischen Elementen und fordert mehr und mehr eine
ausdrücklicher personal vollzogene Glaubensentscheidung, so daß nicht wenige zu
einer lebendigeren Gotteserfahrung kommen. Andererseits geben breite
Volksmassen das religiöse Leben praktisch auf. Anders als in früheren Zeiten
sind die Leugnung Gottes oder der Religion oder die völlige Gleichgültigkeit
ihnen gegenüber keine Ausnahme und keine Sache nur von Einzelnen mehr. Heute
wird eine solche Haltung gar nicht selten als Forderung des wissen schaftlichen
Fortschritts und eines sogenannten neuen Humanismus ausgegeben. Das alles
findet sich in vielen Ländern nicht nur in Theorien von Philosophen, sondern
bestimmt in größtem Ausmaß die Literatur, die Kunst, die Deutung der
Wissenschaft und Geschichte und sogar das bürgerliche Recht. Die Verwirrung
vieler ist die Folge.
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