Die Würde der Vernunft, die Wahrheit und die Weisheit
15. In Teilnahme am Licht
des göttlichen Geistes urteilt der Mensch richtig, daß er durch seine Vernunft
die Dingwelt überragt. In unermüdlicher Anwendung seiner Geistesanlagen hat er
im Lauf der Zeit die empirischen Wissenschaften, die Technik und seine geistige
und künstlerische Bildung sehr entwickelt. In unserer Zeit aber hat er mit
ungewöhnlichem Erfolg besonders die materielle Welt erforscht und sich
dienstbar gemacht. Immer jedoch suchte und fand er eine tiefere Wahrheit. Die
Vernunft ist nämlich nicht auf die bloßen Phänomene eingeengt, sondern vermag
geistig-tiefere Strukturen der Wirklichkeit mit wahrer Sicherheit zu erreichen,
wenn sie auch infolge der Sünde zum Teil verdunkelt und geschwächt ist. Die zuerstrebende
Vollendung der Vernunftnatur der menschlichen Person ist die Weisheit, die den
Geist des Menschen sanft zur Suche und Liebe des Wahren und Guten hinzieht und
den durch sie geleiteten Menschen vom Sichtbaren zum Unsichtbaren führt. Unsere
Zeit braucht mehr als die vergangenen Jahrhunderte diese Weisheit, damit
humaner wird, was Neues vom Menschen entdeckt wird. Es gerät nämlich das
künftige Geschick der Welt in Gefahr, wenn nicht weisere Menschen entstehen.
Zudem ist zu bemerken, daß viele Nationen an wirtschaftlichen Gütern
verhältnismäßig arm, an Weisheit aber reicher sind und den übrigen
hervorragende Hilfe leisten können. Dank der Gabe des Heiligen Geistes kommt
der Mensch im Glauben zu Erkenntnis und innerem Einverständnis des Geheimnisses
des göttlichen Ratschlusses8.
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