Die Würde des sittlichen Gewissens
16. Im Innern seines
Gewissens entdeckt der Mensch ein Gesetz, das er sich nicht selbst gibt, sondern
dem er gehorchen muß und dessen Stimme ihn immer zur Liebe und zum Tun des
Guten und zur Unterlassung des Bösen anruft und, wo nötig, in den Ohren des
Herzens tönt: Tu dies, meide jenes. Denn der Mensch hat ein Gesetz, das von
Gott seinem Herzen eingeschrieben ist, dem zu gehorchen eben seine Würde ist
und gemäß dem er gerichtet werden wird9. Das Gewissen ist die
verborgenste Mitte und das Heiligtum im Menschen, wo er allein ist mit Gott,
dessen Stimme in diesem seinem Innersten zu hören ist10. Im Gewissen erkennt man in wunderbarer Weise jenes
Gesetz, das in der Liebe zu Gott und dem Nächsten seine Erfüllung hat11. Durch die Treue zum Gewissen sind die Christen mit den
übrigen Menschen verbunden im Suchen nach der Wahrheit und zur wahrheitsgemäßen
Lösung all der vielen moralischen Probleme, die im Leben der Einzelnen wie im
gesellschaftlichen Zusammenleben entstehen. Je mehr also das rechte Gewissen sich
durchsetzt, desto mehr lassen die Personen und Gruppen von der blinden Willkür
ab und suchen sich nach den objektiven Normen der Sittlichkeit zu richten.
Nicht selten jedoch geschieht es, daß das Gewissen aus unüberwindlicher
Unkenntnis irrt, ohne daß es dadurch seine Würde verliert. Das kann man aber
nicht sagen, wenn der Mensch sich zuwenig darum müht, nach dem Wahren und Guten
zu suchen, und das Gewissen durch Gewöhnung an die Sünde allmählich fast blind
wird.
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