Die Förderung des Gemeinwohls
26. Aus der immer engeren
und allmählich die ganze Welt erfassenden gegenseitigen Abhängigkeit ergibt
sich als Folge, daß das Gemeinwohl, d. h. die Gesamtheit jener Bedingungen des
gesellschaftlichen Lebens, die sowohl den Gruppen als auch deren einzelnen
Gliedern ein volleres und leichteres Erreichen der eigenen Vollendung ermöglichen,
heute mehr und mehr einen weltweiten Umfang annimmt und deshalb auch Rechte und
Pflichten in sich begreift, die die ganze Menschheit betreffen. Jede Gruppe muß
den Bedürfnissen und berechtigten Ansprüchen anderer Gruppen, ja dem Gemeinwohl
der ganzen Menschheitsfamilie Rechnung tragen5. Gleichzeitig wächst auch das Bewußtsein der erhabenen
Würde, die der menschlichen Person zukommt, da sie die ganze Dingwelt überragt
und Träger allgemeingültiger sowie unverletzlicher Rechte und Pflichten ist. Es
muß also alles dem Menschen zugänglich gemacht werden, was er für ein wirklich
menschliches Leben braucht, wie Nahrung, Kleidung und Wohnung, sodann das Recht
auf eine freie Wahl des Lebensstandes und auf Familiengründung, auf Erziehung,
Arbeit, guten Ruf, Ehre und auf geziemende Information; ferner das Recht zum
Handeln nach der rechten Norm seines Gewissens, das Recht auf Schutz seiner
privaten Sphäre und auf die rechte Freiheit auch in religiösen Dingen. Die
gesellschaftliche Ordnung und ihre Entwicklung müssen sich dauernd am Wohl der
Personen orientieren; denn die Ordnung der Dinge muß der Ordnung der Personen
dienstbar werden und nicht umgekehrt. So deutete der Herr selbst es an, als er
sagte, der Sabbat sei um des Menschen willen da, nicht der Mensch um des
Sabbats willen6. Die gesellschaftliche
Ordnung muß sich ständig weiterentwickeln, muß in Wahrheit gegründet, in
Gerechtigkeit aufgebaut und von Liebe beseelt werden und muß in Freiheit ein
immer humaneres Gleichgewicht finden7, Um dies zu
verwirklichen, sind Gesinnungswandel und weitreichende Änderungen in der
Gesellschaft selbst notwendig. Der Geist Gottes, dessen wunderbare Vorsehung den
Lauf der Zeiten leitet und das Antlitz der Erde erneuert, steht dieser
Entwicklung bei. Der Sauerteig des Evangeliums hat im Herzen des Menschen den
unbezwingbaren Anspruch auf Würde erweckt und erweckt ihn auch weiter.
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