Die Hilfe, welche die Kirche der menschlichen Gemeinschaft bringen möchte
42. Die Einheit der
menschlichen Familie wird durch die Einheit der Familie der Kinder Gottes, die
in Christus begründet ist10, in vieler Hinsicht
gestärkt und erfüllt. Die ihr eigene Sendung, die Christus der Kirche
übertragen hat, bezieht sich zwar nicht auf den politischen, wirtschaftlichen oder
sozialen Bereich: das Ziel, das Christus ihr gesetzt hat, gehört ja der
religiösen Ordnung an11. Doch fließen aus eben
dieser religiösen Sendung Auftrag, Licht und Kraft, um der menschlichen
Gemeinschaft zu Aufbau und Festigung nach göttlichem Gesetz behilflich zu sein.
Ja wo es nötig ist, kann und muß sie selbst je nach den Umständen von Zeit und
Ort Werke zum Dienst an allen, besonders an den Armen, in Gang bringen, wie z.
B. Werke der Barmherzigkeit oder andere dieser Art. Die Kirche anerkennt
weiterhin, was an Gutem in der heutigen gesellschaftlichen Dynamik vorhanden
ist, besonders die Entwicklung hin zur Einheit, den Prozeß einer gesunden
Sozialisation und Vergesellschaftung im bürgerlichen und wirtschaftlichen Bereich.
Förderung von Einheit hängt ja mit der letzten Sendung der Kirche zusammen, da
sie "in Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug
für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen
Menschheit"12 ist. So zeigt sie der
Welt, daß die wahre Einheit in der äußeren gesellschaftlichen Sphäre aus einer
Einheit der Gesinnungen und Herzen erwächst, aus jenem Glauben und jener Liebe
nämlich, auf denen im Heiligen Geist ihre unauflösliche Einheit beruht. Die
Kraft nämlich, die die Kirche der menschlichen Gesellschaft von heute
mitzuteilen vermag, ist jener Glaube und jene Liebe, die sich in Tat und
Wahrheit des Lebens auswirken, nicht aber irgendeine äußere, mit rein
menschlichen Mitteln ausgeübte Herrschaft. Da sie weiterhin kraft ihrer Sendung
und Natur an keine besondere Form menschlicher Kultur und an kein besonderes
politisches, wirtschaftliches oder gesellschaftliches System gebunden ist, kann
die Kirche kraft dieser ihrer Universalität ein ganz enges Band zwischen den
verschiedenen menschlichen Gemeinschaften und Nationen bilden. Nur müssen diese
ihr Vertrauen schenken und ihr wahre Freiheit zur Erfüllung dieser ihrer
Sendung ehrlich zuerkennen. So mahnt denn die Kirche ihre Kinder, aber auch
alle Menschen, sie sollen in diesem Familiengeist der Gotteskinder alle
Zwistigkeiten zwischen den Nationen und den Rassen überwinden und von innen her
den legitimen menschlichen Vergesellschaftungen Festigkeit verleihen. Mit
großer Achtung blickt das Konzil auf alles Wahre, Gute und Gerechte, das sich
die Menschheit in den verschiedenen Institutionen geschaffen hat und immer neu
schafft. Es erklärt auch, daß die Kirche alle diese Einrichtungen unterstützen
und fördern will, soweit es von ihr abhängt und sich mit ihrer Sendung
vereinbaren läßt. Sie selbst hat keinen dringlicheren Wunsch, als sich selbst
im Dienst des Wohles aller frei entfalten zu können unter jeglicher
Regierungsform, die die Grundrechte der Person und der Familie und die Erfordernisse
des Gemeinwohls anerkennt.
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