Die Heiligkeit von Ehe und Familie
48. Die innige Gemeinschaft
des Lebens und der Liebe in der Ehe, vom Schöpfer begründet und mit eigenen
Gesetzen geschützt, wird durch den Ehebund, d. h. durch ein unwiderrufliches
personales Einverständnis, gestiftet. So entsteht durch den personal freien
Akt, in dem sich die Eheleute gegenseitig schenken und annehmen, eine nach
göttlicher Ordnung feste Institution, und zwar auch gegenüber der Gesellschaft.
Dieses heilige Band unterliegt im Hinblick auf das Wohl der Gatten und der
Nachkommenschaft sowie auf das Wohl der Gesellschaft nicht mehr menschlicher
Willkür. Gott selbst ist Urheber der Ehe, die mit verschiedenen Gütern und
Zielen ausgestattet ist1; sie alle sind von
größter Bedeutung für den Fortbestand der Menschheit, für den persönlichen
Fortschritt der einzelnen Familienmitglieder und ihr ewiges Heil; für die
Würde, die Festigkeit, den Frieden und das Wohlergehen der Familie selbst und
der ganzen menschlichen Gesellschaft. Durch ihre natürliche Eigenart sind die
Institutionen der Ehe und die eheliche Liebe auf die Zeugung und Erziehung von
Nachkommenschaft hingeordnet und finden darin gleichsam ihre Krönung. Darum
gewähren sich Mann und Frau, die im Ehebund nicht mehr zwei sind, sondern ein
Fleisch (Mt 19,6), in inniger Verbundenheit der Personen und ihres Tuns
gegenseitige Hilfe und gegenseitigen Dienst und erfahren und vollziehen dadurch
immer mehr und voller das eigentliche Wesen ihrer Einheit. Diese innige
Vereinigung als gegenseitiges Sichschenken zweier Personen wie auch das Wohl
der Kinder verlangen die unbedingte Treue der Gatten und fordern ihre
unauflösliche Einheit2. Christus der Herr hat
diese Liebe, die letztlich aus der göttlichen Liebe hervorgeht und nach dem
Vorbild seiner Einheit mit der Kirche gebildet ist, unter ihren vielen
Hinsichten in reichem Maße gesegnet. Wie nämlich Gott einst durch den Bund der
Liebe und Treue seinem Volk entgegenkam3, so begegnet nun der
Erlöser der Menschen und der Bräutigam4 der Kirche durch das
Sakrament der Ehe den christlichen Gatten. Er bleibt fernerhin bei ihnen, damit
die Gatten sich in gegenseitiger Hingabe und ständiger Treue lieben, so wie er
selbst die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat5. Echte eheliche Liebe wird in die göttliche Liebe
aufgenommen und durch die erlösende Kraft Christi und die Heilsvermittlung der
Kirche gelenkt und bereichert, damit die Ehegatten wirksam zu Gott hingeführt
werden und in ihrer hohen Aufgabe als Vater und Mutter unterstützt und
gefestigt werden6. So werden die
christlichen Gatten in den Pflichten und der Würde ihres Standes durch ein eigenes
Sakrament gestärkt und gleichsam geweiht7. In der Kraft dieses
Sakramentes erfüllen sie ihre Aufgabe in Ehe und Familie. Im Geist Christi,
durch den ihr ganzes Leben mit Glaube, Hoffnung und Liebe durchdrungen wird,
gelangen sie mehr und mehr zu ihrer eigenen Vervollkommnung, zur gegenseitigen
Heiligung und so gemeinsam zur Verherrlichung Gottes. Wenn somit die Eltern
durch ihr Beispiel und ihr gemeinsames Gebet auf dem Weg vorausgehen, werden
auch die Kinder und alle, die in der Familiengemeinschaft leben, leichter
diesen Weg des echten Menschentums, des Heils und der Heiligkeit finden. Die
Gatten aber müssen in ihrer Würde und Aufgabe als Vater und Mutter die Pflicht
der Erziehung, vornehmlich der religiösen, die ihnen in ganz besonderer Weise
zukommt, sorgfältig erfüllen. Die Kinder als lebendige Glieder der Familie
tragen auf ihre Weise zur Heiligung der Eltern bei. In Dankbarkeit, Ehrfurcht
und Vertrauen müssen sie das erwidern, was die Eltern ihnen Gutes tun, und
ihnen, wie es Kindern ziemt, im Unglück und in der Einsamkeit des Alters
beistehen. Ein Leben, das nach dem Tod des einen Gatten als Fortführung der
bisherigen ehelichen Berufung tapfer bejaht wird, soll von allen geachtet
werden8. Von einem reichen geistlichen
Leben soll die Familie auch anderen Familien in hochherziger Weise mitgeben.
Daher soll die christliche Familie - entsteht sie doch aus der Ehe, die das
Bild und die Teilhabe an dem Liebesbund Christi und der Kirche ist9 - die lebendige Gegenwart des Erlösers in der Welt und
die wahre Natur der Kirche allen kundmachen, sowohl durch die Liebe der Gatten,
in hochherziger Fruchtbarkeit, in Einheit und Treue als auch in der
bereitwilligen Zusammenarbeit aller ihrer Glieder.
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