Dritter Abschnitt: Einige dringliche Aufgaben der Christen im Bereich der
Kultur
Die Anerkennung und Verwirklichung des Rechts aller auf die Wohltaten der
Kultur
60. Da jetzt die
Möglichkeit gegeben ist, die meisten Menschen aus dem Elend der Unwissenheit zu
befreien, ist es heute eine höchst zeitgemäße Pflicht, vor allem für die
Christen, tatkräftig darauf hinzuarbeiten, daß in der Wirtschaft wie in der
Politik, auf nationaler wie auf internationaler Ebene Grundentscheidungen
getroffen werden, durch die das Recht aller auf menschliche und mitmenschliche
Kultur auf der ganzen Welt anerkannt wird und zur Verwirklichung kommt, ein
Recht, das entsprechend der Würde der menschlichen Person allen ohne
Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Nation, der Religion oder der
sozialen Stellung zukommt. Daher ist dafür Sorge zu tragen, daß die Kulturgüter
in ausreichendem Maße allen zugänglich sind, vor allem jene, die die sogenannte
Grundkultur ausmachen, damit nicht weiterhin ein großer Teil der Menschheit durch
Analphabetismus und Mangel an verantwortlicher Eigeninitiative von einer
wahrhaft menschlichen Mitarbeit am Gemeinwohl ausgeschlossen wird. Ziel muß
also sein, daß alle, die entsprechend begabt sind, zu höheren Studien
aufsteigen können, und zwar so, daß sie, soweit es möglich ist, in der
Gesellschaft jene Aufgaben, Ämter und Dienste erreichen, die ihrer Begabung und
ihren Fachkenntnissen entsprechen11. So werden jeder
Einzelne und alle gesellschaftlichen Gruppen eines jeden Volkes zur vollen
Entfaltung ihres kulturellen Lebens gelangen können, wie sie ihren Anlagen und
Überlieferungen gemäß ist. Darüber hinaus sind ernste Anstrengungen zu machen,
daß sich alle des Rechtes auf Kultur bewußt werden und der Pflicht, sich selbst
zu bilden und andere bei ihrer Bildung zu unterstützen; gibt es doch mitunter
Lebens- und Arbeitsbedingungen, die die kulturellen Bemühungen der Menschen
behindern und das Streben nach Kultur in ihnen ersticken. Das gilt in
besonderer Weise für Landbevölkerung und Arbeiter; diesen müssen
Arbeitsbedingungen geboten werden, die ihre menschliche Kultur nicht
beeinträchtigen, sondern fördern. Die Frauen sind zwar schon in fast allen
Lebensbereichen tätig, infolgedessen sollen sie aber auch in der Lage sein, die
ihrer Eigenart angemessene Rolle voll zu übernehmen. Sache aller ist es, die je
eigene und notwendige Teilnahme der Frau am kulturellen Leben anzuerkennen und
zu fördern.
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