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Über die
entscheidende Bedeutung der Erziehung im menschlichen Leben und ihren ständig
wachsenden Einfluß auf den gesellschaftlichen Fortschritt der Gegenwart hat das
Heilige Ökumenische Konzil eingehende Erwägungen angestellt1. Tatsächlich machen die Gegebenheiten unserer Zeit die Erziehung
der Jugend, ja sogar eine stetige Erwachsenenbildung leichter und vor allem
dringlicher. Denn die Menschen sind sich der eigenen Würde und Aufgabe voller
bewußt und verlangen immer mehr nach einer aktiveren Teilnahme am
gesellschaftlichen und besonders am wirtschaftlichen und politischen Leben2. Die staunenswerten Fortschritte der Technik und
wissenschaftlichen Forschung sowie die modernen Kommunikationsmittel der
Gesellschaft geben den Menschen, die heute nicht selten über mehr Freizeit
verfügen, die Möglichkeit, zum geistig-kulturellen Erbe einen leichteren Zugang
zu finden und durch eine engere Verbindung zwischen den Gruppen und den Völkern
selbst sich gegenseitig zu ergänzen. Daher werden überall Versuche unternommen,
das Erziehungswerk mehr und mehr zu fördern. Die grundlegenden Menschenrechte,
die sich mit der Erziehung befassen, insbesondere die der Kinder und der
Eltern, stellt man klar heraus und legt sie in öffentlichen Erklärungen nieder3. Um der schnell anwachsenden Schülerzahl gerecht zu
werden, vermehrt und verbessert man auf breiter Basis die Schulen und gründet
neue Erziehungsinstitute; neuartige Versuche wollen die Methoden von Erziehung
und Unterricht vervollkommnen. Außerordentliche Anstrengungen werden
unternommen, diese allen Menschen zugänglich zu machen, wenn auch bis jetzt
einer großen Zahl von Kindern und Jugendlichen selbst der elementarste
Unterricht noch versagt bleibt und so viele andere eine geeignete Erziehung
entbehren müssen, bei der die Wahrheit und die Liebe zugleich gepflegt werden.
In der Erfüllung des Auftrags ihres göttlichen Stifters soll die heilige Mutter
Kirche das Heilsmysterium allen Menschen verkünden und alles in Christus
erneuern. Ihrer Sorge ist daher auch das ganze irdische Leben des Menschen
aufgegeben, insofern es mit der himmlischen Berufung im Zusammenhang steht4; so hat sie auch bei der Förderung und Ausweitung der
Erziehung ihre Aufgabe zu erfüllen. Darum legt das Heilige Konzil hinsichtlich
der christlichen Erziehung, vor allem in den Schulen, einige grundlegende
Richtlinien nieder, die dann durch eine besondere nachkonziliare Kommission
weiter ausgearbeitet und durch die Bischofskonferenzen auf die unterschiedlichen
Situationen ihrer Gebiete angewendet werden sollen.
1.
Alle Menschen, gleich welcher Herkunft, welchen Standes und Alters, haben kraft
ihrer Personenwürde das unveräußerliche Recht auf eine Erziehung5, die ihrem Lebensziel6, ihrer Veranlagung, dem
Unterschied der Geschlechter Rechnung trägt, der heimischen kulturellen
Überlieferung angepaßt und zugleich der brüderlichen Partnerschaft mit anderen
Völkern geöffnet ist, um der wahren Einheit und dem Frieden auf Erden zu
dienen. Die wahre Erziehung erstrebt die Bildung der menschlichen Person in
Hinordnung auf ihr letztes Ziel, zugleich aber auch auf das Wohl der
Gemeinschaften, deren Glied der Mensch ist und an deren Aufgaben er als
Erwachsener einmal Anteil erhalten soll. Unter Verwertung der Fortschritte der
psychologischen, der pädagogischen und der didaktischen Wissenschaft sollen
also die Kinder und Jugendlichen in der harmonischen Entfaltung ihrer
körperlichen, sittlichen und geistigen Anlagen so gefördert werden, daß sie
allmählich ein tieferes Verantwortungsbewußtsein erwerben für ihr eigenes Leben
und seine im steten Streben zu leistende Entfaltung und für das Wachsen in der
wahren Freiheit, in der tapferen und beharrlichen Überwindung der
widerstreitenden Kräfte. Nach den jeweiligen Altersstufen sollen sie durch eine
positive und kluge Geschlechtserziehung unterwiesen werden. Außerdem müssen sie
für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben so geformt werden, daß sie,
versehen mit dem notwendigen und geeigneten Rüstzeug, sich in die verschiedenen
Gruppen der menschlichen Gemeinschaft tätig einzugliedern vermögen, dem
Gespräch mit anderen sich öffnen und bereitwillig für das Allgemeinwohl
eintreten. Ebenso erklärt die Heilige Synode: Die Kinder und Heranwachsenden
haben ein Recht darauf, angeleitet zu werden, die sittlichen Werte mit
richtigem Gewissen zu schätzen und sie in personaler Bindung zu erfassen und
Gott immer vollkommener zu erkennen und zu lieben. Daher richtet sie an alle
Staatenlenker und Erzieher die dringende Bitte, dafür zu sorgen, daß die Jugend
niemals dieses heiligen Rechtes beraubt werde. Die Söhne der Kirche aber
ermahnt sie zum hochherzigen Einsatz ihrer Kräfte im gesamten Bereich der Erziehung;
vor allem sollen sie mitarbeiten, daß möglichst bald alle Menschen auf der
ganzen Welt in den Genuß einer angemessenen Erziehung und Bildung gelangen
können7.
2.
Alle Christen, die, durch die Wiedergeburt aus dem Wasser und dem Heiligen
Geist zu einer neuen Schöpfung geworden8, Söhne Gottes heißen
und es auch sind, haben das Recht auf eine christliche Erziehung. Diese
erstrebt nicht nur die eben umrissene Reifung der menschlichen Person, sondern
zielt hauptsächlich darauf ab, daß die Getauften, indem sie stufenweise in die
Erkenntnis des Heilsmysteriums eingeführt werden, der empfangenen Gabe des
Glaubens immer mehr bewußt werden. Sie sollen lernen, Gott den Vater im Geist
und in der Wahrheit (vgl. Joh 4,23) vornehmlich durch die Mitfeier der Liturgie
anzubeten und ihr eigenes Leben nach dem neuen Menschen in Gerechtigkeit und
wahrer Heiligkeit (vgl. Eph 4,22-24) zu gestalten. So sollen sie zur
Mannesreife gelangen, zum Vollmaß des Alters Christi (Eph 4,13), und so zum
Aufbau des mystischen Leibes ihren Beitrag leisten. Überdies sollen sie sich im
Bewußtsein ihrer Berufung darin einüben, Zeugnis abzulegen für die Hoffnung,
die in ihnen ist (1 Petr 3,15), und an der christlichen Weltgestaltung
mitzuhelfen; hierbei sollen ja die natürlichen Werte, die in die Gesamtschau
des von Christus erlösten Menschen einbezogen sind, zum Wohl der ganzen
Gesellschaft wirksam werden9. Deshalb erinnert die
Heilige Synode die Oberhirten an die schwere Verantwortung, alles
daranzusetzen, daß alle Gläubigen diese christliche Erziehung genießen, vor
allem die jungen Menschen, die die Hoffnung der Kirche sind10.
3.
Da die Eltern ihren Kindern das Leben schenkten, haben sie die überaus schwere
Verpflichtung zur Kindererziehung11. Daher müssen sie als
die ersten und bevorzugten Erzieher ihrer Kinder anerkannt werden. Ihr
Erziehungswirken ist so entscheidend, daß es dort, wo es fehlt, kaum zu
ersetzen ist. Den Eltern obliegt es, die Familie derart zu einer Heimstätte der
Frömmigkeit und Liebe zu Gott und den Menschen zu gestalten, daß die gesamte
Erziehung der Kinder nach der persönlichen wie der gesellschaftlichen Seite hin
davon getragen wird. So ist die Familie die erste Schule der sozialen Tugenden,
deren kein gesellschaftliches Gebilde entraten kann. Besonders aber sollen in
der christlichen Familie, die mit der Gnade und dem Auftrag des Ehesakramentes
ausgestattet ist, die Kinder schon von den frühesten Jahren an angeleitet
werden, gemäß dem in der Taufe empfangenen Glauben Gott zu erkennen und zu
verehren und den Nächsten zu lieben. Was gesunde menschliche Gemeinschaft und
was Kirche ist, erfahren die Kinder zum erstenmal in einer solchen christlichen
Familie; durch sie werden sie auch allmählich in die weltliche Gemeinschaft und
in das Volk Gottes eingeführt. Daher sollen die Eltern wohl bedenken, wie
entscheidend die echt christliche Familie für das Leben und das Wachstum des
Gottesvolkes ist12. Wenn auch die
Erziehungsaufgabe in erster Linie der Familie zufällt, so bedarf diese doch der
Hilfe der gesamten Gesellschaft. Neben den Rechten der Eltern und derer, denen
diese einen Teil der Erziehungsaufgabe anvertrauen, stehen daher gewisse Rechte
und Pflichten auch dem Staat zu, soweit dieser das zu ordnen hat, was das
zeitliche Allgemeinwohl erfordert. Zu seinen Aufgaben gehört es, die Erziehung
der Jugend in vielfacher Weise zu fördern; er hat die Pflichten und Rechte der
Eltern und all derer, die an der Erziehungsaufgabe teilhaben, zu schützen und
ihnen Hilfe zu leisten, und wenn die Initiativen der Eltern und anderer
Gemeinschaften nicht genügen, kommt dem Subsidiaritätsprinzip entsprechend dem
Staat die Pflicht zu, die Erziehung in die Hand zu nehmen, immer aber unter
Beachtung des elterlichen Willens. Schließlich gehört es zu seinen Aufgaben,
eigene Schulen und Institute zu gründen, soweit dies das Allgemeinwohl
erfordert13. Ein ganz besonderer
Erziehungsauftrag ist der Kirche zu eigen, nicht nur weil auch sie als eine zur
Erziehung fähige menschliche Gemeinschaft anzuerkennen ist, sondern vor allem deshalb,
weil sie die Aufgabe hat, allen Menschen den Heilsweg zu verkünden, den
Gläubigen das Leben Christi mitzuteilen und ihnen mit unablässiger Sorge zu
helfen, daß sie zur Fülle dieses Lebens gelangen können14. Diesen ihren Kindern hat daher die Kirche gleichsam als
ihre Mutter jene Erziehung zu schenken, die ihr ganzes Leben mit dem Geiste
Christi erfüllt; zugleich aber bietet sie ihre wirksame Hilfe allen Völkern an
zur Vervollkommnung der menschlichen Persönlichkeit, zum Wohl der irdischen
Gesellschaft und zum Aufbau einer Welt, die menschlicher gestaltet werden muß15.
4.
In der Erfüllung ihrer Erziehungsaufgabe ist die Kirche um alle geeigneten
Hilfsmittel bemüht, besonders um jene, die ihr eigentümlich sind. Zu ihnen
gehört als erstes die katechetische Unterweisung16: sie erleuchtet den Glauben und stärkt ihn, sie nährt
das Leben im Geiste Christi, führt zum bewußten und aktiven Mitvollzug des
Mysteriums der Liturgie17 und ermuntert zur
apostolischen Tat. Aber auch die anderen zum gemeinsamen menschlichen Erbe
gehörenden Hilfsmittel, die zur Bildung des Geistes und zur Formung des
Menschen sehr viel beitragen, schätzt die Kirche hoch und sucht sie mit ihrem
Geiste zu durchdringen und zu vervollkommnen; so etwa die Kommunikationsmittel
der Gesellschaft18, die verschiedenen der
geistigen und körperlichen Ertüchtigung dienenden Vereinigungen, die
Jugendgemeinschaften und vor allem die Schulen.
5.
Unter allen Erziehungsmitteln hat die Schule eine ganz besondere Bedeutung19, weil sie kraft ihrer Mission die geistigen Fähigkeiten
in beharrlicher Mühe heranbildet, das rechte Urteilsvermögen entwickelt, in das
von den vergangenen Generationen erworbene kulturelle Erbe einführt, den Sinn
für die Werte erschließt und auf das Berufsleben vorbereitet. Zudem stiftet sie
zwischen den Schülern verschiedener Anlagen und verschiedenen Standes ein
freundschaftliches Zusammenleben und schafft so die Grundlage für ein
gegenseitiges Verständnis. Darüber hinaus wird sie gleichsam zu einem Zentrum,
an dessen Bestrebungen und Fortschritten zugleich teilnehmen sollen die
Familien, die Lehrer, die verschiedenen Vereinigungen für das kulturelle, das
bürgerliche und das religiöse Leben, die Gesellschaft, ja die gesamte
Menschheitsfamilie. Schön, freilich auch schwer ist darum die Berufung all
derer, die als Helfer der Eltern und Vertreter der menschlichen Gesellschaft in
den Schulen die Erziehungsaufgabe übernehmen. Ihre Berufung erfordert besondere
Gaben des Geistes und des Herzens, eine sehr sorgfältige Vorbereitung und die
dauernde Bereitschaft zur Erneuerung und Anpassung.
6.
Die Eltern, die zuerst und unveräußerlich die Pflicht und das Recht haben, ihre
Kinder zu erziehen, müssen in der Wahl der Schule wirklich frei sein. Die
Staatsgewalt, deren Aufgabe es ist, die bürgerlichen Freiheiten zu schützen und
zu verteidigen, muß zur Wahrung der "austeilenden Gerechtigkeit"
darauf sehen, daß die öffentlichen Mittel so ausgegeben werden, daß die Eltern
für ihre Kinder die Schulen nach ihrem Gewissen wirklich frei wählen können20. Im übrigen kommt es dem Staat zu, dafür zu sorgen, daß
allen Bürgern eine entsprechende Teilnahme an der Kultur ermöglicht wird und
sie auf die Übernahme der bürgerlichen Pflichten und Rechte gebührend
vorbereitet werden. Der Staat muß daher das Recht der Kinder auf angemessene
schulische Erziehung schützen, die Befähigung der Lehrer und die Qualität des
Unterrichts überwachen, für die Gesundheit der Schüler Sorge tragen und im
allgemeinen dem ganzen Schulwesen seine Förderung angedeihen lassen. Dabei soll
er das Subsidiaritätsprinzip vor Augen haben, unter Ausschluß jeder Art von
Schulmonopol, das den angeborenen Rechten der menschlichen Person
widerstreitet, dem Fortschritt und der Ausbreitung der Kultur, dem friedlichen
Zusammenleben der Bürger und dem in sehr vielen Staaten heute herrschenden
Pluralismus widerspricht21. An die Gläubigen aber
richtet die Heilige Synode die Mahnung, hilfsbereit mitzuwirken an der
Erarbeitung guter Erziehungsmethoden und Unterrichtspläne sowie an der
Ausbildung von Lehrern, die die Jugend recht zu erziehen vermögen. Zudem sollen
sie, vor allem durch den Zusammenschluß in Elternvereinigungen, das gesamte
Schulwesen unterstützen und insbesondere die dadurch zu vermittelnde sittliche
Bildung mit ihren Hilfsmitteln fördern22.
7.
Da die Kirche um ihre überaus schwere Pflicht weiß, für die sittliche und
religiöse Erziehung aller ihrer Kinder zu sorgen, muß sie mit besonders
liebevoller Hilfsbereitschaft der großen Zahl jener nahe sein, die ihre
Ausbildung in nichtkatholischen Schulen erhalten: durch das lebendige Vorbild
jener Katholiken, die sie dort lehren und leiten, durch das apostolische Wirken
ihrer Mitschüler23, vor allem aber durch
den Dienst der Priester und Laien, die ihnen die Heilslehre in einer den
Altersstufen und sonstigen Gegebenheiten angepaßten Weise vermitteln und ihnen
geistige Hilfe leisten durch Einrichtungen, die den jeweiligen Umständen
Rechnung tragen. Die Eltern aber erinnert die Kirche an die ihnen auferlegte
schwere Verantwortung, alles zu veranlassen und auch zu fordern, daß ihre
Kinder solcher Hilfeleistung teilhaftig werden und daß mit der profanen auch
die christliche Ausbildung gleichen Schritt hält. Daher begrüßt die Kirche jene
weltlichen Autoritäten und Gemeinwesen, die dem Pluralismus der heutigen
Gesellschaft Rechnung tragen, für die gebührende religiöse Freiheit sorgen und
so den Familien dazu verhelfen, daß ihren Kindern in allen Schulen eine
Erziehung nach den sittlichen und religiösen Grundsätzen der Familien erteilt
werden kann24.
8.
Die Präsenz der Kirche im schulischen Bereich zeigt sich in besonderer Weise
durch die katholische Schule. Diese verfolgt nicht weniger als andere Schulen
die Bildungsziele und die menschliche Formung der Jugend. Ihre besondere
Aufgabe aber ist es, einen Lebensraum zu schaffen, in dem der Geist der
Freiheit und der Liebe des Evangeliums lebendig ist. Sie hilft dem jungen
Menschen, seine Persönlichkeit zu entfalten und zugleich der neuen Schöpfung
nach zu wachsen, die er durch die Taufe geworden ist. Ferner richtet sie die
gesamte menschliche Bildung auf die Heilsbotschaft aus, so daß die Erkenntnis,
welche die Schüler stufenweise von der Welt, vom Leben und vom Menschen
gewinnen, durch den Glauben erleuchtet wird25. So erzieht die katholische
Schule, indem sie sich den Anforderungen der Zeit gebührend aufschließt, ihre
Schüler dazu, das Wohl der irdischen Gemeinschaft wirksam zu fördern, und
bereitet sie zum Dienst an der Ausbreitung des Reiches Gottes, damit sie in
einem vorbildhaften und apostolischen Leben gleichsam zum Sauerteig des Heils
für die menschliche Gemeinschaft werden. Weil die katholische Schule also dem
Volk Gottes in der Erfüllung seines Auftrages so förderlich und dem Gespräch
zwischen Kirche und menschlicher Gemeinschaft zu deren beiderseitigem Vorteil
nützlich sein kann, behält sie auch in unserer heutigen Welt eine entscheidende
Bedeutung. Deshalb verkündet die Heilige Synode von neuem das in zahlreichen
Äußerungen des kirchlichen Lehramtes bereits niedergelegte Recht der Kirche26, Schulen jeder Art und jeder Rangstufe frei zu gründen
und zu leiten. Dabei erinnert sie daran, daß die Ausübung solchen Rechts auch
der Gewissensfreiheit, dem Schutz des elterlichen Rechts und dem kulturellen
Fortschritt selbst höchst zuträglich ist. Die Lehrer aber seien sich bewußt,
daß es in höchstem Maße von ihnen abhängt, wieweit die katholische Schule ihre
Absichten und Initiativen verwirklichen kann27. Darum sollen sie mit
besonderer Sorgfalt ausgebildet werden, damit sie mit einem profanen wie auch
religiösen Wissen ausgerüstet sind, das durch hinreichende Zeugnisse bestätigt
ist, und über Erziehungsmethoden verfügen, die mit den Ergebnissen der
weiterrückenden Zeit Schritt halten. In Liebe untereinander und mit den
Schülern eng verbunden und von apostolischem Geist beseelt, sollen sie in Leben
und Lehre für Christus, den einzigen Lehrer, Zeugnis ablegen. Besonders mit den
Eltern sollen sie eng zusammenarbeiten; gemeinsam mit ihnen sollen sie in der
gesamten Erziehung der Verschiedenheit der Geschlechter und der jedem der
beiden Geschlechter in Familie und Gesellschaft eigenen, von der göttlichen
Vorsehung bestimmten Zielsetzung Rechnung tragen; sie seien bestrebt, ihre
Schüler zur Eigeninitiative anzueifern, und sie sollen nach Beendigung der
Schulzeit fortfahren, um sie bemüht zu sein durch Rat und Freundschaft sowie
durch die Gründung besonderer Vereinigungen, die von wahrem kirchlichem Geist
beseelt sind. Die Heilige Synode erklärt: Der Dienst dieser Lehrer ist im
wahren Sinn des Wortes Apostolat, er ist auch für unsere Zeit in höchstem Maße
nützlich und notwendig und zugleich ein echter Dienst an der Gesellschaft. Die
katholischen Eltern jedoch erinnert sie an ihre Pflicht, ihre Kinder, wann und
wo sie die Möglichkeit haben, katholischen Schulen anzuvertrauen, diese nach
Kräften zu unterstützen und mit ihnen zum Wohle ihrer Kinder zusammenzuarbeiten28.
9.
Diesem Leitbild der katholischen Schule müssen alle von der Kirche in
irgendeiner Weise abhängigen Schulen zu entsprechen suchen, wenn auch die
katholische Schule, den örtlichen Verhältnissen angepaßt, verschiedene Formen
annehmen kann29. Als sehr wertvoll
betrachtet die Kirche auch die katholischen Schulen, die besonders im Bereich
der jungen Kirchen auch von nichtkatholischen Schülern besucht werden. Im
übrigen ist bei der Gründung und Einrichtung katholischer Schulen den aus der
Zeitentwicklung sich ergebenden Notwendigkeiten Rechnung zu tragen. Während
deshalb Schulen der Grund- und Mittelstufe, die das Fundament der Bildung
legen, weiterhin zu fördern sind, soll man sich auch um jene Schulen kümmern,
die von den heutigen Lebensbedingungen in besonderer Weise gefordert sind,
nämlich um die Berufsschulen30 und die technischen
Schulen, die Institute für Erwachsenenbildung und für soziale Berufe und auch
für solche, die wegen anlagebedingter Mängel besonderer Sorge bedürfen, sowie
Schulen, in denen Lehrer sowohl für die religiöse Unterweisung als auch für
andere Unterrichtsfächer vorbereitet werden. Die Heilige Synode mahnt die
Oberhirten und alle Gläubigen nachdrücklich, daß sie keine Opfer scheuen, um den
katholischen Schulen zu helfen, ihre Aufgabe immer vollkommener zu erfüllen,
und daß sie sich besonders derjenigen annehmen, die arm sind an zeitlichen
Gütern, den Schutz und die Liebe der Familie entbehren müssen oder der Gnade
des Glaubens fernstehen.
10.
Gleicherweise widmet die Kirche den Hochschulen, insbesondere den Universitäten
und Fakultäten, ihre angelegentliche Sorge. In der Tat ist sie bei denen, die
ihr unterstehen, naturgemäß bestrebt, daß die einzelnen Disziplinen mit den
ihnen eigenen Prinzipien, mit ihrer eigenen Methode und mit einer der
wissenschaftlichen Forschung eigenen Freiheit so gepflegt werden, daß sich in
ihnen die Erkenntnisse mehr und mehr vertiefen, die neuen Fragen und
Forschungsergebnisse der voranschreitenden Zeit sorgfältige Beachtung finden
und so tiefer erfaßt wird, wie Glaube und Vernunft sich in der einen Wahrheit
treffen. Dabei dienen die Kirchenlehrer, besonders der heilige Thomas von
Aquin, als Vorbilder31. So soll gleichsam der
christliche Geist bei dem gesamten Bemühen um die Förderung einer höheren
Kultur öffentlich, stets und universell präsent sein. Die Studenten dieser
Anstalten sollen zu Menschen herangebildet werden, die in ihrer Wissenschaft
bestens bewandert, wichtigen Aufgaben im öffentlichen Leben gewachsen und
Zeugen des Glaubens in der Welt sind32. An katholischen
Universitäten, an denen keine theologische Fakultät besteht, werde ein Institut
oder ein Lehrstuhl für Theologie unterhalten, an dem Vorlesungen gegeben werden
sollen, die auch für Laienhörer geeignet sind. Weil die Wissenschaften
hauptsächlich durch Spezialforschungen von hohem wissenschaftlichem Wert
weiterentwickelt werden, sollen an den Universitäten und Fakultäten Institute
sehr gefördert werden, die in erster Linie der wissenschaftlichen Forschung
dienen. Die Heilige Synode empfiehlt sehr die Förderung der in angemessener
Weise auf die verschiedenen Teile der Welt verteilten katholischen
Universitäten und Fakultäten, jedoch so, daß sie nicht durch ihre Zahl, sondern
durch ihre wissenschaftliche Leistung hervortreten. Sie sollen besonders den
begabten Studenten offenstehen, auch wenn diese zu den Armen zählen, vor allem
aber auch denen, die aus den jungen Völkern stammen. Weil das Schicksal der
Gesellschaft und der Kirche selbst mit der Entwicklung der Hochschulstudenten
sehr eng verbunden ist33, sollen die Oberhirten
der Kirche nicht nur für das geistliche Leben der Studenten an katholischen
Universitäten Sorge tragen; sie sollen vielmehr, um die geistliche Bildung
aller ihrer Söhne besorgt, nach sachdienlichen Beratungen der Bischöfe darauf
achten, daß auch an nichtkatholischen Universitäten katholische Studentenheime
und Universitätszentren errichtet werden, in denen sorgfältig ausgewählte und
vorgebildete Priester, Ordensleute und Laien der studierenden Jugend dauernde
geistliche und geistige Hilfe bieten. Besonders begabte Studenten katholischer
oder anderer Universitäten, die zur Lehr- und Forschungstätigkeit befähigt
erscheinen, sollen mit besonderer Sorgfalt ausgebildet und für die Übernahme
des Lehramtes vorbereitet werden.
11.
Von der Tätigkeit der theologischen Fakultäten erwartet die Kirche sehr viel34. Ihnen nämlich vertraut sie die überaus wichtige Aufgabe
an, ihre Studenten nicht nur auf den priesterlichen Dienst, sondern besonders
für die Tätigkeit auf den Lehrstühlen der Theologie und auf eigenständige
Weiterarbeit in der Wissenschaft oder auf schwierigere Aufgaben im geistigen
Apostolat vorzubereiten. Ebenso ist es die Aufgabe der genannten Fakultäten,
die verschiedenen Gebiete der Theologie gründlicher zu erforschen, so daß das
Verständnis der göttlichen Offenbarung sich mehr und mehr vertieft, das von den
Vätern überkommene Erbe christlicher Weisheit sich immer besser erschließt, das
Gespräch mit den getrennten Brüdern und den Nichtchristen gepflegt wird und die
durch den Fortschritt der Wissenschaft aufgeworfenen Fragen eine Antwort finden35. Deshalb sollen die kirchlichen Fakultäten unter
entsprechender Neugestaltung ihrer eigenen Gesetze die Theologie und die mit
ihr zusammenhängenden Wissenschaften tatkräftig weiterentwickeln und durch
Anwendung auch moderner Methoden und Hilfsmittel die Hörer zu tiefergehenden
Studien anleiten.
12. Weil die Zusammenarbeit, die auf
diözesaner, nationaler und internationaler Ebene mit jedem Tag dringender und
stärker wird, auch im Schulwesen sich als höchst notwendig erweist, muß mit
allen Mitteln danach gestrebt werden, daß zwischen den katholischen Schulen
eine angemessene Koordinierung zustande kommt und zwischen ihnen und den
übrigen Schulen jene Zusammenarbeit gefördert wird, die das Wohl der gesamten
menschlichen Gesellschaft erfordert36. Aus stärkerer
Koordinierung und gemeinsamer Arbeit lassen sich besonders auf der Ebene der
Hochschulen reichere Früchte erwarten. In jeder Universität sollen daher die
Fakultäten, soweit ihr Gegenstand es zuläßt, sich gegenseitige Hilfe leisten.
Auch die Universitäten selbst sollen in engere Zusammenarbeit treten, indem sie
gemeinsam internationale Tagungen veranstalten, wissenschaftliche
Forschungsgebiete unter sich aufteilen, Entdeckungen einander vorlegen,
Professoren zeitweilig unter sich austauschen und alle Initiativen fördern, die
zu stärkerer Hilfeleistung beitragen.
Schlußwort
Die Heilige Synode wendet sich mit der eindringlichen
Mahnung an die Jugend, sich der überragenden Bedeutung der Erziehungsaufgaben
bewußt zu werden und zu ihrer Übernahme sich großherzig bereit zu finden,
besonders dort, wo Lehrermangel die Jugenderziehung in Frage stellt.
Schließlich dankt die Heilige Synode all den Priestern, Ordensmännern,
Schwestern und Laien, die im Geiste des Evangeliums sich für das einzigartige
Werk der Erziehung und für die Schulen jedwelcher Art aufopfern. Sie ermuntert
diese, in der übernommenen Aufgabe frohen Herzens auszuharren und in der
Formung ihrer Schüler mit dem Geiste Christi, in der Kunst des rechten
Erziehens und in der wissenschaftlichen Arbeit nach so guten Leistungen zu
streben, daß sie nicht nur die innere Erneuerung der Kirche fördern, sondern
auch deren segensreiche Präsenz in der heutigen Welt, besonders unter den
Gebildeten, erhalten und vertiefen.
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