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Das Zweite Vatikanische Konzil
Presbyterorum ordinis

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    • 3. Kapitel: Das Leben der Priester
      • II. Besondere Erfordernisse für das geistliche Leben der Priester (Evangelischen Räte)
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II. Besondere Erfordernisse für das geistliche Leben der Priester (Evangelischen Räte)

15. Zu den Tugenden, die für den Dienst der Priester besonders erfordert sind, muß man als ständige Seelenhaltung die innere Bereitschaft zählen, nicht den eigenen Willen zu suchen, sondern den Willen dessen, der sie gesandt hat27. Das göttliche Werk nämlich, zu dessen Durchführung der Heilige Geist sie berufen hat28, übersteigt alle menschlichen Kräfte und menschliche Weisheit; denn "was der Welt schwach erscheint, hat Gott auserwählt, das Starke zu beschämen" (1 Kor 1,27). Im Bewußtsein der eigenen Schwäche tut darum der wahre Diener Christi seine Arbeit demütig; er prüft, was Gott wohlgefällig ist29, und läßt sich, gleichsam durch den Geist gebunden30, in allem vom Willen dessen führen, der aller Menschen Heil will; diesen Willen kann er in den konkreten Umständen des täglichen Lebens entdecken und erfüllen, indem er allen Menschen demütig dient, die ihm in seinem Amt und in den vielfältigen Ereignissen seines Lebens von Gott anvertraut sind. Weil jedoch der priesterliche Dienst ein Dienst der Kirche ist, kann er nur in der hierarchischen Gemeinschaft des ganzen Leibes ausgeübt werden. Die Hirtenliebe drängt also die Priester dazu, in dieser Gemeinschaft zu handeln und darum den eigenen Willen gehorsam in den Dienst für Gott und die Brüder zu stellen, indem sie gläubigen Geistes annehmen und ausführen, was der Papst und der eigene Bischof sowie andere Vorgesetzte vorschreiben oder nahelegen; gern geben sie alles hin und sich selbst dazu31, in jeglichem Dienst, der ihnen anvertraut wird, sei er auch gering und ärmlich. Auf diese Weise bewahren und stärken sie die notwendige Einheit mit ihren Mitbrüdern im Amt, vor allem aber mit denjenigen, die der Herr zu sichtbaren Leitern seiner Kirche bestellt hat, und tragen so zum Aufbau des Leibes Christi bei, der "durch jedes Band der Hilfeleistung" wächst32. Solcher Gehorsam führt zu einer reiferen Freiheit der Kinder Gottes. Er erfordert aus seinem Wesen heraus, daß die Priester, wenn sie bei der Ausübung ihres Amtes in kluger Weise aus Liebe neue Wege zum größeren Wohl der Kirche suchen, diese ihre Vorhaben vertrauensvoll vorbringen und die besondere Lage ihrer Herde eindringlich darlegen, immer bereit, sich dem Urteil derer zu unterstellen, die ein führendes Amt in der Leitung der Kirche Gottes ausüben. Durch diese Demut und diesen verantwortungsbewußten und freien Gehorsam machen sich die Priester Christus gleichförmig. Sie hegen die gleiche Gesinnung wie Christus Jesus in sich, der "sich selbst entäußert hat, indem er Knechtsgestalt annahm, gehorsam geworden bis zum Tod " (Phil 2,7-8), und der durch diesen Gehorsam den Ungehorsam Adams besiegt und wiedergutgemacht hat, wie der Apostel bezeugt: "Durch den Ungehorsam des einen Menschen sind die vielen zu Sündern gemacht worden; so werden auch durch den Gehorsam des Einen die vielen zu Gerechten gemacht werden" (Röm 5,19).

16. Die Kirche hat die vollkommene und ständige Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen, die von Christus dem Herrn empfohlen33, in allen Jahrhunderten bis heute von nicht wenigen Gläubigen gern angenommen und lobenswert geübt worden ist, besonders im Hinblick auf das priesterliche Leben immer hoch eingeschätzt. Ist sie doch ein Zeichen und zugleich ein Antrieb der Hirtenliebe und ein besonderer Quell geistlicher Fruchtbarkeit in der Welt34. Zwar ist sie nicht vom Wesen des Priestertums selbst gefordert, wie die Praxis der frühesten Kirche35 und die Tradition der Ostkirchen zeigt, wo es neben solchen, die aus gnadenhafter Berufung zusammen mit allen Bischöfen das ehelose Leben erwählen, auch hochverdiente Priester im Ehestand gibt. Wenn diese Heilige Synode dennoch den kirchlichen Zölibat empfiehlt, will sie in keiner Weise jene andere Ordnung ändern, die in den Ostkirchen rechtmäßig Geltung hat; vielmehr ermahnt sie voll Liebe diejenigen, die als Verheiratete das Priestertum empfingen, sie möchten in ihrer heiligen Berufung ausharren und weiterhin mit ganzer Hingabe ihr Leben für die ihnen anvertraute Herde einsetzen36. Der Zölibat ist jedoch in vielfacher Hinsicht dem Priestertum angemessen. Die priesterliche Sendung ist nämlich gänzlich dem Dienst an der neuen Menschheit geweiht, die Christus, der Überwinder des Todes, durch seinen Geist in der Welt erweckt, die ihren Ursprung "nicht aus dem Blut, nicht aus dem Wollen des Fleisches noch aus dem Wollen des Mannes, sondern aus Gott" (Joh 1,13) hat. Durch die Jungfräulichkeit und die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen37 werden die Priester in neuer und vorzüglicher Weise Christus geweiht; sie hangen ihm leichter ungeteilten Herzens an38, schenken sich freier in ihm und durch ihn dem Dienst für Gott und die Menschen, dienen ungehinderter seinem Reich und dem Werk der Wiedergeburt aus Gott und werden so noch mehr befähigt, die Vaterschaft in Christus tiefer zu verstehen. Auf diese Weise bezeugen sie also vor den Menschen, daß sie sich in ungeteilter Hingabe der ihnen anvertrauten Aufgabe widmen wollen, nämlich die Gläubigen einem Mann zu vermählen und sie als keusche Jungfrau Christus zuzuführen39; so weisen sie auf jenen geheimnisvollen Ehebund hin, der von Gott begründet ist und im anderen Leben ins volle Licht treten wird, in welchem die Kirche Christus zum einzigen Bräutigam hat40. Darüber hinaus sind sie ein lebendiges Zeichen der zukünftigen, schon jetzt in Glaube und Liebe anwesenden Welt, in der die Auferstandenen weder freien noch gefreit werden41. Der so im Geheimnis Christi und seiner Sendung begründete Zölibat wurde zunächst den Priestern empfohlen und schließlich in der lateinischen Kirche allen, die die heilige Weihe empfangen sollten, als Gesetz auferlegt. Diese Heilige Synode billigt und bekräftigt von neuem das Gesetz für jene, die zum Priestertum ausersehen sind, wobei ihr der Geist das Vertrauen gibt, daß der Vater die Berufung zum ehelosen Leben, das ja dem neutestamentlichen Priestertum so angemessen ist, großzügig geben wird, wenn nur diejenigen, die durch das Sakrament der Weihe am Priestertum Christi teilhaben, zusammen mit der ganzen Kirche demütig und inständig darum bitten. Das Konzil mahnt daher alle Priester, die im Vertrauen auf Gottes Gnade in freier Entscheidung nach Christi Vorbild den Zölibat auf sich genommen haben, ihm großmütig und mit ganzem Herzen anzuhangen und treu in diesem Stand auszuhalten in der Erkenntnis der hohen Gnadengabe, die ihnen vom Vater gegeben wurde und die der Herr so offenkundig gepriesen hat42. Sie sollen dabei immer jene Geheimnisse vor Augen haben, die durch sie bezeichnet werden und ihre Erfüllung finden. Und je mehr in der heutigen Welt viele Menschen ein Leben in vollkommener Enthaltsamkeit für unmöglich halten, um so demütiger und beharrlicher werden die Priester und mit ihnen die ganze Kirche die Gabe der Beständigkeit und Treue erflehen, die denen niemals verweigert wird, die um sie bitten. Zugleich werden sie alle übernatürlichen und natürlichen Hilfen anwenden, die jedem zur Verfügung stehen; sie sollen vor allem die durch die Erfahrung der Kirche bewährten aszetischen Verhaltensweisen, die in der modernen Welt nicht weniger notwendig sind, befolgen. So bittet diese Heilige Synode nicht nur die Priester, sondern alle Gläubigen, sie möchten sich die kostbare Gabe des priesterlichen Zölibates ein wirkliches Anliegen sein lassen, und alle mögen Gott bitten, daß er dieses Geschenk seiner Kirche stets in Fülle zukommen lasse.

17. Im freundschaftlichen und brüderlichen Verkehr untereinander und mit den übrigen Menschen haben die Priester Gelegenheit, die menschlichen Werte zu pflegen und die irdischen Güter als Geschenke Gottes zu würdigen. Mitten in der Welt sollen sie dennoch immer wissen, daß sie nach dem Wort unseres Herrn und Meisters nicht von der Welt sind43. Wenn sie also die Dinge der Welt so gebrauchen, als gebrauchten sie sie nicht44, dann werden sie zu jener Freiheit von aller ungeordneten Anhänglichkeit und Sorge gelangen, durch die sie gelehrig für die Stimme Gottes im täglichen Leben werden. Aus solcher Freiheit und Gelehrigkeit erwächst das geistliche Unterscheidungsvermögen, durch das man die rechte Haltung zur Welt und ihren Gütern findet. Diese Haltung ist deshalb von großer Bedeutung für die Priester, weil sich ja die Sendung der Kirche inmitten der Welt vollzieht und die geschaffenen Güter zum Reifen der menschlichen Persönlichkeit unerläßlich sind. So seien sie also dankbar für alles, was ihnen der himmlische Vater für eine rechte Lebensführung in die Hand gibt. Doch sollen sie alles, was ihnen begegnet, im Licht des Glaubens prüfen, damit sie es richtig gebrauchen lernen, wie es dem Willen Gottes entspricht, und ablehnen, was ihrer Sendung im Weg steht. Denn die Priester, deren "Anteil und Erbe" der Herr ist (Num 18,20), dürfen die zeitlichen Güter nur in dem Rahmen gebrauchen, der ihnen durch die Lehre Christi des Herrn und von der Weisung der Kirche gesteckt ist. Die Kirchengüter im eigentlichen Sinne sollen die Priester sachgerecht und nach den Richtlinien der kirchlichen Gesetze verwalten, wenn möglich unter Zuhilfenahme erfahrener Laien; diese Güter sind stets nur für die Zwecke zu verwenden, um deretwillen die Kirche zeitliche Güter besitzen darf, nämlich für den rechten Vollzug des Gottesdienstes, für den angemessenen Unterhalt des Klerus und für die apostolischen und caritativen Werke, besonders für jene, die den Armen zugute kommen45. Was die Priester, nicht anders als die Bischöfe, anläßlich der Ausübung eines kirchlichen Amtes erhalten, haben sie, unbeschadet eines Partikularrechts46, in erster Linie für ihren standesgemäßen Unterhalt und für die Erfüllung ihrer Standespflichten zu verwenden; was aber davon übrigbleibt, mögen sie dem Wohl der Kirche oder caritativen Werken zukommen lassen. Sie dürfen das kirchliche Amt weder als Erwerbsquelle betrachten noch die Einkünfte daraus für die Vermehrung des eigenen Vermögens verwenden47. Die Priester sollen darum ihr Herz nicht an Reichtümer hängen48, jede Habgier meiden und sich vor aller Art weltlichen Handels sorgfältig hüten. Sie werden vielmehr zur freiwilligen Armut ermuntert, in der sie Christus sichtbarer ähnlich und zum heiligen Dienst verfügbarer werden. Denn Christus ist für uns arm geworden, obwohl er reich war, damit wir durch seine Armut reich würden49. Und die Apostel haben durch ihr Beispiel bezeugt, daß die unverdienten Gaben Gottes unentgeltlich weitergegeben werden müssen50; sie wußten genauso gut Überfluß zu haben wie Not zu ertragen51. Aber auch ein gewisser gemeinschaftlicher Gütergebrauch, ähnlich der Gütergemeinschaft, die in der Geschichte der Urkirche so gepriesen wird52, kann der Hirtenliebe vorzüglich den Weg ebnen; durch diese Lebensform können die Priester den Geist der Armut, den Christus empfiehlt, in lobenswerter Weise konkret verwirklichen. Vom Geist des Herrn geführt, der den Erlöser gesalbt und Armen die Frohbotschaft zu bringen53 ausgesandt hat, sollen die Priester und ebenso die Bischöfe alles vermeiden, was den Armen irgendwie Anstoß geben könnte, indem sie, mehr als die anderen Jünger des Herrn, jeden Schein von Eitelkeit in ihrer Lebenshaltung ausschließen. Ihre Wohnung sei so eingerichtet, daß sie niemandem unzugänglich erscheint und daß niemand, auch kein Niedriggestellter, sich scheut, sie zu betreten.




27 Vgl. Joh 4,34; 5,30; 6,38.



28 Vgl. Apg 13,2.



29 Vgl. Eph 5,10.



30 Vgl. Apg 20,22.



31 Vgl. 2 Kor 12,15.



32 Vgl. Eph 4,11-16.



33 Vgl. Mt 19,12.



34 Vgl. II. Vat. Konzil, Dogm. Konst. über die Kirche Lumen Gentium, Nr. 42: AAS 57 (1965) 47-49.



35 Vgl. 1 Tim 3,2-5; Tit 1,6.



36 Vgl. Pius XI., Enz. Ad catholici sacerdotii, 20. Dez. 1935: AAS 28 (1936) 28.



37 Vgl. Mt 19,12.



38 Vgl. 1 Kor 7,32-34.



39 Vgl. 2 Kor 11,2.



40 Vgl. II. Vat. Konzil, Dogm. Konst. über die Kirche Lumen Gentium, Nr. 42.44: AAS 57 (1965) 47-49.50-51; Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens Perfectæ caritatis, Nr. 12: AAS 58 (1966) 707.



41 Vgl. Lk 20,35-36: Pius XI., Enz. Ad catholici sacerdotii, 20. Dez. 1935: AAS 28 (1936) 24-28; Pius XII., Enz. Sacra Virginitas, 25. März 1954: AAS 46 (1954) 169-172.



42 Vgl. Mt 19,11.



43 Vgl. Joh 17,14-16.



44 Vgl. 1 Kor 7,31.



45 Conc. Antioch., can. 25: Mansi 2,1327-1328; Decretum Gratiani, c. 23, C. 12, q. 1: ed. Friedberg, I, 684-685.



46 Das bezieht sich vor allem auf die Rechte und Gewohnheiten in den orientalischen Kirchen.



47 Conc. Paris., a. 829, can. 15: Mon. Germ. Hist., Legum Sect. III., Concilia, t. 2, 622; Konzil v. Trient, Sess. XXV, Dekret de reform. c. 1: Conc. Œc. Decreta, ed. Herder (Rom 1962) 760-761.



48 Vgl. Ps 62,11 (Vg. 61).



49 Vgl. 2 Kor 8,9.



50 Vgl. Apg 8,18-25.



51 Vgl. Phil 4,12.



52 Vgl. Apg 2,42-47.



53 Vgl. Lk 4,18.






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