III.
Hilfen für das priesterliche Leben
18.
In allen Lebenslagen sollen die Priester die Einheit mit Christus pflegen. Sie erfreuen
sich dazu, außer der bewußten Erfüllung ihres Dienstes, allgemeiner und
besonderer Mittel, neuer und alter, zu denen der Heilige Geist im Volk Gottes
unaufhörlich Anstoß gab und welche die Kirche zur Heiligung ihrer Glieder
empfiehlt, ja bisweilen sogar befiehlt54. Aus allen geistlichen
Hilfen ragt jene Übung hervor, durch die die Gläubigen vom zweifachen Tisch,
der Heiligen Schrift und der Eucharistie, mit dem Wort Gottes genährt werden55. Von welcher Bedeutung ihr häufiger Vollzug für die den
Priestern eigene Heiligung ist, weiß jeder. Die Diener der sakramentalen Gnade
einen sich Christus, dem Erlöser und Hirten, aufs innigste durch den würdigen
Empfang der Sakramente, vor allem durch die häufig geübte sakramentale Buße;
durch die tägliche Gewissenserforschung vorbereitet, fördert diese die
notwendige Hinwendung des Herzens zur Liebe des Vaters der Erbarmungen gar
sehr. Im Licht des durch die Schriftlesung gestärkten Glaubens vermögen sie die
Zeichen des göttlichen Willens und die Antriebe seiner Gnade in den
verschiedenen Ereignissen des Lebens sorgfältig zu erforschen und können so für
ihre im Heiligen Geiste übernommene Sendung von Tag zu Tag empfänglicher
werden. Ein bewundernswertes Beispiel solcher Empfänglichkeit haben sie stets
in der seligen Jungfrau Maria vor sich, die, vom Heiligen Geist geführt, sich
selbst ganz dem Geheimnis der Erlösung der Menschen weihte56. Diese Mutter des höchsten und ewigen Priesters, die
Königin der Apostel und Schützerin ihres Dienstes, sollen die Priester mit
kindlicher Ergebung und Verehrung hochschätzen und lieben. Zur treuen Erfüllung
ihres Dienstes soll ihnen die tägliche Zwiesprache mit Christus dem Herrn in
Besuchung und persönlicher Andacht der Heiligsten Eucharistie Herzenssache
sein. Gern sollen sie sich für Tage geistlicher Zurückgezogenheit frei machen
und die geistliche Führung hochschätzen. Auf vielfache Weise, vor allem durch
das bewährte innere Gebet und frei zu wählende verschiedene Gebetsarten, suchen
und erbitten die Priester von Gott inständig jenen Geist echter Anbetung, durch
den sie sich zugleich mit dem ihnen anvertrauten Volk innig Christus, dem
Mittler des Neuen Bundes, einen und so in der Gnade der Kindschaft rufen
können: "Abba, Vater" (Röm 8,15).
19.
Die Priester werden vom Bischof bei der Priesterweihe ermahnt, daß sie "in
der Wissenschaft erfahren" seien und ihre Lehre "eine geistliche
Arznei für das Volk Gottes sei"57. Die Wissenschaft eines
Dieners am Heiligen aber muß eine heilige sein; denn sie wird heiliger Quelle
entnommen und ist auf ein heiliges Ziel hingeordnet. Deshalb wird sie vor allem
aus der Lesung und Betrachtung der Heiligen Schrift geschöpft58, aber auch durch das Studium der Kirchenväter, der
Kirchenlehrer und anderer Urkunden der Überlieferung mit Frucht gefördert. Um
auf die von den heutigen Menschen erörterten Fragen die rechte Antwort zu
geben, sollen die Priester ferner die Dokumente des kirchlichen Lehramtes und
besonders die der Konzilien und der Päpste gut kennen sowie die besten und
anerkannten theologischen Schriftsteller zu Rat ziehen. Da aber heute die
weltliche Wissenschaft wie auch die heiligen Wissenschaften immer neue
Fortschritte machen, sind die Priester anzueifern, ihre religiösen und
allgemeinbildenden Kenntnisse in geeigneter Weise zu vervollständigen und sich
so besser auf ein Gespräch mit ihren Zeitgenossen vorzubereiten. Damit die
Priester um so williger den Studien obliegen und sich gründlicher die Methoden
der Evangelisation und des Apostolates aneignen, sollen ihnen in jeder Weise
geeignete Hilfsmittel bereitgestellt werden. Dazu gehören, entsprechend den Bedingungen
eines Landes, die Veranstaltungen von Kursen oder Kongressen, die Errichtung
von Zentren für pastorale Studien, der Aufbau von Bibliotheken und eine
angemessene Leitung durch geeignete Persönlichkeiten. Außerdem sollen die
Bischöfe einzeln oder gemeinsam nach geeigneteren Möglichkeiten suchen, daß
alle ihre Priester regelmäßig, vor allem aber wenige Jahre nach der
Priesterweihe59, einen Kurs besuchen,
der ihnen Gelegenheit bietet sowohl zur besseren Kenntnisnahme der
Seelsorgsmetboden und der theologischen Wissenschaft wie auch zur Stärkung
ihres geistlichen Lebens und für einen seelsorglichen Erfahrungsaustausch mit
ihren Brüdern60. Durch solche und
ähnliche geeignete Einrichtungen soll jungen Pfarrern und denen, die neu in die
Seelsorge eintreten oder die in eine andere Diözese oder ein anderes Land
geschickt werden, sorgfältig Hilfe geboten werden. Endlich sollen die Bischöfe
dafür Sorge tragen, daß einige sich einem vertieften Studium der heiligen
Wissenschaften widmen, damit es nie an geeigneten Lehrern für die Ausbildung
der Kleriker mangelt, damit ferner den übrigen Priestern und Gläubigen bei der
Erwerbung des ihnen notwendigen Wissens eine Hilfe zur Verfügung gestellt und
ein für die Kirche durchaus notwendiger gesunder Fortschritt in den heiligen
Disziplinen gefördert wird.
20.
Die Priester, die, dem Dienst Gottes geweiht, das ihnen übertragene Amt
erfüllen, haben Anspruch auf eine gerechte Entlohnung; denn "jeder
Arbeiter ist seines Lohnes wert" (Lk 10,7)61, und "der Herr hat angeordnet, daß jene, die das
Evangelium verkünden, auch vom Evangelium leben" (1 Kor 9,14). Falls nicht
anderweitig eine gerechte Entlohnung der Priester sichergestellt ist, sind
darum die Gläubigen selbst, zu deren Besten die Priester ja arbeiten, in einer
echten Verpflichtung gehalten, dafür Sorge zu tragen, daß den Priestern das zu
einem ehrbaren und würdigen Leben Notwendige gegeben werden kann. Die Bischöfe
aber müssen die Gläubigen an diese ihre Verpflichtung mahnen und Richtlinien
ausarbeiten lassen - sei es jeder für seine Diözese oder, besser, mehrere
zugleich für ein gemeinsames Gebiet -, durch die für eine angemessene
Entlohnung derer, die im Dienst am Volke Gottes irgendein Amt verwalten oder
verwaltet haben, gesorgt wird. Die Entlohnung des einzelnen, die sowohl auf die
Natur des Amtes wie auf die örtlichen und zeitlichen Umstände Rücksicht nimmt,
muß grundsätzlich für alle die gleiche sein, die in denselben Verhältnissen
leben; sie sei ihrer Stellung angemessen und gewähre ihnen außerdem die
Möglichkeit, nicht nur eine pflichtgemäße Entlohnung derer vorzusehen, die den
Priestern dienen, sondern auch von sich aus die Armen in einem gewissen Umfang
zu unterstützen; denn der Dienst an den Armen stand in der Kirche von Anfang an
hoch in Ehren. Diese Entlohnung sei außerdem so, daß sie den Priestern
gestattet, jährlich den verdienten und notwendigen Urlaub zu nehmen; die
Bischöfe müssen für dessen Ermöglichung sorgen. Die erste Bedeutung freilich
muß dem Amt, das die geweihten Diener ausüben, zugemessen werden. Deshalb soll
das sogenannte Benefizialsystem aufgegeben oder wenigstens so reformiert
werden, daß der Benefiziumsteil oder das Recht auf die aus der Übergabe des
Amtes fließenden Einkünfte als zweitrangig gilt und der erste Platz im Recht
dem kirchlichen Amt selbst eingeräumt wird; deshalb muß künftig jegliches
ständig übertragene Amt so verstanden werden, daß es zur Erfüllung eines
geistlichen Zweckes verliehen ist.
21.
Man soll stets das Beispiel der Gläubigen der Urgemeinde von Jerusalem vor
Augen haben, in der "ihnen alles gemeinsam war" (Apg 4,32) und
"einem jeden gegeben wurde, was er nötig hatte" (Apg 4,35). Es ist
deshalb höchst angemessen, wenigstens in Gebieten, in denen die Entlohnung des
Klerus ganz oder zum Teil von den Gaben der Gläubigen abhängt, daß die zu
diesem Zweck gegebenen Gelder bei einer bestimmten Diözesanstelle gesammelt
werden, deren Verwaltung der Bischof hat, unter Beiziehung einiger delegierter
Priester und, wo es geraten erscheint, von wirtschaftlich sachverständigen
Laien. Es ist auch zu wünschen, daß außerdem in den einzelnen Diözesen oder
Gebieten, soweit möglich, ein gemeinsamer Fonds angelegt wird, durch den die
Bischöfe Verpflichtungen gegenüber anderen, die im Kirchendienst stehen,
genügen und die verschiedenen Diözesanbedürfnisse befriedigen können; daraus
sollen auch reichere Diözesen ärmere unterstützen, damit ihr Überfluß deren
Mangel abhelfe62. Dieses gemeinsame
Vermögen muß in erster Linie aus den Gütern angelegt werden, die aus den Gaben
der Gläubigen stammen, aber auch aus anderen Quellen, die vom Recht zu
bestimmen sind. Bei den Völkern, in denen die soziale Vorsorge zugunsten des
Klerus noch nicht genügend geordnet ist, sollen ferner durch die
Bischofskonferenzen, unter Beobachtung der kirchlichen und zivilen Gesetze,
entweder Einrichtungen auf Diözesanebene, die auch untereinander
zusammengeschlossen sein können, oder Einrichtungen für verschiedene Diözesen
zusammen geschaffen oder eine Vereinigung für das ganze Gebiet gegründet
werden, durch die unter Aufsicht der Hierarchie genügend für ausreichende
Rücklagen und sogenannte Krankenversicherung wie auch für den gebührenden
Unterhalt der kranken, invaliden und alten Priester gesorgt wird. Die Priester
aber sollen eine solche Einrichtung nach ihrer Gründung, angeregt vom Geist
brüderlicher Solidarität, unterstützen, an der Last der anderen teilnehmen63 und dürfen dabei zugleich das Wissen haben, daß sie so
ohne Angst vor der Zukunft, fröhlichen Sinnes, gemäß dem Evangelium, die Armut
pflegen und sich ganz dem Heil der Seelen hingeben können. Die Verantwortlichen
aber mögen sich darum kümmern, daß gleichartige Institute der verschiedenen
Nationen sich zusammenschließen, um so größere Bedeutung und weitere
Verbreitung zu erlangen.
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