III. Die Ordnung der Priesterseminare
4.
Die Priesterseminare sind zur priesterlichen Ausbildung notwendig. In ihnen muß
die gesamte Ausbildung der Alumnen dahin zielen, daß sie nach dem Vorbild
unseres Herrn Jesus Christus, des Lehrers, Priesters und Hirten, zu wahren
Seelenhirten geformt werden7; sie müssen also zum
Dienst am Wort vorbereitet werden, daß sie das geoffenbarte Gotteswort immer
besser verstehen, durch Meditation mit ihm vertraut werden und es in Wort und
Leben darstellen; zum Dienst des Kultes und der Heiligung, daß sie in Gebet und
im Vollzug der heiligen Liturgie das Heilswerk durch das eucharistische Opfer
und die Sakramente vollziehen; zum Dienst des Hirten, daß sie den Menschen
Christus darstellen können, der "nicht kam, um sich bedienen zu lassen,
sondern um zu dienen und sein Leben als Lösegeld für viele hinzugeben" (Mk
10,45; vgl. Joh 13,12-17), und daß sie Diener aller werden und so viele
gewinnen (vgl. 1 Kor 9,19). Daher müssen alle Bereiche der Ausbildung, der
geistliche, intellektuelle und disziplinäre, harmonisch auf dieses pastorale
Ziel hingeordnet werden; dieses Ziel zu erreichen, sollen alle Oberen und
Professoren in treuem Gehorsam gegenüber der bischöflichen Autorität eifrig und
einmütig bemüht sein.
5.
Da die Ausbildung der Alumnen wohl von sinnvollen Gesetzen, ganz besonders aber
von geeigneten Erziehern abhängt, sollen Seminarobere und Professoren aus den
besten Kräften ausgewählt werden8. Sie müssen durch gediegene
Studien, entsprechende pastorale Erfahrung und eine besondere geistliche und
pädagogische Ausbildung sorgfältig vorbereitet sein. Zu diesem Zweck müssen
geeignete Institute oder wenigstens gut geplante Kurse eingerichtet und
regelmäßige Konferenzen der Seminaroberen abgehalten werden.
Die Oberen und
Professoren sollen immer daran denken, wie sehr der Bildungserfolg bei den
Alumnen von der Art und Weise ihres Denkens und Handelns abhängt. Unter Leitung
des Regens sollen sie eine enge Gemeinschaft in Gesinnung und Tat eingehen. Sie
sollen untereinander und mit den Alumnen eine Familie bilden, die dem Gebet des
Herrn "Auf daß sie eins seien" (vgl. Joh 17,11) entspricht und in den
Alumnen die Freude am eigenen Beruf nährt. Der Bischof aber soll mit steter,
liebevoller Sorge die am Seminar Tätigen ermuntern und auch den Alumnen selbst
ein wahrer Vater in Christus sein. Alle Priester sollen das Seminar als das
Herz der Diözese betrachten und ihm gern ihre eigene Hilfe zur Verfügung
stellen9.
6.
Mit wacher Sorge, dem Alter und der Entwicklungsstufe der einzelnen
entsprechend, müssen die rechte Absicht und der freie Wille der Kandidaten,
ihre geistliche, moralische und intellektuelle Eignung, die erforderliche
physische und seelische Gesundheit geprüft werden; dabei müssen auch von der
Familie eventuell ererbte Anlagen beachtet werden. Auch soll man sich über die
Fähigkeit der Kandidaten, die Lasten des Priesteramtes zu tragen und die
pastoralen Aufgaben zu erfüllen, ein Urteil bilden10. Bei der Auslese und Prüfung der Kandidaten soll man mit
der nötigen geistigen Festigkeit vorgehen, auch dann, wenn Priestermangel zu
beklagen ist11. Gott läßt es ja seiner
Kirche nicht an Dienern fehlen, wenn man die fähigen auswählt, die nicht
geeigneten aber rechtzeitig in väterlicher Weise anderen Berufen zuführt und
ihnen dazu verhilft, daß sie sich im Bewußtsein ihrer christlichen Berufung mit
Eifer dem Laienapostolat widmen.
7.
Wo die einzelnen Diözesen nicht in der Lage sind, ein eigenes Seminar
entsprechend einzurichten, soll man gemeinsame Seminarien für mehrere Diözesen,
für eine ganze Region oder Nation gründen und fördern, damit die gründliche
Ausbildung der Alumnen, die hierin oberstes Gesetz sein muß, wirksamer
gewährleistet wird. Die Leitung solcher regionaler oder nationaler Seminarien
soll sich nach Statuten richten, die von den beteiligten Bischöfen12 aufgestellt und vom Heiligen Stuhl approbiert sind. In
Seminarien, in denen eine große Zahl von Alumnen zusammenlebt, soll man die
Alumnen in passender Weise in kleinere Gruppen aufteilen, um so die Ausbildung
der einzelnen persönlicher gestalten zu können; die Einheit der Leitung und
wissenschaftlichen Ausbildung soll aber erhalten bleiben.
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