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Das Zweite Vatikanische Konzil
Optatam totius

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    • Vorwort
      • IV. Die Sorge um die gründlichere geistliche Formung
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IV. Die Sorge um die gründlichere geistliche Formung

8. Die geistliche Formung soll mit der wissenschaftlichen und pastoralen Ausbildung eng verbunden sein. Unter Anleitung vor allem des Spirituals13 sollen die Alumnen lernen, in inniger und steter Gemeinschaft mit dem Vater durch seinen Sohn Jesus Christus im Heiligen Geist zu leben. Durch die heilige Weihe werden sie einst Christus dem Priester gleichförmig; so sollen sie auch lernen, ihm wie Freunde in enger Gemeinschaft des ganzen Lebens verbunden zu sein14. Sein Pascha-Mysterium sollen sie so darlegen, daß sie das Volk, das ihnen anvertraut wird, darin einzuführen vermögen. Sie sollen angeleitet werden, Christus zu suchen: in der gewissenhaften Meditation des Gotteswortes, in der aktiven Teilnahme an den heiligen Geheimnissen der Kirche, vor allem in der Eucharistie und im Stundengebet15, im Bischof, der ihnen die Sendung gibt, und in den Menschen, zu denen sie gesandt werden, vor allem in den Armen, den Kindern und den Kranken, den Sündern und Ungläubigen. Die seligste Jungfrau Maria, die von Christus Jesus bei seinem Tod am Kreuz dem Jünger als Mutter gegeben wurde, sollen sie mit kindlichem Vertrauen lieben und verehren. Die Frömmigkeitsformen, die durch den ehrwürdigen Brauch der Kirche empfohlen sind, sollen eifrig gefördert werden; man muß aber dafür sorgen, daß die geistliche Ausbildung sich nicht in ihnen erschöpfe und nicht einseitig das religiöse Gefühl anspreche. Vielmehr sollen die Alumnen lernen, nach dem Vorbild des Evangeliums zu leben, in Glaube, Hoffnung und Liebe stark zu werden, damit sie in der Übung dieser Tugenden die Gesinnung des Betens erwerben16, Festigkeit und Sicherheit in ihrem Beruf finden, die übrigen Tugenden zur Reife bringen und im Eifer, alle Menschen für Christus zu gewinnen, wachsen.

9. Das Geheimnis der Kirche, das von dieser Heiligen Synode besonders dargelegt wurde, soll sie so erfüllen, daß sie dem Stellvertreter Christi in demütiger und kindlicher Liebe ergeben sind und daß sie später als Priester ihrem eigenen Bischof als ergebene Mitarbeiter anhangen und in gemeinschaftlicher Arbeit mit ihren Mitbrüdern Zeugnis für jene Einheit geben, durch die die Menschen zu Christus hingezogen werden17. Mit weitem Herzen sollen sie am Leben der ganzen Kirche teilzunehmen lernen, nach jenem Augustinuswort: "In dem Maße, wie einer die Kirche Christi liebt, hat er den Heiligen Geist."18 Die Alumnen müssen mit voller Klarheit verstehen, daß sie nicht zum Herrschen oder für Ehrenstellen bestimmt sind, sondern sich ganz dem Dienst Gottes und der Seelsorge widmen sollen. Mit besonderer Sorgfalt sollen sie im priesterlichen Gehorsam, in armer Lebensweise und im Geist der Selbstverleugnung erzogen werden19, so daß sie sich daran gewöhnen, auch auf erlaubte, aber unnötige Dinge bereitwillig zu verzichten und dem gekreuzigten Christus ähnlich zu werden. Die Alumnen sollen über die Lasten, die sie auf sich zu nehmen haben, aufgeklärt werden, ohne daß man ihnen irgendeine der Schwierigkeiten des Priesterlebens verschweigt, Sie sollen aber in ihrer zukünftigen Tätigkeit nicht fast ausschließlich eine Gefahrenquelle sehen, vielmehr soll man sie dazu anleiten, daß sie gerade aus ihrer pastoralen Tätigkeit für ihr geistliches Leben so viel Kraft wie möglich schöpfen.

10. Die Alumnen, die gemäß den heiligen und festen Gesetzen ihres eigenen Ritus die verehrungswürdige Tradition des priesterlichen Zölibats auf sich nehmen, sollen mit großer Sorgfalt auf diesen Stand hin erzogen werden: sie verzichten darin um des Himmelreiches willen (vgl. Mt 19,12) auf die eheliche Gemeinschaft, hangen dem Herrn mit ungeteilter Liebe an20, wie sie dem Neuen Bund in besonderer Weise entspricht; sie geben Zeugnis für die Auferstehung in der künftigen Welt (vgl. Lk 20,36)21 und gewinnen besonders wirksame Hilfe zur ständigen Übung jener vollkommenen Liebe, die sie in ihrer priesterlichen Arbeit allen alles werden läßt22. Sie sollen tief davon durchdrungen sein, wie dankbar sie diesen Stand entgegennehmen sollen, nicht etwa bloß als eine Vorschrift kirchlicher Gesetzgebung, sondern als ein kostbares Geschenk Gottes, das sie in Demut erbitten und dem sie mit der erweckenden und helfenden Gnade des Heiligen Geistes frei und großherzig zu entsprechen suchen sollen. Um die Pflichten und die Würde der christlichen Ehe, die ein Bild der Liebe zwischen Christus und seiner Kirche ist (vgl. Eph 5,32f.), sollen die Alumnen gebührend wissen; sie sollen aber klar den Vorrang der Christus geweihten Jungfräulichkeit erkennen23, so daß sie nach reiflich überlegter Wahl und mit Hochherzigkeit sich in ganzer Hingabe von Leib und Seele dem Herrn weihen. Auf die Gefahren, die ihrer Keuschheit besonders in der gegenwärtigen Gesellschaft drohen, sollen sie hingewiesen werden24. Sie müssen lernen, sich durch geeignete göttliche und menschliche Hilfsmittel zu schützen und den Verzicht auf die Ehe so in ihr Dasein zu integrieren, daß sie in ihrem Leben und in ihrer Wirksamkeit vom Zölibat her nicht nur keinen Schaden nehmen, vielmehr eine vollkommenere Herrschaft über Leib und Seele und eine höhere menschliche Reife gewinnen und die Seligkeit des Evangeliums tiefer erfahren.

11. Die Grundsätze christlicher Erziehung sollen hochgehalten und durch die neueren Erkenntnisse einer gesunden Psychologie und Pädagogik ergänzt werden. In klug abgestufter Ausbildung sollen die Alumnen auch zur nötigen menschlichen Reife geführt werden, die sich vor allem in innerer Beständigkeit bewähren muß, in der Fähigkeit, abgewogene Entscheidungen zu fällen, und in einem treffenden Urteil über Ereignisse und Menschen. Die Alumnen müssen ihren Charakter formen lernen. Sie sollen zu geistiger Entschlossenheit erzogen werden und überhaupt jene Tugenden schätzen lernen, auf die die Menschen Wert legen und die den Diener Christi gewinnend machen25. Dazu gehören Aufrichtigkeit, wacher Gerechtigkeitssinn, Zuverlässigkeit bei Versprechungen, gute Umgangsformen, Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit im Gespräch. Die Lebensordnung des Seminars soll nicht nur als ein wirksamer Schatz des gemeinsamen Lebens und der Liebe betrachtet werden, vielmehr als notwendiger Bestandteil der ganzen Ausbildung zur Gewinnung von Selbstbeherrschung, zur Entfaltung einer reifen Persönlichkeit und zur Heranbildung aller jener geistigen Haltungen, die zu einem disziplinierten und fruchtbaren Wirken der Kirche in hohem Maße beitragen. Die Disziplin soll aber so gehandhabt werden, daß die Alumnen von sich aus die Autorität der Oberen aus persönlicher Überzeugung, also um des Gewissens willen (vgl. Röm 13,5), und aus übernatürlichen Motiven annehmen. Die Regeln der Hausordnung aber sollen dem Alter der Alumnen so angepaßt werden, daß sie allmählich lernen, auf sich selber zu stehen, und sich daran gewöhnen, ihre Freiheit vernünftig zu gebrauchen, aus eigener Initiative und Überlegung zu handeln26 und mit den Mitbrüdern und den Laien zusammenzuarbeiten. Der gesamte Lebensstil des Seminars soll von der Bemühung um die Frömmigkeit und das Schweigen und von gegenseitiger Hilfsbereitschaft geprägt und so gestaltet sein, daß er schon eine gewisse Einführung in das spätere Leben des Priesters ist.

12. Es ist Sache der Bischöfe, einen entsprechenden Zeitraum für eine intensivere geistliche Schulung der Alumnen festzusetzen, damit ihre geistliche Bildung festere Grundlagen habe und sie in reifer Überlegung ihren Beruf bejahen. Außerdem sollen sie die Möglichkeit erwägen, die Studien zu unterbrechen oder einen angemessenen Zeitraum pastoraler Schulung einzulegen, um eine zuverlässigere Erprobung der Priesterkandidaten zu gewährleisten. Weiter sollen die Bischöfe je nach den regionalen Gegebenheiten entscheiden, ob das nach dem zur Zeit gültigen gemeinen Recht geforderte Weihealter zu erhöhen ist, und überlegen, ob es angebracht ist, die Alumnen nach Abschluß des theologischen Studiums noch eine angemessene Zeit den Weihediakonat ausüben zu lassen, bevor sie zur Priesterweihe zugelassen werden.
 
 
 




13 Vgl. Pius XII., Exhort. Apost. Menti Nostræ, 23. Sept. 1950: AAS 42 (1950) 674; S. Congr. Stud., La Formazione spirituale del candidato al sacerdozio (Città del Vaticano 1965).



14 Vgl. Pius X., Exhort. ad Clerum catholicum Hærent animo, 4. Aug. 1908: S. Pii X. Acta, Bd. IV, 242-244; Pius XII., Adhort. Apost. Menti Nostræ, 23. Sept. 1950: AAS 42 (1950) 659-661;Johannes XXIII., Enz. Sacerdotii Nostri Primordia, 1. Aug. 1959: AAS 51 (1959) 550f.



15 Vgl. Pius XII., Enz. Mediator Dei, 20. Nov. 1947: AAS 39 (1947) 547ff. 572f.; Johannes XXIII., Adhortatio Apost. Sacræ Laudis, 6. Jan. 1962: AAS 54 (1962) 69; II. Vat. Konzil, Konst. über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium, Art. 16 u. 17: AAS 56 (1964) 104f.; S. Congr. Rit., Instructio ad exsecutionem Constitutionis de Sacra Liturgia recte ordinandam, 26. Sept. 1964, Nr. 14-17: AAS 56 (1964) 880f.



16 Vgl. Johannes XXIII., Enz. Sacerdotii Nostri Primordia: AAS 51 (1959) 559f.



17 Vgl. II. Vat. Konzil, Dogm. Konst. über die Kirche Lumen Gentium, Nr. 28: AAS 57 (1965) 35f.



18 Augustinus, In Ioannem tract. 32, 8: PL 35, 1646.



19 Vgl. Pius XII., Adhort. Apost. Menti Nostræ: AAS 42 (1950) 662f. 685.690; Johannes XXIII., Enz. Sacerdotii Nostri Primordia: AAS 51 (1959) 551-553.556f.; Paul VI., Enz. Ecclesiam suam, 6. Aug. 1964: AAS 56 (1964) 634f.; II. Vat. Konzil, Dogm. Konst. über die Kirche Lumen Gentium, bes. Nr. 8: AAS 57 (1965) 12.



20 Vgl. Pius XII., Enz. Sacra Virginitas, 25. März 1954: AAS 46 (1954) 165ff.



21 Cyprian, De habitu virginum



22 PL 4, 475; Ambrosius, De virginibus l, 8, 52: PL 16, 202f. 22 Vgl. Pius XII., Adhort. Apost. Menti Nostræ: AAS 42 (1950) 663.



23 Vgl. Pius XII., Enz. Sacra Virginitas, a. a. O. 170-174.



24 Vgl. Pius XII., Adhort. Apost. Menti Nostræ, a. a. O. 664.690f.



25 Vgl. Paul VI., Ep. Apost. Summi Dei Verbum, 4. Nov. 1963: AAS 55 (1963) 991.



26 Vgl. Pius XII., Adhort. Apost. Menti Nostræ, a. a. O. 686.






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