Die Teilkirchen oder Riten
2.
Die heilige katholische Kirche ist der mystische Leib Christi und besteht aus
den Gläubigen, die durch denselben Glauben, dieselben Sakramente und dieselbe
oberhirtliche Führung im Heiligen Geist organisch geeint sind. Durch ihre
Hierarchie zu verschiedenen Gemeinschaften zusammengeschlossen, bilden sie
"Teilkirchen" oder "Riten". Unter diesen herrscht eine
wunderbare Verbundenheit, so daß ihre Vielfalt in der Kirche keinesfalls der
Einheit Abbruch tut, sondern im Gegenteil diese Einheit deutlich aufzeigt. Das
ist nämlich das Ziel der katholischen Kirche: daß die Überlieferungen jeder
einzelnen Teilkirche oder eines jeden Ritus unverletzt erhalten bleiben;
zugleich soll sich der Lebensstil dieser Kirchen den verschiedenen zeitlichen
und örtlichen Notwendigkeiten anpassen2.
3.
Diese Teilkirchen - seien es die östlichen oder westlichen unterscheiden sich
in gewissem Grade durch ihre sogenannten Riten, d. h. durch ihre Liturgie, ihr
kirchliches Recht und ihr geistiges Erbgut; aber alle sind sie in gleicher
Weise der Hirtenführung des Bischofs von Rom anvertraut, der nach göttlichem
Recht dem hl. Petrus im Primat über die ganze Kirche nachfolgt. Alle nehmen sie
daher die gleiche Würde ein, so daß auf Grund ihres Ritus keine von ihnen einen
Vorrang vor den anderen hat. Alle genießen dieselben Rechte und haben dieselben
Verpflichtungen, auch bezüglich der unter Oberleitung des Bischofs von Rom
auszuübenden Verkündigung des Evangeliums an die ganze Welt (vgl. Mk 16,15).
4.
Auf der ganzen Welt soll daher für die Erhaltung und das Wachstum aller
Teilkirchen gesorgt werden. Daher sollen eigene Pfarreien und eine eigene
Hierarchie errichtet werden, wo immer das geistige Wohl der Gläubigen dies
fordert. Doch sollen die Hierarchen der verschiedenen Teilkirchen, die im
selben Gebiet ihre Oberhirtengewalt ausüben, durch regelmäßige gemeinsame
Beratungen dafür sorgen, daß die Einheitlichkeit des Handelns gefördert wird
und daß mit vereinten Kräften gemeinsame Unternehmungen zum Segen der Religion
und zum wirksameren Schutz der Ordnung innerhalb der Geistlichkeit verwirklicht
werden3 Alle Geistlichen und alle, die
zu den heiligen Weihen aufsteigen, sollen gründlich über die Riten unterrichtet
werden und vor allem über die praktischen Regeln für die Beziehungen der
einzelnen Riten zueinander. Auch die Laien sollen in der Glaubensunterweisung
über die verschiedenen Riten und ihre Bestimmungen belehrt werden. Endlich soll
jeder Katholik wie auch jeder in irgendeiner nichtkatholischen Kirche oder
Gemeinschaft Getaufte, der zur vollen katholischen Einheit kommt, auf der
ganzen Welt seinen eigenen Ritus pflegen und nach besten Kräften bewahren4. Dabei bleibt in Sonderfällen einzelner Personen,
einzelner Gemeinschaften oder einzelner Gebiete das Recht des Rekurses an den
Apostolischen Stuhl gewahrt. Dieser wird als höchster Schiedsrichter über die
Beziehungen der Teilkirchen zueinander in ökumenischem Geiste durch geeignete
Richtlinien, Anordnungen oder Reskripte selbst oder unter Einschaltung anderer
Obrigkeiten den Erfordernissen Rechnung tragen.
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