3. Kapitel: Die hierarchische Verfassung der Kirche, insbesondere das
Bischofsamt
18.
Um Gottes Volk zu weiden und immerfort zu mehren, hat Christus der Herr in seiner
Kirche verschiedene Dienstämter eingesetzt, die auf das Wohl des ganzen Leibes
ausgerichtet sind. Denn die Amtsträger, die mit heiliger Vollmacht ausgestattet
sind, stehen im Dienste ihrer Brüder, damit alle, die zum Volke Gottes gehören
und sich daher der wahren Würde eines Christen erfreuen, in freier und
geordneter Weise sich auf das nämliche Ziel hin ausstrecken und so zum Heile
gelangen. Diese Heilige Synode setzt den Weg des ersten Vatikanischen Konzils
fort und lehrt und erklärt feierlich mit ihm, daß der ewige Hirt Jesus Christus
die heilige Kirche gebaut hat, indem er die Apostel sandte wie er selbst
gesandt war vom Vater (vgl. Joh 20,21). Er wollte, daß deren Nachfolger, das
heißt die Bischöfe, in seiner Kirche bis zur Vollendung der Weltzeit Hirten
sein sollten. Damit aber der Episkopat selbst einer und ungeteilt sei, hat er
den heiligen Petrus an die Spitze der übrigen Apostel gestellt und in ihm ein
immerwährendes und sichtbares Prinzip und Fundament der Glaubenseinheit und der
Gemeinschaft eingesetzt37. Diese Lehre über
Einrichtung, Dauer, Gewalt und Sinn des dem Bischof von Rom zukommenden
heiligen Primates sowie über dessen unfehlbares Lehramt legt die Heilige Synode
abermals allen Gläubigen fest zu glauben vor. Das damals Begonnene fortführend,
hat sie sich entschlossen, nun die Lehre von den Bischöfen, den Nachfolgern der
Apostel, die mit dem Nachfolger Petri, dem Stellvertreter Christi38 und sichtbaren Haupt der ganzen Kirche, zusammen das
Haus des lebendigen Gottes leiten, vor allen zu bekennen und zu erklären.
19.
Der Herr Jesus rief, nachdem er sich betend an den Vater gewandt hatte, die zu
sich, die er selbst wollte, und bestimmte zwölf, daß sie mit ihm seien und er
sie sende, das Reich Gottes zu verkündigen (vgl. Mk 3,13-19; Mt 10,1-42). Diese
Apostel (vgl. Lk 6,13) setzte er nach Art eines Kollegiums oder eines festen
Kreises ein, an dessen Spitze er den aus ihrer Mitte erwählten Petrus stellte
(vgl. Joh 21,15-17). Er sandte sie zuerst zu den Kindern Israels und dann zu
allen Völkern (vgl. Röm 1,16), damit sie in Teilhabe an seiner Gewalt alle
Völker zu seinen Jüngern machten und sie heiligten und leiteten (vgl. Mt 28,16
bis 20; Mk 16,15; Lk 24,45-48; Joh 20,21-23). So sollten sie die Kirche
ausbreiten und unter der Leitung des Herrn durch ihren Dienst weiden alle Tage
bis zum Ende der Welt (vgl. Mt 28,20). In dieser Sendung wurden sie am
Pfingsttag voll bekräftigt (vgl. Apg 2,1-26) gemäß der Verheißung des Herrn:
"Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der über euch kommen
wird, und werdet mir Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samaria und
bis ans Ende der Erde" (Apg 1,8). Die Apostel aber verkündigten
allenthalben die frohe Botschaft (vgl. Mk 16,20), die von den Hörenden kraft
des Heiligen Geistes angenommen wurde, und versammelten so die universale
Kirche, die der Herr in den Aposteln gegründet und auf den heiligen Petrus,
ihren Vorsteher, gebaut hat, wobei Christus Jesus selbst der Eckstein ist (vgl.
Offb 21,14; Mt 16,18; Eph 2,20)39.
20.
Jene göttliche Sendung, die Christus den Aposteln anvertraut hat, wird bis zum
Ende der Welt dauern (vgl. Mt 28,20). Denn das Evangelium, das sie zu
überliefern haben, ist für alle Zeiten der Ursprung jedweden Lebens für die
Kirche. Aus diesem Grunde trugen die Apostel in dieser hierarchisch geordneten
Gesellschaft für die Bestellung von Nachfolgern Sorge.
Sie hatten
nämlich nicht bloß verschiedene Helfer im Dienstamt40, sondern übertrugen, damit die ihnen anvertraute Sendung
nach ihrem Tod weitergehe, gleichsam nach Art eines Testaments ihren
unmittelbaren Mitarbeitern die Aufgabe, das von ihnen begonnene Werk zu
vollenden und zu kräftigen41. Sie legten ihnen ans
Herz, achtzuhaben auf die ganze Herde, in welcher der Heilige Geist sie gesetzt
habe, die Kirche Gottes zu weiden (vgl. Apg 20,28). Deshalb bestellten sie
solche Männer und gaben dann Anordnung, daß nach ihrem Hingang andere bewährte
Männer ihr Dienstamt übernähmen42. Unter den
verschiedenen Dienstämtern, die so von den ersten Zeiten her in der Kirche
ausgeübt werden, nimmt nach dem Zeugnis der Überlieferung das Amt derer einen
hervorragenden Platz ein, die zum Bischofsamt bestellt sind und kraft der auf
den Ursprung zurückreichenden Nachfolge43 Ableger apostolischer
Pflanzung besitzen44. So wird nach dem
Zeugnis des heiligen Irenäus durch die von den Aposteln eingesetzten Bischöfe
und deren Nachfolger bis zu uns hin die apostolische Überlieferung in der
ganzen Welt kundgemacht45 und bewahrt46. Die Bischöfe haben also das Dienstamt in der
Gemeinschaft zusammen mit ihren Helfern, den Priestern und den Diakonen,
übernommen47. An Gottes Stelle
stehen sie der Herde vor48, deren Hirten sie sind,
als Lehrer in der Unterweisung, als Priester im heiligen Kult, als Diener in
der Leitung49. Wie aber das Amt
fortdauern sollte, das vom Herrn ausschließlich dem Petrus, dem ersten der
Apostel, übertragen wurde und auf seinen Nachfolger übergehen sollte, so dauert
auch das Amt der Apostel, die Kirche zu weiden, fort und muß von der heiligen
Ordnung der Bischöfe immerdar ausgeübt werden50. Aus diesem Grunde lehrt die Heilige Synode, daß die
Bischöfe aufgrund göttlicher Einsetzung an die Stelle der Apostel als Hirten
der Kirche getreten sind51. Wer sie hört, hört
Christus, und wer sie verachtet, verachtet Christus und ihn, der Christus
gesandt hat (vgl. Lk 10,16)52.
21.
In den Bischöfen, denen die Priester zur Seite stehen, ist also inmitten der
Gläubigen der Herr Jesus Christus, der Hohepriester, anwesend. Zur Rechten des
Vaters sitzend, ist er nicht fern von der Versammlung seiner Bischöfe53, sondern vorzüglich durch ihren erhabenen Dienst
verkündet er allen Völkern Gottes Wort und spendet den Glaubenden immerfort die
Sakramente des Glaubens. Durch ihr väterliches Amt (vgl. 1 Kor 4,15) fügt er
seinem Leib kraft der Wiedergeburt von oben neue Glieder ein. Durch ihre
Weisheit und Umsicht endlich lenkt und ordnet er das Volk des Neuen Bundes auf
seiner Pilgerschaft zur ewigen Seligkeit. Diese Hirten, die ausgewählt sind,
die Herde des Herrn zu weiden, sind Diener Christi und Ausspender der
Geheimnisse Gottes (vgl. 1 Kor 4,1). Ihnen ist das Zeugnis für die frohe
Botschaft von der Gnade Gottes anvertraut (vgl. Röm 15,16; Apg 20,24) und der Dienst
des Geistes und der Gerechtigkeit in Herrlichkeit (vgl. 2 Kor 3,8-9). Um solche
Aufgaben zu erfüllen, sind die Apostel mit einer besonderen Ausgießung des
herabkommenden Heiligen Geistes von Christus beschenkt worden (vgl. Apg 1,8;
2,4; Joh 20,22-23). Sie hinwiederum übertrugen ihren Helfern durch die
Auflegung der Hände die geistliche Gabe (vgl. 1 Tim 4,14; 2 Tim 1,6-7), die in
der Bischofsweihe bis auf uns gekommen ist54. Die Heilige Synode
lehrt aber, daß durch die Bischofsweihe die Fülle des Weihesakramentes
übertragen wird. Sie heißt ja auch im liturgischen Brauch der Kirche wie in den
Worten der heiligen Väter das Hohepriestertum, die Ganzheit des heiligen
Dienstamtes55. Die Bischofsweihe
überträgt mit dem Amt der Heiligung auch die Ämter der Lehre und der Leitung,
die jedoch ihrer Natur nach nur in der hierarchischen Gemeinschaft mit Haupt
und Gliedern des Kollegiums ausgeübt werden können. Aufgrund der Überlieferung
nämlich, die vorzüglich in den liturgischen Riten und in der Übung der Kirche
des Ostens wie des Westens deutlich wird, ist es klar, daß durch die
Handauflegung und die Worte der Weihe die Gnade des Heiligen Geistes so
übertragen56 und das heilige
Prägemal so verliehen wird57, daß die Bischöfe in
hervorragender und sichtbarer Weise die Aufgabe Christi selbst, des Lehrers,
Hirten und Priesters, innehaben und in seiner Person handeln58. Sache der Bischöfe ist es, durch das Weihesakrament
neue Erwählte in die Körperschaft der Bischöfe aufzunehmen.
22.
Wie nach der Verfügung des Herrn der heilige Petrus und die übrigen Apostel ein
einziges apostolisches Kollegium bilden, so sind in entsprechender Weise der
Bischof von Rom, der Nachfolger Petri, und die Bischöfe, die Nachfolger der
Apostel, untereinander verbunden. Schon die uralte Disziplin, daß die auf dem
ganzen Erdkreis bestellten Bischöfe untereinander und mit dem Bischof von Rom
im Bande der Einheit, der Liebe und des Friedens Gemeinschaft hielten59, desgleichen das Zusammentreten von Konzilien60 zur gemeinsamen Regelung gerade der wichtigeren
Angelegenheiten61 in einem durch die
Überlegung vieler abgewogenen Spruch62 weisen auf die
kollegiale Natur und Beschaffenheit des Episkopates hin. Diese beweisen die im
Lauf der Jahrhunderte gefeierten ökumenischen Konzilien. Darauf deutet aber
auch schon der früh eingeführte Brauch hin, mehrere Bischöfe zur Teilnahme an
der Erhebung eines Neuerwählten zum hohenpriesterlichen Dienstamt beizuziehen.
Glied der Körperschaft der Bischöfe wird man durch die sakramentale Weihe und
die hierarchische Gemeinschaft mit Haupt und Gliedern des Kollegiums. Das
Kollegium oder die Körperschaft der Bischöfe hat aber nur Autorität, wenn das
Kollegium verstanden wird in Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom, dem
Nachfolger Petri, als seinem Haupt, und unbeschadet dessen primatialer Gewalt
über alle Hirten und Gläubigen. Der Bischof von Rom hat nämlich kraft seines
Amtes als Stellvertreter Christi und Hirt der ganzen Kirche volle, höchste und
universale Gewalt über die Kirche und kann sie immer frei ausüben. Die Ordnung
der Bischöfe aber, die dem Kollegium der Apostel im Lehr- und Hirtenamt
nachfolgt, ja, in welcher die Körperschaft der Apostel immerfort weiter
besteht, ist gemeinsam mit ihrem Haupt, dem Bischof von Rom, und niemals ohne
dieses Haupt, gleichfalls Träger der höchsten und vollen Gewalt über die ganze
Kirche63. Diese Gewalt kann nur unter
Zustimmung des Bischofs von Rom ausgeübt werden. Der Herr hat allein Simon zum Fels
und Schlüsselträger der Kirche bestellt (vgl. Mt 16,18-19) und ihn als Hirten
seiner ganzen Herde eingesetzt (vgl. Joh 21,15 ff). Es steht aber fest, daß
jenes Binde- und Löseamt, welches dem Petrus verliehen wurde (Mt 16,19), auch
dem mit seinem Haupt verbundenen Apostelkollegium zugeteilt worden ist (Mt
18,18; 28,16-20)64. Insofern dieses
Kollegium aus vielen zusammengesetzt ist, stellt es die Vielfalt und
Universalität des Gottesvolkes, insofern es unter einem Haupt versammelt ist,
die Einheit der Herde Christi dar. In diesem Kollegium wirken die Bischöfe,
unter treuer Wahrung des primatialen Vorrangs ihres Hauptes, in eigener
Vollmacht zum Besten ihrer Gläubigen, ja der ganzen Kirche, deren organische
Struktur und Eintracht der Heilige Geist immerfort stärkt. Die höchste Gewalt
über die ganze Kirche, die dieses Kollegium besitzt, wird in feierlicher Weise
im ökumenischen Konzil ausgeübt. Ein ökumenisches Konzil gibt es nur, wenn es
vom Nachfolger Petri als solches bestätigt oder wenigstens angenommen wird; der
Bischof von Rom hat das Vorrecht, diese Konzilien zu berufen, auf ihnen den
Vorsitz zu führen und sie zu bestätigen65. Die gleiche kollegiale
Gewalt kann gemeinsam mit dem Papst von den in aller Welt lebenden Bischöfen
ausgeübt werden, wofern nur das Haupt des Kollegiums sie zu einer kollegialen
Handlung ruft oder wenigstens die gemeinsame Handlung der räumlich getrennten
Bischöfe billigt oder frei annimmt, so daß ein eigentlich kollegialer Akt
zustande kommt.
23.
Die kollegiale Einheit tritt auch in den wechselseitigen Beziehungen der
einzelnen Bischöfe zu den Teilkirchen wie zur Gesamtkirche in Erscheinung. Der
Bischof von Rom ist als Nachfolger Petri das immerwährende, sichtbare Prinzip
und Fundament für die Einheit der Vielheit von Bischöfen und Gläubigen66. Die Einzelbischöfe hinwiederum sind sichtbares Prinzip
und Fundament der Einheit in ihren Teilkirchen67, die nach dem Bild der Gesamtkirche gestaltet sind. In
ihnen und aus ihnen besteht die eine und einzige katholische Kirche68. Daher stellen die Einzelbischöfe je ihre Kirche, alle
zusammen aber in Einheit mit dem Papst die ganze Kirche im Band des Friedens,
der Liebe und der Einheit dar. Die Bischöfe, die den Teilkirchen vorstehen,
üben als einzelne ihr Hirtenamt über den ihnen anvertrauten Anteil des
Gottesvolkes, nicht über andere Kirchen und nicht über die Gesamtkirche aus.
Aber als Glieder des Bischofskollegiums und rechtmäßige Nachfolger der Apostel
sind sie aufgrund von Christi Stiftung und Vorschrift zur Sorge für die
Gesamtkirche gehalten69. Diese wird zwar nicht
durch einen hoheitlichen Akt wahrgenommen, trägt aber doch im höchsten Maße zum
Wohl der Gesamtkirche bei. Alle Bischöfe müssen nämlich die Glaubenseinheit und
die der ganzen Kirche gemeinsame Disziplin fördern und schützen sowie die
Gläubigen anleiten zur Liebe zum ganzen mystischen Leibe Christi, besonders zu
den armen und leidenden Gliedern und zu jenen, die Verfolgung erdulden um der
Gerechtigkeit willen (vgl. Mt 5,10). Endlich müssen sie alle Bestrebungen
fördern, die der ganzen Kirche gemeinsam sind, vor allem dazu, daß der Glaube
wachse und das Licht der vollen Wahrheit allen Menschen aufgehe. Im übrigen
aber gilt unverbrüchlich: Indem sie ihre eigene Kirche als Teil der
Gesamtkirche recht leiten, tragen sie wirksam bei zum Wohl des ganzen
mystischen Leibes, der ja auch der Leib der Kirchen ist70.
Die Sorge, das
Evangelium überall auf Erden zu verkündigen, geht die ganze Körperschaft der
Hirten an. Ihnen allen zusammen hat Christus den Auftrag gegeben und die gemeinsame
Pflicht auferlegt, wie schon Papst Cœlestin den Vätern des Konzils von Ephesus
ins Bewußtsein rief71. Deshalb sind die
einzelnen Bischöfe gehalten, soweit die Verwaltung ihres eigenen Amtes es
zuläßt, in Arbeitsgemeinschaft zu treten untereinander und mit dem Nachfolger
Petri, dem das hohe Amt, den christlichen Namen auszubreiten, in besonderer
Weise übertragen ist72. Daher müssen sie mit
allen Kräften den Missionen Arbeiter für die Ernte wie auch geistliche und
materielle Hilfen vermitteln, sowohl unmittelbar durch sich selbst wie durch
Weckung der eifrigen Mitarbeit ihrer Gläubigen. Schließlich sollen die Bischöfe
nach dem ehrwürdigen Beispiel der Vorzeit in umfassender Liebesgemeinschaft den
anderen Kirchen, besonders den benachbarten und bedürftigeren, gern brüderliche
Hilfe gewähren. Dank der göttlichen Vorsehung aber sind die verschiedenen
Kirchen, die an verschiedenen Orten von den Aposteln und ihren Nachfolgern
eingerichtet worden sind, im Lauf der Zeit zu einer Anzahl von organisch
verbundenen Gemeinschaften zusammengewachsen. Sie erfreuen sich unbeschadet der
Einheit des Glaubens und der einen göttlichen Verfassung der Gesamtkirche ihrer
eigenen Disziplin, eines eigenen liturgischen Brauches und eines eigenen
theologischen und geistlichen Erbes. Darunter haben vorzüglich gewisse alte
Patriarchatskirchen wie Stammütter des Glaubens andere Kirchen sozusagen als
Töchter geboren, mit denen sie durch ein engeres Liebesband im sakramentalen
Leben und in der gegenseitigen Achtung von Rechten und Pflichten bis auf unsere
Zeiten verbunden sind73. Diese einträchtige
Vielfalt der Ortskirchen zeigt in besonders hellem Licht die Katholizität der
ungeteilten Kirche. In ähnlicher Weise können in unserer Zeit die
Bischofskonferenzen vielfältige und fruchtbare Hilfe leisten, um die kollegiale
Gesinnung zu konkreter Verwirklichung zu führen.
24.
Die Bischöfe empfangen als Nachfolger der Apostel vom Herrn, dem alle Gewalt im
Himmel und auf Erden gegeben ist, die Sendung, alle Völker zu lehren und das
Evangelium jedwedem Geschöpf zu verkündigen. So sollen alle Menschen durch
Glaube, Taufe und Erfüllung der Gebote das Heil erlangen (vgl. Mt 28,18; Mk
16,15-16; Apg 26,17f). Zur Erfüllung dieser Sendung verhieß Christus der Herr
den Aposteln den Heiligen Geist und sandte ihn am Pfingsttag vom Himmel her.
Durch dessen Kraft sollten sie ihm Zeugen sein bis ans Ende der Erde, vor
Stämmen, Völkern und Königen (vgl. Apg 1,8; 2,1 ff; 9,15). Jenes Amt aber, das
der Herr den Hirten seines Volkes übertragen hat, ist ein wahres Dienen,
weshalb es in der Heiligen Schrift bezeichnenderweise mit dem Wort
"Diakonia", d. h. Dienst, benannt wird (vgl. Apg 1,17.25; 21,19; Röm
11,13; 1 Tim 1,12). Die kanonische Sendung der Bischöfe kann geschehen durch
rechtmäßige, von der höchsten und universalen Kirchengewalt nicht widerrufene
Gewohnheiten, durch von der nämlichen Autorität erlassene oder anerkannte
Gesetze oder unmittelbar durch den Nachfolger Petri selbst. Falls er Einspruch
erhebt oder die apostolische Gemeinschaft verweigert, können die Bischöfe nicht
zur Amtsausübung zugelassen werden74.
25.
Unter den hauptsächlichsten Ämtern der Bischöfe hat die Verkündigung des
Evangeliums einen hervorragenden Platz75. Denn die Bischöfe sind
Glaubensboten, die Christus neue Jünger zuführen; sie sind authentische, das
heißt mit der Autorität Christi ausgerüstete Lehrer. Sie verkündigen dem ihnen
anvertrauten Volk die Botschaft zum Glauben und zur Anwendung auf das sittliche
Leben und erklären sie im Licht des Heiligen Geistes, indem sie aus dem Schatz
der Offenbarung Neues und Altes vorbringen (vgl. Mt 13,52). So lassen sie den
Glauben fruchtbar werden und halten die ihrer Herde drohenden Irrtümer wachsam
fern (vgl. 2 Tim 4,1-4). Die Bischöfe, die in Gemeinschaft mit dem römischen
Bischof lehren, sind von allen als Zeugen der göttlichen und katholischen
Wahrheit zu verehren. Die Gläubigen aber müssen mit einem im Namen Christi
vorgetragenen Spruch ihres Bischofs in Glaubens- und Sittensachen übereinkommen
und ihm mit religiös gegründetem Gehorsam anhangen. Dieser religiöse Gehorsam
des Willens und Verstandes ist in besonderer Weise dem authentischen Lehramt
des Bischofs von Rom, auch wenn er nicht kraft höchster Lehrautorität spricht,
zu leisten; nämlich so, daß sein oberstes Lehramt ehrfürchtig anerkannt und den
von ihm vorgetragenen Urteilen aufrichtige Anhänglichkeit gezollt wird,
entsprechend der von ihm kundgetanen Auffassung und Absicht. Diese läßt sich
vornehmlich erkennen aus der Art der Dokumente, der Häufigkeit der Vorlage ein
und derselben Lehre, und der Sprechweise. Die einzelnen Bischöfe besitzen zwar
nicht den Vorzug der Unfehlbarkeit; wenn sie aber, in der Welt räumlich
getrennt, jedoch in Wahrung des Gemeinschaftsbandes untereinander und mit dem
Nachfolger Petri, authentisch in Glaubens- und Sittensachen lehren und eine
bestimmte Lehre übereinstimmend als endgültig verpflichtend vortragen, so
verkündigen sie auf unfehlbare Weise die Lehre Christi76. Dies ist noch offenkundiger der Fall, wenn sie auf
einem Ökumenischen Konzil vereint für die ganze Kirche Lehrer und Richter des
Glaubens und der Sitten sind. Dann ist ihren Definitionen mit Glaubensgehorsam
anzuhangen77. Diese Unfehlbarkeit,
mit welcher der göttliche Erlöser seine Kirche bei der Definierung einer
Glaubens- und Sittenlehre ausgestattet sehen wollte, reicht so weit wie die
Hinterlage der göttlichen Offenbarung, welche rein bewahrt und getreulich
ausgelegt werden muß, es erfordert. Dieser Unfehlbarkeit erfreut sich der
Bischof von Rom, das Haupt des Bischofskollegiums, kraft seines Amtes, wenn er
als oberster Hirt und Lehrer aller Christgläubigen, der seine Brüder im Glauben
stärkt (vgl. Lk 22,32), eine Glaubens- oder Sittenlehre in einem endgültigen
Akt verkündet78. Daher heißen seine
Definitionen mit Recht aus sich und nicht erst aufgrund der Zustimmung der
Kirche unanfechtbar, da sie ja unter dem Beistand des Heiligen Geistes
vorgebracht sind, der ihm im heiligen Petrus verheißen wurde. Sie bedürfen
daher keiner Bestätigung durch andere und dulden keine Berufung an ein anderes
Urteil. In diesem Falle trägt nämlich der Bischof von Rom seine Entscheidung
nicht als Privatperson vor, sondern legt die katholische Glaubenslehre aus und
schützt sie in seiner Eigenschaft als oberster Lehrer der Gesamtkirche, in dem
als einzelnem das Charisma der Unfehlbarkeit der Kirche selbst gegeben ist79. Die der Kirche verheißene Unfehlbarkeit ist auch in der
Körperschaft der Bischöfe gegeben, wenn sie das oberste Lehramt zusammen mit
dem Nachfolger Petri ausübt. Diesen Definitionen kann aber die Beistimmung der
Kirche niemals fehlen vermöge der Wirksamkeit desselben Heiligen Geistes, kraft
deren die gesamte Herde Christi in der Einheit des Glaubens bewahrt wird und
voranschreitet80.
Wenn aber der
Bischof von Rom oder die Körperschaft der Bischöfe mit ihm einen Satz
definieren, legen sie ihn vor gemäß der Offenbarung selbst, zu der zu stehen und
nach der sich zu richten alle gehalten sind. In Schrift oder Überlieferung wird
sie durch die rechtmäßige Nachfolge der Bischöfe und insbesondere auch durch
die Sorge des Bischofs von Rom unversehrt weitergegeben und im Licht des
Geistes der Wahrheit in der Kirche rein bewahrt und getreu ausgelegt81. Um ihre rechte Erhellung und angemessene Darstellung
mühen sich eifrig mit geeigneten Mitteln der Bischof von Rom und die Bischöfe,
entsprechend ihrer Pflicht und dem Gewicht der Sache82. Eine neue öffentliche Offenbarung als Teil der
göttlichen Glaubenshinterlage empfangen sie jedoch nicht83.
26.
Der Bischof ist, mit der Fülle des Weihesakramentes ausgezeichnet,
"Verwalter der Gnade des höchsten Priestertums"84, vorzüglich in der Eucharistie, die er selbst darbringt
oder darbringen läßt85 und aus der die Kirche
immerfort lebt und wächst. Diese Kirche Christi ist wahrhaft in allen
rechtmäßigen Ortsgemeinschaften der Gläubigen anwesend, die in der
Verbundenheit mit ihren Hirten im Neuen Testament auch selbst Kirchen heißen86. Sie sind nämlich je an ihrem Ort, im Heiligen Geist und
mit großer Zuversicht (vgl. 1 Thess 1,5), das von Gott gerufene neue Volk. In
ihnen werden durch die Verkündigung der Frohbotschaft Christi die Gläubigen
versammelt, in ihnen wird das Mysterium des Herrenmahls begangen, "auf daß
durch Speise und Blut des Herrn die ganze Bruderschaft verbunden werde"87. In jedweder Altargemeinschaft erscheint unter dem
heiligen Dienstamt des Bischofs88 das Symbol jener Liebe
und jener "Einheit des mystischen Leibes, ohne die es kein Heil geben
kann"89. In diesen Gemeinden,
auch wenn sie oft klein und arm sind oder in der Diaspora leben, ist Christus gegenwärtig,
durch dessen Kraft die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche
geeint wird90. Denn "nichts
anderes wirkt die Teilhabe an Leib und Blut Christi, als daß wir in das
übergehen, was wir empfangen91.
Jede
rechtmäßige Eucharistiefeier steht unter der Leitung des Bischofs, dem die
Pflicht übertragen ist, den christlichen Gottesdienst der göttlichen Majestät
darzubringen und zu betreuen gemäß den Geboten des Herrn und den Gesetzen der
Kirche, die durch seine besondere Verfügung für die Diözese näher bestimmt
werden. So spenden die Bischöfe durch Gebet und Arbeit für das Volk vielfältige
und reiche Gaben von der Fülle der Heiligkeit Christi aus. Durch den Dienst des
Wortes teilen sie die Kraft Gottes den Glaubenden zum Heil mit (vgl. Röm 1,16),
und durch die Sakramente, deren geregelte und fruchtbare Verwaltung sie mit
ihrer Autorität ordnen92, heiligen sie die
Gläubigen. Sie leiten die Taufspendung, die Anteil am königlichen Priestertum
Christi gewährt. Sie sind die erstberufenen Firmspender, sie erteilen die
heiligen Weihen und regeln die Bußdisziplin. Ferner ermahnen und unterweisen
sie sorgsam ihr Volk, daß es in der Liturgie und vorzüglich im Meßopfer seinen
Anteil gläubig und ehrfürchtig erfülle. Schließlich müssen sie ihre
Anbefohlenen mit dem Beispiel ihres Lebenswandels voranbringen, ihr eigenes
sittliches Verhalten vor allem Bösen bewahren und nach Kräften mit der Hilfe
des Herrn zum Guten hin wandeln, damit sie zusammen mit der ihnen anvertrauten
Herde zum ewigen Leben gelangen93.
27.
Die Bischöfe leiten die ihnen zugewiesenen Teilkirchen als Stellvertreter und
Gesandte Christi94 durch Rat, Zuspruch,
Beispiel, aber auch in Autorität und heiliger Vollmacht, die sie indes allein
zum Aufbau ihrer Herde in Wahrheit und Heiligkeit gebrauchen, eingedenk, daß
der Größere werden soll wie der Geringere und der Vorsteher wie der Diener
(vgl. Lk 22,26-27). Diese Gewalt, die sie im Namen Christi persönlich ausüben,
kommt ihnen als eigene, ordentliche und unmittelbare Gewalt zu, auch wenn ihr
Vollzug letztlich von der höchsten kirchlichen Autorität geregelt wird und im
Hinblick auf den Nutzen der Kirche oder der Gläubigen mit bestimmten Grenzen
umschrieben werden kann. Kraft dieser Gewalt haben die Bischöfe das heilige
Recht und vor dem Herrn die Pflicht, Gesetze für ihre Untergebenen zu erlassen,
Urteile zu fällen und alles, was zur Ordnung des Gottesdienstes und des
Apostolats gehört, zu regeln. Ihnen ist das Hirtenamt, das heißt die beständige
tägliche Sorge für ihre Schafe, im vollen Umfang anvertraut. Sie sind nicht als
Stellvertreter der Bischöfe von Rom zu verstehen, denn sie haben eine ihnen
eigene Gewalt inne und heißen in voller Wahrheit Vorsteher des Volkes, das sie
leiten95. Folglich wird ihre Gewalt von
der obersten und allgemeinen Gewalt nicht ausgeschaltet, sondern im Gegenteil
bestätigt, gestärkt und in Schutz genommen96. Dabei bewahrt der
Heilige Geist die von Christus dem Herrn in seiner Kirche gesetzte Form der
Leitung ohne Minderung. Der Bischof, der vom Hausvater gesandt ist, seine
Familie zu lenken, soll sich das Beispiel des guten Hirten vor Augen halten,
der nicht gekommen ist, sich bedienen zu lassen, sondern zu dienen (vgl. Mt
20,28; Mk 10,45) und sein Leben für seine Schafe hinzugeben (vgl. Joh 10,11).
Aus den Menschen genommen und mit Schwachheit behaftet, kann er mitleiden mit
denen, die in Unwissenheit und Irrtum sind (vgl. Hebr 5,1-2). Er soll sich
nicht weigern, seine Untergebenen zu hören, die er wie wirkliche Söhne umsorgt
und zu eifriger Mitarbeit mahnt. Da er für ihre Seelen Gott wird Rechenschaft
ablegen müssen (vgl. Hebr 13,17), soll er für sie durch Gebet, Predigt und
jederlei Liebeswerk Sorge tragen, desgleichen für jene, die noch nicht von der
einen Herde sind und die er doch im Herrn als ihm anempfohlen betrachten soll.
Da er wie der Apostel Paulus allen Schuldner ist, sei er bereit, allen das
Evangelium zu predigen (vgl. Röm 1,14-15) und seine Gläubigen zu apostolischem
und missionarischem Tatwillen zu ermuntern. Die Gläubigen aber müssen dem
Bischof anhangen wie die Kirche Jesus Christus und wie Jesus Christus dem
Vater, damit alles in Einigkeit übereinstimme97 und überströme zur Verherrlichung Gottes (vgl. 2 Kor
4,15).
28.
Christus, den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat (Joh 10,36), hat
durch seine Apostel deren Nachfolger, die Bischöfe, seiner eigenen Weihe und
Sendung teilhaftig gemacht. Diese wiederum haben die Aufgabe ihres Dienstamtes
in mehrfacher Abstufung verschiedenen Trägern in der Kirche rechtmäßig
weitergegeben98. So wird das aus
göttlicher Einsetzung kommende kirchliche Dienstamt in verschiedenen Ordnungen
ausgeübt von jenen, die schon seit alters Bischöfe, Priester, Diakone heißen99. Die Priester haben zwar nicht die höchste Stufe der
priesterlichen Weihe und hängen in der Ausübung ihrer Gewalt von den Bischöfen
ab; dennoch sind sie mit ihnen in der priesterlichen Würde verbunden100 und kraft des Weihesakramentes101 nach dem Bilde Christi, des höchsten und ewigen
Priesters (Hebr 5,1-10; 7,24; 9,11-28), zur Verkündigung der Frohbotschaft, zum
Hirtendienst an den Gläubigen und zur Feier des Gottesdienstes geweiht und so
wirkliche Priester des Neuen Bundes102. Auf der Stufe ihres
Dienstamtes haben sie Anteil am Amt des einzigen Mittlers Christus (1 Tim 2,5)
und verkünden allen das Wort Gottes. Am meisten üben sie ihr heiliges Amt in
der eucharistischen Feier oder Versammlung aus, wobei sie in der Person Christi
handeln103 und sein Mysterium
verkünden, die Gebete der Gläubigen mit dem Opfer ihres Hauptes vereinigen und
das einzige Opfer des Neuen Bundes, das Opfer Christi nämlich, der sich ein für
allemal dem Vater als unbefleckte Gabe dargebracht hat (vgl. Hebr 9,11-28), im
Meßopfer bis zur Wiederkunft des Herrn (vgl. 1 Kor 11,26) vergegenwärtigen und
zuwenden104. Für die büßenden oder
von Krankheit heimgesuchten Gläubigen walten sie vollmächtig des Amtes der
Versöhnung und der Wiederaufrichtung; die Nöte und Bitten der Gläubigen tragen
sie zu Gott dem Vater hin (vgl. Hebr 5,1-4). Das Amt Christi des Hirten und
Hauptes üben sie entsprechend dem Anteil ihrer Vollmacht aus105, sie sammeln die Familie Gottes als von einem Geist
durchdrungene Gemeinde von Brüdern106 und führen sie durch
Christus im Geist zu Gott dem Vater. Inmitten der Herde beten sie ihn im Geist
und in der Wahrheit an (vgl. Joh 4,24). Endlich mühen sie sich im Wort und in
der Lehre (vgl. 1 Tim 5,17), sie glauben, was sie im Gesetz des Herrn meditierend
gelesen haben, lehren, was sie glauben, verwirklichen, was sie lehren107. Als sorgsame Mitarbeiter108, als Hilfe und Organ der Ordnung der Bischöfe bilden die
Priester, die zum Dienst am Volke Gottes gerufen sind, in Einheit mit ihrem
Bischof ein einziges Presbyterium109, das freilich mit
unterschiedlichen Aufgaben betraut ist. In den einzelnen örtlichen Gemeinden
der Gläubigen machen sie den Bischof, mit dem sie in vertrauensvoller und
großzügiger Gesinnung verbunden sind, gewissermaßen gegenwärtig; sie übernehmen
zu ihrem Teil seine Amtsaufgaben und seine Sorge und stellen sich täglich in
ihren Dienst. Unter der Autorität des Bischofs heiligen und leiten sie den
ihnen zugewiesenen Anteil der Herde des Herrn, machen die Gesamtkirche an ihrem
Orte sichtbar und leisten einen wirksamen Beitrag zur Erbauung des gesamten
Leibes Christi (vgl. Eph 4,12). Auf das Wohl der Kinder Gottes allzeit bedacht,
sollen sie darüber hinaus bestrebt sein, ihren Anteil beizutragen zur
Hirtenarbeit an der ganzen Diözese, ja an der ganzen Kirche. Um dieser Teilhabe
an Priestertum und Sendung willen sollen die Priester den Bischof wahrhaft als
ihren Vater anerkennen und ihm ehrfürchtig gehorchen. Der Bischof hinwiederum
soll seine priesterlichen Mitarbeiter als Söhne und Freunde ansehen, gleichwie
Christus seine Jünger nicht mehr Knechte, sondern Freunde nennt (vgl. Joh
15,15). Diözesan- wie Ordenspriester sind also alle zusammen aufgrund ihrer
Weihe und ihres Dienstamtes dem Kollegium der Bischöfe zugeordnet und wirken
vermöge ihrer Berufung und der ihnen verliehenen Gnade zum Wohl der gesamten
Kirche. Kraft der Gemeinsamkeit der heiligen Weihe und Sendung sind die
Priester alle einander in ganz enger Brüderlichkeit verbunden. Diese soll sich
spontan und freudig äußern in gegenseitiger Hilfe, geistiger wie materieller,
pastoraler wie persönlicher Art, in Zusammenkünften, in der Gemeinschaft des
Lebens, der Arbeit und der Liebe. Die Fürsorge für die Gläubigen, die sie
geistlich in Taufe und Lehre gezeugt haben (vgl. 1 Kor 4,15; 1 Petr 1,23),
sollen sie wie Väter in Christus wahrnehmen. Als Vorbilder der Herde aus
Überzeugung (1 Petr 5,3) sollen sie ihrer Ortsgemeinde so vorstehen und dienen,
daß diese zu Recht mit jenem Namen benannt werden kann, der die Auszeichnung
des einen und ganzen Gottesvolkes ist: Kirche Gottes (vgl. 1 Kor 1,2; 2 Kor 1,1
u. öfter). Sie seien eingedenk, daß sie in ihrem täglichen Wandel und ihrer
Obsorge für Gläubige und Ungläubige, Katholiken und Nichtkatholiken, das
Antlitz des wahren Priester- und Hirtendienstes zeigen und allen das Zeugnis
der Wahrheit und des Lebens geben müssen. Als gute Hirten haben sie die
Pflicht, auch jenen nachzugehen (vgl. Lk 15,4-7), die zwar in der katholischen
Kirche getauft, aber sich von der Übung des sakramentalen Lebens oder gar vom
Glauben entfernt haben. Weil die Menschheit heute mehr und mehr zur Einheit im
bürgerlichen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich zusammenwächst, sollen die
Priester um so mehr in vereinter Sorge und Arbeit unter Leitung der Bischöfe
und des Papstes jede Art von Spaltung beseitigen, damit die ganze Menschheit
der Einheit der Familie Gottes zugeführt werde.
29.
In der Hierarchie eine Stufe tiefer stehen die Diakone, welche die
Handauflegung "nicht zum Priestertum, sondern zur Dienstleistung
empfangen"110. Mit sakramentaler
Gnade gestärkt, dienen sie dem Volke Gottes in der Diakonie der Liturgie, des
Wortes und der Liebestätigkeit in Gemeinschaft mit dem Bischof und seinem
Presbyterium. Sache des Diakons ist es, je nach Weisung der zuständigen
Autorität, feierlich die Taufe zu spenden, die Eucharistie zu verwahren und
auszuteilen, der Eheschließung im Namen der Kirche zu assistieren und sie zu
segnen, die Wegzehrung den Sterbenden zu überbringen, vor den Gläubigen die
Heilige Schrift zu lesen, das Volk zu lehren und zu ermahnen, dem Gottesdienst
und dem Gebet der Gläubigen vorzustehen, Sakramentalien zu spenden und den
Beerdigungsritus zu leiten. Den Pflichten der Liebestätigkeit und der
Verwaltung hingegeben, sollen die Diakone eingedenk sein der Mahnung des
heiligen Polykarp: "Barmherzig, eifrig, wandelnd nach der Wahrheit des
Herrn, der aller Diener geworden ist."111 Weil diese für die
Kirche in höchstem Maße lebensnotwendigen Ämter bei der gegenwärtig geltenden
Disziplin der lateinischen Kirche in zahlreichen Gebieten nur schwer ausgeübt
werden können, kann in Zukunft der Diakonat als eigene und beständige
hierarchische Stufe wiederhergestellt werden. Den zuständigen
verschiedenartigen territorialen Bischofskonferenzen kommt mit Billigung des
Papstes die Entscheidung zu, ob und wo es für die Seelsorge angebracht ist,
derartige Diakone zu bestellen. Mit Zustimmung des Bischofs von Rom wird dieser
Diakonat auch verheirateten Männern reiferen Alters erteilt werden können,
ferner geeigneten jungen Männern, für die jedoch das Gesetz des Zölibats in Kraft
bleiben muß.
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