Erläuternde Vorbemerkungen
"Die Kommission hat beschlossen, der
Prüfung der Änderungsvorschläge folgende allgemeinen Hinweise vorauszuschicken:
1. Kollegium wird nicht im
streng juridischen Sinne verstanden, das heißt nicht von einem Kreis von
Gleichrangigen, die etwa ihre Gewalt auf ihren Vorsitzenden übertrügen, sondern
als fester Kreis, dessen Struktur und Autorität der Offenbarung entnommen
werden müssen. Darum wird in der Antwort auf den Änderungsvorschlag 12
ausdrücklich von den Zwölfen gesagt, daß der Herr sie bestellt hat "nach
Art eines Kollegiums oder eines festen Kreises". Vgl. auch
Änderungsvorschlag 53c. - Aus dem gleichen Grunde werden immer wieder auf das
Bischofskollegium auch die Ausdrücke "Ordnung" (Ordo) oder
"Körperschaft" (Corpus) angewandt. Der Parallelismus zwischen Petrus
und den übrigen Aposteln auf der einen Seite und Papst und Bischöfen auf der
anderen schließt nicht die Übertragung der außerordentlichen Vollmacht der
Apostel auf ihre Nachfolger und selbstverständlich auch nicht eine Gleichheit
zwischen Haupt und Gliedern des Kollegiums ein, sondern nur eine
Verhältnisgleichheit zwischen der ersten Beziehung (Petrus - Apostel) und der
zweiten (Papst - Bischöfe). Daher hat die Kommission beschlossen, in Nr. 22
nicht in derselben, sondern in entsprechender Weise zu schreiben. Vgl.
Änderungsvorschlag 57.
2. Glied des Kollegiums
wird man kraft der Bischofsweihe und durch die hierarchische Gemeinschaft mit
Haupt und Gliedern des Kollegiums. Vgl. Nr. 22, Absatz 1, am Schluß. In der
Weihe wird die seinsmäßige Teilnahme an den heiligen Ämtern verliehen, wie
unbestreitbar aus der Überlieferung, auch der liturgischen, feststeht. Mit
Bedacht ist der Ausdruck Ämter (munera) verwendet und nicht Vollmachten
(potestates), weil das letztgenannte Wort von der zum Vollzug völlig
freigegebenen Vollmacht verstanden werden könnte. Damit aber eine solche zum
Vollzug völlig freigegebene Vollmacht vorhanden sei, muß noch die kanonische,
das heißt rechtliche Bestimmung (determinatio) durch die hierarchische
Obrigkeit hinzukommen. Diese Bestimmung der VoIlmacht (determinatio) kann
bestehen in der Zuweisung einer besonderen Dienstobliegenheit oder in der
Zuordnung von Untergebenen, und sie wird erteilt nach den von der höchsten
Obrigkeit gebilligten Richtlinien. Eine derartige weitere Norm ist aus der
Natur der Sache gefordert, weil es sich um Ämter handelt, die von mehreren nach
Christi Willen hierarchisch zusammenwirkenden Trägern ausgeübt werden müssen.
Offenkundig ist diese "Gemeinschaft" im Leben der Kirche den
Zeitumständen gemäß schon in Übung gewesen, bevor sie im Recht sozusagen
kodifiziert worden ist. Darum wird ausdrücklich gesagt, es sei eine
hierarchische Gemeinschaft mit Haupt und Gliedern der Kirche erfordert.
"Gemeinschaft" (Communio) ist ein Begriff, der in der alten Kirche
(wie auch heute noch vor allem im Osten) hoch in Ehren steht. Man versteht darunter
nicht irgendein unbestimmtes Gefühl, sondern eine organische Wirklichkeit, die
eine rechtliche Gestalt verlangt und zugleich von der Liebe beseelt ist. Daher
hat die Kommission fast mit Stimmeneinheit zu formulieren beschlossen: "in
hierarchischer Gemeinschaft". Vgl. Änderungsvorschlag 40 sowie auch die
Aussagen über die Missio canonica unter Nr. 24. Die päpstlichen Dokumente aus
jüngerer Zeit über die Jurisdiktion der Bischöfe verstehen sich von dieser
notwendigen Festlegung der Vollmacht her.
3. Von dem Kollegium, das
es ohne Haupt nicht gibt, wird gesagt: "Es ist ebenfalls Träger der
höchsten und vollen Gewalt über die ganze Kirche." Das anzunehmen ist
notwendig, damit die Fülle der Gewalt des Bischofs von Rom nicht in Frage gestellt
wird. Denn bei dem Kollegium wird sein Haupt immer und notwendigerweise
mitverstanden, das in dem Kollegium sein Amt als Statthalter Christi und Hirt
der Gesamtkirche unverkürzt bewahrt. Mit anderen Worten: Die Unterscheidung
waltet nicht zwischen dem Bischof von Rom einerseits und den Bischöfen
zusammengenommen anderseits, sondern zwischen dem Bischof von Rom für sich und
dem Bischof von Rom vereint mit den Bischöfen. Da aber der Papst das Haupt des
Kollegiums ist, kann er allein manche Handlungen vollziehen, die den Bischöfen
in keiner Weise zustehen, z. B. das Kollegium einberufen und leiten, die
Richtlinien für das Verfahren approbieren usw. Vgl. Änderungsvorschlag 81. Dem
Urteil des Papstes, dem die Sorge für die ganze Herde Christi anvertraut ist,
unterliegt es, je nach den im Laufe der Zeit wechselnden Erfordernissen der
Kirche die Weise festzulegen, wie diese Sorge tunlich ins Werk gesetzt wird,
sei es persönlich, sei es kollegial. Der Bischof von Rom geht bei der Leitung,
Förderung und Billigung der kollegialen Betätigung in Ausrichtung auf das Wohl
der Kirche nach eigenem Urteil vor.
4. Der Papst als höchster
Hirte der Kirche kann seine Vollmacht jederzeit nach Gutdünken ausüben, wie es
von seinem Amt her gefordert wird. Das Kollegium aber handelt, wenn es auch
immer besteht, darum nicht auch schon beständig in streng kollegialem Akt, wie
die Überlieferung der Kirche beweist. Mit anderen Worten: Das Kollegium ist
nicht immer "in voller Tätigkeit", vielmehr handelt es nur von Zeit
zu Zeit in streng kollegialem Akt und nicht ohne Zustimmung des Hauptes. Es
heißt aber "nicht ohne Zustimmung des Hauptes", damit man nicht an
eine Abhängigkeit wie von einem Außenstehenden denke. Der Ausdruck
"Zustimmung" erinnert im Gegenteil an die Communio zwischen Haupt und
Gliedern und schließt die Notwendigkeit des Aktes, der dem Haupt als solchem
zusteht, mit ein. Die Sache wird ausdrücklich ausgesprochen in Nr. 22, Absatz
2, und wird erklärt ebd., gegen Ende. Die negative Formulierung mit "nicht
ohne" umfaßt alle Fälle; so ist deutlich, daß die von der höchsten
Autorität gebilligten Richtlinien immer zu beobachten sind. Vgl.
Änderungsvorschlag 84. Im ganzen aber wird ersichtlich, daß es sich um die
Verbundenheit der Bischöfe mit ihrem Haupt handelt, niemals jedoch um die
Betätigung der Bischöfe unabhängig vom Papst. In diesem Falle, wenn die
Tätigkeit des Hauptes ausfällt, können die Bischöfe als Kollegium nicht
handeln, wie aus dem Begriff "Kollegium" hervorgeht. Diese
hierarchische Gemeinschaft aller Bischöfe mit dem Papst ist in der Tradition
fest verwurzelt.
N.B. Ohne die hierarchische Gemeinschaft
kann das sakramental seinsmäßige Amt, das von dem kanonisch-rechtlichen
Gesichtspunkt zu unterscheiden ist, nicht ausgeübt werden. Die Kommission war
aber der Auffassung, daß sie auf die Fragen der Erlaubtheit und Gültigkeit
nicht eingehen sollte, die der theologischen Forschung überlassen bleiben.
Insbesondere gilt das von der Vollmacht, die tatsächlich bei den getrennten
Orientalen ausgeübt wird und über deren Erklärung verschiedene Lehrmeinungen
bestehen."
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