3. Kapitel: Die übrigen Sakramente und Sakramentalien
59.
Die Sakramente sind hingeordnet auf die Heiligung der Menschen, den Aufbau des
Leibes Christi und schließlich auf die Gott geschuldete Verehrung; als Zeichen
haben sie auch die Aufgabe der Unterweisung. Den Glauben setzen sie nicht nur
voraus, sondern durch Wort und Ding nähren sie ihn auch, stärken ihn und zeigen
ihn an; deshalb heißen sie Sakramente des Glaubens. Sie verleihen Gnade, aber
ihre Feier befähigt auch die Gläubigen in hohem Maße, diese Gnade mit Frucht zu
empfangen, Gott recht zu verehren und die Liebe zu üben. Es ist darum sehr
wichtig, daß die Gläubigen die sakramentalen Zeichen leicht verstehen und immer
wieder zu jenen Sakramenten voll Hingabe hinzutreten, die eingesetzt sind, um
das christliche Leben zu nähren.
60.
Außerdem hat die heilige Mutter Kirche Sakramentalien eingesetzt. Diese sind
heilige Zeichen, durch die in einer gewissen Nachahmung der Sakramente
Wirkungen, besonders geistlicher Art, bezeichnet und kraft der Fürbitte der
Kirche erlangt werden. Durch diese Zeichen werden die Menschen bereitet, die
eigentliche Wirkung der Sakramente aufzunehmen; zugleich wird durch solche
Zeichen das Leben in seinen verschiedenen Gegebenheiten geheiligt.
61.
Die Wirkung der Liturgie der Sakramente und Sakramentalien ist also diese: Wenn
die Gläubigen recht bereitet sind, wird ihnen nahezu jedes Ereignis ihres
Lebens geheiligt durch die göttliche Gnade, die ausströmt vom Pascha-Mysterium
des Leidens, des Todes und der Auferstehung Christi, aus dem alle Sakramente
und Sakramentalien ihre Kraft ableiten. Auch bewirken sie, daß es kaum einen
rechten Gebrauch der materiellen Dinge gibt, der nicht auf das Ziel
ausgerichtet werden kann, den Menschen zu heiligen und Gott zu loben.
62.
Da sich aber im Laufe der Zeiten einiges in die Riten der Sakramente und
Sakramentalien eingeschlichen hat, wodurch ihre Natur und ihr Ziel uns heute
weniger einsichtig erscheinen, und da es mithin notwendig ist, einiges an ihnen
den Erfordernissen unserer Zeit anzupassen, so erläßt das Heilige Konzil für
ihre Reform folgende Anordnungen.
63.
Da nicht selten bei der Spendung der Sakramente und Sakramentalien beim Volk
der Gebrauch der Muttersprache sehr nützlich sein kann, soll ihr breiterer Raum
gewährt werden, und zwar nach folgenden Richtlinien:
a) Bei der
Spendung der Sakramente und Sakramentalien kann die Muttersprache gebraucht
werden unter Wahrung der Vorschriften von Art. 36.
b) Auf der
Grundlage einer neuen Ausgabe des Römischen Rituale soll die nach Art. 22 § 2
zuständige territoriale kirchliche Autorität sobald wie möglich besondere
Ritualien schaffen, die den Bedürfnissen der einzelnen Gebiete, auch in bezug
auf die Sprache, angepaßt sind: nach Bestätigung der Beschlüsse durch den
Apostolischen Stuhl sollen sie in den betreffenden Gebieten verwendet werden.
Bei der Schaffung dieser Ritualien oder besonderer Ritensammlungen sollen
Unterweisungen, wie sie im Römischen Rituale den einzelnen Riten
vorausgeschickt werden, nicht ausgelassen werden, mögen sie nun die Seelsorge
oder die Rubriken betreffen oder eine besondere soziale Bedeutung haben.
64.
Ein mehrstufiger Katechumenat für Erwachsene soll wiederhergestellt und nach
dem Urteil des Ortsordinarius eingeführt werden. So soll ermöglicht werden, daß
die Zeit des Katechumenats, die zu angemessener Einführung bestimmt ist, durch
heilige, in gewissen Zeitabschnitten aufeinanderfolgende Riten geheiligt wird.
65.
In den Missionsländern soll es erlaubt sein, außer den Elementen der
Initiation, die in der christlichen Überlieferung enthalten sind, auch jene
zuzulassen, die sich bei den einzelnen Völkern im Gebrauch befinden, sofern sie
im Sinne von Art. 37-40 dieser Konstitution dem christlichen Ritus angepaßt werden
können.
66.
Beide Riten für die Erwachsenentaufe, sowohl der einfache wie der feierliche
mit dem wiederhergestellten Katechumenat, sollen revidiert werden; in das
Römische Meßbuch soll eine eigene Messe "Bei der Spendung einer
Taufe" aufgenommen werden.
67.
Der Ritus der Kindertaufe soll überarbeitet und der tatsächlichen Situation der
Kinder angepaßt werden; überdies sollen im Ritus selbst die Rolle der Eltern
und Paten und ihre Pflichten deutlicher hervortreten.
68.
Für den Fall einer großen Zahl von Täuflingen sollen im Taufritus entsprechende
Anpassungen vorgesehen werden zur Verwendung nach dem Urteil des
Ortsordinarius. Ferner soll eine Kurzform des Taufritus geschaffen werden, den
die Katechisten, vor allem die in Missionsländern, und in Todesgefahr die
Gläubigen allgemein gebrauchen können, wenn kein Priester oder Diakon anwesend
ist.
69.
An Stelle des Ritus, der den Titel trägt "Ordo supplendi omissa super
infantem baptizatum" (Ordo, nach dem die bei der Nottaufe ausgefallenen
Teile des Taufritus nachgeholt werden), soll ein neuer geschaffen werden, der
deutlicher und zutreffender zum Ausdruck bringt, daß das notgetaufte Kind schon
in die Kirche aufgenommen ist. Ferner soll ein neuer Ritus geschaffen werden
für gültig getaufte Konvertiten, in dem zum Ausdruck kommen soll, daß sie in
die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen werden.
70.
Außerhalb der österlichen Zeit kann das Taufwasser bei der Taufspendung selbst
mit einer approbierten kürzeren Formel geweiht werden.
71.
Der Firmritus soll überarbeitet werden, auch in dem Sinne, daß der innere
Zusammenhang dieses Sakraments mit der gesamten christlichen Initiation besser
aufleuchte; daher ist es passend, daß dem Empfang des Sakramentes eine
Erneuerung der Taufversprechen voraufgeht. Die Firmung kann, wo es angezeigt
erscheint, innerhalb der Messe gespendet werden; für den Ritus außerhalb der
Messe sollen Texte bereitgestellt werden, die als Einleitung zu verwenden sind.
72.
Ritus und Formeln des Bußsakramentes sollen so revidiert werden, daß sie Natur
und Wirkung des Sakramentes deutlicher ausdrücken.
73.
Die "Letzte Ölung, die auch - und zwar besser - "Krankensalbung"
genannt werden kann, ist nicht nur das Sakrament derer, die sich in äußerster
Lebensgefahr befinden. Daher ist der rechte Augenblick für ihren Empfang sicher
schon gegeben, wenn der Gläubige beginnt, wegen Krankheit oder Altersschwäche
in Lebensgefahr zu geraten.
74.
Neben den Riten für getrennte Spendung von Krankensalbung und Wegzehrung soll
ein zusammenhängender Ordo geschaffen werden, gemäß dem die Salbung dem Kranken
nach der Beichte und vor dem Empfang der Wegzehrung erteilt wird.
75.
Die Zahl der Salbungen soll den Umständen angepaßt werden; die Gebete, die zum
Ritus der Krankensalbung gehören, sollen so revidiert werden, daß sie den
verschiedenen Verhältnissen der das Sakrament empfangenden Kranken gerecht
werden.
76.
Die Liturgie für die Erteilung der Weihen soll nach Ritus und Text überarbeitet
werden. Die Ansprachen des Bischofs zu Beginn der einzelnen Weihe oder
Konsekration können in der Muttersprache gehalten werden. Bei der Bischofsweihe
dürfen alle anwesenden Bischöfe die Hände auflegen.
77.
Der Eheritus des Römischen Rituale soll überarbeitet und bereichert werden, so
daß er deutlicher die Gnade des Sakramentes bezeichnet und die Aufgaben der
Eheleute eindringlich betont. "Wenn es in einzelnen Gebieten bei der Feier
des Ehesakramentes andere lobenswerte Gewohnheiten und Bräuche gibt, wünscht
die Heilige Kirchenversammlung nachdrücklich, daß sie unbedingt beibehalten
werden."41 Darüber hinaus bleibt
der im Sinn von Art. 22 § 2 dieser Konstitution zuständigen territorialen
kirchlichen Autorität nach Maßgabe von Art. 63 die Vollmacht, einen eigenen
Ritus auszuarbeiten, der den Bräuchen des Landes und des Volkes entspricht; immer
muß jedoch der assistierende Priester die Konsenserklärung der Brautleute
erfragen und entgegennehmen.
78.
Die Trauung möge in der Regel innerhalb der Messe, nach der Lesung des
Evangeliums und nach der Homilie und vor dem "Gebet der Gläubigen"
(Fürbitten) gefeiert werden. Der Brautsegen soll in geeigneter Weise
überarbeitet werden, so daß er die gleiche gegenseitige Treuepflicht beider
Brautleute betont; er kann in der Muttersprache erteilt werden. Wenn aber die
Trauung ohne die Messe gefeiert wird, sollen zu Beginn des Ritus Epistel und
Evangelium der Brautmesse vorgetragen werden; den Brautleuten soll immer der
Segen erteilt werden.
79.
Die Sakramentalien sollen überarbeitet werden, und zwar im Sinne des obersten Grundsatzes
von der bewußten, tätigen und leicht zu vollziehenden Teilnahme der Gläubigen
und im Hinblick auf die Erfordernisse unserer Zeit. Bei der Überarbeitung der
Ritualien nach Maßgabe von Art. 63 können nach Bedarf auch neue Sakramentalien
zugefügt werden. Nur sehr wenige Benediktionen sollen reserviert sein, und zwar
nur für Bischöfe und Ordinarien. Es soll vorgesehen werden, daß Laien, welche
die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, gewisse Sakramentalien spenden
können - wenigstens in besonderen Verhältnissen und nach dem Ermessen des
Ordinarius.
80.
Die Jungfrauenweihe des Römischen Pontifikale soll überarbeitet werden.
Außerdem soll ein Ritus für die Profeß und für die Erneuerung der Gelübde
geschaffen werden, der zu größerer Einheit, Schlichtheit und Würde beiträgt.
Soweit nicht Sonderrecht vorliegt, soll er von denen übernommen werden, welche
die Profeß oder die Erneuerung der Gelübde innerhalb der Messe halten. Es ist
zu begrüßen, wenn die Profeß künftig innerhalb der Messe stattfindet.
81.
Der Ritus der Exsequien soll deutlicher den österlichen Sinn des christlichen
Todes ausdrücken und besser den Voraussetzungen und Überlieferungen der
einzelnen Gebiete entsprechen, auch was die liturgische Farbe betrifft.
82.
Der Begräbnisritus für Kinder soll überarbeitet werden und eine eigene Messe
erhalten.
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