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Ioannes Paulus PP. II Vita Consecrata IntraText CT - Text |
IV. VOM GEIST DER HEILIGKEIT GEFÜHRT
»Verklärte« Existenz: der Ruf zur Heiligkeit
35. «Als die Jünger das hörten, bekamen sie grobe Angst und warfen sich mit dem Gesicht zu Boden« (Mt 17,6). Im Ereignis der Verklärung betonen die Synoptiker, wenn auch mit verschiedenen Nuancen, den Sinn der Angst, die die Jünger ergreift. Der Glanz des verklärten Antlitzes Christi verhindert nicht, dab sie sich angesichts der göttlichen Majestät, die sie in ihren Bann schlägt, bestürzt vorkommen. Wann immer der Mensch die Herrlichkeit Gottes erfährt, berührt er auch mit den Händen sein Kleinsein, und er bekommt davon ein Gefühl des Schreckens. Diese Angst ist heilbringend. Sie erinnert den Menschen an die göttliche Vollkommenheit und gleichzeitig drängt sie ihn mit einem dringenden Aufruf zur »Heiligkeit«.Alle Söhne und Töchter der Kirche, die vom Vater aufgerufen sind, auf Christus »zu hören«, müssen ein tiefes Bedürfnis nach Bekehrung und Heiligkeit verspüren. Wie bei der Synode betont wurde, ruft dieses Bedürfnis aber in erster Linie das geweihte Leben auf den Plan. Denn die Berufung der Personen des geweihten Lebens, vor allen anderen Dingen das Reich Gottes zu suchen, ist vor allem ein Ruf zur völligen Umkehr, in der Selbstaufgabe, um ganz vom Herrn zu leben, damit Gott alles in allen sei. Die Personen des geweihten Lebens sind berufen, das verklärte Angesicht Christi zu betrachten und zu bezeugen; sie sind aber auch zu einem »verklärten« Dasein berufen.Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, was im Schlubbericht der II. Auberordentlichen Versammlung der Synode formuliert wurde: »In der ganzen Kirchengeschichte sind heilige Männer und Frauen stets in den schwierigsten Situationen Quelle und Ursprung der Erneuerung gewesen. Heute haben wir gröbten Bedarf an Heiligen, die wir eindringlich von Gott erflehen müssen. Die Institute des geweihten Lebens müssen sich durch das Bekenntnis zu den evangelischen Räten ihrer besonderen Sendung in der Kirche von heute bewubt sein, und wir müssen sie in ihrer Sendung ermutigen«.Dieser Beurteilung stimmten die Väter der IX. Synodenversammlung zu, die erklärten: »Das geweihte Leben ist während der ganzen Kirchengeschichte eine lebendige Gegenwart dieses Wirkens des Geistes gewesen. Es war ein bevorzugter Raum der absoluten Liebe zu Gott und zum Nächsten, ein Zeugnis für den göttlichen Plan, aus der ganzen Menschheit in der Zivilisation der Liebe die grobe Familie der Kinder Gottes zu machen«.ie Kirche hat stets im Bekenntnis zu den evangelischen Räten einen bevorzugten Weg zur Heiligkeit gesehen. Die Ausdrücke selbst, mit denen sie diese umschreibt — Schule des Dienstes am Herrn, Schule der Liebe und Heiligkeit, Weg oder Stand der Vollkommenheit —, weisen sowohl auf die Wirksamkeit und den Reichtum der dieser evangelischen Lebensform eigenen Wege wie auf das besondere Engagement derer hin, die sie annehmen.Es ist kein Zufall, dab im Laufe der Jahrhunderte so viele Personen des geweihten Lebens eindrucksvolle Zeugnisse der Heiligkeit hinterlassen und besonders grobherzige und schwierige Werke der Evangelisierung und des Dienstes vollbracht haben.