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Ioannes Paulus PP. II Vita Consecrata IntraText CT - Text |
Geschwisterliches Leben in Liebe
42. Das geschwisterliche Leben, verstanden als in Liebe geteiltes Leben, ist ein ausdrucksvolles Zeichen der kirchlichen Gemeinschaft. Es wird mit besonderer Sorgfalt von den Ordensinstituten und den Gesellschaften des apostolischen Lebens gepflegt, wo das Leben in Gemeinschaft besondere Bedeutung erlangt.Doch die Dimension der geschwisterlichen Gemeinschaft ist weder den Säkularinstituten noch den individuellen Formen geweihten Lebens fremd. So entziehen sich die Eremiten in ihrer tiefen Einsamkeit keineswegs der kirchlichen Gemeinschaft, sondern dienen ihr mit ihrem besonderen Charisma der Kontemplation; die gottgeweihten Jungfrauen in der Welt verwirklichen ihre Weihe durch eine besondere Verbindung der Gemeinschaft mit der Teil- und der Universalkirche. Ähnliches gilt für Witwen und Witwer, die die Weihe empfangen haben.Alle diese Personen bemühen sich, in Verwirklichung der Jüngerschaft im Sinn des Evangeliums das »neue Gebot« des Herrn zu leben, nämlich einander zu lieben, wie er uns geliebt hat (vgl. Joh 13,34). Die Liebe hat Christus zur Selbsthingabe bis hin zum höchsten Opfer am Kreuz geführt. Auch unter seinen Jüngern gibt es keine echte Einheit ohne diese bedingungslose gegenseitige Liebe, die Verfügbarkeit zum Dienst unter Einsatz aller Kräfte erfordert, Bereitschaft, den anderen so, wie er ist, ohne Vorurteil anzunehmen, die Fähigkeit, auch »siebenundsiebzigmal« zu vergeben (Mt 18,22), den Willen, keinen zu verurteilen (vgl. Mt 7,1-2). Für die Personen des geweihten Lebens, die durch diese vom Heiligen Geist in die Herzen ausgegossene Liebe (vgl. Röm 5,5) »ein Herz und eine Seele« geworden sind (Apg 4,32), wird es zum inneren Bedürfnis, alles gemeinsam zu haben: materielle Güter und geistliche Erfahrungen, Begabungen und Eingebungen sowie apostolische Ideale und Dienst der Nächstenliebe: »Im Gemeinschaftsleben geht die in einem vorhandene Kraft des Geistes gleichzeitig auf alle über. Da erfreut man sich nicht nur der eigenen Gabe, sondern vervielfältigt sie, indem man andere daran teilhaben läbt, und geniebt die Frucht der Gabe der anderen wie die eigene«.odann mub im Gemeinschaftsleben irgendwie erkennbar werden, dab die geschwisterliche Gemeinschaft, noch eher als Weg für eine bestimmte Sendung, göttlicher Ort ist, an dem die mystische Gegenwart des auferstandenen Herrn erfahren werden kann (vgl. Mt 18,20).Das geschieht dank der gegenseitigen Liebe aller, die die Gemeinschaft bilden, einer Liebe, die vom Wort und von der Eucharistie genährt, im Sakrament der Versöhnung gereinigt und von der Bitte um Einheit gestärkt wird, dem besonderen Geschenk des Geistes für diejenigen, die gehorsam auf das Evangelium hören. Er, der Geist selbst ist es, der die Seele zur Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn Jesus Christus führt (vgl. 1 Joh 1,3), zur Gemeinschaft, in der die Quelle des geschwisterlichen Lebens ist. Vom Geist werden die Gemeinschaften des geweihten Lebens bei der Erfüllung ihrer Sendung zum Dienst an der Kirche und an der ganzen Menschheit entsprechend ihrer ursprünglichen Inspiration geleitet.In dieser Perspektive sind die »Kapitel« (oder analoge Versammlungen), sei es besondere oder Generalkapitel, von besonderer Bedeutung. Während dieser Kapitel ist jedes Institut berufen, nach den von deren Konstitutionen festgelegten Normen die Oberen oder die Oberinnen zu wählen und im Lichte des Geistes die angemessenen Bestimmungen zu treffen, um das eigene Charisma und das eigene spirituelle Erbe zu bewahren und es in den verschiedenen historischen und kulturellen Situationen auf den aktuellen Stand zu bringen.