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Ioannes Paulus PP. II Vita Consecrata IntraText CT - Text |
Eine entschiedene Verpflichtung zum geistlichen Leben
93. Eine der auf der Synode wiederholt geäuberten Sorgen war die um ein gottgeweihtes Leben, das sich an den Quellen einer starken und tiefen Spiritualität nährt. Hier handelt es sich tatsächlich um eine vorrangige Forderung, die dem Wesen des geweihten Lebens eingeschrieben ist, denn wer sich zu den evangelischen Räten bekennt, ist wie jeder Getaufte und sogar aus noch zwingenderen Gründen dazu verpflichtet, mit allen seinen Kräften nach der Vollkommenheit der Liebe zu streben.Das ist eine Verpflichtung, an die die unzähligen Beispiele heiliger Ordensstifter und -stifterinnen und vieler Personen des geweihten Lebens deutlich erinnern, die die Treue zu Christus bis hin zum Martyrium bezeugt haben.Streben nach Heiligkeit: das ist zusammengefabt das Programm jedes geweihten Lebens, auch im Hinblick auf dessen Erneuerung an der Schwelle des dritten Jahrtausends. Der Anfang dieses Programms besteht darin, dab um Christi willen alles verlassen (vgl. Mt 4,18-22; 19,21.27; Lk 5,11) und er allen Dingen vorgezogen wird, um voll an seinem Ostergeheimnis teilhaben zu können.Das hatte der hl. Paulus richtig verstanden, als er ausrief: »Ich sehe alles als Verlust an, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles übertrifft [...] Christus will ich erkennen und die Macht seiner Auferstehung« (Phil 3, 8.10). Es ist der von den Aposteln von Anfang an vorgezeichnete Weg, wie die christliche Tradition im Orient und im Abendland in Erinnerung ruft: »Diejenigen, die derzeit Jesus nachfolgen und um seinetwillen alles verlassen, erinnern an die Apostel, die seine Einladung annahmen und auf alles andere verzichteten. Traditionsgemäb spricht man deshalb gewöhnlich vom Ordensleben als einer apostolica vivendi forma «.Dieselbe Tradition hat im geweihten Leben auch die Dimension des besonderen Bundes mit Gott, ja des bräutlichen Bundes mit Christus herausgestellt, dessen Meister der hl. Paulus durch sein Beispiel (vgl. 1 Kor 7,7) und durch seine unter der Anleitung des Geistes dargebotene Lehre war (vgl. 1 Kor 7,40).Wir können sagen, dab das geistliche Leben, das als Leben in Christus, als Leben nach dem Geist verstanden wird, als ein Weg wachsender Treue Gestalt annimmt, auf dem die Person des geweihten Lebens in voller Gemeinschaft der Liebe und des Dienstes der Kirche vom Geist geleitet und von ihm Christus gleichförmig gestaltet wird.Alle diese in den verschiedenen Formen des geweihten Lebens sich begründenden Elemente bringen eine eigene Spiritualität hervor, das heibt einen konkreten Plan der Beziehung zu Gott und zur Umgebung, der von besonderen geistlichen Akzenten und Entscheidungen zum Handeln gekennzeichnet ist, die bald den einen, bald den anderen Aspekt des einen Geheimnisses Christi herausstellen und verkörpern. Wenn die Kirche eine Form des geweihten Lebens oder ein Institut anerkennt, garantiert sie, dab sich in deren geistlichem und apostolischem Charisma alle objektiven Anforderungen finden, um die persönliche und gemeinschaftliche Vollkommenheit im Sinne des Evangeliums zu erreichen.Das geistliche Leben mub also im Programm der Familien des geweihten Lebens an erster Stelle stehen, so dab jedes Institut und jede Kommunität sich als Schule einer echten evangeliumsgemäben Spiritualität darstellen. Von dieser Vorzugsoption, die im persönlichen und gemeinschaftlichen Engagement entfaltet wird, hängen die Fruchtbarkeit des Apostolats, die Selbstlosigkeit in der Liebe für die Armen und die Anziehungskraft der Berufung auf die jungen Generationen selber ab. Gerade die spirituelle Qualität des geweihten Lebens vermag die Menschen unserer Zeit, die ja auch Durst nach absoluten Werten haben, aufzurütteln, und sie wird auf diese Weise zu einem faszinierenden Zeugnis.