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Ioannes Paulus PP. II Vita Consecrata IntraText CT - Text |
94. Das Wort Gottes ist die erste Quelle jeder christlichen Spiritualität. Es nährt eine persönliche Beziehung zum lebendigen Gott und zu seinem heilwirkenden und heiligenden Willen. Deshalb ist seit dem Entstehen der Institute des geweihten Lebens, insbesondere im Mönchtum der lectio divina höchste Achtung entgegengebracht worden. Dank dieser wird das Gotteswort ins Leben übertragen, auf das es das Licht der Weisheit wirft, die die Gabe des Geistes ist. Obwohl die ganze Heilige Schrift »nützlich zur Belehrung« (2 Tim 3,16) und »reiner, unversieglicher Quell des geistlichen Lebens« ist,verdienen die Schriften des Neuen Testamentes, vor allem die Evangelien, die »das Herzstück aller Schriften«sind, besondere Verehrung. Es wird deshalb für die Personen des geweihten Lebens von Nutzen sein, die Texte der Evangelien und die anderen neutestamentlichen Schriften zum Thema ihrer beharrlichen Betrachtung zu machen, die die Worte und die Beispiele Christi und der Jungfrau Maria sowie die apostolica vivendi forma darstellen. Die Stifter und Stifterinnen haben sich bei der Annahme der Berufung sowie beim Erkennen des Charismas und der Sendung ihres Institutes ständig darauf bezogen.Von grobem Wert ist die gemeinschaftliche Bibelbetrachtung. Wenn diese den Möglichkeiten und den Umständen des gemeinschaftlichen Lebens entsprechend geschieht, führt sie zum freudigen Teilen der aus dem Wort Gottes geschöpften Reichtümer, durch die Brüder und Schwestern gemeinsam wachsen und einander helfen, im geistlichen Leben Fortschritte zu machen. Diese Praxis mub aber auch den anderen Mitgliedern des Gottesvolkes, den Priestern und Laien nahegebracht werden, so dab sie jeweils in Übereinstimmung mit ihrem eigenen Charisma Schulen des Gebets, Schulen für Spiritualität und zur Lesung der Heiligen Schrift fördern, in der Gott »die Menschen wie Freunde« anredet (vgl. Ex 33,11; Joh 15,14-15), »und mit ihnen verkehrt (vgl. Bar 3,28), um sie in seine Gemeinschaft einzuladen«.us der Meditation des Wortes Gottes, und besonders der Geheimnisse Christi erwachsen, so lehrt die geistliche Tradition, die Intensität der Kontemplation und der Eifer der apostolischen Tätigkeit. Sowohl im kontemplativen als auch im apostolischen Ordensleben hat es immer Männer und Frauen des Gebets gegeben, die als glaubwürdige Interpreten und Vollzieher des göttlichen Willens grobe Werke vollbracht haben. Aus dem häufigen Umgang mit dem Wort Gottes haben sie die notwendige Erleuchtung für jene individuelle und gemeinschaftliche Unterscheidung geschöpft, die ihnen geholfen hat, in den Zeichen der Zeit die Wege des Herrn zu suchen. Auf diese Weise haben sie eine Art von übernatürlichem Instinkt erworben, der es ermöglicht hat, sich nicht dem Geist der Welt anzugleichen, sondern den eigenen Verstand zu erneuern, damit sie prüfen und erkennen können, »was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist« (Röm 12,2).