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Ioannes Paulus PP. II Vita Consecrata IntraText CT - Text |
98. Die Institute des geweihten Lebens haben stets groben Einflub auf die Bildung und Weitergabe der Kultur gehabt. Das war im Mittelalter der Fall, als die Klöster Zugangsstätten zu den Kulturschätzen der Vergangenheit wurden und sich in ihnen eine neue humanistische und christliche Kultur herausbildete. Das ereignete sich jedesmal, wenn das Licht des Evangeliums neue Völker erreichte. Viele Personen des geweihten Lebens haben die Kultur gefördert und oft die autochthonen Kulturen erforscht und verteidigt. Die Notwendigkeit, zur Förderung der Kultur, zum Dialog zwischen Kultur und Glauben beizutragen, wird heutzutage in der Kirche besonders wahrgenommen.ie Personen des geweihten Lebens müssen sich von dieser dringenden Notwendigkeit besonders angesprochen fühlen. Auch sie sind aufgerufen, bei der Verkündigung des Wortes Gottes Methoden zu finden, die den Bedürfnissen der verschiedenen menschlichen Gruppen und der vielfältigen Berufsbereiche angemessener sind, damit das Licht Christi in jeden menschlichen Bereich eindringe und der Sauerteig des Heils von innen her das soziale Leben umwandle, indem dieses dafür sorgt, dab sich eine von evangelischen Werten durchdrungene Kultur behaupte.Auch durch diesen Einsatz wird das geweihte Leben an der Schwelle des dritten christlichen Jahrtausends sein Entsprechen gegenüber dem Willen Gottes erneuern können, der allen Menschen entgegenkommt, die bewubt oder unbewubt tastend nach der Wahrheit und nach dem Leben suchen (vgl. Apg 17,27).Doch auber dem Dienst an den anderen ist auch innerhalb des geweihten Lebens die Erneuerung der Liebe zum kulturellen Engagement nötig, die Widmung zum Studium als Mittel zur ganzheitlichen Bildung und — angesichts der Verschiedenheit der Kulturen — als auberordentlich aktueller asketischer Weg. Eine Verminderung der Pflicht zum Studium kann auch für das Apostolat schwerwiegende Folgen haben, weil dadurch Aubenseiter- und Minderwertigkeitsgefühle ausgelöst oder Oberflächlichkeit und Unbesonnenheit bei den Initiativen begünstigt werden.Bei der Vielfalt der Charismen und der realen Möglichkeiten der einzelnen Institute kann sich die Pflicht zum Studium nicht auf die Anfangsausbildung oder auf das Erlangen akademischer Titel und beruflicher Fachkenntnisse beschränken. Es ist vielmehr Ausdruck des nie erfüllten Verlangens, Gott, den Abgrund des Lichts und die Quelle jeder menschlichen Wahrheit, immer tiefer kennenzulernen. Daher isoliert diese Verpflichtung die Person des geweihten Lebens nicht in einen abstrakten Intellektualismus und schliebt sie nicht in das Um-sich-Kreisen eines erdrückenden Narzismus ein; hingegen spornt es zum Dialog und zur Teilnahme an, bildet die Urteilsfähigkeit, regt an zur Kontemplation und zum Gebet in der ständigen Suche nach Gott und seinem Wirken in der komplexen Realität der modernen Welt.Die Person des geweihten Lebens, die sich vom Geist umwandeln läbt, wird fähig, den engen Horizont der menschlichen Wünsche zu erweitern und gleichzeitig die tiefen Dimensionen jedes Individuums und seiner Geschichte jenseits auffälliger, aber oft nebensächlicher Aspekte zu erfassen. Zahllos sind heutzutage die von den verschiedenen Kulturen ausgehenden Herausforderungen: neue oder traditionell besetzte Bereiche des geweihten Lebens, zu denen unbedingt fruchtbare Beziehungen unterhalten werden sollen in der Haltung eines wachen kritischen Geistes, aber auch vertrauensvollen Verständnisses dem gegenüber, der sich den typischen Schwierigkeiten der intellektuellen Arbeit stellt, besonders wenn es angesichts der unbekannten Probleme unserer Zeit nötig ist, sich mit neuen Analysen und Synthesen zu befassen.Eine ernsthafte und wirksame Evangelisierung der neuen Bereiche, wo die Kultur aufgebaut und weitergegeben wird, kann ohne eine aktive Zusammenarbeit mit den dort beschäftigten Laien nicht durchgeführt werden.