19. In den Worten der nächtlichen »Verkündigung« vernimmt Josef nicht
nur die göttliche Wahrheit über die unaussprechliche Berufung seiner Frau,
sondern er hört außerdem wieder die Wahrheit über die eigene Berufung.
Dieser »gerechte« Mann, der ganz im Geist der vornehmsten Traditionen des
auserwählten Volkes die Jungfrau aus Nazaret liebte und sich mit ihr in
ehelicher Liebe verbunden hatte, wird von Gott nochmals zu dieser Liebe
berufen.
»Josef tat, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte,
und nahm seine Frau zu sich« (Mt 1, 24); das Kind, das sie erwartet,
»ist vom Heiligen Geist«: muß man nicht aus diesen Aussagen vielleicht
schließen, daß auch seine Liebe als Mann vom Heiligen Geist neubelebt wird?
Muß man nicht daran denken, daß die Liebe Gottes, die durch den Heiligen Geist
in das Herz des Menschen ausgegossen ist (vgl. Röm 5, 5), jede
menschliche Liebe in vollkommenster Weise gestaltet? Sie gestaltet auch - und
das in einzigartiger Weise - die bräutliche Liebe der Ehegatten, indem sie in
ihr all das vertieft, was menschlich würdig und schön ist, was die Merkmale der
ausschließlichen Hingabe, der Verbundenheit der Personen und der echten
Gemeinschaft nach dem Vorbild des Geheimnisses der Dreifaltigkeit an sich
trägt.
»Josef... nahm seine Frau zu sich. Er erkannte sie
aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar« (Mt 1, 24-25). Diese Worte
weisen auch auf eine andere eheliche Nähe hin. Die Tiefe dieser Nähe, das
heißt die geistige Intensität der Einheit und des Kontakts zwischen Personen -
des Mannes und der Frau - stammen letztlich aus dem Geist, der lebendig macht
(vgl. Joh 6, 63). Josef, der dem Geist gehorsam war, fand eben in ihm
aufs neue die Quelle der Liebe, seiner ehelichen Liebe als Mann, und diese
Liebe war größer als jene, die sich »der gerechte Mann« nach der Möglichkeit
seines menschlichen Herzens hätte erwarten können.
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