Konfliktualität und Friede
6. Schließlich darf ein anderes, für die heutige
Menschheit charakteristisches Phänomen nicht unerwähnt bleiben. Die Menschheit
wird wie vielleicht noch nie zuvor in ihrer Geschichte täglich und tiefgreifend
durch das Erlebnis der Konfliktualität aus dem Gleichgewicht gebracht.
Es handelt sich hier um ein pluriformes Phänomen, das sich vom legitimen
Pluralismus der Mentalitäten und der Initiativen unterscheidet und sich in
verhängnisvollen Gegensätzen zwischen Menschen, Gruppen, Kategorien, Nationen
und Nationenblocks Ausdruck verschaflt. Diese Gegensätze äußern sich in Gewalt,
Terrorismus und Kriegen. Wieder einmal, dieses Mal jedoch in weit größeren
Ausmaßen, wiederholen ganze Teile der heutigen Menschheit den törichten
Versuch, den »Turm zu Babel« zu erbauen (vgl. Gen 11, 1-9), weil sie
ihre »Allmacht« bekunden wollen. Das Ergebnis dieses Experimentes aber bleibt
Verwirrung, Kampf, Auflösung und Unterdrückung. Die Menschheitsfamilie ist bis
in ihr Inneres hinein auf dramatische Weise erschüttert und zerrissen.
Das Streben nach dem unermeßlichen Gut des Friedens in
Gerechtigkeit läßt sich dennoch nicht aus den Herzen der einzelnen und der
Völker ausrotten. Die Seligpreisung des Evangeliums: »Selig, die Frieden
stiften« (Mt 5, 9) findet unter den heutigen Menschen eine neue und
bedeutungsträchtige Resonanz: Ganze Völker leben, leiden und arbeiten heute für
Frieden und Gerechtigkeit.
Die Teilnahme von immer mehr Menschen am Leben der
Gesellschaft ist heute der gängigste Weg, damit der Friede nicht reiner Wunsch
bleibt, sondern Realität wird. Auf diesem Weg begegnen wir vielen Laien, die
sich im sozialen und politischen Bereich, institutionell oder freiwillig in den
vielfältigen Formen des Dienstes an den Ärmsten hochherzig engagieren.
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