Dienste, Aufgaben und Funktionen
der Laien
23. Die Heilssendung der Kirche in der Welt wird nicht
nur von den Amtsträgern aufgrund des Sakramentes des Ordo realisiert, sondern
auch von allen Laien. Als Getaufte und aufgrund ihrer spezifischen Berufung
nehmen diese in dem Maß, das einem jeden entspricht, am priesterlichen,
prophetischen und königlichen Amt Christi teil. Darum müssen die Hirten die
Dienste, Aufgaben und Funktionen der Laien anerkennen und fördern. Diese haben
ihre sakramentale Grundlage in Taufe und Firmung und vielfach auch in
der Ehe.
Wenn es zum Wohl der Kirche nützlich oder notwendig ist,
können die Hirten entsprechend den Normen des Universalrechts den Laien
bestimmte Aufgaben anvertrauen, die zwar mit ihrem eigenen Hirtenamt verbunden
sind, aber den Charakter des Ordo nicht voraussetzen. Der Codex schreibt: »Wo
es ein Bedarf der Kirche nahelegt, weil für diese Dienste Beauftragte nicht zur
Verfügung stehen, können auch Laien, selbst wenn sie nicht Lektoren oder
Akolythen sind, nach Maßgabe der Rechtsvorschriften bestimmte Aufgaben
erfüllen, nämlich den Dienst am Wort, die Leitung liturgischer Gebete, die
Spendung der Taufe und die Austeilung der heiligen Kommunion«.(69) Die
Erfüllung einer solchen Aufgabe macht den Laien aber nicht zum Hirten:
Nicht eine Aufgabe konstituiert das Amt, sondern das Sakrament des Ordo.
Nur das Sakrament des Ordo gewährt dem geweihten
Amtsträger eine besondere Teilhabe am Amt Christi, des Hauptes und
Hirten, und an seinem ewigen Priestertum.(70) Die in Vertretung erfüllte
Aufgabe leitet ihre Legitimität formell und unmittelbar von der offiziellen
Beauftragung durch die Hirten ab. Ihre konkrete Erfüllung untersteht der
Leitung der kirchlichen Autorität.(71)
Die letzte Synode hat ein breites und bedeutungsreiches
Panorama der Situation von Diensten, Aufgaben und Funktionen der Getauften in
der Kirche geboten. Die Väter haben ihre volle Anerkennung den wertvollen
apostolischen Beiträgen der Laien ausgesprochen, der Männer und Frauen, die
sich für die Evangelisierung, die Heiligung und die christliche Inspirierung
des säkularen Bereiches einsetzen, sowie ihrer hochherzigen Einsatzbereitschaft
als Stellvertreter in Situationen akuter oder dauernder Not.(72)
Im Prozeß der liturgischen Erneuerung, die das Konzil
gefördert hat, haben die Laien Aufgaben, die ihnen bei liturgischen
Versammlungen und bei ihrer Vorbereitung zustehen, bewußter erkannt; sie haben
sich bereitwillig zur Verfügung gestellt, um diese zu erfüllen, denn die
liturgische Feier ist eine heilige Handlung, die nicht nur vom Klerus, sondern
von der gesamten Versammlung vollzogen wird. Es ist darum selbstverständlich,
daß die Aufgaben, die nicht spezifisch den geweihten Amtsträgern zukommen, von
den Laien übernommen werden.(73) Der Übergang von der effektiven Mitwirkung der
Laien ander Liturgie bis zu ihrem Mittun bei der Verkündigung des Wortes Gottes
und in der Seelsorge hat sich spontan vollzogen.(74)
Bei dieser Vollversammlung der Synode fehlten neben den
positiven nicht die kritischen Beurteilungen über den undifferenzierten
Gebrauch des Terminus »Amt«, über Unklarheit und wiederholte Nivellierungen
zwischen dem gemeinsamen Priestertum und dem Amtspriestertum, über die geringe
Beachtung gewisser kirchlicher Normen und Bestimmungen, über die willkürliche
Interpretation des Begriffes der »Stellvertretung«, über die Tendenz zur
»Klerikalisierung« der Laien und über das Risiko, de facto eine kirchliche
Dienststruktur zu schaffen, die parallel zu der im Sakrament des Ordo
gründenden steht.
Um diese Gefahren zu vermeiden, haben die Synodenväter
auf der Notwendigkeit bestanden, nicht zuletzt durch den Gebrauch einer
präziseren Terminologie,(75) die Einheit der einen Sendung der Kirche,
an der alle Getauften teilnehmen, aber auch den wesenhaften Unterschied des
Amtes der Hirten, der im Sakrament des Ordo gründet, gegenüber anderen
Diensten, Aufgaben und Funktionen in der Kirche, die in den Sakramenten der
Taufe und Firmung begründet sind, klar herauszustellen.
Die Hirten dürfen darum zunächst bei der Übertragung der
verschiedenen Dienste, Aufgaben und Funktionen an die Laien nicht versäumen,
diese sorgältig über die in der Taufe liegende Wurzel dieser Dienste zu
unterrichten.
Die Hirten müssen zudem darüber wachen, daß nicht
leichtfertig oder gar unrechtmäßig auf vermeintliche »Notsituationen« oder auf
die Notwendigkeit einer »Stellvertretung«, wo sie in der Tat nicht vorhanden
sind oder wo man sie mit einer rationelleren pastoralen Planung vermeiden
könnte, zurückgegriffen wird.
»Das eigentliche Feld ihrer evangelisierenden Tätigkeit
ist die weite und schwierige Welt der Politik, des Sozialen und der Wirtschaft,
aber auch der Kultur, der Wissenschaften und Künste, des internationalen Lebens
und der Massenmedien, ebenso gewisse Wirklichkeiten, die der Evangelisierung
offenstehen, wie Liebe, Familie, Kinder- und Jugenderziehung, Berufsarbeit,
Leiden usw. Je mehr vom Evangelium geprägte Laien da sind, die sich für diese
Wirklichkeiten verantwortlich wissen und überzeugend in ihnen sich betätigen,
sie mit Fachkenntnis voranbringen und sich bewußt bleiben, daß sie ihre gesamte
kirchliche Substanz, die oft verschüttet und erstickt erscheint, einsetzen
müssen, um so mehr werden diese Wirklichkeiten, ohne etwas von ihrer
menschlichen Tragweite zu verlieren oder zu opfern, geradezu eine oft verkannte
transzendente Dimension offenbaren, in den Dienst der Erbauung des Reiches
Gottes treten und damit in den Dienst des Heiles in Jesus Christus«.(76)
Im Lauf der Synodenarbeiten haben die Väter dem Lektorat
und dem Akolythat besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Diese bestanden
in der Vergangenheit der Lateinischen Kirche nur als geistige Etappen des Weges
zum geweihten Amt. Mit dem Motu Proprio Paulus VI. Ministeria
quaedam (15. August 1972) haben sie eine eigene
Autonomie und Stabilität erhalten und wurden Laien, wenn auch nur Männern,
zugänglich gemacht. Der neue Codex führt diese Linie fort.(77)
Die Väter haben jetzt den Wunsch ausgesprochen, daß »das
motu proprio "Ministeria quaedam" auf dem Hintergrund der Praxis, die
sich in den Teilkirchen entwickelt hat, und vor allem im Hinblick auf die
Bestimmung von Kriterien, nach denen die Adressaten eines jeden Dienstes
ausgewählt werden sollen, überprüft werde«.(78)
So wurde eine besondere Kommission konstituiert, die
nicht nur diesem Wunsch der Synodenväter enstprechen, sondern auch die
verschiedenen theologischen, liturgischen, juridischen und pastoralen Probleme
vertiefen soll, die sich aus der aktuellen wachsenden Zahl von Diensten,
Aufgaben und Funktionen, die Laien anvertraut werden, ergeben. In der
Erwartung, daß die Kommission ihre Untersuchungen abschließt und damit die
kirchliche Praxis der Dienste, die Laien anvertraut werden, geordnet und
fruchtbar ausgeübt wird, sollen die oben in Erinnerung gerufenen theologiscken
Prinzipien in allen Teilkirchen treu beachtet werden, vor allem im Hinblick auf
den wesentlichen Unterschied zwischen Amtspriestertum und gemeinsamem
Priestertum und somit zwischen den Ämtern, die sich vom Sakrament des Ordo
ableiten, und den Diensten, die sich vom Sakrament der Taufe und Firmung
ableiten.
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