Die Pfarrei
26. Wenn sie auch eine universale Dimension kennt, findet
die communio der Kirche ihren unmittelbaren und greifbaren Ausdruck in der Pfarrei.
Diese stellt die konkrete Form der örtlichen Realisierung der Kirche dar; in
einem gewissen Sinn ist sie die Kirche, die inmitten der Häuser ihrer Söhne
und Tochter lebt.(90)
Wir alle müssen das wahre Gesicht der Pfarrei im Glauben
neu entdecken, das heißt, das »Geheimnis« der Kirche, das in ihr wirksam und
gegenwärtig ist. Auch wenn sie zuweilen an Gliedern und Gütern arm ist, wenn
sie sich geographisch über weiteste Gebiete erstreckt oder inmitten dicht
bevölkerter und problemvoller moderner Stadtviertel fast unauffindbar ist,
besteht die Pfarrei nicht in erster Linie aus einer Struktur, aus einem Gebiet
oder aus einem Gebäude, vielmehr ist sie »die Familie Gottes, als von einem
Geist durchdrungene Gemeinde von Brüdern«,(91) sie ist »das Haus der
Pfarrfamilie, brüderlich und gastfreundlich«,(92) die »Gemeinschaft der
Gläubigen«.(93) Letztlich gründet die Pfarrei in einer theologischen
Gegebenheit, weil sie eucharistische Gemeinschaft ist.(94) Dies bedeutet, daß
sie als Gemeinschaft befähigt ist, Eucharistie zu feiern, in der sie die
lebendigen Wurzeln ihres Wachstums sowie das sakramentale Band ihrer communio
mit der gesamten Kirche findet. Diese Befähigung zur Feier der Eucharistie ist
gegeben durch die Tatsache, daß die PfarreiGemeinschaft des Glaubens und
organische Gemeinschaft ist - das heißt, zusammengesetzt von
geweihten Amtsträgern und von anderen Christen -, in der der Pfarrer den
Ortsbischof vertritt(95) und das hierarchische Band mit der gesamten Teilkirche
darstellt.
Die Aufgabe der Kirche in unseren Tagen ist mit
Sicherheit immens, und die Pfarrei allein kann ihr nicht genügen. Darum sieht
der Codex Formen der Zusammenarbeit zwischen Pfarreien und auf Dekanatsebene
vor(96) und empfiehlt dem Bischof die Sorge für alle Gläubigen, auch für die,
die die ordentliche Seelsorge nicht erfaßt.(97) Viele Orte und Formen der Präsenz
und Wirksamkeit der Kirche sind notwendig, um das Wort und die Gnade des
Evangeliums in die verschiedensten Lebenssituationen der modernen Menschen
hineinzutragen. Viele Arten religiöser Austrahlung und gezielten
Milieuapostolates auf kulturellem, sozialem, pädagogischem und beruflichem
Gebiet usw. können nicht in der Pfarrei ihren Mittel- und Ausgangspunkt haben.
Dennoch erlebt diese auch heute eine neue Hoffnung versprechende Zeit. Zu
Beginn seines Pontifikates wies Paul VI. in seiner Ansprache an den römischen
Klerus auf diese Tatsache hin: »Wir sind einfach davon überzeugt,daß diese
altüberkommene und geschätzte Struktur der Pfarrei eine unverzichtbare und
höchst aktuelle Sendung hat; ihr kommt es zu, die erste Gemeinschaft des
christlichen Volkes zu bilden; sie versammelt das Volk und führt es in die
liturgische Feier ein; sie beschützt und belebt den Glauben in den Menschen
unserer Zeit; sie bietet ihnen den Unterricht über die heilbringende Lehre
Christi; sie verwirklicht in der Haltung und in der Tat die demütige Liebe in
den guten und brüderlichen Werken«.(98)
Die Synodenväter haben ihrerseits die augenblickliche
Situation vieler Pfarreien aufmerksam ins Auge gefaßt und auf ihre
Erneuerung gedrängt: »Viele Pfarreien in Stadtgebieten oder in Missionsgebieten
sind wegen Mangel an den notwendigen materiellen Mitteln und an geweihten
Amtsträgern oder auch aufgrund ihrer geographischen Ausbreitung und der
besonderen Situation einiger Christen (z.B. der Flüchtlinge und Auswanderer)
nicht in der Lage, mit ganzer Wirksamkeit ihre Aufgabe zu erfüllen. Damit alle
diese Pfarreien lebendige, christliche Gemeinden werden, müssen die jeweiligen
örtlichen Autoritäten dafür Sorge tragen, daß: a) die Pfarrstrukturen den
Situationen mit der großen Flexibilität, die das Kirchenrecht vor allem durch
die Förderung der Teilhabe der Laien an der pastoralen Verantwortung gewährt,
angepaßt werden;b) die kleinen Basisgemeinschaften, auch lebendige Gemeinden
genannt, in denen die Gläubigen einander das Wort Gottes verkündigen und im
Dienst und in der Liebe tätig werden können, wachsen. Diese Gemeinden sind in
Gemeinschaft mit ihren Hirten wahre Konkretisierungen der kirchlichen communio
und Zentren der Evangelisierung; ...«.(99) Im Dienst der Erneuerung der
Pfarreien und um die Wirksamkeit ihrer Initiativen besser zu sichern, sollen
auch institutionalisierte Formen der Mitarbeit zwischen den verschiedenen
Pfarreien eines Dekanates gefördert werden.
|