Die menschliche Erfahrung in der
Katechese
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152. Die Erfahrung
erfüllt in der Katechese verschiedene Funktionen, weshalb sie
unablässig gebührend ausgewertet werden muß.
a) Sie läßt im Menschen Interessen, Fragen, Hoffnungen und
Ängste, Überlegungen und Urteile entstehen, die sich zu einem
gewissen Verlangen nach Umgestaltung des Daseins vereinen. Aufgabe der
Katechese ist es, die Menschen auf ihre wichtigsten Erfahrungen aufmerksam zu
machen, ihnen zu helfen, die Fragen und die Bedürfnisse, die sich daraus
ergeben, im Licht des Evangeliums zu beurteilen, und sie zu einer
Neuausrichtung des Lebens zu erziehen. Auf diese Weise wird der Mensch
befähigt, sich angesichts der Gabe Gottes aktiv und verantwortlich zu
verhalten.
b) Die Erfahrung begünstigt die Verständlichkeit der
christlichen Botschaft. Dem entsprach trefflich das Handeln Jesu, der
menschliche Erfahrungen und Situationen aufgriff, um auf eschatologische und
transzendente Wirklichkeiten und zugleich darauf hinzuweisen, welche Haltung
diesen Wirklichkeiten gegenüber eingenommen werden soll. Von daher gesehen
ist die Erfahrung eine nützliche Vermittlung, um die Wahrheiten, die den
objektiven Offenbarungsinhalt bilden, zu erforschen und sich anzueignen.
c) Die genannten Funktionen sind ein Hinweis darauf, daß die vom
Glauben übernommene Erfahrung gewissermaßen zum Bereich der
Heilsoffenbarung und Heilsverwirklichung wird, wo Gott, der Pädagogik der
Inkarnation entsprechend, den Menschen mit seiner Gnade einholt und rettet. Der
Katechet muß dem Menschen helfen, das Erlebte in dieser Sicht zu deuten,
um die Einladung des Heiligen Geistes zur Umkehr, zum tätigen Einsatz, zur
Hoffnung zu erfassen und so immer mehr im eigenen Leben Gottes Plan zu
entdecken.
153. Die Erfahrung mit der
Gegebenheit des Glaubens zu erhellen und zu deuten, wird eine Daueraufgabe der
katechetischen Pädagogik sein, die zwar schwierig zu erfüllen ist,
aber nicht vernachlässigt werden darf, da man sonst in künstliche
Nebeneinanderstellungen oder in integristische Wahrheitsverständnisse
gerät.
Ermöglicht wird diese Aufgabe durch
eine korrekte Anwendung der Wechselbeziehung bzw. Wechselwirkung zwischen
tiefen menschlichen Erfahrungen(46) und geoffenbarter Botschaft. Und
wie ausgiebig zeugen davon die Verkündigung der Propheten, die Rede
Christi und die Lehrtätigkeit der Apostel, die deshalb das grundlegende
und maßgebende Kriterium für jede Begegnung zwischen Glaube und
menschlicher Erfahrung in der Zeit der Kirche darstellen.
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