Die Katechese in Beziehung zur
Volksfrömmigkeit
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195. In den christlichen
Gemeinden finden sich als lebenswichtige Dimension der katholischen
Wirklichkeit besondere Äußerungen der Suche nach Gott und des
religiösen Lebens von manchmal rührender Glut und Reinheit der
Absichten, die man zu Recht als »Volksfrömmigkeit« bezeichnen kann. »In
ihr kommt ein Hunger nach Gott zum Ausdruck, wie ihn nur die Einfachen und
Armen kennen. Sie befähigt zur Großmut und zum Opfer, ja zum
Heroismus, wenn es gilt, den Glauben zu bekunden. In ihr zeigt sich ein feines
Gespür für tiefe Eigenschaften Gottes: seine Vaterschaft, seine
Vorsehung, seine ständige, liebende Gegenwart. Sie führt zu inneren
Haltungen, die man sonst kaum in diesem Maße findet: Geduld, das Wissen
um die Notwendigkeit, das Kreuz im täglichen Leben zu tragen, Entsagung,
Wohlwollen für andere, Respekt«. (130) Sie ist eine reiche und
zugleich verwundbare Wirklichkeit, wo der Glaube, der ihr zugrunde liegt, der
Läuterung und Stärkung bedarf.
Darum ist eine Katechese erfordert, die
imstande ist, die inneren Dimensionen und unleugbaren Werte dieser
religiösen Kraft zu erkennen, und ihr hilft, die Gefahren des Fanatismus,
des Aberglaubens, des Synkretismus und der religiösen
Gleichgültigkeit zu überwinden. »Gut ausgerichtet, kann die
Volksfrömmigkeit mehr und mehr für die Vielen im Volk zu einer echten
Begegnung mit Gott in Jesus Christus werden«. (131)
196. Auch die Verehrung der
Gläubigen für die Muttergottes hat entsprechend den örtlichen
und zeitlichen Verhältnissen sowie der verschiedenen Mentalität der
Völker und ihrer unterschiedlichen kulturellen Überlieferung
vielfältige Formen angenommen. Die Formen, in denen sich eine solche
Marienfrömmigkeit äußerte und die dem Wechsel der Zeit
unterliegen, scheinen eine erneuerte Katechese nötig zu haben, die es
ermöglicht, überholte Elemente zu ersetzen, unvergängliche
Elemente als wertvoll herauszustellen und die Lehraussagen der theologischen
Forschung, die vom Lehramt der Kirche vorgelegt wurden, zu
berücksichtigen.
Eine solche Katechese ist dringend
notwendig. Sie muß auch die trinitarische, christologische und
ekklesiologische Dimension, die der Mariologie innewohnt, klar zum Ausdruck
bringen. Außerdem gilt es bei der Überprüfung oder
Neuschöpfung von Andachtsformen der Marienverehrung die
Orientierungspunkte biblischer, liturgischer, ökumenischer und
anthropologischer Natur zu berücksichtigen. (132)
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