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Emmanuel Schikaneder
Die Zauberflöte

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  • Zweyter Aufzug.
    • Erster Auftritt.
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Zweyter Aufzug.

 

             Erster Auftritt.

 

Das Theater ist ein Palmwald; alle Bäume sind sil-

   berartig, die Blätter von Gold.  18. Sitze von

   Blättern;  auf einem  jeden Sitze  steht  eine

   Pyramide  und ein  großes  schwarzes  Horn mit

   Gold  gefaßt.  In  der Mitte  ist  die  größte

   Pyramide,  auch  die größten  BäumeSarastro

   nebst andern  Priestern  kommen in feyerlichen

   Schritten,  jeder mit einem  Palmzweige in der

   Hand.  Ein Marsch  mit blasenden  Instrumenten

   begleitet den Zug.

 

            Sarastro (nach einer Pause.)

Ihr,  in dem Weisheitstempel  eingeweihten  Diener

der großen Göttin Osiris und Isis!  --  Mit reiner

Seele erklär ich euch,  daß unsre heutige Versamm-

lung  eine der  wichtigsten  unsrer  Zeit ist.  --

Tamino,  ein Königssohn,  20 Jahre  seines Alters,

wandelt an der nördlichen  Pforte  unsers Tempels,

und seufzt mit  tugendvollem Herzen nach einem Ge-

genstande,  den wir alle mit Mühe und Fleiß errin-

gen müssen.  --  Kurz, dieser Jüngling will seinen

nächtlichen Schleyer von sich reißen, und ins Hei-

ligthum des größten  Lichtes  blicken.  --  Diesen

Tugendhaften zu bewachen, ihm freundschaftlich die

Hand zu bietensey heute eine unsrer wichtigsten

Pflichten.

 

   Erster Priester. (steht auf) Er besitzt Tugend?

 

   Sarastro. Tugend!

 

   Zweyter Priester. Auch Verschwiegenheit?

 

   Sarastro. Verschwiegenheit!                             5

 

   Dritter Priester. Ist wohlthätig?

 

   Sarastro.  Wohlthätig!  --  haltet  ihr ihn für

würdig,  so folgt  meinem  Beyspiele(sie blasen

drey mahl in die Hörner.)  Gerührt über die Einig-

keit eurer  Herzendankt Sarastro  euch im Namen

der Menschheit. -- Mag immer das Vorurtheil seinen

Tadel über uns Eingeweihte auslassen! --  Weisheit

und Vernunft zerstückt es gleich dem Spinnengewebe.

--  Unsere Säulen erschüttern sie nie. Jedoch, das

böse  Vorurtheil  soll  schwinden;   und  es  wird

schwinden, so bald Tamino selbst die Größe unserer

schweren  Kunst  besitzen  wird.  --  Pamina,  das

sanftetugendhafte Mädchen  haben die Götter dem

holden Jünglinge bestimmt; dies ist der Grundstein,

warum ich sie der stolzen Mutter  entriß.  --  Das

Weib dünkt sich groß zu seyn; hoft durch Blendwerk

und Aberglauben  das Volk zu berücken,  und unsern

festen Tempelbau  zu zerstören.  Allein,  das soll

sie nicht; Tamino, der holde Jüngling selbst, soll

ihn mit uns befestigen,  und als Eingeweihter  der

Tugend Lohn,  dem Laster  aber Strafe seyn.   (der

dreymahlige  Accord  in den Hörnern wird von allen

wiederhohlt.)

 

   Sprecher(steht auf)  Großer Sarastro,  deine

weisheitsvollen  Reden erkennen und bewundern wir;

allein,  wird Tamino auch die harten Prüfungen, so

seiner warten, bekämpfen?  --  Verzeih, daß ich so

frey  bin,  dir  meinen Zweifel  zu eröfnen!  mich

bangt es um den Jüngling.  Wenn nun im Schmerz da-

hin gesunken  sein Geist ihn verließe,  und er dem

harten Kampfe unterläge. -- Er ist Prinz! --

 

   Sarastro. Noch mehr! -- -- Er ist Mensch!

 

   Sprecher.   Wenn er nun aber  in seiner  frühen        10

Jugend leblos erblaßte?

 

   Sarastro.  Dann ist er Osiris und Isis gegeben,

und wird der Götter Freuden  früher fühlen als wir.

(der  dreimahlige  Accord  wird  wiederhohlt)  Man

führe Tamino  mit seinem Reisegefährten  in Vorhof

des Tempels ein.  (zum Sprecher,  der vor ihm nie-

derkniet.)  Und du,  Freund!  den die Götter durch

uns zum Vertheidiger  der Wahrheit  bestimmten  --

vollziehe dein heiliges Amt, und lehre durch deine

Weisheit  beyde,  was Pflicht der Menschheit  sey,

lehre sie die Macht der Götter erkennen.

  (Sprecher geht mit einem Priester ab, alle Prie-

      ster stellen sich  mit ihren Palmzweigen zu-

      sammen.)

 

                     Chorus.

 

O Isis und Osiris schenket

Der Weisheit Geist dem neuen Paar!

Die ihr der Wandrer Schritte lenket,

Stärkt mit Geduld sie in Gefahr --                        15

Laßt sie der Prüfung Früchte sehen.

Doch sollten sie zu Grabe gehen,

So lohnt der Tugend kühnen Lauf,

Nehmt sie in euern Wohnsitz auf.

   (Sarastro geht voraus, dann alle ihm nach ab.)

 




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