DAS HAB' ICH GEHÖRT. Zu einer Zeit wanderte der ehrwürdige
Kumárakassapo im Lande Kosalo von Ort zu Ort und kam, von vielen Mönchen
begleitet, mit einer Schar von etwa fünfhundert Mönchen, gegen Setavyá, wie
eine Burgstadt der Kosaler geheißen, da zog er hin.
Bei Setavyá weilte nun der ehrwürdige Kumárakassapo, nördlich der Burg, im
Roseneichwalde129.
Um diese Zeit aber lebte Páyási der Kriegerfürst zu Setavyá, das, gar heiter
anzuschauen, mit Weide-, Wald- und Wasserplätzen, mit Kornkammern, mit königlichem
Reichtum begabt, von König Pasenadi von Kosalo als Königsgabe den Priestern zu
eigen gegeben war130.
Da hatte denn damals Páyási der Kriegerfürst eine solche verderbliche
Meinung gefaßt, so zwar: <Es gibt kein Jenseits, es gibt keine geistige
Geburt, es gibt keine Saat und Ernte guter und böser Werke.>
Es kam nun den priesterlichen Hausvätern in Setavyá zu Ohren: 'Ein Asket,
und zwar der würdige Kumárakassapo, ein Jünger des Asketen Gotamo, wandert im
Lande Kosalo von Ort zu Ort und ist, von vielen Mönchen begleitet, mit einer
Schar von etwa fünfhundert Mönchen, bei Setavyá angekommen, weilt bei der
Stadt, nördlich der Burg, im Roseneichwalde. Diesem würdigen Kumárakassapo geht
aber allenthalben der frohe Ruhmesruf voran: <Gelehrt ist er und weise und
tiefsinnig, er hat viel erfahren, ist wohlberedt und weiß was frommt, ist alt
und ehrwürdig. Glücklich wer da nun solche Heilige sehn kann!>' Da zogen
denn die priesterlichen Hausväter von Setavyá aus der Stadt hinaus, zahlreich,
in Scharen zusammengekommen, nach Norden gewandt schritten sie hin, auf dem
Wege zum Roseneichwald. Nun hatte gerade damals Páyási der Kriegerfürst oben
auf der Zinne seines Palastes Tagesrast genommen, als er sah, wie die
priesterlichen Hausväter von Setavyá aus der Stadt hinauszogen, zahlreich, in
Scharen zusammengekommen, nach Norden gewandt hinschritten, auf dem Wege zum
Roseneichwald. Bei diesem Anblick wandte er sich an seinen Torwart:
«Was gehn nur, lieber Torwart, die priesterlichen Hausväter von Setavyá aus
der Stadt hinaus, zahlreich, in Scharen zusammengekommen, nach Norden gewandt,
zum Roseneichwald dorthin?»
«Es ist, Herr, der Asket Kumárakassapo, ein Jünger des Asketen Gotamo, der
im Lande Kosalo von Ort zu Ort wandert, von vielen Mönchen begleitet, mit einer
Schar von etwa fünfhundert Mönchen, bei Setavyá angekommen, weilt in der Nähe
der Stadt, nördlich der Burg, im Roseneichwalde. Diesem würdigen Kumárakassapo
geht aber allenthalben der frohe Ruhmesruf voran: 'Gelehrt ist er und weise und
tiefsinnig, er hat viel erfahren, ist wohlberedt und weiß was frommt, ist alt
und ehrwürdig. Glücklich wer da nun solche Heilige sehn kann!' Diesen werden
sie, den würdigen Kumárakassapo, besuchen gehn.»
«So geh' nur, lieber Torwart, zu jenen priesterlichen Hausvätern hin und
sprich also zu ihnen: <Páyási, ihr Herren, der Kriegerfürst, läßt sagen, es
möchten die Herren etwas warten: auch Páyási der Kriegerfürst will sich dem
Besuche beim Asketen Kumárakassapo anschließen.> Bevor der Asket
Kumárakassapo unsere priesterlichen Hausväter, törichte, ungebildete Leute,
unterweisen, etwa sagen wird: 'Es gibt ein Jenseits, es gibt eine geistige
Geburt, es gibt eine Saat und Ernte guter und böser Werke', sage ich, lieber
Torwart, daß es eben kein Jenseits gibt, keine geistige Geburt, keine Saat und
Ernte guter und böser Werke.»
«Schön, Herr!» entgegnete da gehorsam der Torwart Páyási dem Kriegerfürsten.
Dann begab er sich zu den priesterlichen Hausleuten von Setavyá hin und sprach
also zu ihnen:
«Páyási, ihr Herren, der Kriegerfürst, läßt sagen, es möchten die Herren
etwas warten: auch Páyási der Kriegerfürst will sich dem Besuche beim Asketen
Kumárakassapo anschließen.»
Da ist denn nun Páyási der Kriegerfürst, umgeben von den priesterlichen
Hausvätern aus Setavyá, nach dem Roseneichwalde, wo sich der ehrwürdige
Kumárakassapo aufhielt, hingezogen. Dort angelangt hat er mit dem ehrwürdigen
Kumárakassapo höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte gewechselt und
dann beiseite Platz genommen. Von den priesterlichen Hausvätern aus Setavyá
aber verneigten sich einige vor dem ehrwürdigen Kumárakassapo und setzten sich
zur Seite nieder, andere tauschten höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige
Worte mit dem ehrwürdigen Kumárakassapo und nahmen beiseite Platz, einige
wieder falteten die Hände gegen den ehrwürdigen Kumárakassapo und saßen dann
seitwärts, andere wieder gaben Namen und Stand zu erkennen und setzten sich
beiseite hin, und wieder andere setzten sich still zur Seite nieder. - Zur
Seite sitzend wandte sich nun Páyási der Kriegerfürst an den ehrwürdigen
Kumárakassapo und sagte:
«Ich also, verehrter Kassapo, habe diesen Glauben, diese Ansicht, und zwar:
es gibt kein Jenseits, es gibt keine geistige Geburt, es gibt keine Saat und
Ernte guter und böser Werke.»
«Wohl hab' ich schon, Kriegerfürst, dergleichen gesehen, dergleichen gehört;
aber wie kann man nur solches vermeinen, so zwar: 'Es gibt kein Jenseits, es
gibt keine geistige Geburt, es gibt keine Saat und Ernte guter und böser
Werke'? Da will ich denn, Kriegerfürst, hier eben an dich eine Frage richten:
wie es dir gutdünkt magst du sie beantworten. Was meinst du wohl, Kriegerfürst:
Mond und Sonne da, sind die in dieser Welt oder in jener, sind das Götter oder
Menschen?»
«Mond und Sonne da, o Kassapo, sind in jener Welt, nicht in dieser, das sind
Götter, keine Menschen.»
«Schon das wäre, Kriegerfürst, ein Umstand für dich, daß du meinen solltest:
es gibt ein Jenseits, es gibt eine geistige Geburt, es gibt eine Saat und Ernte
guter und böser Werke.»
«Wenn auch der verehrte Kassapo solches sagt, so glaub' ich da gleichwohl:
es gibt kein Jenseits, es gibt keine geistige Geburt, es gibt keine Saat und
Ernte guter und böser Werke.»
«Gibt es aber, Kriegerfürst, einen Umstand, der dich zu der Meinung
veranlaßt: es gibt kein Jenseits, es gibt keine geistige Geburt, es gibt keine
Saat und Ernte guter und böser Werke?»
«Es gibt, o Kassapo, einen Umstand, der mich zu der Meinung veranlaßt: es
gibt kein Jenseits, es gibt keine geistige Geburt, es gibt keine Saat und Ernte
guter und böser Werke.»
«Und wie wäre der wohl, Kriegerfürst?»
«Da hab' ich, o Kassapo, Freunde, Genossen, Verwandte, Gevattern, die
bringen Lebendiges um, nehmen Nichtgegebenes, begehen Ausschweifung, sagen Lüge,
verleumden, zanken und schwätzen, sind voller Gier, gehässigen Sinnes,
verblendet. Da sind welche eines Tages krank geworden, siech, schwer leidend.
Als ich nun erfahren hatte: 'Die werden nicht mehr von dieser Krankheit
aufstehen', bin ich zu ihnen gegangen und habe gesagt: <Es gibt, ihr Lieben,
manche Asketen und Priester, die da meinen und glauben: 'Leute, die Lebendiges
umgebracht, Nichtgegebenes genommen, Ausschweifung begangen, gelogen und
verleumdet haben, Zänker und Schwätzer, voller Gier, gehässigen Sinnes,
verblendet gewesen sind, die geraten bei der Auflösung des Körpers, nach dem
Tode, abwärts, auf üble Fährte, zur Tiefe hinab, zur Einkehr in höllische
Welt.' Ihr Lieben seid aber so gewesen. Wenn das Wort jener Asketen und
Priester wahr ist, werdet ihr Lieben bei der Auflösung des Körpers, nach dem
Tode, dahin gelangen. Wenn ihr Lieben bei der Auflösung des Körpers, nach dem
Tode, wirklich abwärts geraten seid, auf üble Fährte, zur Tiefe hinab, zur
Einkehr in höllische Welt, dann bitte kommt doch zurück und meldet es mir, so
zwar: 'Es gibt ein Jenseits, es gibt eine geistige Geburt, es gibt eine Saat
und Ernte guter und böser werke.' Ihr Lieben seid mir ja vertrauenswürdig,
glaubwürdig: was ihr Lieben gesehn habt ist als ob ich selbst es gesehn hätte,
so soll es mir gelten.> Mit dem Worte 'Gewiß' haben sie es mir zugesagt,
sind aber nicht zu melden gekommen und haben auch keinen Boten gesandt. Das
aber ist, o Kassapo, ein Umstand, der mich zu dieser Meinung veranlaßt, derart:
es gibt kein Jenseits, es gibt keine geistige Geburt, es gibt keine Saat und
Ernte guter und böser Werke.»
«Da will ich denn, Kriegerfürst, eben wiederum an dich eine Frage richten:
wie es dir gutdünkt magst du sie beantworten. Was meinst du wohl, Kriegerfürst:
es sei da von deinen Leuten ein Räuber, ein Verbrecher ergriffen und vorgeführt
worden: <Hier, o Herr, ist ein Räuber, ein Verbrecher: was du ihm bestimmst,
diese Strafe gebiete!> Denen würdest du wohl sagen: <Wohlan denn, ihr
Leute, ihr sollt diesen Mann mit starkem Stricke, die Hände nach hinten
straffaufgebunden, fesseln, den Schädel ihm kahl scheren, unter schrillem
Trommelgewirbel von Straße zu Straße, von Platz zu Platz vor euch hertreiben,
durch das südliche Tor hinausführen und gegen Süden der Stadt auf der Richtstätte
ihm das Haupt abschlagen.> Mit dem Worte 'Sehr wohl' würden sie dir zusagen,
jenen Mann mit starkem Stricke, die Hände nach hinten straffaufgebunden,
fesseln, den Schädel ihm kahl scheren, unter schrillem Trommelgewirbel von
Straße zu Straße, von Platz zu Platz vor sich hertreiben, durch das südliche
Tor hinausführen und gegen Süden der Stadt auf der Richtstätte ihn niederknien
heißen. Würde da nun der Räuber bei den Henkersknechten Gehör finden:
<Wartet doch ein Weilchen, liebe Henkersknechte, dort in dem Dorfe, dort in
der Stadt hab' ich Freunde, Genossen, Verwandte, Gevattern: bis ich es denen
angezeigt habe, dann kehr' ich zurück>: oder würden ihm, während er eben
noch stammelte, die Henkersknechte das Haupt abschlagen?»
«Nicht doch würde, o Kassapo, der Räuber da bei den Henkersknechten Gehör
finden: <Wartet doch ein Weilchen, liebe Henkersknechte, dort in dem Dorfe,
dort in der Stadt hab' ich Freunde, Genossen, Verwandte, Gevattern: bis ich es
denen angezeigt habe, dann kehr' ich zurück>: sondern während er eben noch
stammelte, schlügen ihm die Henkersknechte das Haupt ab.»
«So kann denn, Kriegerfürst, so ein Räuber als Mensch bei menschlichen
Henkersknechten kein Gehör finden: wie sollten da erst deine Freunde, Genossen,
Verwandte, Gevattern als Mörder und Diebe, Wüstlinge, Lügner, Verleumder,
Zänker und Schwätzer, voller Gier, Haß und Verblendung, bei der Auflösung des
Körpers, nach dem Tode, abwärts geraten, auf üble Fährte, zur Tiefe hinab, zur
Einkehr in höllische Welt, bei den Höllenwächtern Gehör finden: <Wartet doch
ein Weilchen, liebe Höllenwächter, bis wir Páyási dem Kriegerfürsten die
Meldung gebracht haben, so zwar: es gibt ein Jenseits, es gibt eine geistige
Geburt, es gibt eine Saat und Ernte guter und böser Werke.> Schon das wäre,
Kriegerfürst, ein Umstand für dich, daß du meinen solltest: es gibt ein
Jenseits, es gibt eine geistige Geburt, es gibt eine Saat und Ernte guter und
böser Werke.»
«Wenn auch der verehrte Kassapo solches sagt, so glaub' ich da gleichwohl:
es gibt kein Jenseits, es gibt keine geistige Geburt, es gibt keine Saat und
Ernte guter und böser Werke.»
«Kennst du da, Kriegerfürst, noch einen Umstand, der dich zu dieser Meinung
veranlaßt?»
«Ich kenne, o Kassapo, noch einen Umstand, der mich zu dieser Meinung veranlaßt.»
«Und wie wäre der wohl, Kriegerfürst?»
«Da hab' ich, o Kassapo, Freunde, Genossen, Verwandte, Gevattern, die hüten
sich Lebendiges umzubringen, hüten sich Nichtgegebenes zu nehmen, begehen keine
Ausschweifung, sagen keine Lüge, verleumden, zanken und schwätzen nicht, sind
ohne Gier, ohne Haß, recht gesinnt. Da sind welche eines Tages krank geworden,
siech, schwer leidend. Als ich nun erfahren hatte: 'Die werden nicht mehr von
dieser Krankheit aufstehn', bin ich zu ihnen gegangen und habe gesagt: <Es
gibt, ihr Lieben, manche Asketen und Priester, die da meinen und glauben:
'Leute, die kein Lebendiges umbringen, nichts ungegeben nehmen, keine
Ausschweifung begehen, keine Lüge sagen, nicht verleumden, zanken und
schwätzen, ohne Gier, ohne Haß, recht gesinnt sind, die gelangen bei der
Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, zur Einkehr in
himmlische Welt.' Ihr Lieben seid aber so gewesen. Wenn das Wort jener Asketen
und Priester wahr ist, werdet ihr Lieben bei der Auflösung des Körpers, nach
dem Tode, dahin gelangen. Wenn ihr Lieben bei der Auflösung des Körpers, nach
dem Tode, wirklich auf gute Fährte geraten seid, zur Einkehr in himmlische
Welt, dann bitte kommt doch zurück und meldet es mir, so zwar: 'Es gibt ein
Jenseits, es gibt eine geistige Geburt, es gibt eine Saat und Ernte guter und
böser Werke'. Ihr Lieben seid mir ja vertrauenswürdig, glaubwürdig: was ihr
Lieben gesehen habt ist als ob ich selbst es gesehen hätte, so soll es mir
gelten.> Mit dem Worte 'Gewiß' haben sie es mir zugesagt, sind aber nicht zu
melden gekommen und haben auch keinen Boten gesandt. Das aber ist, o Kassapo,
noch ein Umstand, der mich zu dieser Meinung veranlaßt, derart: es gibt kein
Jenseits, es gibt keine geistige Geburt, es gibt keine Saat und Ernte guter und
böser Werke.»
«Wohlan denn, Kriegerfürst, da will ich dir ein Gleichnis geben: auch durch
Gleichnisse wird da manchem verständigen Manne der Sinn einer Rede klar.
Gleichwie etwa, Kriegerfürst, als ob ein Mann in einen Pfuhl voll Jauche bis
über den Kopf eingetaucht wäre; du aber würdest deinen Leuten befehlen:
<Rasch hin, ihr Lieben, und zieht den Mann aus dem Jauchepfuhl heraus!>
<Sogleich>, sagten dir diese und zögen ihn empor. Und nun gäbst du den
Auftrag: <Flugs, ihr Lieben, wascht den Schmutz vom Leibe dieses Mannes mit
Bambusbast fein säuberlich ab!> - <Sogleich>, sagten dir diese und
wüschen ihn fein säuberlich ab. Du aber sprächst weiter: <Jetzt, ihr Lieben,
reibt den Leib dieses Mannes mit weißer Lehmsalbe, dreimal wohlaufgesalbt, ein!
- <Sogleich>, sagten dir diese und rieben ihn dreimal wohlaufgesalbt ein.
Dann aber wünschtest du: <Nun sollt ihr Lieben den Mann mit Öl bestreichen
und alsbald mit feinem Sandelpulver dreimal wohlabstäuben.> Das wäre
geschehen, und nun sagtest du: <Weiter, ihr Lieben, jetzt macht diesem Manne
Haar und Bart zurecht.> Und sie machten ihm Haar und Bart zurecht. Hierauf
gäbest du Befehl <Wohlan denn, ihr Lieben, bringt diesem Manne prächtige
Blumen, köstliche Riechsalze, reiche Gewänder herbei.> Das würde herbeigeschafft,
und du sagtest nun: <Jetzt aber, ihr Lieben, sollt ihr den Mann in den
Palast geleiten und mit den fünf Wunschgenüssen versehn.> So würde er denn
in den Palast geleitet und mit den fünf Wunschgenüssen versehen. Was meinst du
wohl, Kriegerfürst: möchte da etwa diesem Manne, der wohlgebadet, wohlgesalbt,
mit gepflegtem Haar und Barte, geschmückt mit einem Juwelenreif, in weiße
Gewänder gehüllt, oben auf der Zinne des Palastes ruht, von den fünf
Wunschgenüssen umgeben und überall damit bedient, noch einmal in jenen Pfuhl
voll Jauche unterzutauchen der Wunsch ankommen?»
«Gewiß nicht, o Kassapo!»
«Und warum nicht?»
«Unrein, o Kassapo, ist ein Pfuhl voll Jauche, gar unrein und als unrein
bekannt, übelriechend und als übelriechend bekannt, ekelhaft und als ekelhaft
bekannt, abscheulich und als abscheulich bekannt.»
«Ebenso nun auch, Kriegerfürst, sind die Menschen den Göttern gar unrein und
als unrein bekannt, übelriechend und als übelriechend bekannt, ekelhaft und als
ekelhaft bekannt, abscheulich und als abscheulich bekannt. Hundert Meilen weit,
Kriegerfürst, treibt Menschengeruch die Götter hinweg: wie sollten da noch
deine Freunde, Genossen, Verwandte, Gevattern, als keine Mörder und Diebe,
keine Wüstlinge, Lügner, Verleumder, keine Zänker und Schwätzer, die ohne Gier,
ohne Haß, recht gesinnt bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute
Fährte, in himmlische Welt emporgelangt sind, mit einer Meldung zu dir
herankommen, so zwar: 'Es gibt ein Jenseits, es gibt eine geistige Geburt, es
gibt eine Saat und Ernte guter und böser Werke131.' Auch das wäre,
Kriegerfürst, ein Umstand für dich, daß du meinen solltest: es gibt ein
Jenseits, es gibt eine geistige Geburt, es gibt eine Saat und Ernte guter und
böser Werke.»
«Wenn auch der verehrte Kassapo solches sagt, so glaub' ich da gleichwohl:
es gibt kein Jenseits, es gibt keine geistige Geburt, es gibt keine Saat und
Ernte guter und böser Werke.»
«Kennst du da, Kriegerfürst, noch einen Umstand, der dich zu dieser Meinung
veranlaßt?»
«Ich kenne, o Kassapo, noch einen Umstand, der mich zu dieser Meinung
veranlaßt.»
«Und wie wäre der wohl, Kriegerfürst?»
«Da hab' ich, o Kassapo, Freunde, Genossen, Verwandte, Gevattern, die hüten
sich Lebendiges umzubringen, hüten sich Nichtgegebenes zu nehmen, begehen keine
Ausschweifung, sagen keine Lüge, haben berauschende und berückende Getränke,
betäubende und betörende Mittel meiden gelernt. Da sind welche eines Tages
krank geworden, siech, schwer leidend. Als ich nun erfahren hatte: 'Die werden
nicht mehr von dieser Krankheit aufstehen, bin ich zu ihnen gegangen und habe
gesagt: <Es gibt, ihr Lieben, manche Asketen und Priester, die da meinen und
glauben: 'Leute, die kein Lebendiges umbringen, nichts ungegeben nehmen, keine
Ausschweifung begehen, keine Lüge sagen, berauschende und berückende Getränke,
betäubende und betörende Mittel zu meiden wissen, die gelangen bei der
Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, zur Einkehr in
himmlische Welt, zur Gemeinschaft mit den Göttern der Dreiunddreißig.' Ihr
Lieben seid aber so gewesen. Wenn das Wort jener Asketen und Priester wahr ist,
werdet ihr Lieben bei der Auflösung des Körpers nach dem Tode dahin gelangen.
Wenn ihr Lieben bei der Auflösung des Körpers nach dem Tode wirklich auf gute
Fährte geraten seid, zur Einkehr in himmlische Welt, zur Gemeinschaft mit den
Göttern der Dreiunddreißig, dann bitte kommt doch zurück und meldet es mir, so
zwar: 'Es gibt ein Jenseits, es gibt eine geistige Geburt, es gibt eine Saat
und Ernte guter und böser Werke.' Ihr Lieben seid mir ja vertrauenswürdig,
glaubwürdig: was ihr Lieben gesehen habt, ist als ob ich selbst es gesehen
hätte, so soll es mir gelten.> Mit dem Worte 'Gewiß' haben sie es mir
zugesagt, sind aber nicht zu melden gekommen und haben auch keinen Boten
gesandt. Das ist aber, Kassapo, noch ein Umstand, der mich zu dieser Meinung
veranlaßt, derart: es gibt kein Jenseits, es gibt keine geistige Geburt, es
gibt keine Saat und Ernte guter und böser Werke.»
«Wohlan denn, Kriegerfürst, so will ich eben wiederum eine Frage an dich
stellen: wie es dir gutdünkt magst du sie beantworten. Was da, Kriegerfürst,
bei den Menschen ein Jahrhundert ist, das ist bei den Dreiunddreißig Göttern
eine Tagnacht. Dreißig solcher Nächte sind ein Monat, zwölf solcher Monate sind
ein Jahr, solcher Jahre ein himmlisches Jahrtausend ist der Dreiunddreißig
Götter Lebensdauer. Die nun deine Freunde, Genossen, Verwandte, Gevattern
waren, die kein Lebendiges umgebracht, nichts ungegeben genommen, keine
Ausschweifung begangen, keine Lüge gesagt hatten, berauschende und berückende
Getränke, betäubende und betörende Mittel zu meiden wußten, die sind bei der
Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in himmlische Welt
emporgelangt, zur Gemeinschaft mit den Göttern der Dreiunddreißig. Wenn nun
diese etwa gedächten: 'Nachdem wir da zwei oder drei Tage mit den himmlischen
fünf Wunschgenüssen umgeben und überall damit bedient verbracht haben werden,
wollen wir alsbald Páyási dem Kriegerfürsten Bericht erstatten, so zwar: es
gibt ein Jenseits, es gibt eine geistige Geburt, es gibt eine Saat und Ernte
guter und böser Werke': könnten wohl die zu dir herankommen und es melden?»
«Freilich nicht, o Kassapo: denn wir würden ja, o Kassapo, lange schon
verstorben sein132. - Wer aber hat das dem verehrten Kassapo erzählt:
'Es gibt Götter der Dreiunddreißig' oder 'So lange leben die Götter der
Dreiunddreißig'? Wir glauben das dem verehrten Kassapo nicht, daß es Götter der
Dreiunddreißig gebe, oder daß sie so lange leben.»
«Gleichwie etwa, Kriegerfürst, wenn da ein Blindgeborener wäre: der sähe
keine schwarzen und keine weißen Gegenstände, keine blauen und keine gelben,
keine roten und keine grünen, er sähe nicht was gleich und was ungleich ist,
sähe keine Sterne und nicht Mond und nicht Sonne. Und er spräche also: <Es
gibt nichts Schwarzes und Weißes, es gibt keinen, der Schwarzes und Weißes
sähe; es gibt nichts Blaues und Gelbes, es gibt keinen, der Blaues und Gelbes
sähe; es gibt nichts Rotes und Grünes, es gibt keinen, der Rotes und Grünes
sähe; es gibt nichts Gleiches und Ungleiches, es gibt keinen, der Gleiches und
Ungleiches sähe; es gibt keine Sterne, es gibt keinen, der Sterne sähe; es gibt
weder Mond noch Sonne, es gibt keinen, der Mond und Sonne sähe. Ich selber weiß
nichts davon, ich selber seh' nichts davon: darum ist es nicht.> Würde der
wohl, Kriegerfürst, also redend recht aussagen?»
«Keineswegs, o Kassapo: es gibt Schwarzes und Weißes, und man sieht es; es
gibt Blaues und Gelbes, und man sieht es; es gibt Rotes und Grünes, und man
sieht es; es gibt Gleiches und Ungleiches, und man sieht es; es gibt Sterne und
Mond und Sonne, und man sieht sie. <Ich selber weiß nichts davon, ich selber
seh' nichts davon, darum ist es nicht>: also redend, o Kassapo, würde jener
Mann gewiß nicht recht aussagen.»
«Ebenso nun auch scheinst du, Kriegerfürst, wie mich dünkt, einem
Blindgeborenen zu gleichen, der du also da gesprochen hast: 'Wer aber hat das
dem verehrten Kassapo erzählt: <Es gibt Götter der Dreiunddreißig> oder
<So lange leben die Götter der Dreiunddreißig>? Wir glauben das dem
verehrten Kassapo nicht, daß es Götter der Dreiunddreißig gebe, oder daß sie so
lange leben.' Es ist, Kriegerfürst, das Jenseits nicht so zu betrachten wie du
es vermeinst, mit diesem fleischlichen Auge. Die da, Kriegerfürst, als Asketen
und Priester im Walde an abgelegenen Orten ein einsames Leben führen, die
können dort, unermüdlich, in heißem, innigem Ernste verweilend, das himmlische
Auge sich läutern lassen. Mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über
menschliche Grenzen hinausreichenden, erblicken sie so diese Welt wie auch jene
und die geistig Geborenen. So aber, Kriegerfürst, ist das Jenseits zu
betrachten, und nicht eben wie du es vermeinst, mit diesem fleischlichen Auge.
Auch das wäre, Kriegerfürst, ein Umstand für dich, daß du meinen solltest: es
gibt ein Jenseits, es gibt eine geistige Geburt, es gibt eine Saat und Ernte
guter und böser Werke.»
«Wenn auch der verehrte Kassapo solches sagt, so glaub' ich da gleichwohl:
es gibt kein Jenseits, es gibt keine geistige Geburt, es gibt keine Saat und
Ernte guter und böser Werke.»
«Kennst du da, Kriegerfürst, noch einen Umstand, der dich zu dieser Meinung
veranlaßt?»
«Ich kenne, o Kassapo, noch einen Umstand, der mich zu dieser Meinung
veranlaßt.»
«Und wie wäre der wohl, Kriegerfürst?»
«Da hab' ich, o Kassapo, Asketen und Priester gesehen, die tugendhaft sind,
edle Vorsätze haben, die zu leben begehren, nicht sterben wollen, die Wohlsein
wünschen und Wehe verabscheuen. Da hab' ich mir nun, o Kassapo, gedacht:
<Wenn diese verehrten Asketen und Priester, die tugendhaft sind, edle
Vorsätze haben, etwa wüßten: 'Von hier abgeschieden wird es uns besser gehn',
so würden sie da jetzt entweder Gift nehmen, oder zur Waffe greifen, oder den
Tod durch Erhängen suchen, oder von einem Felsen sich herabstürzen. Weil nun
aber diese verehrten Asketen und Priester, die tugendhaft sind, edle Vorsätze
haben, dergleichen nicht wissen: 'Von hier abgeschieden wird es uns besser
gehn', darum begehren sie zu leben, wollen nicht sterben, wünschen Wohlsein und
verabscheuen Wehe, bringen sich nicht um.> Auch das ist, o Kassapo, ein
Umstand, der mich zu dieser Meinung veranlaßt, derart: es gibt kein Jenseits,
es gibt keine geistige Geburt, es gibt keine Saat und Ernte guter und böser
Werke.»
«So will ich denn wieder, Kriegerfürst, ein Gleichnis dir geben: eben durch
ein Gleichnis wird da manchem verständigen Manne der Sinn des Gespräches klar.
Es war einmal, Kriegerfürst, ein Priester, der hatte zwei Frauen. Die eine hatte
einen Sohn, der war ungefähr zehn oder zwölf Jahre alt, die andere war
schwanger, kurz vor dem Gebären, als da jener Priester starb. Da hat nun der
Knabe dort zur Mitfrau seiner Mutter also gesprochen: <Was da, Verehrte, an
Geld und Gut, an Silber und Gold vorhanden ist, das alles gehört mir, dir
gehört gar nichts: vom Vater kommt es mir zu, Verehrte, gib die Erbschaft
heraus!> Also angesprochen hat jene Priesterfrau zu dem Knaben dort gesagt:
<Warte solange, mein Lieber, bis ich geboren habe: wenn es ein Knäblein sein
wird, dann muß auch der seinen Teil haben; wenn es aber ein Mägdelein ist, dann
wird auch sie dir zufallen.> Aber ein zweites Mal, und ein drittes Mal
sprach nun jener Knabe dort also zur Mitfrau seiner Mutter: <Was da,
Verehrte, an Geld und Gut, an Silber und Gold vorhanden ist, das alles gehört
mir, dir gehört gar nichts: vom Vater kommt es mir zu, Verehrte, gib die
Erbschaft heraus!> Da hat denn jene Priesterfrau ein Messer genommen, in das
innere Gemach sich zurückgezogen und sich den Bauch aufgeschlitzt: <Ich will
doch wissen, ob es ein Knabe oder ein Mädchen ist>, und hat so ihr eigenes
Leben und ihre Leibesfrucht und den Anteil verloren, ist wie eine Törin und
Unsinnige in Verderben geraten, aus ungehöriger Neugier nach der Erbschaft.
Ebenso nun auch, Kriegerfürst, könntest du töricht und unsinnig in Verderben
geraten, aus ungehöriger Neugier nach dem Jenseits, gleichwie jene Priesterfrau
töricht und unsinnig in Verderben geraten war, aus ungehöriger Neugier nach der
Erbschaft. Es treiben da, Kriegerfürst, Asketen und Priester, die tugendhaft
sind, edle Vorsätze haben, das Unreife nicht hervor, warten vielmehr die Reife
ab, als Weise. Es brauchen, Kriegerfürst, Asketen und Priester, die tugendhaft
sind, edle Vorsätze haben, das Leben. Je mehr und mehr, Kriegerfürst, Asketen
und Priester, die tugendhaft sind, edle Vorsätze haben, eine geraume, lange
Zeit hindurch bestehen, desto mehr und mehr machen sie sich hochverdient: denn
sie wandeln vielen zum Wohle, vielen zum Heile, aus Mitleid zur Welt, zum
Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen133. Auch das wäre,
Kriegerfürst, ein Umstand für dich, daß du meinen solltest: es gibt ein
Jenseits, es gibt eine geistige Geburt, es gibt eine Saat und Ernte guter und
böser Werke.»
«Wenn auch der verehrte Kassapo solches sagt, so glaub' ich da gleichwohl:
es gibt kein Jenseits, es gibt keine geistige Geburt, es gibt keine Saat und
Ernte guter und böser Werke.»
«Kennst du da, Kriegerfürst, noch einen Umstand, der dich zu dieser Meinung
veranlaßt?»
«Ich kenne, o Kassapo, noch einen Umstand, der mich zu dieser Meinung
veranlaßt.»
«Und wie wäre der wohl, Kriegerfürst?»
«Da haben, o Kassapo, meine Leute, einen Räuber, einen Verbrecher ergriffen
und mir vorgeführt: <Hier, o Herr, ist ein Räuber, ein Verbrecher: was du
ihm bestimmst, diese Strafe gebiete!> Und ich habe gesagt: <Wohlan, denn,
ihr Leute, ihr sollt den Mann noch lebendig in eine Kufe setzen, diese mit dem
Deckel verschließen, mit feuchten Fellen überziehen, eine dicke Lehmschicht
auftragen und dann in den Backofen einlegen und Feuer anmachen.> So geschah
es. Als wir nun wußten <Der Mann ist tot>, wurde die Kufe hervorgeholt,
aufgeschlagen, der Deckel entfernt, und wir sahen behutsam hinein, ob wir wohl
den entweichenden Lebensgeist wahrzunehmen vermöchten: aber wir haben keinen
entweichenden Lebensgeist bemerkt. Auch das ist, o Kassapo, ein Umstand, der
mich zu dieser Meinung veranlaßt, derart: es gibt kein Jenseits, es gibt keine
geistige Geburt, es gibt keine Saat und Ernte guter und böser Werke.»
«So darf ich wohl, Kriegerfürst, eben wieder eine Frage an dich richten: wie
es dir gutdünkt magst du sie beantworten. Vielleicht hast du einmal,
Kriegerfürst, nachmittags zu schlummern gepflegt und ein Traumbild gesehen,
einen schönen Garten, einen freundlichen Hain, eine heitere Landschaft, einen
lichten See?»
«Freilich, o Kassapo, hab' ich schon nachmittags zu schlummern gepflegt und
ein Traumbild gesehen, einen schönen Garten, einen freundlichen Hain, eine
heitere Landschaft, einen lichten See.»
«Behüten dich um diese Zeit Hofnarren und Hofzwerge, Fächelfrauen und
Fräulein?»
«Gewiß, o Kassapo, behüten mich um diese Zeit Hofnarren und Hofzwerge,
Fächelfrauen und Fräulein.»
«Und sehn die nun wohl deinen Lebensgeist, wie er eintritt und austritt?»
«Das wohl nicht, o Kassapo.»
«Die können also, Kriegerfürst, wo du lebst und sie leben, deinen
Lebensgeist nicht sehn, wie er eintritt und austritt: wie solltest erst du bei
einem Toten den Lebensgeist eintreten und entweichen sehn! Auch das wäre,
Kriegerfürst, ein Umstand für dich, daß du meinen solltest: es gibt ein
Jenseits, es gibt eine geistige Geburt, es gibt eine Saat und Ernte guter und
böser Werke.»
«Wenn auch der verehrte Kassapo solches sagt, so glaub' ich da gleichwohl:
es gibt kein Jenseits, es gibt keine geistige Geburt, es gibt keine Saat und
Ernte guter und böser Werke.»
«Kennst du da, Kriegerfürst, noch einen Umstand, der dich zu dieser Meinung
veranlaßt?»
«Ich kenne, o Kassapo, noch einen Umstand, der mich zu dieser Meinung
veranlaßt.»
«Und wie wäre der wohl, Kriegerfürst?»
«Da haben, o Kassapo, meine Leute einen Räuber, einen Verbrecher ergriffen
und mir vorgeführt: <Hier, o Herr, ist ein Räuber, ein Verbrecher: was du
ihm bestimmst, diese Strafe gebiete!> Und ich habe gesagt: <Wohlan denn,
ihr Leute, ihr sollt den Mann noch lebendig auf einer Waage wägen, hierauf mit
einem Strange erdrosseln, und ihn dann noch einmal genau abwägen.> So
geschah es. Solange er lebte, war er da leichter, geschmeidiger, biegsamer
gewesen: dann aber tot, war er schwerer, starrer und steifer geworden. Auch das
ist, o Kassapo, ein Umstand, der mich zu dieser Meinung veranlaßt, derart: es
gibt kein Jenseits, es gibt keine geistige Geburt, es gibt keine Saat und Ernte
guter und böser Werke.»
«Gestatte denn, Kriegerfürst, daß ich wieder ein Gleichnis dir gebe: auch
durch Vergleichung wird ja manchem verständigen Manne der Sinn einer
Unterredung begreiflich gemacht. Gleichwie etwa, Kriegerfürst, wenn ein Mann
eine tagüber im Feuer glühende Eisenkugel, eine sprühende, flammende,
flackernde, auf einer Waage abwöge, und sie dann später, als erkaltet,
erloschen, wiederum auf die Waage brächte; wann wäre da wohl die Eisenkugel
leichter, geschmeidiger, biegsamer: solange sie sprühend, flammend und flackernd
ist, oder als erkaltet und erloschen?»
«Wenn da, o Kassapo, die Eisenkugel mit Hitze verbunden, mit Luft verbunden,
sprühend, flammend und flackernd ist, dann ist sie leichter, geschmeidiger,
biegsamer; wenn aber die Eisenkugel nicht mehr mit Hitze und Luft verbunden,
erkaltet, erloschen ist, dann ist sie schwerer geworden, starrer und steifer.»
«Ebenso nun auch, Kriegerfürst, ist dieser Körper, wenn er mit Lebenskraft
verbunden, Wärme verbunden, Bewußtsein verbunden ist, dabei leichter,
geschmeidiger, biegsamer; wenn aber dieser Körper nicht mehr mit Lebenskraft
und Wärme und Bewußtsein verbunden ist, dann ist er schwerer geworden, starrer
und steifer. Auch das wäre, Kriegerfürst, ein Umstand für dich, daß du meinen
solltest es gibt ein Jenseits, es gibt eine geistige Geburt, es gibt eine Saat
und Ernte guter und böser Werke.»
«Wenn auch der verehrte Kassapo solches sagt, so glaub' ich da gleichwohl:
es gibt kein Jenseits, es gibt keine geistige Geburt, es gibt keine Saat und
Ernte guter und böser Werke.»
«Kennst du da, Kriegerfürst, noch einen Umstand, der dich zu dieser Meinung
veranlaßt?»
«Ich kenne, o Kassapo, noch einen Umstand, der mich zu dieser Meinung
veranlaßt.»
«Und wie wäre der wohl, Kriegerfürst?»
«Da haben, o Kassapo, meine Leute einen Räuber, einen
Verbrecher ergriffen und mir vorgeführt:
<Hier, o Herr, ist ein Räuber, ein Verbrecher: was du
ihm bestimmst, diese Strafe gebiete!>
Und ich habe gesagt: <Wohlan denn, ihr Leute, ihr
sollt diesen Mann, unverletzt an Haut und Gewebe, Fleisch und Sehne, Knochen
und Knochenmark, zu Tode bringen.> So geschah es.
Nachdem er erstickt worden war, befahl ich alsbald:
<Jetzt sollt ihr den Mann auf den Rücken legen, vielleicht werden wir da
seinen entweichenden Lebensgeist wahrnehmen.>
So haben sie ihn auf den Rücken gelegt: aber wir haben
keinen entweichenden Lebensgeist bemerkt.
Dann hab' ich gesagt: <Legt ihn, ihr Leute, nun nach
vorne; auf die Seite; auf die andere Seite; stellt ihn aufwärts hin; stellt
ihn auf den Kopf; knetet ihn mit Händen; beklopft ihn mit Steinen; streicht
ihn mit Ruten; streift ihn mit Säbeln; schwenkt ihn und schüttelt und rüttelt
ihn: ob wir vielleicht da seinen entweichenden Lebensgeist wahrnehmen
können.>
Sie schwenkten und schüttelten und rüttelten den Mann:
aber wir konnten keinen entweichenden Lebensgeist bemerken.
Es war wohl noch sein Auge, und die Formen waren da: aber
den Eindruck davon empfand er nicht mehr; war wohl noch sein Ohr, und die
Töne waren da: aber den Eindruck davon empfand er nicht mehr; war wohl noch
seine Nase, und die Düfte waren da: aber den Eindruck davon empfand er nicht
mehr; war wohl noch seine Zunge, und die Säfte waren da: aber den Eindruck
davon empfand er nicht mehr; war wohl noch sein Leib, und die Berührungen
waren da: aber den Eindruck davon empfand er nicht mehr.
Auch das ist, o Kassapo, ein Umstand, der mich zu dieser
Meinung veranlaßt, derart: es gibt kein Jenseits, es gibt keine geistige
Geburt, es gibt keine Saat und Ernte guter und böser Werke.»
|
«So will ich denn wieder, Kriegerfürst, ein Gleichnis dir
angeben: auch im Gleichnisse wird da manchem verständigen Manne der Sinn des
Gesagten klar.
Es war einmal, Kriegerfürst, irgendein Muschelbläser, der
nahm seine Muschel und zog in ein fremdes Land.
So kam er denn nach einem Dorfe hin, gelangte in den Ort,
stellte sich mitten da auf, ließ zu dreien Malen seine Muschel spielen, legte
sie dann zu Boden und setzte sich nebenbei nieder.
Alsbald nun, Kriegerfürst, haben dort in dem fremden
Lande die Menschen sich gefragt:
<Ach, woher kommt nur dieser Klang, so entzückend, so
berauschend und berückend, so fesselnd und so befreiend?>
So redend versammelten sie sich und wandten sich dann an
jenen Muschelbläser:
<Ach, wo kam nur der Klang her, der so entzückend war,
so berauschend und berückend, so fesselnd und so befreiend?> -
<Das ist, ihr Lieben, eine Muschel, wie man sagt: die
hat diesen Klang, der so entzückend ist, so berauschend und berückend, so
fesselnd und so befreiend.>
Da haben sie die Muschel auf den Rücken gelegt: <O
singe, liebe Muschel, o singe, liebe Muschel!>, aber jene Muschel hat
keinen Laut gegeben.
Dann haben sie die Muschel nach vorne gelegt, auf die
Seite, auf die andere Seite, haben sie aufwärts hingestellt, auf den Kopf
gestellt, haben sie mit Händen geknetet, mit Steinen beklopft, mit Ruten
gestrichen, mit Säbeln gestreift, haben sie geschwenkt, geschüttelt und
gerüttelt: <O singe, liebe Muschel, o singe, liebe Muschel!>, aber jene
Muschel hat keinen Laut gegeben.
Da hat nun, Kriegerfürst, der Muschelbläser dort sich
gedacht: <Wie kindlich sind doch in diesem fremden Lande die Menschen: wie
können sie nur so ungehörig der Muschel einen Laut zu entlocken
suchen!>
Während diese nun zusahen, nahm er seine Muschel, ließ
sie zu dreien Malen spielen und ging dann mit ihr seiner Wege.
Da haben denn, Kriegerfürst, die Leute dort in dem
fremden Lande sich gesagt: <Jetzt wissen wir's: wenn diese Muschel, wie
man sagt, mit einem Manne verbunden ist, bearbeitet wird, geblasen wird, dann
kann sie erklingen; wenn aber diese Muschel nicht mehr mit einem Manne
verbunden ist und nicht bearbeitet und geblasen wird, kann sie nicht
erklingen.>
Ebenso nun auch, Kriegerfürst, kann dieser Körper, wenn
er mit Lebenskraft verbunden, mit Wärme verbunden, mit Bewußtsein verbunden
ist, hinschreiten und wegschreiten, stehn, sitzen und liegen, kann mit dem
Auge die Form sehn, mit dem Ohre den Ton hören, mit der Nase den Duft
riechen, mit der Zunge den Saft schmecken, mit dem Leibe die Berührung
empfinden, mit dem Geiste den Gedanken erkennen.
Sobald aber, Kriegerfürst, dieser Körper nicht mehr mit
Lebenskraft verbunden, mit Wärme verbunden, mit Bewußtsein verbunden ist,
dann kann er nicht mehr hinschreiten und wegschreiten, nicht stehen, sitzen
und liegen, kann mit dem Auge keine Form sehn, mit dem Ohre keinen Ton hören,
mit der Nase keinen Duft riechen, mit der Zunge keinen Saft schmecken, mit
dem Leibe keine Berührung empfinden, mit dem Geiste keinen Gedanken
erkennen.
Auch das wäre, Kriegerfürst, ein Umstand für dich, daß du
meinen solltest: es gibt ein Jenseits, es gibt eine geistige Geburt, es gibt
eine Saat und Ernte guter und böser Werke.»
|
|